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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.02.2018, RV/7104272/2009

kein Vorsteuerabzug für Privatnutzung eines Gebäudes nach 2004

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RMS in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerden (vormals Berufungen) vom , vom und vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt x vom , vom und vom betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2006, 2007 und 2008 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert. 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Betreffend die beschwerdegegenständlichen Jahre 2006 bis 2008 erklärte der Beschwerdeführer (in der Folge mit Bf. abgekürzt) unter anderem Einkünfte aus der anteiligen (betrieblicher Gebäudeanteil: 38,34 %) Vermietung eines im Übrigen privat genutzten Gebäudes. 

In den Umsatzsteuererklärungen für die Beschwerdejahre brachte der Bf. hinsichtlich der überwiegenden Privatnutzung dem Normalsteuersatz unterzogene Umsätze aus Eigenverbrauch in Höhe von 1.722,72 € (2006), 2.597,94 € (2007) und 2.967,99 € (2008) sowie Vorsteuern „für private Ausgaben“ im anteiligen Ausmaß von 22.969,57 € (2006), 11.669,65 € (2007) und 4.934,02 € (2008) zum Ansatz.

Diesbezüglich gab der Bf. in den Beilagen zu den jeweiligen Steuerklärungen an, hinsichtlich der Geltendmachung der Vorsteuern werde von der Rechtsprechung des „EuGH/RS C-269/00 Seeling/FA Stamberg vom Gebrauch gemacht“. Für den privat genutzten Gebäudeanteil werde ausgehend von der AfA-Bemessungsgrundlage – insofern eine Vorsteuerabzugsberechtigung bestehe – die Besteuerung des Eigenverbrauches vorgenommen. Der jährliche Eigenverbrauch betrage 344,54 € (2006), 519,59 € (2007) und 593,60 € (2008).

Mit Eingabe vom stellte der Bf. erneut klar, dass der unternehmerisch genutzte Teil des Gebäudes (Bürofläche) 38,34 % der Gesamtfläche (abzüglich Nebenräume) betrage.   

Mit Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2006 und 2007 vom und vom ließ das Finanzamt die erklärte Eigenverbauchsbesteuerung nicht zu und anerkannte die geltend gemachten Vorsteuern nur im Ausmaß der unternehmerischen Nutzung. Begründend führte das Finanzamt aus:

Aufgrund der Änderung des UStG 1994, BGBl. I 2004/27, ist ab die nichtunternehmerische Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes nicht steuerbar (§ 3a Abs. 1a Z 1 letzter Satz). Damit im Zusammenhang stehende Leistungen sind gem. § 12 Abs. 3 Z 4 UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Die Vorsteuern… sind daher nicht abzugsfähig. Der Eigenverbrauch in Höhe von… war außer Ansatz zu lassen.“

In den gegen die angeführten Bescheide gerichteten Berufungen vom und vom führte der Bf. zusammenfassend ins Treffen:

„…1. Sachverhalt:

Unser Mandant errichtete in…ein gemischt genutztes Gebäude. Von der Gesamtnutzfläche werden 38,34 % als Bürofläche vermietet. Das von unserem Mandanten errichtete gemischt genutzte Gebäude wurde im Zeitpunkt des erstmaligen Leistungsbezuges insgesamt dem Unternehmensbereich zugeordnet. Da nach Auffassung des EuGH der Rs Seeling () die private Nutzung nicht unter die Befreiung des Art 13 der 6. MWStR (nunmehr Art 135 Abs. 1 lit. 1 der MWStR) subsumiert werden kann, ist die private Nutzung nach Art 6 Abs. 2 der 6. MWStR (Art 26 Abs. 1 der MWStR) als steuerpflichtiger Eigenverbrauch zu behandeln. Da das gemischt genutzte Gebäude iZm steuerpflichtigen Vermietungsumsätzen steht, steht als Konsequenz der volle Vorsteuerabzug zu…

…3. Zusammenfassung:

Da die Vorschriften der § 3a Abs. 1a Z 1 UStG und § 12 Abs. 3 Z 4 UStG nicht im Einklang mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der (6.) MWStR stehen bzw. die Bestimmungen von den mit der Vollziehung beauftragten Institutionen nicht richtlinienkonform angewendet werden, berufen wir uns im Namen unseres Mandanten unmittelbar auf die Bestimmungen der (6.) MWStR…“

Dem Berufungsbegehren wurde mit Berufungsvorentscheidungen vom unter Bezugnahme auf § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 EStG 1988, sowie auf das Erkenntnis des , nicht Rechnung getragen.

In der Folge verweigerte die Abgabenbehörde unter Verweis auf die Begründungen der Vorjahresbescheide mit Bescheid vom auch im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung für das Jahr 2008 die Berücksichtigung der geltend gemachten Umsätze aus Eigenverbrauch und die Anerkennung der auf die Privatnutzung des Gebäudes entfallenden Vorsteuern.

Gegen diesen Bescheid wendete sich die mit Schriftsatz vom und in einem mit dem Antrag auf Entscheidung über die Rechtsmittel gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007 vom und vom durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz eingebrachte Berufung, in der zusammenfassend vorgebracht wurde, dass sich die von der zuständigen Finanzbehörde im Rahmen der Berufungsvorentscheidung vertretene Auffassung zwar auf die einschlägige Rechtsprechung des beziehe, diese aber zu den bis geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen ergangen sei, weshalb daraus keine Schlussfolgerungen auf die ab 1.1. bzw. geltende Rechtslage gezogen werden könnten.

Im Übrigen verwies der Bf. auf „das gegen die Republik Österreich eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren wegen Ausschluss des Rechts auf Abzug der Vorsteuer auf Baukosten von teilweise privat genutzten Immobilien“.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, dass gemäß § 323 Abs. 38 BAO die am anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind. Im folgenden Text wird daher die der neuen Rechtslage entsprechende Terminologie verwendet.

Streitthema ist, ob die Mischnutzung eines zur Gänze dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes auf Grund des Gemeinschaftsrechts zum vollen, also über den unternehmerischen Anteil hinausgehenden, Vorsteuerabzug berechtigt oder nicht.

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, BGBl. Nr. 663/1994, in der für den Beschwerdefall geltenden Fassung, gelten Lieferungen und sonstige Leistungen oder Einfuhren, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des EStG 1988 oder der §§ 8 Abs. 2 und 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 des KStG 1988 sind, als nicht für das Unternehmen ausgeführt. Dieselbe Regelung fand sich in § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1972.

Nach § 20 Abs. 1 EStG 1988 sind u.a. die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge (Z 1) sowie Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung (Z 2 lit. a) nicht abzugsfähig.

Gemäß Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie (Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage) legt der Rat auf Vorschlag der Kommission vor Ablauf eines Zeitraumes von vier Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie einstimmig fest, bei welchen Ausgaben die Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist (Unterabsatz 1). Bis zum lnkrafttreten der vorstehend bezeichneten Bestimmungen können die Mitgliedstaaten alle Ausschlüsse beibehalten, die in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind (Unterabsatz 2).

Im Erkenntnis vom , 2009/15/0100, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage des Vorsteuerabzuges im Falle eines Gebäudes zu befassen, das - wie im Beschwerdefall - nur zum Teil vermietet und zum anderen Teil für eigene Wohnzwecke verwendet wird und dazu ausgesprochen, dass die anteilig auf überwiegend privat genutzte Gebäudeteile entfallende Vorsteuer bereits nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG 1988 vom Abzug ausgeschlossen ist. Wie der VwGH weiters ausgeführt hat, ist die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 unabhängig von der (seit dem AbgÄG 1997 mehrfach geänderten) Vorschrift des § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 anwendbar und durch Art 17 Abs. 6 Unterabsatz 2 der 6. RL gedeckt.

Mit Erkenntnis vom , 2009/15/0222 hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass auch für die Jahre ab 2004 hinsichtlich des Anteils, den überwiegend privat genutzte Räume am Gebäude haben, infolge des vom Beibehaltungsrecht (Art 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie) gedeckten § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 kein Vorsteuerabzug zusteht.

In Anbetracht der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie vor dem Hintergrund der hier maßgeblichen Unionsrechtslage ergibt sich, dass für ein Gebäude, bei welchem räumliche Bereiche überwiegend oder gänzlich für private Wohnzwecke des Unternehmers genutzt werden, der (anteilige) Vorsteuerausschluss durch die (speziellere) Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 geregelt wird (so ).

§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 ist in seinem Normenbestand unverändert geblieben. Eine Änderung bestehender Rechtsvorschriften durch den nationalen Gesetzgeber hat diesbezüglich nicht stattgefunden. Ein in diesem Zusammenhang im Jahr 2009 zunächst von der Europäischen Kommission gegen Österreich eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren hinsichtlich der Zeiträume ab wurde in Anbetracht der Änderung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem) durch Einfügung des Artikels 168a mit Richtlinie 2009/162/EU des Rates vom eingestellt.

Auf den Beschwerdefall bezogen bedeutet dies, dass der Vorsteuerabzug - wie bereits vom Finanzamt in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden berücksichtigt - nur für den unternehmerisch genutzten Teil des Gebäudes (38,34 %) zusteht, wohingegen die überwiegende Privatnutzung (hier unbestritten 61,66 %), infolge des vom Beibehaltungsrecht (Art 17 Abs. 6 der 6. RL) gedeckten § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Eine Eigenverbrauchsbesteuerung hinsichtlich des privat genutzten Gebäudeanteils ist nicht vorzunehmen.

Nichtzulässigkeit einer Revision 

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. 

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gründet sich darauf, dass die hier zu lösende Rechtsfrage (Versagung des Vorsteuerabzuges hinsichtlich des privat genutzten Teiles als Rechtsfolge der Anwendung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994) bereits hinreichend durch die höchstgerichtliche und in den Entscheidungsgründen auch zitierte Rechtsprechung geklärt ist und im Erkenntnis auch nicht davon abgewichen worden ist.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7104272.2009

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at