Werkvertrag und Dienstvertrag; Bauhilfsgewerbe
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Beschwerdesache NN als Masseverwalter (MV) im Konkurs über das Vermögen der Bf., Anschrift, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , betreffend Haftung gem § 82 EStG 1988 (LSt), Dienstgeberbeitrag (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) 2003 bis 2005 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die mittlerweile infolge Konkurseröffnung aufgelöste Bf. (Bf.)wurde von der belangten Behörde (FA) im Jahr 2007 eine gemeinsamen Prüfung aller Lohnabgaben (GPLA) unterzogen. Mit den bekämpften Bescheiden wurden der Bf. folgende Abgabenbeträge vorgeschrieben:
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2003 | 2004 | 2005 | Summe | |
L | € 7.268,24 | € 6.550,90 | € 6.612,38 | € 20.431,52 |
DB | € 2.266,25 | € 2.735,77 | € 3.615,04 | € 8.617,06 |
DZ | € 211,53 | € 243,18 | € 321,34 | € 776,05 |
Gesamt | € 9.746,02 | € 9.529,85 | € 10.548,76 | € 29.824,63 |
Begründend führt das FA im Bericht aus, dass ein Dienstverhältnis vorliege, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schulde. Dies sei der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet sei.
Den Niederschriften und Fragebögen mit einigen Subunternehmern und dem Geschäftsführer der Bf., Herrn Dl Gf, sei zu entnehmen, dass die Subunternehmer hinsichtlich des Arbeitsfortganges und der Arbeitsqualität gerade bei größeren Baustellen laufend kontrolliert wurden. Diese laufende Kontrolle durch den Auftraggeber spreche für ein persönliches Weisungsrecht des Arbeitgebers, welches typisch für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist.
Weiters könne den Fragenbögen der Subunternehmer entnommen werden, dass diese regelmäßig über einen längeren Zeitraum nur für einen Auftraggeber tätig geworden seien. Auch diese Tatsache spreche für die persönliche Abhängigkeit der Subunternehmer zu Ihrem Auftraggeber.
Auch eine Eingliederung der Auftragnehmer in die Firma Bf. liege vor. Grundsätzlich sei zwar für jede Baustelle ein schriftlicher Vertrag errichtet, doch sei aus den vorgelegten Rechnungen zu erkennen, dass die Subunternehmer häufig an verschiedenen Baustellen des Auftraggebers tätig geworden seien. Daraus sei zu schließen, dass die Arbeiten an den einzelnen Baustellen vom Gf. der Bf. eingeteilt und koordiniert worden seien. Weiters sei auch auffallend, dass auf den Baustellen zeitgleich mehrere Auftragnehmer tätig gewesen wären. Es seien daher an Stelle der benötigten Arbeitnehmer die notwendige Anzahl von Personen mittels Werkvertrages engagiert und dort eingesetzt worden, wo sie gerade benötigt worden seien.
Es sei zudem festgestellt worden, dass von den Subunternehmern Arbeiten verrichtet worden seien, für welche diese keine Gewerbeberechtigung besitzen. Da sich der Geschäftsführer, nach eigenen Angaben von jedem Subunternehmer seine Gewerbeberechtigung(en) vorlegen habe vorlegen lassen, unterstreiche diese Tatsache die Ansicht der Behörde, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Bf. und den Subunternehmern als Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EstG 1988 anzusehen sei, da es im Geschäftsleben nicht gerade üblich sei, einen Subauftrag an einen dafür nicht berechtigten Unternehmer zu vergeben.
Aufgrund der Feststellung sei sowohl von einer persönlichen Abhängigkeit als auch von einer Eingliederung der für die Bf. tätig gewordenen Personen in den betrieblichen Organismus der Bf. auszugehen. Weshalb Lohnsteuer, DB und DZ abzuführen sei. Bei der Berechnung der LSt sein eine eventuell bereits bezahlte Einkommensteuer angerechnet worden.
In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde (damals Berufung) wendete die Bf. ein, dass vor allem jene Gewerke, die keine statischen Kenntnisse erforderten, Aufträge an berechtigte Subunternehmer vergeben worden seien, wobei sich die Bf. jeweils vor Auftragserteilung vergewissert habe, dass der jeweilige Auftragnehmer über eine entsprechende Gewerbeberechtigung verfüge. Es seien in jedem Einzelfall eine umfassende Dokumentation der Aufträge sowie der Unternehmereigenschaft der beauftragten Unternehmen vorgelegt worden. Es seien die ordnungsmäßige Versicherung, die Steuernummer, der Gewerbeschein und der Sitz der Unternehmer sorgfältig überprüft worden. Geradezu grotesk mute die Argumentation des Betriebsprüfers an, der die „Überprüfung des Gewerbescheines eines Subunternehmers als Indiz für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses" betrachte, da der Gewerbeschein eines „echten" Subunternehmer in der Regel nicht überprüft werde.
Aus den übereinstimmenden Befragungsergebnissen der Subunternehmer sei das Vorliegen echter Werkverträge abgeleitbar, die Annahme des FA es handle sich um "quasi abgesprochene Angaben" sei unrichtig. Die Zitate im Prüfungsaericht seien sehr selektiv und Angaben zu eigenen Betriebsmitteln, dem Fehlen von Weisungsunterworfenheit, die freie Einteilung der Leistungszeitpunkte (lediglich, wie bei allen Unternehmer, vom allgemeinen Bauzeitablauf beeinflusst) seien nicht im BP-Bericht aufgenommen worden. Hingegen sei zum Beispiel die Tatsache, dass die Qualität der Auftragselfüllung vom Generalunternehmer kontrolliert worden sei als „Einbindung in den Betrieb des Auftraggebers" qualifiziert worden.
Die Berufung wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung an den Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt und ist nunmehr vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde zu behandeln.
Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:
Die Bf. wurde durch Erklärung am gegründet, Geschäftsführer (Gf.) war seit Gründung bis zur konkursbedingten Auflösung DI Gf, alleinige Gesellschafterin war die Ehegattin des Gf. Frau Ges.. Über das Vermögen der Bf. wurde mit ein Konkursverfahren eröffnet und die Gesellschaft infolgedessen aufgelöst. Zum Masseverwalter wurde NN bestellt. Seit der Eröffnung bis zur konkursbedingten Auflösung betrieb Bf. ein Hochbauunternehmen.
Im Rahmen ihrer Aufträge beschäftigte die Bf. zahlreiche im Bericht der GPLA namentlich genannte Personen, für "Spachtelarbeiten", "Verschließen von Bauwerksfugen", "Herstellen (Anrühren) von Mörtel und Verputzmaterial", "laufende Baustellenreinigung", "Reinigen und Demontieren von PVC Rohren", "Transport von Baustoffen und Bauschutt", "Aufstellen von Sichtschutzeinrichtungen auf Baustellen", "Schneiden von Holz" (!). Die beschäftigten Personen waren nach ihren eigenen Angaben der deutschen Sprache nicht oder kaum mächtig und konnten sich nicht schriftlich auf deutsch ausdrücken. Diese Feststellung ergibt sich aus den im Akt abheftenen Einvernahmeprotokollen der betroffenen Personen und blieben seitens der Bf. auch unwidersprochen.
Dennoch legte die Bf. für die streitgegenständlichen "Aufträge" folgende einheitlich gestalteten Werkverträge mit einheitlichem Inhalt und Schriftbild vor, bei welchen nur die jeweiligen Variablen unterschiedlich befüllt wurden:
WERKVERTRAG
zwischen Name und Wohnadresse (!) (Auftragnehmer) und Firma Bf., Adresse (Auftraggeber)
1.Der Auftragnehmer verpflichtet sich nachstehendes Werk herzustellen:
Variable 1 (allgemeine Umschreibung der Arbeit und Baustellenadresse) Die Arbeiten haben bis Variable 2 (Datum) zu erfolgen.
2. Der Auftragnehmer ist bei der Herstellung des vereinbarten Werkes weisungsfrei, zeitlich ungebunden und - soweit es die Eigenart des Auftrages zulässt — an keinen bestimmten Arbeitsort gebunden.
3. Der Auftragnehmer verpflichtet sich für die Herstellung des vereinbarten Werkes eigene Betriebsmittel (PKW, Telefon, EDV, etc.) zu verwenden. Die Kosten dieser Betriebsmittel hat der Auftragnehmer selbst zu tragen.
4. Der Auftragnehmer kann sich bei der Herstellung durch dritte Personen Vertreten lassen. Im Vertretungsfalle hat der Auftragnehmer die Entlohnung dieser qualifizierten dritten Person zu übernehmen.
5. Nach Vollendung des vereinbarten Werkes erhält der Auftragnehmer ein Entgelt in der Höhe von Variable 3 (Pauschalbetrag).Der Auftragnehmer verpflichtet sich vor der Auszahlung des vereinbarten Entgelts eine entsprechende Rechnung beim Auftraggeber vorzulegen.
6. Der Auftragnehmer nimmt zur Kenntnis, dass er selbst für die Abfuhr allfälliger Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen zuständig ist. Der Auftraggeber unterliegt keiner Meldepflicht bei den Sozialversicherungsträgern.
7. Es wird vereinbart, dass sämtliche Ansprüche aus dem gegenständlichen Werksvertragsverhältnis bis sonstigem Verfall spätestens am Ende des dritten Monats, von der Fälligkeit dieser Ansprüche angerechnet, beim Auftraggeber schriftlich geltend gemacht werden müssen. Bei rechtzeitiger Geltendmachung bleibt die gesetzliche Verjährungsfrist gewährt.
8. Änderungen dieses Werkvertrages bedürften der Schriftform.
Datum und Unterschriften
Betreffend die ebenfalls im Akt befindlichen Rechnungen kann festgestellt werden, dass auch diese eine einheitliches Schriftbild und einheitliche Inhalte tragen - nämlich die Wiedergabe der Werkvertragsumschreibung - und lediglich hinsichtlich, Name, Tätigkeit und Betrag variieren. Die Auszahlung erfolgte bar und wurde von den Zahlungsempfängern mit ihrer Unterschrift bestätigt. Aus der Einheitlichkeit der Werkverträge und Rechnungen verbunden mit den mangelnden Sprachkenntnissen der betroffenen Personen ergibt sich nachgerade zwingend, dass die Unterlagen von der Bf. vorbereitet worden waren und den "Auftragnehmern" zur Unterschrift vorgelegt wurden. Dass die "Auftragnehmer" den genauen Inhalt der unterschriebenen Dokumente kannten, ist dabei mangels ausreichender Sprachkenntnisse auszuschließen. Für die "Auftragnehmer" war offensichtlich nur wesentlich, dass sie wußten an welcher Adresse sie ihre manuelle Arbeitsleistung zu erbringen hatte und was sie dafür erhalten würden.
Wie das FA im Bericht darstellt, arbeiteten die betroffenen Personen teilweise zeitgleich auf mehreren Baustellen der Bf. Diese Feststellung ergibt sich aus dem Akteninhalt und blieb zudem unwidersprochen, weshalb sie als zutreffend angesehen wird. Wenn das FA daraus den Schluss zieht, dass in diesen Fällen die Arbeitseinteilung bzw. die Zuteilung der betroffenen Personen zu den Baustellen durch den Gf. der Bf. erfolgte, kann dieser Feststellung nicht mit dem Hinweis auf den Vertrag und die "freie Zeiteinteilung" mit Erfolg entgegengetreten werden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Arbeitseinteilung durch den Gf. der Bf. erfolgte.
Aus den Aussagen der betroffenen Personen ist zudem eindeutig ersichtlich, dass die Arbeit hinsichtlich des Arbeitsfortganges und des Ergebnisses von DI Gf laufend überprüft und abgenommen wurde. Für die Durchführung der Arbeitseinteilung durch den Gf. der Bf. spricht zudem der Umstand, dass auf den Baustellen - wie vom FA unwidersprochen festgestellt - mehrere "Werkvertragsnehmer" zeitgleich tätig waren, was ohne entsprechende Koordination nicht zielführend gewesen wäre.
Die Arbeiten selbst wurden im Werkvertrag nur grob umschrieben, so fehlen genaue Hinweise wieviel Tonnen/kg bzw. welche Art von Müll abzutransportieren, wieviele m2 oder Laufmeter zu verspachteln sind, wieviele Laufmeter bzw. welche Art von mobilem Sichtschutz aufzustellen, wieviel Mörtel oder Verputz herzustellen seien. Das verarbeitete bzw. verwendete Baumaterial wurde entsprechend den weitgehend übereinstimmenden Angaben von der Bf. beigestellt.
An Arbeitsmitteln verfügten die betroffenen Personen selbst über übliches Kleinwerkzeug wie Kübeln, Spachteln, Besen und fallweise Leitern. Einzelne Personen verwendeten ihren eigenen PKW um an die jeweilige Baustelle zu gelangen bzw. ihr Kleinwerkzeug dorthin zu transportieren.
Hinsichtlich der Vertretungsmöglichkeit sind die Abgaben der betroffenen Personen nicht einheitlich, aber ergibt sich aus allen Aussagen, dass tatsächlich keine Vertretungen stattfanden.
Sämtliche betroffenen Tätigkeit sind typische Bauhillfsarbeiterarbeiten - einfach manuelle Tätigkeiten - für die weder eine besondere Ausbildung, Qualifiktion oder Kenntnisse erforderlich sind und welche im Rahmen von Bauunternehmen üblicherweise von angestellten Hilfsarbeitern ausgeführt werden.
Außer den allgemein gehaltenen einheitlichen Werkverträgen und ebenso allgemein gehaltenen einheitlichen Rechnungen - deren genaue Inhalte den "Auftragnehmern wie oben darsgestellt zudem nicht bekannt gewesen sein dürften - wurden keine schriftlichen Konkretisierungen der vereinbarten Leistungen vorgelegt aus denen die Preisgestaltung in irgendeiner Form ableitbar wäre. Leistungsverzeichnisse - wie in der Baubranche üblich - wurden nicht erstellt (oder nicht vorgelegt). Es wurden keine Angaben über den konkreten Auftrags- oder Arbeitsumfang und - abgesehen von den nicht nachvollziehbaren Pauschalvereinbarungen - keine konkreten Preisangaben gemacht.
Die vorliegenden Rechnungen sind in Aufbau, Layout und Anordnung des Inhalts nahezu identisch. Angaben, ob es sich um eine Teil- oder Schlussrechnung handelt, sind nicht erkennbar. Die Leistungen sind, ebensowenig wie im"Werkvertrag" nicht im Detail dargestellt (m2, Laufmeter oder andere Mengenangaben).
Rechtlich folgt daraus:
Mit einem Werkvertrag iSd § 1151 ABGB wird grundsätzlich die Verpflichtung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges, d.h. zur Herstellung eines Werkes als eine in sich geschlossene Einheit, in der Regel bis zu einem bestimmten Termin, vereinbart. Die zu erbringende Leistung wird im Werkvertrag selbst konkretisiert und individualisiert. Ein Werkvertrag stellt ein Zielschuldverhältnis dar, dem keine auf Dauer angelegte Leistungserbringung zu Grunde liegt. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet.
Festgehalten wird, dass den "Werkverträgen" jegliche präzise Angaben über das zu erbringende "Werk" fehlen. Des Weiteren fehlen konkrete Angaben, die auf eine Gesamtheit, ein einheitliches Werk würden schließen lassen. Damit liegen aber die für einen Werkvertrag maßgeblichen Eigenschaften und Inhalte nicht vor.
Bei den erbrachten Leistungen ("Spachtlerarbeiten", "Baustellenreinigung", "Holzschneiden", "Mörtel und Verputzmaterial herstellen") handelt es sich um einzelne manuelle Beiträge, die in dieser Form keine geschlossene Einheit darstellen, sodass auch deshalb von keiner Herstellung eines Werkes auszugehen ist. Die Tätigkeit "Verspachteln";"Verputzmatrial herstellen, "Holzschneiden" oder (Baustellen-) Reinigung umfasst einfache Hilfsarbeiten, die im unmittelbaren zeitlichen Ablauf mit von anderen Unternehmern (hier: auf einer Baustelle) zu erbringenden Dienstleistungen stehen. Nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt stellen diese Hilfsarbeiten bzw. einfachen manipulativen Tätigkeiten Dienstleistungen und kein selbständiges Werk dar. Sie können daher nicht den Inhalt und die Grundlage eines Werkvertrages bilden (; , 94/09/0163; , 2008/13/0071). Insgesamt führt die Beurteilung der vorliegenden Vereinbarungen zum Schluss, dass diese nicht als Werkverträge zu qualifizieren sind. Die behauptete Selbständigkeit der für den Bf. tätigen Personen wird mit diesen Vereinbarungen nicht schlüssig begründet () .
Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten. Dienstnehmer sind nach § 41 Abs. 2 leg. cit. u.a. Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen.
Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gründet sich auf § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 153/2001.
Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitsgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.
Bereits aufgrund des Fehlens von Werkverträgen im eigentlichen Sinn ist von Dienstverhältnissen auszugehen. Wenn man davon ausgehen wollte, dass entgegen der Ansicht des Gerichtes Werkverträge abgeschlossen wurden, bleibt die Prüfung ob die Kriterien des § 47 Abs. 2 EStG 1988 im Ergebnis nicht ebenfalls zum Vorliegen von Dienstverhältnissen führt.
Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos) Bedacht zu nehmen ist (). Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko besteht darin, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend zu gestalten. Kennzeichnend für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist, dass der Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft (laufend) zur Verfügung zu stellen, die Verpflichtung des Arbeitgebers gegenübersteht, dem Arbeitnehmer einen vom Erfolg unabhängigen Lohn zu bezahlen (zur inhaltsgleichen Regelung des § 47 Abs. 3 EStG 1972 ).
Für das Bestehen eines Dienstverhältnisses kommt es nicht auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung als Dienstvertrag oder als Werkvertrag an. Vielmehr sind die tatsächlich verwirklichten vertraglichen Vereinbarungen entscheidend ().
Das Verspachteln von Gipskartonplatten, Anrühren von Mörtel und Edelputz, laufende Baustellenreinigung, Entfernen von PVC Rohren, Holzschneiden usw. fällt in Bauunternehmen zwingend an. Die ausgeführten Tätigkeiten sind klassische Bauhilfsarbeitertätigkeiten und wurden auch entsprechend entlohnt.
Werden für Bauhilfsarbeiten Personen vermeintlich im Werkvertrag beschäftigt, füllen sie die Funktion eines Bauhilfsarbeiters aus, sind daher in den wirtschaftlichen Organismus des Auftraggebers eingegliedert und damit als nichtselbständig anzusehen (). Vergleichbares gilt auch dann, wenn in einem Bauunternehmen zwar Bauhilfsarbeiter angestellt sind, jedoch nicht in jenem Umfang, der für das Auftragsvolumen regelmäßig erforderlich ist, und zusätzlicher Personalbedarf mit Werkvertragsnehmern abgedeckt wird (). Die erbrachten Tätigkeiten, die anderen Arbeitern deren Arbeit erleichtern, oder diese anderen Arbeiter von Hilfstätigkeiten entlasten, oder nur geringer Teil einer zu erbringenden Gesamtleistung sind, beweisen für sich schon die Eingliederung der tätig gewordenen Personen in den betrieblichen Organismus des Bf. Die Hilfsarbeiter waren für den Bf., um seine eigenen Aufträge effizient ausüben zu können, geradezu unverzichtbar.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich das im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübte sachliche bzw. technische Weisungsrecht lediglich auf die vereinbarte Werkleistung und somit nur auf den Arbeitserfolg, während das persönliche Weisungsrecht einen Zustand wirtschaftlicher Abhängigkeit und persönlicher Gebundenheit hervorruft (mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Hofstätter/Reichel, Kommentar zum EStG 1988, Tz 4.3 zu § 47).
Aus den von den "Auftragnehmern" und getätigten Aussagen geht nach Auffassung der Richterin zweifelsfrei das Vorliegen einer persönlichen Weisungsgebundenheit der "Auftragnehmer" hervor. Dass im vorliegenden Fall ein bloß sachliches, auf die Erbringung einer vereinbarten Werkleistung bezogenes Weisungsrecht bestanden habe, vermag die Beschwerde nicht aufzuzeigen, geht aus den Aussagen der Beteiligten nicht hervor und ist überdies bei der Art und dem Umfang der zu erbringenden Arbeiten gar nicht vorstellbar.
Wie der VwGH () in ständiger Judiktur festhält, ist bei bei der Verrichtung von einfachen manuellen Tätigkeiten , die ihrer Art nach keine höhere Qualifikation und keine eigene Betriebsorganisation erfordern auch dann nicht von der Erbringung von Werkleistungen auszugehen, wenn die genannten Dienstleistungen gedanklich in einzelne zeitlich bzw. mengenmäßig bestimmte Abschnitte zerlegt und diese Abschnitte sodann zu "Werken" mit einer "gewährleistungstauglichen Leistungsverpflichtung" erklärt werden (, mwN).
Im tatsächlich nie eingetretenen Verhinderungsfall hätten die "Werkvertragsnehmer" den Bf. kontaktiert und nicht, wie zwischen Unternehmern üblich, eine Vertertung entsandt.
Der Zeitpunkt bzw. Zeitraum der Arbeitsleistung wurden schon im Rahmen der Ausstellung der vorgefertigten "Werkverträge" von der Bf. bestimmt und in weiterer Folge die Arbeiten entsprechend den Feststellungen der GLPA auf den verschiedenen Baustellen zeitlich und örtlich vom Gf. der Bf. koordiniert. Eine unternehmertypische Selbstbestimmtheit der eingesetzten Personen ist an keiner Stelle erkennbar.
Die Einbindung eines Dienstnehmers in eine Betriebsorganisation hat in der Regel zur Folge, dass dieser den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit nicht jederzeit selbst regeln oder ändern kann. Ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis wird hier oft weniger durch die ausdrückliche Erteilung von persönlichen Weisungen als vielmehr durch die "stille Autorität" des Arbeitgebers indiziert (; , 2013/08/0093). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, kann bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die - wie die im vorliegenden Fall ausgeübten Bauarbeiten - in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden. Spricht die Vermutung in diesem Sinn für ein Dienstverhältnis , dann muss die bestreitende Partei ein ausreichend substanziiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (; , 2013/08/0226, jeweils mwN). Ein derartiges Vorbringen kann hier nicht erkannt werden.
Stellt der Auftraggeber weiters das Arbeitsmaterial zu Verfügung und wird dieses vom Auftragnehmer unter Verwendung von auftragnehmereigenem Kleinwerkzeug (Spachtelzeug) auf vom Auftraggeber bestimmten Baustellen verarbeitet, spricht das für das Vorliegen einer nichtselbständigen Tätigkeit (; , RV/2594-W/11).
Dem Hinweis in der Beschwerde auf das Vorliegen entsprechender Gewerbeberechtigung, Meldung bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, kann ebensowenig eine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommen, wie dem Umstand, dass Steuernummern und Steuerberater vorhanden gewesen seien, weil es bei der steuerlichen Beurteilung einer Tätigkeit nicht darauf ankommt, in welches äußere Erscheinungsbild die Vertragspartner ihr Rechtsverhältnis gekleidet haben oder welche Beurteilung auf anderen Rechtsgebieten zutreffend sein sollte.
Nach den Feststellungen des Gerichts in Verbindung mit den aktenkundigen und in den Aussagen gedeckten Feststellungen des Finanzamtes ist im vorliegenden Fall sowohl von einer persönlichen Abhängigkeit, als auch von einer Eingliederung der für den Bf. tätig gewordenen Personen in den betrieblichen Organismus des Bf. auszugehen. In den ausgeübten Tätigkeiten kann auch nicht die Herstellung von Werken gesehen werden, vielmehr haben die betroffenen Personen der Bf. ausschließlich ihre Arbeitskraft zu Verfügung gestellt. Von der entgeltlichen Herstellung eines Werkes als einer individualisierten, konkretisierten und gewährleistungstauglichen Leistung, die eine in sich geschlossene Einheit bildet (, mwN), kann hier nicht die Rede sein.
Abgesehen davon, dass bei der gegebenen Sachlage davon auszugehen ist, dass bereits die vorrangig zu prüfenden Kriterien - Weisungsgebundenheit und Eingliederung - eindeutig für das Vorliegen von Dienstverhältnissen sprechen, ist auch nicht zu erkennen, dass die auf den Baustellen der Beschwerdeführerin eingesetzten Personen ein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko zu tragen hatten. Gewährleistungsansprüche wurden nach der Aktenlage von der Bf. niemals gestellt. Bei den auszuführenden Tätigkeiten ist der Eintritt eines Gewährleistungsrisikos überdies kaum vorstellbar.
Das Bestehen eines wesentlichen ausgabenseitigen Unternehmerrisikos ist nach der Aktenlage ebenfalls auszuschließen, hatten doch alle Werkvertragsnehmer angegeben, dass sie auf Grund der Art der Tätigkeiten nur Kleinwerkzeug besäßen. Dass die Beistellung von Kleinwerkzeugen zu ins Gewicht fallenden (insbesondere schwankenden) Aufwendungen geführt hätte, ist nicht zu erkennen.
Dass die Vertragspartner gleichzeitig für mehrere Auftraggeber tätig waren, konnte nicht festgestellt werden. Es schlösse aber auch eine gleichzeitige Beschäftigung für zwei oder mehrere Auftraggeber eine nichtselbständige Tätigkeit nicht aus. Die Aufnahme mehrerer Teilzeitbeschäftigungen ist nicht unüblich.
Die Verwendung von eigenen Werkzeugen allein schließt - siehe schon § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 - die Feststellung einer nichtselbständigen Tätigkeit nicht aus. Auch dass andere Aufwendungen in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit - wie Fahrtkosten zur Arbeit oder Prämien für eine Berufshaftpflichtversicherung - von Arbeitnehmern selbst getragen werden, ist für ein Arbeitsverhältnis typisch und für sich genommen kein Merkmal unternehmerischer Tätigkeit.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Auffassung des Finanzamtes die streitgegenständlichen "Auftragsverhältnisse" seien nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt als "Dienstverhältnisse im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988" anzusehen, nicht widersprochen werden kann und daher zutreffend DB und DZ und Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 (unter Berüksichtigung der bereits von den betroffenen Personen entrichteten Einkommensteuer) festgesetzt wurden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt hier nicht vor, da der VwGH bereits in vielen gleichgelagerten Fällen in diesem Sinne entschieden hat. Auf die Entscheidungen des und , 2008/13/0071 wird verwiesen. Das gegenständliche Erkenntnis folgt dieser Judikatur des VwGH.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 122 Abs. 7 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 § 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.7100596.2010 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at