Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 25.01.2018, RV/7103897/2016

Rechtmäßigkeit eines Sicherstellungauftrages

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden R1, den Richter R2, und die weiteren Senatsmitglieder L1 und L2 in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Dr. Herbert Orlich, Leonhard Bernstein Straße 4-6/9/3a, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Sicherstellungsauftrag, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des steuerlichen Vertreters der Beschwerdeführerin Dr. Herbert Orlich, der Amtsvertreterin AV sowie der Schriftführerin SF zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Sicherstellungsauftrag vom ordnete die Abgabenbehörde gemäß § 232 Bundesabgabenordnung (BAO) die Sicherstellung folgender Abgabenansprüche in das Vermögen der Beschwerdeführerin (Bf) an und führte zur Begründung Folgendes aus:


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"Abgabenart
Zeitraum
(voraussichtliche) Höhe in Euro
Umsatzsteuer
01-12/2010
79.147,54
Umsatzsteuer
01-12/2011
120.428,23
Umsatzsteuer
01-12/2012
106.973,33
Umsatzsteuer
01-12/2013
65.658,53
Summe
 
372.207,63

Die sicherzustellenden Abgabenansprüche sind auf Grund folgender Sachverhalte entstanden und wurden wie folgt ermittelt:

Gegen HP besteht der konkrete Tatverdacht der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung im Tatzeitraum 2010 bis dato, da er nach Erhebungen und Niederschriften der Finanzpolizei dringend verdächtig ist, als wahrer wirtschaftlicher Machthaber über die nicht protokollierte Einzelfirma als solche firmiert und Rechnungen über Bauleistungen ausgestellt zu haben, die bis dato nicht der Besteuerung unterzogen worden sind. Die von ihm zur Gründung der nicht protokollierten Einzelfirma gedungene natürliche Person MC (Gründung = Vergabe von Steuernummer und Umsatzsteueridentifikationsnummer) gab im strafrechtlich relevanten Ermittlungszeitraum 2010 bis 2013 unrichtige bzw. keine Abgabenerklärungen ab.

HP trat gegenüber Kunden und Arbeitern als Firmenchef auf. Die Abhebungen von den Firmenkonten erfolgten ebenfalls durch HP. Er verfügte, einem Eigentümer gleich, sowohl über Firmenstruktur wie über Firmengelder. HP nahm vorrangig Einfluss auf die Geschäftsführung.

In wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 21 BAO) stellt sich der wahre wirtschaftliche Gehalt wie folgt dar:

HP betrieb zumindest seit 2010 eine Baufirma und beschäftigte zu diesem Zweck mehrere Arbeiter, mittels derer die jeweiligen Aufträge ausgeführt wurden. Das genannte Einzelunternehmen der MC diente dabei als Werkzeug zur Rechnungsschreibung, die Anmeldung der beschäftigten Dienstnehmer wurden bei amtsbekannten Schein- und Betrugsfirmen zugekauft, um die tatsächlichen Auftrags- und Dienstverhältnisse zum Zwecke des Abgaben- und Sozialbetrugs zu verschleiern. Es ist davon auszugehen, dass MC ohne Zutun des HP eine gewerbliche Tätigkeit wie in der behaupteten Form nicht unternommen hätte.

Die erzielten Umsätze sind der MC nicht zuzurechnen, dennoch schuldet sie die Umsatzsteuer aufgrund der Rechnungslegung gem § 11 Abs. 14 UStG. Die geltend gemachten Vorsteuern sind nicht anzuerkennen.

Der sicherzustellende Abgabenanspruch basiert auf den bisher zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuerbeträgen: Umsatzsteuer: 2010 79.147,54, 2011 120.428,23, 2012 106.973,33, 2013 65.658,53.

Der Abgabenanspruch ist bereits entstanden.

Um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung zu begegnen, kann die Abgabenbehörde nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4 BAO) bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) einen Sicherstellungsauftrag erlassen (§ 232 BAO).

Die Einbringung der Abgabe(n) ist gefährdet, da das Verhalten der Abgabepflichtigen bisher in hohem Maße steuerunehrlich war und der Abgabenbehörde Vermögen im Ausmaß der zu erwartenden Abgabennachforderungen nicht bekannt ist.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom beantragte die Bf, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat den Bescheid im gesamten Umfang ersatzlos zu beheben.

Weiters möge der Vollzug dieses Sicherstellungsbescheides im gesamten vorgeschriebenen Umfang bis zur rechtskräftigen Erledigung dieses Rechtsmittels ausgesetzt werden.

Zur Begründung führte die Bf durch ihren Vertreter wie folgt aus:

„Zunächst fällt mir auf, dass Sie mit Rechtsbegriffen sehr undifferenziert umgehen. So verwenden Sie den Begriff „Firma" für den Namen des nicht protokollierten Einzelunternehmens MC, obwohl nach § 17 UGB unter den Begriff „ Firma" nur protokollierte Namen fallen.

Sodann fällt mir auf, dass Sie die drei Begriffe Unternehmen, Unternehmensbezeichnung und Unternehmensinhaber nicht mit der juristisch gebotenen Differenzierung verwenden und deshalb Verwirrung entsteht, wo tatsächlich Klarheit besteht.

Welches Unternehmen Sie meinen, darüber scheinen wir uns einig zu sein: Es ist dasjenige Unternehmen, bei dem die Kunden Bauleistungen bestellt haben und das dann diese Leistungen auch erbracht hat. Es ist dasjenige Unternehmen, das, um die bestellten Leistungen erbringen zu können, Material eingekauft und Arbeitskräfte angeheuert hat. Es ist das Unternehmen, das für die erbrachten Leistungen Rechnungen ausgestellt hat, die dann auch bezahlt wurden. Und es ist schließlich das Unternehmen, das die in den ausgestellten Rechnungen enthaltene Umsatzsteuer ordnungsgemäß mit dem Finanzamt verrechnet hat.

Auch bei der Bezeichnung des Unternehmens scheinen wir uns einig zu sein, wenn ich die Ausführungen Ihres Bescheides richtig verstanden habe. Sie lautet: „Einzelunternehmen MC".

Klar uneinig sind wir uns bei der Frage nach dem Untemehmensinhaber. Sie behaupten, Inhaber des „Einzelunternehmens MC" sei nicht meine Mandatin gewesen, sondern HP. Doch wie ich Ihnen gleich zeigen werde, ist dieser Auffassungsunterschied hier letztlich gar nicht relevant.

B. Denn, nachdem wir jetzt die Rechtsbegriffe klar differenziert haben, zeigt sich bereits an diesem Punkt, daß Ihr Bescheid unschlüssig ist. Nach dem klaren und unmißverständlichen Wortlaut der Bestimmung ist Schuldner der Umsatzsteuer nach § 11 Abs 14 UStG nicht derjenige, dessen Namen auf der Rechnung aufscheint, sondern derjenige, der die Rechnung ausgestellt hat. Dazu stellen Sie im letzten Absatz auf Seite 1 des Bescheides fest, es sei HP gewesen, der „als wahrer wirtschaftlicher Machthaber über die nicht protokollierte Einzelfirma (MC) als solche firmiert und Rechnungen über Bauleistungen ausgestellt" habe. Nach den Feststellungen Ihres Bescheides war Aussteller der Rechnungen also nicht meine Mandantin, sondern HP. Damit wäre Schuldner einer allfälligen USt nach § 11 Abs 14 UStG nicht meine Mandantin, sondern HP. Damit steht auch nicht fest, daß ein Tatbestand verwirklicht wäre, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht meiner Mandantin knüpfen (§ 232 Abs 1 BAO). Damit fehlt jede Rechtsgrundlage für den bekämpften Sicherstellungsbescheid, sodass dieser aufzuheben ist. Aus eventuellen Amtshaftungsgründen könnte diese Aufhebung sogar sehr rasch geboten sein; schon allein deshalb, um weitere Anwaltskosten zu vermeiden.

C. Ein Sicherstellungsbescheid nach § 232 BAO darf nur dann erlassen werden, wenn die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu gewärtigen ist. Die Rechtsprechung legt besonderen Wert auf eine sorgfältige Begründung dieser Voraussetzung. Diese erfüllt der Bescheid nicht. Dass das Verhalten meiner Mandantin „in hohem Maße steuerunehrlich" gewesen sein soll, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen, richten sich doch nahezu sämtliche Vorwürfe nicht gegen meine Mandantin, sondern gegen HP. Auch die allgemein gehaltene Floskel, es sei der „Abgabenbehörde Vermögen im Ausmaß der zu erwartenden Abgabennachforderungen nicht bekannt", vermag die Anforderungen an eine sorgfältige Bescheidbegründung nicht zu erfüllen.

D. Da für den Erlass dieses Sicherstellungsbescheides gar keine Rechtsgrundlage besteht, gebieten verfassungsrechtliche Gründe, meiner Mandantin einen Rechtsschutz (analog) der Aussetzung nach § 212a BAO zu gewähren. Denn auch hier gilt, dass der Berufungswerber nicht generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung bis zur endgültigen Erledigung des Rechtsmittel belastet werden darf. Dass auch Sicherstellungsmaßnahmen grundsätzlich und objektiv geeignet sind, dem Belasteten vermögensrechtliche Nachteile zuzufügen, gilt als amtsbekannt und bedarf deshalb keines näheren Vorbringens. Überdies ist meiner Mandantin auch noch gar nichts darüber bekannt, welche konkreten Sicherstellungsmaßnahmen die Behörde setzen wird. Bei verfassungskonformer Interpretation der BAO wird in solchen Fällen zumindest Rechtsschutz im Umfang des Art 244 Abs 2 ZK zu gewähren sein.

Hier kommt erschwerend hinzu, daß der Bescheid gar keine Gründe enthält, warum überhaupt ein Sicherstellungsbescheid erlassen wurde und nicht gleich ein Abgabenbescheid. Wäre anstelle des Sicherstellungsbescheides ein Abgabenbescheid erlassen worden, so stünde uns fraglos die Antragsmöglichkeit nach § 212a BAO offen. So hat die willkürliche Auswahl der Bescheidtype meine Mandantin einer Rechtsschutzmöglichkeit beraubt.

E. Der undifferenzierte - fast schon epische - Umgang mit Worten und Begriffen ist ursächlich dafür, dass ein solch abenteuerliches Betrugsszenario überhaupt entstehen konnte. Sehen wir uns deshalb Ihre Formulierungen im Detail an:

1. Im letzten Absatz auf Seite 1 stellen Sie fest, es seien Rechnungen über Bauleistungen „bis dato nicht der Besteuerung unterzogen" worden. Zunächst ist unklar, was konkret Sie mit „nicht der Besteuerung unterzogen" meinen, ist doch das „Unterziehen" eine Aufgabe der Finanzverwaltung und nicht des Abgabenpfiichtigen. Sodann finde ich im Bescheid keine einzige Rechnung bezeichnet, auf die Ihre Anschuldigung zuträfe.

2. Ebenfalls in diesem Absatz behaupten Sie, meine Mandantin hätte im „Ermittlungszeitraum 2010 bis 2013 unrichtige bzw. keine Abgabenerklärungen abgegeben". Das Wort „beziehungsweise" ist ein Bindewort, das „und", „oder", oder „oder auch" bedeuten kann. Für den Juristen liegen zwischen diesen Bedeutungen ganze Welten. Ich weiß deshalb nicht, ob Sie meiner Mandantin nur vorwerfen, unrichtige Abgabenerklärungen abgegeben zu haben oder gar keine. Im ersten Fall werden Sie darzulegen haben, welche konkrete Abgabenerklärung aus welchem Grund „unrichtig" war, um zweiten Fall, welche konkrete Abgabenerklärung wann abzugeben gewesen wäre und tatsächlich nicht abgegeben wurde. Solange Sie das nicht offenlegen, ist es mir unmöglich, auf Ihre Vorwürfe zu replizieren.

3. Im ersten Absatz auf Seite 2 behaupten Sie, die Abhebungen von den Firmenkonten des Einzelunternehmens MC seien durch HP erfolgt. Dazu bitte ich Sie, mir auch nur eine einzige solche Abhebung vom Konto des Einzelunternehmens MC konkret zu bezeichnen!

4. Im selben Absatz schreiben Sie, HP habe über die „Firmenstruktur" verfügt. Hier verweise ich nochmals auf das bereits zu Beginn Ausgeführte, dass eine „Firma" im Sinne des § 17 UGB mangels Protokolliernng gar nicht vorliegt. Ich weiß daher nicht, was Sie mit dem Begriff „Firmenstruktur" überhaupt meinen, zumal der Bescheid zu diesen Vorwurf auch gar keine näheren Festellungen enthält.

5. Ebenfalls in diesem Absatz schreiben Sie, HP habe über die „Firmengelder" einem Eigentümer gleich verfügt. Was konkret wollen Sie damit ausdrücken? Wann hat HP konkret welche Verfügungshandlung gesetzt? Bitte geben Sie mir eine Chance, zu Ihren Vorwürfen Stellung zu nehmen, indem Sie konkrete Feststellungen in den Bescheid aufnehmen!

6. Im dritten Absatz auf Seite 2 schreiben Sie, das Einzeluntnernehmen MC hätte HP „als Werkzeug zur Rechnungsschreibung" gedient. Was meinen Sie mit dem Begriff „Werkzeug"? Ich verstehe das schon deshalb nicht, weil nach meinen Vorstellungen als Werkzeug zur Rechnungsschreibung beispielsweise eine Computeranlage dienen kann, aber niemals ein „Einzelunternehmen".

7. Im vierten Absatz auf Seite 2 schreiben Sie: „Es ist davon auszugehen, dass MC ohne Zutun des  HP eine gewerbliche Tätigkeit wie in der behaupteten Form nicht unternommen hätte". Dieser Satz ist besonders kryptisch. Was meinen Sie mit „es ist davon auszugehen"? Wollen Sie damit ausdrücken, dass das, wovon „auszugehen" ist, tatsächlich so ist oder ob Sie es nur für vertretbar halten, solches (tatsächlich nicht so seiende) anzunehmen? Sodann, was konkret meinen Sie mit dem Begriff „Zutun"? Welche konkreten Handlungen des HP meinen Sie hier? Sodann, was meinen Sie mit „in der behaupteten Form"? Wer hat hier welche Form wann behauptet? Und aus welchen konkreten Tatsachen schließen Sie, daß meine Mandantin irgendetwas anders gemacht hätte, als sie es tatsächlich gemacht hat? Ich bitte Sie, zu diesem ebenso substanzlosen wie für meine Mandantin übel klingenden Satz konkrete Tatsachenfeststellungen hinzuzufügen, damit es mir überhaupt möglich wird, darüber zu replizieren.

Ich stelle deshalb den Antrag, mir die erbetenen Aufklärungen unter Anschluss von Kopien der bezughabenden Aktenteile im Wege eines Vorhaltes zukommen zu lassen und mir sodann zur Gegenäußerung eine Frist von sechs Wochen einzuräumen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde vom als unbegründet ab.

Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

Gemäß § 232 Abs. 1 BAO (i. d. F. vor BGBl I 2009/20) kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung hat der Sicherstellungsauftrag zu enthalten:

die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld;

die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt;

den Vermerk, dass die Anordnung der Sicherstellung sofort in Vollzug gesetzt werden kann;

die Bestimmung des Betrages, durch dessen Hinterlegung der Abgabepflichtige erwirken kann, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages zunächst die Verwirklichung jenes Tatbestandes voraus, an den die Abgabepflicht geknüpft ist. Die Verwirklichung dieses Tatbestandes muss im Hinblick auf die auch für Sicherstellungsaufträge geltende Begründungspflicht im Sinne des § 93 Abs. 3 lit. a BAO in der Begründung des Sicherstellungsauftrages oder in der diesen bestätigenden Berufungsentscheidung dargetan werden. Die Begründung muss in diesem Zusammenhang jedenfalls erkennen lassen, welcher konkrete Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde und welche Erwägungen im Rahmen der Beweiswürdigung dafür maßgebend waren. Ein Sicherstellungsauftrag ist aber kein abschließender Sachbescheid im Sinne des § 183 Abs. 4 BAO, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende Sofortmaßnahme, die dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, somit nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern dass es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Tatbestandes entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind. Ob der Abgabenanspruch tatsächlich entstanden ist, ist in einem Sicherstellungsverfahren nicht zu entscheiden (vgl. z. B. ; ).

Zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin bezugnehmend auf undifferenzierten Rechtsbegriffe darf hier wie folgt Stellung genommen werden:

Umgangssprachlich wird von Privatpersonen, aber auch oft im Geschäftsverkehr kaum zwischen den Begriffen „Unternehmen und Firma“ unterschieden. Beide Begriffe haben sich in der Bedeutung und im allgemeinen Sprachgebrauch praktisch vereinigt bzw. sehr stark angenähert.

Ein Unternehmen ist eine unabhängig handelnde Einheit der Wirtschaft. Ein Unternehmen kann aus organisatorischen Gründen beispielhaft mehrere Betriebe unter sich führen. Weiters könnten mehrere Unternehmen einen Betrieb organisieren, führen und lenken. Demzufolge ist ein Unternehmen nicht unter den Begriff „Firma“ zu klassifizieren.

Unternehmen steht für die wirtschaftlich/rechtliche Komponente und der Begriff „Betrieb“ im arbeitstechnischen Sinne für den Ablauf (technisch und organisatorisch).

Der Begriff „Firma“ zeichnet neben der umgangssprachlichen Deutung die Teilmenge eines Unternehmens ab. Ein Unternehmen betreibt seine Handelsgeschäfte unter einer bestimmten Firmierung. In der Umgangssprache wird der Ausdruck „Firma“ normalerweise synonym zur Bezeichnung „Unternehmung“ verwendet. Ein Unternehmen ist der rechtliche Rahmen für die Leistungserstellung. Der Begriff Firma bezeichnet lediglich den rechtlich geschützten Namen des Unternehmens und es ist die Eintragung ins Firmenbuch erforderlich.

Nicht von der Protokollierungspflicht erfassten Einzelunternehmern kann auf freiwilliger Basis die mit einer Firmenbucheintragung verbundenen Gestaltungsoptionen eingeräumt werden, sofern sie selbst auf eine gerichtlich qualifizierte Registrierung Wert legen und die damit verbundenen Rechte, eine Firma zu führen, den im UGB vorgesehenen besonderen Firmenschutz zu genießen, Prokura zu erteilen, Haftungsbeschränkungen bei Unternehmensveräußerungen ersichtlich zu machen u.ä. nutzen wollen. Dies erscheint auch sachgerecht, da etwa auch bei kleineren Unternehmern - etwa im Bereich des Firmenrechts - das Bedürfnis bestehen kann, die unternehmerische Tätigkeit von der privaten zu trennen und dies nach außen hin durch die Verwendung einer Firma zum Ausdruck zu bringen.

Im vorliegenden Fall ist somit der Beschwerdeführerin beizupflichten, dass das nicht protokollierte Einzelunternehmen MC nicht als „Firma“ zu benennen ist, dessen ungeachtet nicht als Beschwerde begründend – ebenso betreffend die Ausführungen hinsichtlich des nicht als klar ersichtlichen „bis dato nicht der Besteuerung unterzogenen“ sowie der Hinweis auf die grammatische Funktion des Wortes „beziehungsweise“ - relevant angesehen werden kann.

Bezugnehmend auf die aufgeworfene Thematik der „Uneinigkeit“ der Frage nach dem Unternehmensinhaber des gegenständlichen Unternehmens wurde im Sicherstellungsauftrag vom eindeutig MC angeführt. In der Begründung wurde ausführlich dargelegt, dass gegen HP der konkrete Tatverdacht besteht, als „wahrer wirtschaftlicher Machthaber“ ("faktischer Geschäftsführer", "de-facto Geschäftsführer") agiert zu haben.

Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt oder nicht Unternehmer ist, schuldet diesen Betrag gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994. Zweck dieser Bestimmung ist es, Missbräuche durch die Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis in jenen Fällen zu verhindern, in welchen ein Unternehmer Umsätze überhaupt nicht ausgeführt hat oder der Rechnungsaussteller kein Unternehmer ist.

Hinsichtlich des Einwandes der Beschwerdeführerin, dass durch die willkürliche Auswahl der Bescheidtype seitens der Abgabenverwaltung sie einer Rechtsschutzmöglichkeit beraubt wurde, darf noch einmal - wie bereits eingangs – erläutert werden, dass Sicherstellungsaufträge Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Sicherungsverfahren und keine Abgabenbescheide sind. Sie vermögen keine Abgabenbescheide abzuändern oder aufzuheben. Sicherstellungsaufträge sind nicht wie Abgabenbescheide dem Bereich der Abgabenfestsetzung zuzuordnen, sondern stellen eine Einbringungsmaßnahme dar. Sicherstellungsaufträge sind nur in einem zeitlich begrenzten Bereich zulässig, nämlich nach Entstehung des Abgabenanspruches und vor Eintritt dessen Vollstreckbarkeit. Zumeist ergehen Sicherstellungsaufträge vor Erlassung des Abgabenbescheides, dessen Abgabenanspruch besichert werden soll, weshalb die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht erforderlich ist (). Solches ergibt sich aus der Natur der „Sofortmaßnahme“, die ein Sicherstellungsauftrag darstellt. Aus diesem Grund normiert das Gesetz in § 232 Abs. 2 lit. a BAO als Spruchbestandteil eines Sicherstellungsauftrages die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld, die mit dem Sicherstellungsauftrag besichert werden soll.

Ob die Abgabenschuldigkeiten zu Recht oder Unrecht vorgeschrieben worden sind, ist nicht im Sicherstellungsverfahren zu prüfen. Dies ist den Beschwerdeverfahren gegen die Abgabenbescheide vorbehalten (vgl. ).

Nach der Rechtsprechung genügt es, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Abgabenpflichtigen und den besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint. Im Hinblick auf die Erfordernisse eines mangelfreien Verfahrens wird aber verlangt, dass jene Tatsachen, auf die sich die Schlussfolgerungen der Gefährdung und Erschwerung der Abgabeneinbringung stützen, festgestellt und dargelegt werden. Es wird verlangt, dass sich die Behörde mit der wirtschaftlichen Situation des Abgabenpflichtigen in ausreichender Weise auseinander setzt.

Die Möglichkeit einer Person, eine Schuld bestimmter Höhe zu entrichten, ist von ihrem Einkommen, aber auch vom Vorhandensein eines Vermögens abhängig. Über die sonach zur Abgabenentrichtung in absehbarer Zeit zur Verfügung stehenden Mittel sind somit Feststellungen zu treffen, woraus sodann Schlüsse auf die Gefährdung oder Erschwerung zulässig und geboten sind. Dasselbe gilt, wenn jemand, der trotz bedeutender wirtschaftlicher Transaktionen und erwerbswirtschaftlicher Betätigungen um seine steuerlichen Belange nicht besorgt ist und seine Offenlegungs- und Wahrheitspflichten nicht erfüllt, sodass – zumal wenn er für die Abgabenentrichtung nicht vorgesorgt hat - mit guten Gründen Erschwerungen oder Gefährdungen der Abgabeneinbringung zu befürchten sind (siehe Stoll BAO Kommentar).

Bereits im Sicherstellungsauftrag wurde seitens Betriebsprüferin dargelegt, dass die Beschwerdeführerin bisher in hohem Maße steuerunehrlich war und der Abgabenhörde darüber hinaus kein Vermögen im Ausmaß der zu erwartenden Abgabennachforderungen bekannt ist.

Da somit die Voraussetzungen für eine Sicherungsexekution vorlagen, konnte das Finanzamt im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens unter Beachtung der gemäß § 20 BAO vorgesehenen Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit die Sicherstellung der Umsatzsteuerschuld anordnen. Bei der Ermessensübung sind demnach die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen. Dabei haben nach ständiger Rechtsprechung im Falle eines Sicherstellungsauftrages aufgrund der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen in den Hintergrund zu treten. Nur in Ausnahmefällen - etwa bei Geringfügigkeit des zu sichernden Betrages - ist daher von der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages abzusehen. Aufgrund der Höhe des aushaftenden Betrages kann von einem derartigen Ausnahmefall aber nicht gesprochen werden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.“

Mit Vorlageantrag vom stellte die Bf durch ihren Vertreter den Antrag, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen, und führte wie folgt aus:

„Meine Mandantin betrieb von Ende 2009 bis Anfang 2013 ein Einzelunternehmen, in dem sie Leistungen erbrachte und Rechnungen ausstellte. Für sämtliche ausgestellen Rechnungen wurde ordnungsgemäß die Umsatzsteuer erklärt und auch abgeführt. Für die Jahre 2009 und 2010 wurde meine Mandantin bereits durch Umsatzsteuerbescheide veranlagt. Diese Bescheide setzten die Umsatzsteuer gemäß § 1 Abs 1 Z 1 UStG fest.

Ohne Rücksicht auf diese Umsatzsteuerbescheide behauptet das Finanzamt nun im bekämpften Bescheid, die dort ordnungsgemäß veranlagten Umsätze seien meiner Mandantin hier nicht zuzurechnen, weil nicht sie Inhaberin ihres Einzelunternehmens gewesen sei, sondern HP. Sie schulde die Umsatzsteuer nicht gemäß § 1 Abs 1 Z 1 UStG sondern gemäß § 11 Abs 14 UStG. Ungeachtet der Umsatzsteuerbescheide seien die geltend gemachten Vorsteuern hier nicht anzuerkennen, sodass eine (restliche) Abgabenforderung in Höhe dieser Vorsteuern bestünde.

Dass meine Mandantin keine Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG 1994 gewesen sei, stellt der bekämpfte Bescheid nicht fest. Er stellt auch nichts dazu fest, welche der nunmehr aberkannten Vorsteuern überhaupt solche Umsätze beträfen, die meiner Mandantin nicht zuzurechnen seien, und auch nichts dazu, in welches Verhältnis es die hier getroffenen Feststellungen zu den großteils widersprechenden Feststellungen der dortigen Umsatzsteuerbescheide stellen möchte.

Für den Rechtskundigen fürwahr überraschend stellt das Finanzamt im bekämpften Bescheid hingegen ausdrücklich und unmissverständlich fest, dass es gar nicht meine Mandantin gewesen sein soll, die die gegenständlichen Rechnungen ausgestellt hat, sondern HP.

In der Beschwerdevorentscheidung behauptet das Finanzamt sodann, es habe mit dem Begriff „wahrer wirtschaftlicher Machthaber“ nicht ausdrücken wollen, dass HP der Inhaber des Einzelunternehmens meiner Mandantin, sondern vielmehr, dass er (bloß) faktischer Geschäftsführer ihres Unternehmes gewesen sei.

Zur Behauptung, HP sei faktischer Geschäftsführer des Unternehmens gewesen, vermag sich das Finanzamt auf keinerlei objektiviertes Tatsachensubstrat zu stützen, sondern es verliert sich dabei in übersteigert atmosphärischen, wortgewaltigen Behauptungen großteils zu Ereignissen im Unternehmen des IZ zu einer Zeit, als das Unternehmen meiner Mandantin bereits geschlossen war. Deshalb habe ich unter Punkt E. meiner Beschwerde konkret und detailliert sieben Fragenkomplexe dargestellt, die notwendig geklärt werden müssten, bevor das Finanzamt solche Tatsachenfeststellungen zu Inhaber- oder Geschäftsführerschaft überhaupt treffen könnte. Damit setzt sich die Berufungsvorentscheidung jedoch nicht auseinander.

2 Antragsgründe

Wie die Beschwerdevorentscheidung richtig ausführt, hat ein Sicherstellungsbescheid formell zumindest zwei Voraussetzungen zu erfüllen:

1. Die Behauptung eines konkreten Tatbestandes, an den eine Abgabepflicht geknüpft ist, und die schlüssige Darlegung der Gründe, aus denen die Behörde der Ansicht ist, der Abgabenpflichtige habe diesen Tatbestand verwirklicht.

2. Die Behauptung, dass die Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert ist, und die schlüssige Darlegung der Gründe, aus denen die Behörde der Ansicht ist, es sei im konkreten Fall eine solche Gefährdung oder wesentliche Erschwernis gegeben.

Zur ersten Voraussetzung: Unter Punkt B. meiner Beschwerde habe ich ausgeführt, dass die Begründung des angezogenen Tatbestandes des § 11 Abs 14 UStG 1994 unschlüssig ist. Denn eine solche Abgabenschuld setzt notwendig voraus, dass der in Anspruch genommene Abgabenschuldner nicht Unternehmer im Sinne des § 2 UStG 1994 ist und er selbst - und niemand anderer - die Rechnungen ausgestellt hat.

Aufgrund der - auf § 1 Abs 1 Z 1 UStG gestützten - Umsatzsteuerbescheide steht zwischen der Abgabenbehörde und meiner Mandantin fest, dass die verrechneten Lieferungen und Leistungen ihr als Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG zuzurechnen sind. Dass meine Mandantin keine Unternehmerin sei, hat das Finanzamt auch hier nicht behauptet.

Zur Frage nach dem Aussteller der Rechnung verliert sich das Finanzamt in einem paradoxen Gedankenkonstrukt. Obwohl sämtliche Rechnungen als Ausstellerin meine Mandantin ausweisen, behauptet es im Sicherstellungsbescheid, es sei gar nicht meine Mandantin, die diese Rechnungen ausgestellt hätte, sondern HP. Und genau aus diesem Grund, weil nicht meine Mandantin Ausstellerin der Rechnungen gewesen sein soll, sondern HP, will das Finanzamt meine Mandantin als Ausstellerin der Rechnungen gemäß § 11 Abs 14 UStG haftbar machen.

Nach herrschender Rechtsauffassung ist der faktische Geschäftsführer nicht Inhaber des Unternehmens. Die Unternehmerschaft bleibt auch bei Vorhandensein eines faktischen Geschäftsführers stets beim Inhaber des Unternehmens.

Um eine Haftung meiner Mandantin nach § 11 Abs 14 UStG zu begründen, hätte das Finanzamt deshalb festzustellen gehabt, dass meine Mandantin keine Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG sei. Eine solche Feststellung hat das Finanzamt unterlassen. Damit und auch deshalb, weil es meine Mandantin gar nicht als Ausstellerin der Rechnungen bezeichnet, fehlt es an sämtlichen rechtlichen Voraussetzungen für eine Haftung nach §11 Abs 14 UStG. Somit ist es dem Finanzamt nicht gelungen, einen Tatbestand schlüssig darzustellen und zu begründen, an den eine Abgabepflicht geknüpft ist. Da Beschwerdegegenstand ein Sicherstellungsbescheid ist, kann es diese fehlende Begründung im finanzgerichtlichen Verfahren nicht mehr nachholen. Auch dem Bundesfinanzgericht ist es rechtlich verwehrt, diesen Begründungsmangel zu beheben, sodass der bekämpfte Bescheid schon aus diesem Grund zu kassieren sein wird.

Die Fragen, ob meine Mandantin Unternehmerin ist und wem die Umsätze ihres Einzelunternehmens zuzurechnen sind, ist Gegenstand der - teilweise noch anhängigen - Verfahren über die Umsatzsteuerbescheide. Entsprechend dem Grundsatz ne bis in idem ist es ist dem Finanzamt verfahrensrechtlich verwehrt, diese Fragen in einem weiteren Verfahren neu aufzurollen und Feststellungen zu treffen, die im Widerspruch stehen zu den Feststellungen der ursprünglichen Verfahren. An die in den dortigen Umsatzsteuerbescheiden entschiedenen Vorfragen bleibt das Finanzamt gebunden, solange diese Bescheide dem Rechtsbestand angehören und zwar unabhängig davon, ob diese Bescheide schon rechtskräftig sind oder nicht.

Die Zurechnungsfrage: Bei der Frage, wem Umsätze zuzurechnen sind, wendet das Finanzamt die wirtschaftliche Betrachtungsweise gemäß § 21 BAO an, ohne zu begründen, warum es diese Methode hier für zulässig hält.

Nach ständiger Judikatur des VwGH ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise nur insoweit anzuwenden, als der Tatbestand selbst nicht die rechtliche Betrachtungsweise erfordert Umsätze sind demjenigen zuzuordnen, der sich vertraglich zur Erbringung der Lieferungen und Leistungen verpflichtet hat.

Die Frage, welche Rechtsperson Vertragspartner ist, ist nach zivilrechtlicher Anknüpfung zu lösen und nicht nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise. Die Frage, wem Umsätze zuzurechnen sind, setzt deshalb konkrete Feststellungen dazu voraus, wer zivilrechtlicher Vertragspartner der den Rechnungen zugrunde liegenden Lieferungen und Leistungen war. Solche Feststellungen hat das Finanzamt bisher nicht getroffen, sodass ihm eine Zurechnung der Umsätze an jemand anderen als meine Mandantin rechtlich gar nicht möglich ist.

Zur zweiten Voraussetzung: Unter Punkt C. meiner Beschwerde habe ich dargelegt, dass allenfalls steuerunehrliches Verhalten Dritter nicht zur Begründung taugt für den Vorwurf steuerunehrlichen Verhaltes des Abgabepflichtigen.

Wo, wann und wie meine Mandantin selbst ein Verhalten gesetzt hätte, das als steuerunehrlich qualifiziert werden könnte, führt trotz meiner ausdrücklichen Rüge auch die Beschwerdevorentscheidung nicht aus.

Im Übrigen konnte ich in meiner Beschwerde nachweisen, dass sämtliche Behauptungen eines steuerunehrlichen Verhaltens des HP unsubstantiiert erhoben wurden und eine Grundlage weder in prozeßordnungsgemäßen Tatsachenfeststellungen noch im Akteninhalt selbst finden.

In der Beschwerdeverhandlung führte die Bf ergänzend aus, dass nach Stellung des Vorlagantrages das Abgabenverfahren fortgesetzt und mit Bericht über die Außenprüfung vom abgeschlossen worden sei. Entgegen den Ausführungen im Sicherstellungsauftrag sei aus diesem Bericht ersichtlich, dass die Unternehmereigenschaft der Bf im Prüfungsverfahren anerkannt worden sei, eine Steuerschuld kraft Rechnungslegung gem. § 11 Abs. 14 UStG nicht gegeben sei. Damit sei dem Sicherstellungsauftrag jede rechtliche Grundlage entzogen.

Die Abgabenbehörde habe im Abgabenverfahren gravierende Vorwürfe gegenüber Herrn HP erhoben, jedoch hinsichtlich der gegenständlichen Zeiträume ein Finanzstrafverfahren nicht eingeleitet.

Es werde daher beantragt, den Sicherstellungsauftrag aufzuheben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.

Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages setzt die Verwirklichung jenes Tatbestandes voraus, an den die Abgabepflicht geknüpft ist. Die Verwirklichung dieses Tatbestandes muss schon im Hinblick auf die auch für Sicherstellungsaufträge geltende Begründungspflicht im Sinne des § 93 Abs. 3 lit. a BAO in der Begründung des Sicherstellungsauftrages entsprechend dargetan werden, sofern sie nicht ohnedies außer Streit steht. Die Begründung müsste in diesem Zusammenhang jedenfalls erkennen lassen, welcher konkrete Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde und welche Erwägungen im Rahmen der Beweiswürdigung dafür maßgebend waren ().

Hinsichtlich der Entstehung der Abgabenansprüche wurde im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, dass HP als wahrer wirtschaftlicher Machthaber über die nicht protokollierte Einzelfirma Rechnungen über Bauleistungen ausgestellt habe, wobei die erzielten Umsätze nicht der Bf zuzurechnen seien. Dennoch schulde sie die Umsatzsteuer aufgrund der Rechnungslegung gem § 11 Abs. 14 UStG und seien die geltend gemachten Vorsteuern nicht anzuerkennen. Der sicherzustellende Abgabenanspruch basiere auf den bisher zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuerbeträgen in Höhe von € 79.147,54 (2010), € 120.428,23 (2011), € 106.973,33 (2012), € 65.658,53 (2013).

Diese Begründung genügt diesen Anforderungen nicht, weil er zur Frage der Zurechnung der Umsätze nicht an die Bf keine konkreten Sachverhaltsfeststellungen und dementsprechend auch keine diesbezügliche Beweiswürdigung enthält. Dem Bescheid kann nicht entnommen werden, aus welchen Gründen es sich bei den Umsätzen der Bf in Wahrheit um Umsätze des HPhandelt.

Eine schlüssige Begründung, warum die Abgabenbehörde den Abgabentatbestand als verwirklicht ansieht, fehlt dem Sicherstellungsauftrag somit.

Bestätigt wird dies auch durch die Feststellungen laut Bp-Bericht vom , Tz. 1, wonach man seitens der Finanzverwaltung zunächst der Auffassung war, dass aufgrund des maßgeblichen Einflusses und Auftretens des HP als Firmenverantwortlicher nach außen, HP selbst nach wahrem wirtschaftlichem Gehalt als Unternehmer zu bewerten ist, die Prüferin nach Würdigung der Vorbringen des rechtlichen Vertreters der Abgabepflichtigen in der Besprechung vom zur Auffassung gelangte, dass die durch das Einzelunternehmen MC verrechneten Leistungen als solche anzuerkennen sind. Dies gründet sich auf die Beschreibung ihres Tätigkeitsbereiches im Unternehmen anlässlich der Befragung im Rahmen der Prüfung des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf im April 2012.

Gemäß § 270 BAO ist bei der Entscheidung über die Beschwerde gegen einen Sicherstellungsauftrag auf im Beschwerdeverfahren zur Kenntnis gelangte neue Tatsachen und Beweise - welche sich allerdings auf die Überprüfung der Frage zu beschränken haben, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Sicherstellungsauftrages die dafür erforderlichen Voraussetzungen objektiv gegeben waren - Bedacht zu nehmen ().

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7103897.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at