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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.01.2018, RV/2100484/2014

Dauernde Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 21. Lebensjahres wurde nicht bescheinigt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adr., über die Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid der belangten Behörde Finanzamt Oststeiermark vom , betreffend Antrag vom auf (erhöhte) Familienbeihilfe für die im Jahr 1983 geborene Beschwerdeführerin selbst ab März 2008 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) beantragte am die Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe ab dem Zeitpunkt des Eintrittes der erheblichen Behinderung, für sich selbst.

In dem daraufhin über Ersuchen des Finanzamtes und im Auftrag des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (kurz: „Sozialministeriumservice“) erstellten ärztlichen Sachverständigengutachten vom wurde unter Hinweis auf Anamnese, relevanter vorgelegter Befunde und Untersuchungsbefund das Asperger-Syndrom diagnostiziert und dafür nach der Richtsatzposition der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) ein Gesamtgrad der Behinderung (GdB) von 50 v. H. seit 5/2006, voraussichtlich mehr als 3 Jahre anhaltend, Dauerzustand, festgestellt. Weiters wird im Gutachten ausgeführt: Die rückwirkende Anerkennung der Einschätzung des Grades der Behinderung ist ab auf Grund der vorgelegten relevanten Befunde möglich. Die Untersuchte ist voraussichtlich nicht dauernd außerstande sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.“
Diesem Gutachten erteilte die leitende Ärztin am ihre Zustimmung.

Im Bescheid vom wurde unter Verweis auf die Bestimmung des § 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) der Antrag der Bf. für den Zeitraum ab März 2008 mit der Begründung, dass auf Grund des erstellten Gutachtens des Bundessozialamtes die Anspruchsvoraussetzungen „Eintritt der Behinderung vor dem 21. Lebensjahr“ sowie „die dauernde Erwerbsunfähigkeit“ nicht nachweisbar seien, abgewiesen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht die Beschwerde mit der Begründung, dass aus dem Umstand, dass das Asperger-Syndrom bei ihr erst 2006 durch Dr. B. diagnostiziert worden sei, keinesfalls zu schließen sei, dass dieses nicht schon vorher bestanden hätte. Dieses Syndrom trete nicht erst im Lebensverlauf ein, sondern sei nach den allgemein anerkannten medizinischen Erkenntnissen eine angeborene Beeinträchtigung. Daher  sei der Eintritt der Behinderung vor dem 21. Lebensjahr jedenfalls als gegeben anzunehmen und könne nicht durch eine verspätete Diagnose in Zweifel gezogen werden. Die rückwirkende Anerkennung der Einschätzung des Grades der Behinderung sei daher nicht erst mit 2006, sondern ab Geburt durchzuführen.
Das dem Bescheid zu Grunde liegende ärztliche Sachverständigengutachten führe umfassend aus, dass es der Bf. trotz zahlreicher Versuche auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, auf Grund ihrer Beeinträchtigung nicht gelungen sei, dauerhaft ein Beschäftigungsverhältnis zu erlangen, das der Bf. den Lebensunterhalt sichern könnte. Ebenso werde gutachterlich die massive behinderungsbedingte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit bzw. die Erwerbsunfähigkeit festgestellt und von einem Dauerzustand ausgegangen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass man nach diesem Befund zum Schluss kommt, dass die Bf. nicht dauernd außerstande wäre, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Aus den bereits im Ermittlungsverfahren vorgelegten Befunden und den der Beschwerde beigelegten Nachweisen über Unterstützung für berufliche Eingliederungsmaßnahmen der Bezirksverwaltungsbehörde, die bedauerlicherweise ebenfalls nicht den gewünschten Erfolg der Erlangung eines existenzsichernden und unterhaltsdeckenden Beschäftigungsverhältnisses am ersten Arbeitsmarkt mit sich gebracht hätten, ergebe sich klar, dass es der Bf. dauerhaft nicht möglich sei, einer finanziell ausreichenden Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Vom Finanzamt wurde auf Grund der Beschwerde ein weiteres Gutachten beim Sozialministeriumservice beantragt.

Im Gutachten des Sozialministeriumservice vom wurde wiederum ein Grad der Behinderung von 50 v. H., diesmal ab auf Grund der vorgelegten Befunde bescheinigt. Die Untersuchte ist voraussichtlich nicht dauernd außerstande sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Weiters wird in der Stellungnahme ausgeführt:
„2006 wird von Dr. B. ein klinisch-psychologischer Befund verfasst. Er bestätigt der Bf. eine durchschnittliche Intelligenz und diagnostiziert ein Asperger-Syndrom. Laut diesem Befund besteht die Gefahr einer sozialen Isolation und der dadurch bedingten erschwerten Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt. Daher besteht ein dringender Bedarf eines Förderbedarfs. Er bestätigt nicht, dass die Bf. nicht arbeitsfähig sei.“

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Verweis auf die Bestimmung des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 ab und führte dazu aus, dass auf Grund des erstellten Gutachtens des Bundessozialamtes die Anspruchsvoraussetzung „dauernde Erwerbsunfähigkeit“ nicht nachweisbar sei.

Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). In der Begründung wurde ergänzend ausgeführt, dass ein gravierender Verfahrensmangel vorliege, da sich das Finanzamt nicht mit dem Beschwerdevorbringen auseinandergesetzt hätte. Hätte das Finanzamt dies getan, wäre es zu einem für die Bf. positiven Ergebnis gekommen, weshalb auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorliege. Die Voraussetzungen für die erhöhte Familienbeihilfe – wie bereits in der Beschwerde vorgebracht - würden bei der Bf. vorliegen.

Im Ermittlungsverfahren vor dem Bundesfinanzgericht legte die Bf. einen Versicherungsdatenauszug vor, und brachte weiters vor, dass daraus die Höhe des Einkommens ersichtlich sei und auch erkennbar sei, dass sie sich mit diesem Einkommen  nie selbst erhalten habe können. Die ersten Jahre habe die Bf. bei ihren Eltern gewohnt und seit 2005 lebe sie allein, finanziell unterstützt von ihren Eltern und vom Sozialreferat des Landes Steiermark. In diesem Zusammenhang legte die Bf. mehrere Bescheide des Sozialreferates über die Gewährung von Lebensunterhalt vor.
Aus dem beigelegten Versicherungsdatenauszug der Bf. vom ist ersichtlich, dass sie vom bis bei der ARGE „X“ Entwicklung und Betriebsgem. des Y und vom bis bei der Behinderten Selbsthilfegruppe Z als Angestellte beschäftigt war, vom bis abwechselnd Arbeitslosengeld, Krankengeld und Notstandshilfe bezog, vom bis als Arbeiterin beim Haus C Pflegeheim der Barmherzigen Schwestern vom Heil beschäftigt war und ab wiederum abwechselnd Arbeitslosengeld, Krankengeld und Notstandshilfe bezog.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) idgF haben volljährige Vollwaisen und ihnen gleichgestellte Personen (nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 sogenannte "Sozialwaisen") Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden.

Der gemäß § 8 Abs. 2 und 3 FLAG zustehende Betrag an Familienbeihilfe erhöht sich gemäß § 8 Abs. 4 FLAG für jedes Kind, das erheblich behindert ist, monatlich um 138,30 € (ab um 150 €, usw.).

Gemäß § 8 Abs. 5 FLAG gilt als erheblich behindert ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 v. H. betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Das Gesetz geht demnach klar davon aus, dass die Behinderung kausal sein muss für das geforderte "außer Stande Sein" und dieser Umstand bereits vor Vollendung des - gegenständlich - 21. Lebensjahres gegeben sein musste (vgl. Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Tz 21). Andere als behinderungskausale Gründe (wie z.B. mangelnde oder nicht spezifische Ausbildung, die Arbeitsplatzsituation, Arbeitsunwilligkeit, oÄ) dürfen für die Beurteilung ebenso wenig herangezogen werden wie eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes (etwa auch durch Folgeschäden) nach Vollendung des 21. Lebensjahres.

Nach § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

§ 8 Abs. 7 FLAG 1967 bestimmt, dass d ie Abs. 4 bis 6 sinngemäß für Vollwaisen gelten, die gemäß § 6 Anspruch auf Familienbeihilfe haben.

Das nach dieser Bestimmung abzuführende qualifizierte Nachweisverfahren durch ein ärztliches Gutachten (vgl. dazu , und , sowie ) hat sich darauf zu erstrecken, ob eine Antragstellerin / ein Antragsteller wegen einer vor Vollendung seines 21. Lebensjahres (oder - für den Beschwerdefall nicht relevant - während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres) eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außer Stande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen (vgl. etwa ).

Ein Gutachten zu einer solchen Sachfrage ist die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Geschehens oder Zustands auf der Basis des objektiv feststellbaren Sachverhaltes durch einen oder mehrere Sachverständige. Sachverständige haben dabei fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen, verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen, stützen. Alleine die Möglichkeit, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmter Sachverhalt vorgelegen sein könnte, reicht dabei keinesfalls aus, diesen Sachverhalt gutachterlich als gegeben anzusehen und zu bestätigen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrundeliegenden Gutachten gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und im Falle mehrerer Gutachten nicht einander widersprechend waren (vgl. und , mwN).

Die Bf. bringt in der Beschwerde vor, dass der Eintritt der Behinderung jedenfalls vor dem 21. Lebensjahr gegeben wäre und die Sachverständige des Sozialministeriumservice in ihrem Gutachten festgestellt hätte, dass es der Bf. auf Grund ihrer Beeinträchtigung nicht gelungen sei, dauerhaft ein Beschäftigungsverhältnis zu erlangen, das ihr den Lebensunterhalt sichern könnte, weiters die massive behinderungsbedingte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit bzw. die Erwerbsunfähigkeit festgestellt, von einem Dauerzustand ausgegangen und aus den vorgelegten Befunden und den der Beschwerde beigelegten Nachweisen über Unterstützung für berufliche Eingliederungsmaßnahmen der Bezirksverwaltungsbehörde, die bedauerlicherweise ebenfalls nicht den gewünschten Erfolg der Erlangung eines existenzsichernden und unterhaltsdeckenden Beschäftigungsverhältnisses am ersten Arbeitsmarkt mit sich gebracht hätten, ergebe sich klar, dass es der Bf. dauerhaft nicht möglich sei, einer finanziell ausreichenden Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Eine Behinderung im Sinn des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 mit einen Grad von mindestens 50 v. H. bzw. einer damit verbundenen voraussichtlichen dauernden Erwerbsunfähigkeit kann durchaus die Folge einer Krankheit sein, die schon seit längerem vorliegt, sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert. Erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche (bei unter 21jährigen) einen Grad von mindestens 50 v. H. aufweist bzw. (bei über 21jährigen) eine damit verbundene voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, ist der Tatbestand des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 erfüllt. Mithin kommt es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend) einer Behinderung führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche einen Grad von mindestens 50 v. H. erreicht bzw. die voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit nach sich zieht (vgl. ; ; ).

Dem Vorbringen in der Beschwerde ist entgegenzuhalten, dass in beiden Gutachten des Sozialministeriumservice - nach Einbeziehung sämtlicher vorgelegter Befunde - übereinstimmend festgestellt wurde, dass die Bf. auf Grund der Behinderung nicht dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Befunde, die auf eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit, die vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten ist, schließen lassen, wurden von der Bf. nicht vorgelegt.

Die Bf. ging vielmehr lt. Versicherungsdatenauszug seit (vor ihrem 21. Lj.) mehreren Beschäftigungen – wenn auch im geschützten Bereich - nach und bezog zwischendurch Arbeitslosengeld, Krankengeld und Notstandshilfe.

Gemäß § 7 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG), BGBl 609/1977, besteht Anspruch auf Arbeitslosengeld unter anderem unter der Voraussetzung, dass die betroffene Person arbeitsfähig und arbeitswillig ist. Nach § 8 Abs. 1 AlVG ist arbeitsfähig, wer nicht invalid beziehungsweise nicht berufsunfähig im Sinne der für ihn in Betracht kommenden Vorschriften des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes ist.

Es ist nach Überzeugung des Bundesfinanzgerichtes nicht davon auszugehen, dass die zuständigen Stellen in jahrelanger Missachtung der gesetzlichen Vorgaben Arbeitslosengeld gewährt hätten, wenn die Bf. tatsächlich nicht arbeitsfähig gewesen wäre.

Da die Bf. immer wieder beschäftigt war und Arbeitslosengeld bezogen hat, ergibt sich aus dem Versicherungsdatenauszug jedenfalls in keiner Weise, dass Arbeitsfähigkeit nicht bestanden hätte. Ein derartiger Schluss ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes durchaus zulässig, hat doch der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf seine Vorjudikatur ausgesprochen, dass eine mehrjährige Berufstätigkeit durchaus als weiteres Indiz für das Bestehen der Arbeitsfähigkeit herangezogen werden kann, sofern dem nicht andersartige gutachterliche Feststellungen entgegenstehen (vgl. ). Gleiches muss dann - auf Grund der gesetzlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung - auch für Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges gelten.

Laut dem von der Bf. vorgelegten Befund des klinischen Psychologen Dr. A. B. vom besteht die Gefahr einer sozialen Isolation und der dadurch bedingten erschwerten Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt, daher besteht ein dringender Bedarf eines Förderbedarfs.
Laut dem Sachverständigengutachten des Sozialministeriumsservice vom ist die Bf. behinderungsbedingt massiv eingeschränkt; ob ihr Leistungsvermögen ausreicht, kann nur durch Arbeitserprobung festgestellt werden.

Die Abgabenbehörde hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa und ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

Im zweiten Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice wurde diagnostiziert, dass der Grad der Behinderung mit 50 v. H. ab lt. der vorgelegten Befunde anzusetzen ist. Im ersten Sachverständigengutachten wurde darauf hingewiesen, dass seit 2003 ein Grad der Behinderung von 40 v. H. vorhanden war. In beiden Sachverständigengutachten wurde festgestellt, dass die Bf. voraussichtlich nicht dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Damit eine Person die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der erhöhten Familienbeihilfe erfüllt, muss die Erwerbsunfähigkeit bereits vor dem 21. Lebensjahr eingetreten sein und dies durch das Sozialministeriumsservice aufgrund der erstellten Sachverständigengutachten bescheinigt werden.
Die Sachverständigen im Sozialministeriumservice ziehen bei ihrer Diagnoseerstellung bzw. um den Zeitpunkt des Eintrittes der Erwerbsunfähigkeit feststellen zu können, neben den Untersuchungsergebnissen und ihrem Fachwissen regelmäßig die von den Antragstellern vorgelegten Befunde heran (vgl. ).

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , B 700/07, wohl begründet ausgeführt, dass die Beihilfenbehörden bei ihrer Entscheidung jedenfalls von der durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auszugehen haben und von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen können.

Dazu besteht im vorliegenden Fall kein Anlass:
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes sind im vorliegenden Beschwerdefall die Gutachten des Sozialministeriumservice sowohl ausführlich als auch schlüssig und nicht widersprüchlich. Es wurde zwar festgestellt, dass der Zeitpunkt des Beginns der Behinderung der Bf. vor Vollendung des 21. Lebensjahres gelegen ist, aber weder wurden ein Grad der Behinderung von 50 v. H. noch die dauernde Erwerbsunfähigkeit auf Grund der Behinderung vor Vollendung des 21. Lebensjahres bescheinigt. Im Befund des Dr. B. wird ausdrücklich ausgeführt, dass für die Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt ein Förderbedarf besteht. Dass die Bf. nicht arbeitsfähig sei, wurde von ihm nicht bestätigt. Vielmehr war die Bf. bereits vor Vollendung ihres 21. Lebensjahres mehrere Jahre in Beschäftigungsverhältnissen tätig bzw. bezog auch immer wieder Arbeitslosengeld.
Das Bundesfinanzgericht vertritt daher die Meinung, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 für den Bezug des Grundbetrages an Familienbeihilfe und auch für den Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 nicht vorliegen, somit war wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfrage aufgeworfen wurde, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, sondern der vorliegende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung festgestellt wurde, ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

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