Unterlassene Selbstberechnung der Mietvertragsgebühr
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. R in der Beschwerdesache Bf über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , x betreffend Gebühren zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Zwischen der L1 (nach Änderung des Firmennamens nunmehr L2) als Leasinggeberin und L3 als Leasingnehmerin wurde am ein Bestand- und Leasingvertrag abgeschlossen. Das am beginnende Leasingverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Gemäß Punkt 19 des Vertrages (Allgemeine Bestimmungen) trägt die Leasingnehmerin alle mit der Errichtung, Ausfertigung, Durchführung und Beendigung des Vertrages entstehenden Kosten, Gebühren, Steuern, und sonstige Abgaben.
Mit Bescheid vom wurde die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG in Höhe von EUR 5.656,71 gegenüber der Leasinggeberin (Beschwerdeführerin) festgesetzt. In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht, dass die Abgabenschuld von der Hauptschuldnerin ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne. Unter Hinweis auf die UFS Entscheidung RV/1466-W/04 liege es im Ermessen der Abgabenbehörde, ob der Gesamtschuldner, auch wenn dieser im Innenverhältnis nicht verpflichtet war, die Abgabe zu tragen, für den Gebührenbescheid primär heranzuziehen sei. Von einer ermessenwidrigen Inanspruchnahme werde vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeiten rasch eingebracht werden könne.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde unter Hinweis auf die Bestimmung des § 33 TP Abs. 5 GebG als unbegründet abgewiesen. Eine vertragliche Vereinbarung, wer von den Parteien die Abgabe entrichtet, berühre nur das Innenverhältnis der Vertragsteile, könne aber dem Abgabengläubiger gegenüber nicht geltend gemacht werden. In dem dagegen eingebrachten Vorlageantrag wurde darauf verwiesen, dass § 17 Abs. 1 GebG für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgeblich sei.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Strittig ist im zu beurteilenden Fall lediglich, ob die Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin zur Entrichtung der Rechtsgeschäftsgebühr für den am abgeschlossenen Bestand- und Leasingvertrag zu Recht erfolgt ist oder nicht.
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG unterliegen Bestandverträge (§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Gebühr von 1 v.H. nach dem Wert.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 GebG entsteht die Gebührenschuld, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet wird, bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkte der Unterzeichnung (lit. a), wenn die Urkunde von einem Vertragsteil unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Aushändigung (Übersendung) der Urkunde an den anderen Vertragsteil oder an dessen Vertreter oder an einen Dritten (lit. b).
Nach § 33 TP 5 Abs. 5 Z 1 GebG in der im Beschwerdefall noch maßgeblichen Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2001 (AbgÄG 2001), BGBl. I Nr. 144, ist die Hundertsatzgebühr vom Bestandgeber, der im Inland einen Wohnsitz, den gewöhnlichen Aufenthalt, seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz hat oder eine inländische Betriebsstätte unterhält, selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des dem Entstehen der Gebührenschuld zweitfolgenden Monats an das für die Erhebung der Gebühren sachlich zuständige Finanzamt zu entrichten, in dessen Amtsbereich der Bestandgeber seinen (Haupt-)Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, den Ort der Geschäftsleitung oder seinen Sitz hat oder sich die wirtschaftlich bedeutendste Betriebsstätte befindet.
Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 GebG 1957 sind Zur Entrichtung der Gebühren verpflichtet:
1. Bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften,
a) wenn die Urkunde von beiden Vertragsteilen unterfertigt ist, die Unterzeichner der Urkunde;
b) wenn die Urkunde nur von einem Vertragsteil unterfertigt ist und dem anderen Vertragsteil oder einem Dritten ausgehändigt wird, beide Vertragsteile und der Dritte.
Die in Verträgen oftmals getroffene Vereinbarung, wer von den Parteien die Gebühr zu entrichten hat, berührt nur das Innenverhältnis der Vertragsteile, kann aber nicht gegenüber dem Abgabengläubiger geltend gemacht werden. Eine solche Vereinbarung über die Bezahlung der Rechtsgebühr unter den Vertragspartnern sichert demjenigen, der vom Finanzamt zur Zahlung herangezogen wird, nur einen zivilrechtlich verfolgbaren Regressanspruch, wenn die Gebühr nach dem Vertrag vom anderen zu tragen ist.
Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses in Abgabensachen - wie es § 28 Abs. 1 lit a GebG vorsieht - steht der Abgabenbehörde die Wahl zu, ob sie alle Gesamtschuldner oder nur einzelne, im letzteren Fall, welche der Gesamtschuldner, die dieselbe Abgabe schulden, sie zur Leistung heranziehen will. Das Gesetz räumt der Abgabenbehörde somit einen Ermessensspielraum ein, in dessen Rahmen sie ihre Entscheidung nach § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen hat. Es liegt daher im Ermessen der Behörde - im Sinne des § 20 Bundesabgabenordnung (BAO) - ob sie das Leistungsgebot (den Abgabenbescheid) nur an einen der Gesamtschuldner richtet und an welchen Gesamtschuldner oder an mehrere oder alle Gesamtschuldner richten will (vgl. , , 92/16/0013, , 2001/16/0306, , 2001/16/0606, , 2001/16/0599 uva.).
Ermessen des Abgabengläubigers eines Gesamtschuldverhältnisses bedeutet das Recht der Ausnützung jener Gläubigerschritte, die dazu führen, den Abgabenanspruch zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzubringen. Wenn bei gleichen Gläubigerchancen und Gläubigerrisiken mehrere Lösungsmöglichkeiten bestehen und ohne Beeinträchtigung der berechtigterweise zu wahrenden Gläubigerinteressen vertreten werden können, dann wäre es ermessensfehlerhaft, würde bei Geltendmachung des Anspruchs, bei Auswahl der Schuldner und bei Festlegung des Ausmaßes ihrer Heranziehung nicht auf das Innenverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern Bedacht genommen werden (). Bei Auslegung des § 20 BAO ist dabei dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von "Angemessenheit" in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das "öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (vgl. , 16/0749/79, , 82/16/0022, , 89/13/0115, , 89/17/0050, , 90/13/0238, , 95/16/0082).
So darf sich die Abgabenbehörde bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung nicht ohne sachgerechten Grund an jene Partei halten, die nach dem vertraglichen Innenverhältnis die Steuerschuld nicht entrichten soll (vgl. , 0556).
Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass laut Bestand- und Leasingvertrag die Leasingnehmerin sämtliche Gebühren zu tragen hätte, weshalb die Bestandvertragsgebühr bei dieser als Hauptschuldnerin anfallen würde und daher entsprechend der Vereinbarung von dieser endgültig zu tragen sei.
Die Bestandvertragsgebühr nach § 33 TP 5 Abs. 1 GebG entstand im Beschwerdefall gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a leg. cit. mit der Unterzeichnung des in Rede stehenden Vertrages durch alle Vertragsteile (durch die Beschwerdeführerin als Leasinggeberin und durch die Leasingnehmerin) und zwar gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 GebG für alle diese Vertragsteile, gemäß § 28 Abs. 6 leg. cit. als Gesamtschuldner.
§ 33 TP 5 Abs. 5 Z 1 GebG verpflichtete im Beschwerdefall die Leasinggeberin (deren Sitz nach dem Bestandvertrag im Inland gelegen war) zur Selbstberechnung und Entrichtung der Gebühr bis zum 15. Tag des dem Entstehen der Gebührenschuld zweitfolgenden Monats. Die Leasingnehmerin traf diese Pflicht nicht. Allerdings lässt die Bestimmung des § 33 TP 5 Abs. 5 Z 1 GebG die Eigenschaft der Bestandnehmer als Gebührenschuldner (§ 28 Abs. 1 Z 1 lit. a leg.cit.) unberührt. Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen bzw. anordnen, ist gemäß § 201 BAO ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Im Falle einer Verletzung der Obliegenheiten durch den Bestandgeber (durch Unterbleiben der Selbstberechnung oder unrichtiger Selbstberechnung) sprechen Billigkeitserwägungen dafür, die Bestandgeberin und nicht die Bestandnehmerin in Anspruch zu nehmen. Der gegenständliche Bestand- und Leasingvertrag wäre nicht mehr beim Finanzamt anzuzeigen gewesen (diese Vorgehensweise sieht das Gebührengesetz für Bestandverträge seit nicht mehr vor), sondern lag sowohl die Berechnung der Gebühren als auch die Entrichtung der Gebühren in der Verantwortung der Bestandgeberin. Bei Einhaltung der Bestimmung des § 33 TP 5 Abs. 5 GebG wäre es somit von vorneherein Sache der Leasinggeberin gewesen, für die Entrichtung der Gebühren zu sorgen und hätte diese die Rechtsgeschäftsgebühr bei der Leasingnehmerin etwa gleich bei Abschluss des Vertrages einbehalten und sodann an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien abführen können.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kann der belangten Behörde ein Ermessensmissbrauch bei der Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin nicht angelastet werden. Im Falle der Verletzung der Obliegenheiten durch die Bestandgeberin (durch Unterbleiben der Selbstberechnung) war es sachgerecht, primär die Bestandgeberin und nicht die Bestandnehmerin in Anspruch zu nehmen.
Im Hinblick darauf, dass laut Angaben der Beschwerdeführerin die Bestandnehmerin nie das volle Leasingentgelt an die Beschwerdeführerin bezahlt hat und die Bf. eine Mietzins- und Räumungsklage gegen die Leasingnehmerin eingebracht hat, erscheint die Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin durch das Finanzamt zweckmäßig, um den Abgabenanspruch zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg und unter Umgehung von Erschwernissen geltend zu machen. Darüber hinaus wurde laut Aktenlage die gegenüber der Beschwerdeführerin festgesetzte Abgabe zwischenzeitig zur Gänze entrichtet, weshalb es nicht zweckmäßig wäre, wenn eine bereits zu Recht entrichtete Abgabe zurückgezahlt werden würde, um sie bei einem anderen Schuldner einzufordern.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Fall zu der zu lösenden Rechtsfrage Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes existiert und das Bundesfinanzgericht sich auch an diese Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes gehalten hat, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 16 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 5 Abs. 5 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 28 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.2100415.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at