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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.02.2018, RV/1100685/2014

Überprüfung der Einkommensteuerberechnung - Arbeitslosengeld/Hochrechnung?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. W in der Beschwerdesache der Bf., Gde X, S-Straße-xx, gegen den Bescheid des Finanzamtes Y, Gd Y, H-Straße-yy, vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2013 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) erzielte im Streitjahr vom bis im Rahmen ihrer Grenzgängertätigkeit in XYZ (XY AG, Ge Z, F-Straße-zz) und am aus ihrer Beschäftigung bei der AB GmbH (gde U, R-Straße-uu, nunmehr P-Straße-uu) Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Außerdem bezog sie im Jahr 2013 Arbeitslosengeld einerseits vom bis und andererseits vom bis .

Nach Einlangen () ihrer Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Kalenderjahr 2013 wurde die Bf. mit Bescheid vom erklärungsgemäß zur Einkommensteuer 2013 veranlagt.

In der gegen diesen Einkommensteuerbescheid 2013 vom mit Schreiben ("Einspruch") vom erhobenen Beschwerde begehrte die Bf. die nochmalige Überprüfung des Bescheides bzw. der entsprechenden Einkommensteuerberechnung. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass sie seit nicht mehr in XYZ arbeite, trotzdem sei ihr das ganze Jahr berechnet worden. Sie sei seit arbeitslos und befinde sich jetzt in der "Umschulung" des AMS.

Das Finanzamt erließ in der Folge die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom ; dabei verwies die Abgabenbehörde darauf, dass die Einkünfte aus der Grenzgängertätigkeit im Jahr 2013 gemäß dem vorgelegten Lohnausweis ermittelt worden seien.

Mit als Vorlageantrag gewertetem Schreiben vom erhob die Bf. dagegen "Einspruch", wiederholte ihr Beschwerdebegehren und brachte Nachstehendes vor:
"Ich habe im Jahr 2013 vom bis bei der Fa. XY in XYZ gearbeitet. Ab bis bin ich arbeitslos und nicht beschäftigt. Ich habe mich ordnungsgemäß beim Finanzamt abgemeldet und man sagte mir im August 2013, es seien keine Forderungen offen. Es sei ein Guthaben von 640,00 € und das würde dann mit dem Lohnsteuerausgleich am Ende des Jahres berechnet. Jetzt habe ich eine offene Forderung von 1.882,00 €, obwohl ich alles bezahlt habe."

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die im Spruch genannte Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Dabei nahm die Abgabenbehörde wie folgt Stellung:
"Ziel des § 250 Abs. 1 BAO ist es, dass die Behörde in die Lage versetzt wird, eine Entscheidung über die Berufung treffen zu können. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Berufung den im § 250 Abs. 1 BAO bezeichneten Erfordernissen entspricht, ist davon auszugehen, dass der Rechtsschutz nicht durch einen überspitzten Formalismus beeinträchtigt werden darf. Es genügt für die Bezeichnung des Bescheides, dass aus dem gesamten Inhalt des Rechtsmittels hervorgeht, wogegen es sich richtet. Auch eine inhaltlich unzulängliche Begründung des Rechtsmittels stellt eine Begründung iSd § 250 Abs. 1 lit. d BAO dar (). Die vorgebrachte Beschwerde hat einen bestimmbaren Inhalt und erfüllt sämtliche Voraussetzungen des § 250 BAO.
Gemäß § 2 Abs. 1 EStG ist der Einkommensteuererklärung das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Besteuert wird das Jahreseinkommen, das ist jenes Einkommen, das ein Steuerpflichtiger innerhalb einer bestimmten Periode (grundsätzlich das Kalenderjahr) erzielt hat. Die für die Veranlagung nach § 39 EStG geltende Fiktion, dass unbeschränkte Steuerpflicht stets während des vollen Kalenderjahres bestanden hat, bringt es mit sich, dass der Einkommensteuertarif ohne Rücksicht darauf anzuwenden ist, wie lange die unbeschränkte Steuerpflicht innerhalb eines Kalenderjahres tatsächlich bestanden hat, oder ob nur während eines Teiles des Kalenderjahres Einkünfte bezogen wurden ("Jährlichkeit des Tarifs").
Der Einkommensteuerbescheid wurde aufgrund des vorgelegten Lohnausweises für das Jahr 2013 erstellt. Der Erstbescheid ist korrekt und die Beschwerde ist somit abzuweisen."

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Unterjährig bezogene Einkünfte werden grundsätzlich nach dem Grundsatz der Periodenbesteuerung (§ 2 Abs. 1 EStG 1988, "der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat") nicht auf ein Jahreseinkommen hochgerechnet (§ 39 Abs. 2 EStG 1988). Angewandt wird jeweils der jährliche Tarif (in diesem Zusammenhang wird auch auf die im Verfahrensgang dargestellten, richtigen Ausführungen des Finanzamtes im Vorlagebericht verwiesen).
Ausnahmsweise erfahren jedoch betriebliche Einkünfte und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei Durchführung der Veranlagung eine gesonderte Hochrechnung nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes, wenn der Steuerpflichtige bestimmte steuerfreie Bezüge erhält (vgl. Jakom/Laudacher EStG, 2017, § 2 Rz 6).

Gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 sind, falls der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 (ds. das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen) nur für einen Teil des Kalenderjahres erhält, die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4 EStG 1988) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10 EStG 1988) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde (Kontrollrechnung; vgl. Jakom/Laudacher EStG, 2017, § 3 Rz 120; Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 3 Tzen 28 ff; Bernold/Mertens, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2015, Seiten 84 ff).

Gemäß § 33 Abs. 10 EStG 1988 ist, wenn im Rahmen einer Veranlagung bei der Berechnung der Steuer ein Durchschnittssteuersatz anzuwenden ist, dieser nach Berücksichtigung der Abzüge nach den § 33 Abs. 3 bis 7 EStG 1988 (ausgenommen Kinderabsetzbeträge gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988) zu ermitteln. Diese Abzüge sind nach Anwendung des Durchschnittssteuersatzes nicht nochmals abzuziehen.

Mit Erkenntnis vom , 94/13/0024, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (277 BlgNR XVII. GP) ausgeführt, dass § 3 Abs. 2 EStG 1988 den Zweck hat, eine über die Steuerfreistellung des Arbeitslosengeldes hinausgehende Progressionsmilderung bei jenen Arbeitseinkünften zu vermeiden, die der Empfänger eines Arbeitslosengeldes allenfalls in Zeiträumen eines solchen Jahres erzielt, in denen er kein Arbeitslosengeld erhält. Solche Arbeitseinkünfte sollen nicht deswegen geringer besteuert werden, weil der Steuerpflichtige während eines Teiles des Jahres statt der Arbeitseinkünfte steuerfreies Arbeitslosengeld bezogen hat. Da nämlich bei Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung eine gleichmäßige Verteilung der Einkünfte auf sämtliche Monate des Kalenderjahres erfolgt und der so ermittelte "Monatslohn" für die Steuerermittlung maßgebend ist, wird dieser fiktive Monatslohn entsprechend geringer, wenn in die Verteilung Zeiträume einbezogen werden, in denen keine Arbeitseinkünfte bezogen wurden. Solche Zeiträume sollen durch die Hochrechnung neutralisiert werden (siehe dazu auch Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar, § 3, Tz 36).

Die Bestimmung des § 3 Abs. 2 EStG 1988 soll daher gerade Ungerechtigkeiten vermeiden. Mit dem Hochrechnungsverfahren soll vermieden werden, dass das verfügbare Nettoeinkommen eines teilweise Arbeitslosen höher ist als das eines ganzjährig Beschäftigten.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , G 71/90, die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der vergleichbaren Vorgängerbestimmung des Einkommensteuergesetzes 1972 bereits ausgesprochen (vgl. dazu Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 3 Tz 28/3; Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar, § 3, Tz 36).

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die Bf. im Kalenderjahr 2013 steuerfreie Bezüge (Ar-beitslosengeld) im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 nur für einen Teil des Kalenderjahres (nämlich für die Zeiträume vom bis bzw. vom bis ) bezogen hat.

Damit ist aber der Tatbestand des § 3 Abs. 2 EStG 1988 (also die vom Gesetz geforderte Voraussetzung), dass der Steuerpflichtige nur für einen Teil des Kalenderjahres im § 3 Abs. 2 EStG 1988 angeführte steuerfreie Bezüge erhalten hat, erfüllt. Somit hat die im § 3 Abs. 2 EStG 1988 angeordnete Rechtsfolge einzutreten, dass die für das restliche Kalenderjahr bezogenen zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (die in der Zeit vom bis zum sowie am bezogenen "Aktiveinkünfte", XY AG sowie AB GmbH) für die Ermittlung des Steuersatzes auf das ganze Jahr hochzurechnen sind.

Die vom Finanzamt vorgenommene Hochrechnung entspricht nach Ansicht des Finanzgerichtes zweifelsfrei dem Gesetz und war das gegenständliche Beschwerdebegehren daher als unbegründet abzuweisen.

Abschließend erlaubt sich das Finanzgericht noch darauf zu verweisen, dass die Abgabenbehörde wie auch das Finanzgericht - gebunden an das in Art. 18 Abs. 1 B-VG verankerte Legalitätsprinzip - die oben angeführten, klaren Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes, die im Übrigen keinerlei Spielraum eröffnen, so lange anzuwenden haben, als diese dem Rechtsbestand angehören. Das Legalitätsprinzip ist grundsätzlich stärker als jeder andere Grundsatz, insbesondere auch jener von Treu und Glauben. Vor diesem Hintergrund kommt es der Vollziehung auch nicht zu, durch bloße Auskunftserteilung die Anordnungen des Gesetzgebers zu unterlaufen. Die Verbindlichkeit eines Gesetzes wird durch eine Auskunftserteilung nicht in Wegfall gebracht.

Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösende Rechtsfrage beschränkte sich einerseits auf eine Rechtsfrage, welche bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden bzw. auf eine solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst ist. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.1100685.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at