Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.03.2018, RV/6100660/2017

Auswärtiges Studium

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch STB, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Salzburg-Land vom , betreffend Einkommensteuer 2015 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

 
Entscheidungsgründe

1) Verfahrensgang

Der Bf ist Arzt und erklärte in seiner Einkommensteuererklärung 2015 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in der Höhe von € 125.867,14 sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Für seine beiden Kinder beantragte er den Kinderfreibetrag sowie für sein zweites Kind Kind1 eine außergewöhnliche Belastung für die auswärtige Berufsausbildung.

Die Veranlagung zur Einkommensteuer erfolgte erklärungsgemäß mittels Einkommensteuerbescheid 2015 vom . 

Dagegen brachte der Bf innerhalb offener Rechtsmittelfrist am Beschwerde ein. Er beantragte darin die Neufestsetzung der Einkommensteuer 2015 unter der Berücksichtigung der pauschalen Kosten für die auswärtige Berufsausbildung für vier Monate auch für seine Tochter Kind2. Als Begründung verwies er auf die seiner Beschwerde beigelegten Unterlagen, nämlich das Formular L1k 2015 sowie die Studienzeitbestätigung und das Studienblatt der Universität Wien für das Wintersemester 2015.

Daraufhin erließ die belangte Behörde am die Beschwerdevorentscheidung, in welcher sie die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 vom als unbegründet abwies. Da im Einzugsgebiet des Wohnortes des Bf, also in Salzburg, die gleichen Studienrichtungen angeboten würden, sei es nicht zwangsläufig erforderlich, dass der Studienort in Wien liege. Mangels Zwangsläufigkeit wäre die Beschwerde somit abzuweisen gewesen.

In der Folge beantragte der Bf mittels Vorlageantrag vom  die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung. Der Bf ersuchte darin um Neufestsetzung der Einkommensteuer 2015 unter der Berücksichtigung der Kosten für die auswärtige Berufsausbildung seiner Tochter Kind2. Er begründete seinen Antrag damit, dass auch der nahegelegene Studienort Salzburg außerhalb des Einzugsbereiches von Familienwohnsitz liege. Gemäß § 4 der zu § 26 Abs. 3 Studienfördungsgesetz ergangenen Verordnung (zuletzt geändert mit BGBl II Nr 249/2016) sei Familienwohnsitz nicht bei den Gemeinden angeführt, von denen die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Salzburg zeitlich noch zumutbar sei. Gemäß Rz 881 letzter Absatz LStR 2002 komme es daher im gegenständlichen Fall darauf an, ob die Fahrzeiten zwischen Familienwohnsitz und Salzburg bei Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels mehr als je eine Stunde betrage. Dies sei der Fall, wie sich aus dem beiliegenden Ausdruck des „Pendlerrechners“ ergebe. Da somit generell keine im Einzugsbereich von Familienwohnsitz gelegene Ausbildungsmöglichkeit bestehe, sei es nicht relevant, dass seine Tochter in Wien und nicht in Salzburg studiere.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde schließlich am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

2) Sachverhalt

Kind2 studiert laut Studienzeitbestätigung der Universität Wien vom mit Studienbeginn im Bachelorstudium Lehramt die Unterrichtsfächer Englisch sowie Geschichte, Sozialkunde, Politische Bildung an der Universität Wien. Wie eine Recherche auf der Internetseite www.uni-salzburg.at ergab, wird das von Kind2 gewählte Studium gleichfalls an der Universität Salzburg angeboten. Laut Abfrage im Zentralen Melderegister hat Kind2 den Hauptwohnsitz am  von Familienwohnsitz nach Wien verlegt.

3) Rechtsgrundlagen

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988, sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein (§ 34 Abs. 2 EStG 1988). Sie muss zwangsläufig erwachsen (§ 34 Abs. 3 EStG 1988) und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen (§ 34 Abs. 4 EStG 1988).

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBL 624/1995 idgF liegen Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

Gemäß § 2 Abs. 1 VO gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden.

Gemäß § 2 Abs. 2 VO gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, in der jeweils geltenden Fassung als nicht mehr zumutbar.

Gemäß § 26 Abs. 3 StudFG 1992 ist eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel ist keinesfalls mehr zumutbar.

4) Dazu wird rechtlich erwogen

Nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 stellen Aufwendungen für eine auswärtige Berufsausbildung eine außergewöhnliche Belastung dar, wenn eine entsprechenden Ausbildungsmöglichkeit im Einzugsbereich des Wohnortes fehlt.

Dazu bestimmt § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, dass Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes liegen. Wesentlich ist dabei der Familienwohnort des Bf und nicht, ob das unterhaltsberechtigte Kind am Studienort über eine eigene Wohnung verfügt. Dies gilt so lange, als das Kind die Möglichkeit hat, an der familiären Haushaltsführung und Verpflegung teilzunehmen. Als Ausbildungsbildungsstätte ist bei der Berechnung der Wegstrecke jene heranzuziehen, die zum Familienwohnort am nächsten liegt. Im vorliegenden Fall ist dies die Universität Salzburg ().

Denn da Tochter Kind2 bis kurz vor Beginn ihres Lehramtsstudiums an der Adresse des Bf in Familienwohnsitz ihren Hauptwohnsitz hat,  kann aus der Tatsache allein, dass die studierende Tochter zu Studienzwecken eine Wohnung ihres Onkels am Studienort bewohnt, nicht geschlossen werden, dass damit der gemeinsame Familienwohnsitz in Familienwohnsitz aufgegeben wurde. Auch die Abmeldung ihres Wohnsitzes in Familienwohnsitz am belegt dies nicht (). Es ist daher die Wegstrecke vom Familienwohnsitz des Bf zu bemessen.

Ausschließlich zur Ermittlung der Wegstrecke zwischen dem Familienwohnsitz in Familienwohnsitz und der Universität Salzburg kann die seitens des Bf vorgelegte Berechnung des Pendlerrechners vom herangezogen werden. Demnach beträgt eine Wegstrecke knapp 50 km. Folglich liegt die Ausbildungsstätte jedenfalls hinsichtlich der streckenmäßigen Entfernung innerhalb des Einzugsbereiches des Familienwohnortes des Bf.

Ist eine Gemeinde nicht in der zu § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 ergangenen Verordnung angeführt, gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort als nicht innerhalb des Einzugsbereichs des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und zurück unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels mehr als je eine Stunde beträgt (vgl. § 2 Abs. 1 der VO BGBl. II Nr. 449/2001). Auch dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden (vgl. , zu einer nicht in den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992 genannten Gemeinde; LStR 2002, Rz 881).

Dazu ist, wie der Bf in seinem Vorlageantrag folgerichtig vorbringt, darauf hinzuweisen, dass nach § 4 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem StudFG, BGBl. 605/1993, die Marktgemeinde Familienwohnsitz nicht genannt wird.

Nach den oben zitierten Ausführungen in der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes wäre im gegenständlichen Fall eine Berücksichtigung der Aufwendungen für die Berufsausbildung der Tochter des Bf als außergewöhnliche Belastung daher dann möglich, wenn die Fahrzeit von der Gemeinde des Familienwohnsitzes zum Studienort und retour unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel jeweils mehr als eine Stunde betragen würde. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass durch den jeweiligen Verweis in den Verordnungsbestimmungen auf die Grundsätze des § 26 Abs. 3 StudFG es nur auf die Hin- und Rückfahrt vom und zum Studienort ankommt und bei der Berechnung Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Wohn- oder Studienort ohne Begrenzung nicht zu berücksichtigen sind ().

Für die Berechnung der Fahrzeit zwischen Familienwohnort und Ausbildungsstätte ist demnach die Bestimmung des § 26 Abs. 3 StudFG samt den dazu ergangenen Verordnungen maßgeblich. Nicht zu berücksichtigen ist hingegen in zeitlicher Hinsicht das Ergebnis des Pendlerrechners, da der Pendlerrechner abweichend von § 26 Abs. 3 StudFG die Wegzeit anhand der gesamten Wegstrecke inklusive Gehzeiten und Wartezeiten am Wohn- und Studienort ermittelt.

Somit ist die Fahrzeit vom Wohnort zur Ausbildungssätte unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels (ÖBB) zu ermitteln. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei der online Fahrplanauskunft der OEBB auf der Internetseite fahrplan.oebb.at stets nur die aktuelle Fahrplanperiode abgefragt werden kann. Folglich übermittelte das ÖBB Kundenservice am hinsichtlich der Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Familienwohnsitz nach Salzburg entsprechende Fahrpläne für das Beschwerdejahr. Diesen ist entnehmen, dass der Tochter des Bf unter Benützung dieser beiden Verbindungen


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Hinfahrt
Familienwohnsitz Ortsmitte
AB Bhf
Wartezeit
AB Bhf
Sbg Hbf
 
07:55
08:20
 
08:25
08:51
 
Bus
00:25
00:05
Rex
00:026
00:56 Minuten


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Rückfahrt
Sbg Hbf
AB Bhf
Wartezeit
AB Bhf
Familienwohnsitz Ortsmitte
 
18:15
18:39
 
18:50
19:12
 
EC
00:24
00:11
Bus
00:22
00:57 Minuten

die Wegstrecke zwischen dem Familienwohnsitz in Familienwohnsitz und der Universität Salzburg in 5020 Salzburg jeweils in weniger als einer Stunde zurücklegen hätte können.

Deshalb ist die Ausbildungsstätte Universität Salzburg noch als innerhalb des Einzugsbereiches des Familienwohnsitzes gelegen zu erachten. Daher kann der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein und sind somit die Aufwendungen des Bf für seine auswärts an der Universität Wien studierenden Tochter Kind2 nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Abschießend wird angemerkt, dass es auf die konkrete zeitliche Lagerung der von der Studierenden im Einzelfall besuchten Lehrveranstaltungen nicht ankommt (; ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur gegenständlichen Rechtsfrage, nämlich ob die Kosten des auswärtigen Studiums eine außergewöhnliche Belastung darstellen, existiert umfangreiche und eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sich das gegenständliche Erkenntnis stützt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.6100660.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at