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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.01.2018, RV/7105424/2017

Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO - Bestehen der zugrunde liegenden Abgabenschuld wegen behaupteter Erfüllung eines außergerichtlichen Ausgleichs bestritten. Ermessen im Zusammenhang mit langer Dauer des Haftungsverfahrens.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat in der Beschwerdesache A.B., Adresse1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 4/5/10 vom betreffend Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die Haftung auf einen Betrag von € 151.451,72 (statt bisher € 314.986,59) eingeschränkt.
Dieser Betrag gliedert sich wie folgt:


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag in Euro
Umsatzsteuer
02/07
3.546,07
Körperschaftsteuer
01-03/07
218,5
Umsatzsteuer
2005
10.374,01
Umsatzsteuer
02/06
6.613,14
Umsatzsteuer
03/06
40.732,59
Umsatzsteuer
04/06
11.102,77
Umsatzsteuer
05/06
812,01
Umsatzsteuer
06/06
17.411,98
Umsatzsteuer
07/06
7.331,29
Umsatzsteuer
08/06
743,83
Umsatzsteuer
10/06
6.853,02
Umsatzsteuer
11/06
5.600,51
Lohnsteuer
2003
594,66
Lohnsteuer
2004
2.766,74
Lohnsteuer
2005
4.514,14
Lohnsteuer
04/06
887,31
Lohnsteuer
05/06
1.245,86
Lohnsteuer
06/06
1.050,71
Lohnsteuer
07/06
1.027,48
Lohnsteuer
08/06
953,80
Lohnsteuer
09/06
1.494,07
Lohnsteuer
12/06
1.035,26
Lohnsteuer
01/07
966,24
Lohnsteuer
02/07
966,24
Körperschaftsteuer
04-06/06
218,50
Körperschaftsteuer
07-09/06
218,50
Körperschaftsteuer
10-12/06
219,50
Dienstgeberbeitrag
2003
1.885,20
Dienstgeberbeitrag
2004
2.006,67
Dienstgeberbeitrag
2005
4.575,33
Dienstgeberbeitrag
04/06
304,68
Dienstgeberbeitrag
05/06
392,15
Dienstgeberbeitrag
06/06
360,34
Dienstgeberbeitrag
07/06
321,86
Dienstgeberbeitrag
09/06
498,41
Dienstgeberbeitrag
12/06
310,53
Dienstgeberbeitrag
01/07
288,14
Dienstgeberbeitrag
02/07
288,14
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2003
175,95
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2004
178,37
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2005
406,70
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
04/06
27,08
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
05/06
34,86
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
06/06
32,03
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
07/06
28,61
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
09/06
44,30
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
12/06
27,60
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
01/07
25,61
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
02/07
25,61
Pfändungsgebühren (EG)
2006
1.935,34
Barauslagenersätze (BAL)
2006
4,25
Stundungszinsen (ST)
2007
2.826,33
Säumniszuschlag (SZA)
2003
37,70
Säumniszuschlag (SZA)
2004
200,28
Säumniszuschlag (SZA)
2005
379,09
Säumniszuschlag (SZA)
2006
1.721,30
Säumniszuschlag (SZA)
2007
112,01
Säumniszuschlag (SZB)
2004
154,84
Säumniszuschlag (SZB)
2005
561,03
Säumniszuschlag (SZB)
2006
584,49
Säumniszuschlag (SZC)
2004
134,00
Säumniszuschlag (SZC)
2005
561,03
Säumniszuschlag (SZC)
2006
66,13
Körperschaftsteuer
01-03/09
218,50
Körperschaftsteuer
04-06/09
218,50
 
Summe:
151.451,72

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde der nunmehriger Beschwerdeführer A.B. (in der Folge kurz Bf. genannt) als Haftungspflichtiger gemäß §§ 9, 80 BAO für uneinbringlich aushaftende Abgabenschuldigkeit der Fa. C-GmbH (FN *****) im Ausmaß von € 314.986,59 in Anspruch genommen.
Dieser Betrag gliedert sich wie folgt:


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag in Euro
Umsatzsteuer
02/07
7.092,13
Körperschaftsteuer
01-03/07
437,00
Umsatzsteuer
2005
20.748,02
Umsatzsteuer
02/06
13.226,27
Umsatzsteuer
03/06
81.465,18
Umsatzsteuer
04/06
22.205,54
Umsatzsteuer
05/06
1.624,01
Umsatzsteuer
06/06
34.823,96
Umsatzsteuer
07/06
14.662,58
Umsatzsteuer
08/06
1.487,66
Umsatzsteuer
10/06
13.706,04
Umsatzsteuer
11/06
11.201,02
Lohnsteuer
2003
1.189,32
Lohnsteuer
2004
5.533,47
Lohnsteuer
2005
9.028,28
Lohnsteuer
04/06
1.774,62
Lohnsteuer
05/06
2.491,72
Lohnsteuer
06/06
2.101,41
Lohnsteuer
07/06
2.054,96
Lohnsteuer
08/06
1.907,59
Lohnsteuer
09/06
2.988,14
Lohnsteuer
12/06
2.070,52
Lohnsteuer
01/07
1.932,48
Lohnsteuer
02/07
1.932,48
Körperschaftsteuer
04-06/06
437,00
Körperschaftsteuer
07-09/06
437,00
Körperschaftsteuer
10-12/06
439,00
Dienstgeberbeitrag
2003
3.770,40
Dienstgeberbeitrag
2004
4.013,33
Dienstgeberbeitrag
2005
9.150,66
Dienstgeberbeitrag
04/06
609,36
Dienstgeberbeitrag
05/06
784,30
Dienstgeberbeitrag
06/06
720,68
Dienstgeberbeitrag
07/06
643,72
Dienstgeberbeitrag
09/06
996,81
Dienstgeberbeitrag
12/06
621,07
Dienstgeberbeitrag
01/07
576,29
Dienstgeberbeitrag
02/07
576,29
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2003
351,90
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2004
356,75
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2005
813,40
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
04/06
54,16
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
05/06
69,72
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
06/06
64,06
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
07/06
57,22
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
09/06
88,61
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
12/06
55,21
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
01/07
51,23
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
02/07
51,23
Pfändungsgebühren (EG)
2006
3.870,68
Barauslagenersätze (BAL)
2006
8,50
Stundungszinsen (ST)
2007
5.652,65
Säumniszuschlag (SZA)
2003
75,41
Säumniszuschlag (SZA)
2004
400,57
Säumniszuschlag (SZA)
2005
758,18
Säumniszuschlag (SZA)
2006
3.442,60
Säumniszuschlag (SZA)
2007
224,02
Säumniszuschlag (SZB)
2004
309,68
Säumniszuschlag (SZB)
2005
1.122,06
Säumniszuschlag (SZB)
2006
1.168,97
Säumniszuschlag (SZC)
2004
268,01
Säumniszuschlag (SZC)
2005
1.122,06
Säumniszuschlag (SZC)
2006
132,26
Körperschaftsteuer
01-03/09
437,00
Körperschaftsteuer
04-06/09
437,00
Umsatzsteuer
2007
7.005,24
Umsatzsteuer
2009
4.978,33
Säumniszuschlag (SZA)
2010
99,57
 
Summe:
314.986,59

Zur Begründung wird nach Zitieren der bezughabenden Gesetzesbestimmungen ausgeführt, der Bf. sei sei t un bestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer und seit Abwickler, Liqui dator der C-GmbH, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbhG zu deren Vertretung berufen gewesen. Er sei somit auch verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer sei fol gendes festzuhalten:
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 habe der Unternehmer spätestens am Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmel dungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates ei ne Voranmeldung bei dem für die Ei nhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt ei nzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs.  1 und Abs. 2 und des § 16 l eg . cit., selbst zu berechnen habe. Der Unternehmer habe eine sich ergebene Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für folgende Zelträume - siehe Haftungsbescheid - sei die U msatzsteuer gemeldet, festgesetzt bzw. rechtskräftig veranlagt, jedoch ni cht entrichtet worden.

In diesem Zusammenhang sei auf di e ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers sei, die Gründe darzulegen, di e ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die Ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, wi drigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß §  9 Abs. 1 BAO angenommen werden dürfe (,0038). Demnach hafte der Geschäftsführer für di e nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die MitteI, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hi ezu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe al s andere Verbindlichkeiten.

Hinsi chtlich der Heranziehung zur Haftung für ausstehende Lohnsteuer sei festzuhalten, dass gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1988 der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbei tnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten habe. Es wäre Pflicht des Bf. gewesen, für eine zeitgerechte Lohnsteuerabfuhr Sorge zu tragen. Er hingegen habe die Abfuhr der angeführten fälligen Lohnsteuerbeträge unterlassen. Es werde in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 EStG  für den Fall, dass die ihm die zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen verpflichtete sei, die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden, niedrigeren Betrag, zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung sei jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken (vgl. VwGH 18.9.1 985, 84/13/0085).

Hi nsi chtlich anderer Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person nicht erfolgsneutral seien, sei es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters, darzutun, weshal b er nicht dafür Sorge tragen habe können , dass die anfallenden Abgaben rechtzeitig entri chtet werden, widrigenfalls von der Abgabenbehörde ei ne schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. In der Regel werde nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausrei chenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermögliche. Außerdem treffe den Haftenden (§ 77 Abs. 2 SAO), di e gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 1 1 9 BAO) wie den Abgabenpflichtigen, sodass er zeitgerecht für di e Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen habe. Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer habe daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Ab gabenentrichtung nachzuweisen. Außerdem habe er darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel ni cht benachteiligt habe (vgl. ZI. 84/13/0198; und VwGH  13 .9.1 988, 87/1 4/0148). Da der Bf. seinen abgabenrechtlichen Verpfli chtungen im angeführten Umfang ni cht nachgekommen sei und die Abgaben bei  der o.a. Gesellschaft unei nbringlich seien, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Letztlich werde auf di e Bestimmungen des § 7 Abs. 2 BAO verwiesen, wonach sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche erstrecken.

Di e Schuldhaftigkeit sei damit zu begründen, dass durch das pflichtwidrige Verhalten des Bf. als Vertreter  der Gesellschaft die Uneinbringlichkeit eingetreten sei. Weiters sei der Bf. seiner Verpflichtung, trotz Aufforderung vom , Behauptungen und Beweisanbote zu seiner Entlastung darzutun, nicht nachgekommen; daher sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Durch das abgeschl ossene Konkursverfahren sei der Abgabenrückstand bei der GmbH uneinbringlich geworden. Aufgrund der Vermögenslosigkeit und der Beendigung der Tätigkeit der Gesellschaft sei di ese im Firmenbuch bereits gelöscht. Die Uneinbringlichkeit der aushaftenden Abgabenschulden sei nachgewiesen.

--------

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Bf. vom , mit welcher die Aussetzung bzw. Aufhebung der Ei nhebung des in Streit stehenden Betrags gemäß § 212a BAO sowie die vereinbarte Löschung der Abgabenschuld wegen Vollzahlung des außergerichtlichen Ausgl eichs der Steuer Nr. ****** - C-GmbH und der Steuer Nr. ***** A.B. beantragt wird.

Der Bf. bringt vor, ei ne Woche vor Weihnachten habe er mit der Abgabenbehörde telefoniert und darauf verwiesen, dass die Pri vathaftungen mittels außergerichtlichen Ausgleichs mit Datum bereits erfüllt gewesen seien .

Seitens der Sachbearbeitern habe dazu nichts gefunden werden können, was vielleicht am Umstand liege, dass das die nunmehr festgelegte Steuernummer 1234 mit den vormals vorliegenden Steuernummern ***** für A.B. und ****** für die Fa. C-GmbH nicht ident sei.

Beiliegend würden die in weiterer Folge getroffenen Vereinbarungen vom mit Herrn X. (Beilage 1 und 2) übermittelt.

--------

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung wird ausgeführt, die  Bedingungen des außergerichtlichen Ausgleiches vom 05.Datum### seien dahingehend nicht erfüllt worden, da künftige Nachforderungen nicht zu 100% entrichtet worden seien. Daher lebe die gesamte Abgabenschuld wieder auf. Es sei damals ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass bei Nichteinhalten dieser Bedingungen der außergerichtliche Ausgleich als widerrufen gelte.

-------

Mit Schriftsatz vom beantragte der Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

Gleichzeitig stellte er einen Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO wegen sachlicher Unbilligkeit und persönlicher Unbilligkeit.

Zur s achlichen Unbilligkeit liege dem Bf. a ufgrund mehrerer Umzüge die schriftliche Vereinbarung, in welcher eine derartige Bedingung angeführt sein solle, nicht mehr vor, und er sei sich der Tragweite eines derartigen Nichteinhaltens, sofern diese Bedingung tatsächlich angeführt worden sei, nicht bewusst gewesen.

Ungeachtet dessen habe er die letzten 9 Jahre alle Forderungen pünktlich gezahlt und er sei selbstverständlich willens, dies auch weiterhin zu tun.

Aufgrund des Ausnahmejahrs 2014, in welchem sich plötzlich die Ertragslage kurzzeitig entscheidend verbessert habe, sei es nach Steuererklärung zu einer erheblichen Nachzahlung gekommen, welche aufgrund des neuerlichen Rückfalls der Ertragssituation 2015 und 2016 vorerst nicht bedient habe werden können (siehe dazu auch die Ausführungen unter „persönliche Unbilligkeit").

Zwischenzeitlich habe sich der Bf. den offenen Restbetrag aus s einer Familie ausgeborgt, und den Rückstand ausgezahlt. Eine Nachforderung liege derzeit daher nicht mehr vor.

Zur persönlichen Unbilligkeit bringt der Bf. vor, nach Zahlung der Privathaftungen durch einen außergerichtlichen Ausgleich mit dem Finanzamt und mit seiner Hausbank und einer Reihe anderer Gläubiger im Anschluss seines Firmenkonkurses 2008, sei sein Privatvermögen zur Gänze aufgebraucht gewesen.

Seit 2010 gehe er wieder einer Geschäftsführertätigkeit nach, die bisherige Entwicklung des Unternehmens sei  jedoch aufgrund ausbleibender lukrativer Aufträge von Rückschlägen gekennzeichnet. Lediglich 2014 habe es durch die fortlaufenden Aufträge eines Hauptkunden kurzfristig eine positive Geschäftsentwicklung gegeben, welche in weiterer Folge zur besagten Steuernachzahlung geführt habe.

Leider sei dieser Kunde seit 2015 nicht mehr vorliegend, da dieser keine weiteren Aufträge erteilt habe.

Sowohl das U nternehmen als auch der Bf. als Privatperson seien vermögenslos und durch stetige Liquiditätsengpässe und der daraus resultierenden eingeschränkten Zahlungsfähigkeit sei nicht nur am Datum1, sondern auch in weiterer Folge am Datum2 und am Datum3 beim Landesgericht R ü ber gegenständliches Unternehmen der Konkursantrag gestellt worden, der durch Zahlungsvereinbarungen abgewendet habe werden können .

Aufgrund der sehr unbefriedigenden Gesamtsituation habe  daher seit dem Wiedereinstieg in das Geschäftsleben, jeweils nur ein geringfügiger Geschäftsführerbezug ausgezahlt werden können.
Seit 2011 zahle der Bf. an den Gerichtsvollzieher in B je nach Möglichkeit laufende Beträge, um damit vorliegende Gerichtsakte zu bereinigen.

Die derzeitige Geschäftsentwicklung lasse eine entscheidende Verbesserung der Gesamtsituation nicht erwarten.

Die Einbringung würde daher die Existenz und die Alimentationszahlung an seine weiterhin unterhaltsberechtigten unehelichen zwei Kinder gefährden und hätte den Privatkonkurs zur Folge.

Der Bf. ersuche daher höflichst, der eingebrachten Beschwerde stattzugeben und den Haftungsbescheid aufzuheben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Laut Firmenbuch war der Bf. im Zeitraum bis zu der mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum4 erfolgten Konkursabweisung mangels kostendeckenden Vermögens der Fa. C-GmbH (FN *****) deren handelsrechtlicher Geschäftsführer und ab deren eingetragener Liquidator. Er zählt somit zum Kreis der in § 80 Abs. 1 BAO genannten gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person und kann daher bei Vorliegen der übrigen Haftungsvoraussetzungen zur Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO herangezogen werden.

Die unbestrittene Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin Fa. C-GmbH steht aufgrund des am Datum4 über das Vermögen dieser GmbH eröffneten Konkursverfahrens, welches mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum*** (Zl. *****) nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben wurde, fest. Am Datum+++ erfolgte die amtswegige Löschung der GmbH gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört es, dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter diese Pflicht getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Bei Selbstbemessungsabgaben (Umsatzsteuer, lohnabhängige Abgaben) ist maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wäre (vgl. z.B. VwGH Ra 2015/16/0082 vom ). Bei Abgaben, bei denen sich die Fälligkeit aus § 210 Abs.1 BAO (1 Monat ab Zustellung des Abgabenbescheides) ergibt, wie zB bei der veranlagten Körperschaftsteuer, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der sich aus dem erstmaligen Abgabenbescheid ergebenden Fälligkeit maßgebend (vgl. ).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Vertreters darzutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass die von ihm vertretene juristische Person die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat. Dem Vorbringen des Bf. im Verwaltungsverfahren - und auch seinen Ausführungen in der vorliegenden Beschwerde - ist nicht zu entnehmen, welche Mittel zu den jeweiligen Fälligkeitstagen vorhanden waren und wie diese verwendet worden sind. Der Bf. hat damit seine Obliegenheit darzutun, dass sie den Abgabengläubiger nicht schlechter als andere Gläubiger behandelt hat und sie daher kein Verschulden treffe, nicht erfüllt, obwohl er mit dem angefochtenen Bescheid, dem insoweit Vorhaltscharakter zukommt, auf das Erfordernis zur Erbringung eines Gleichbehandlungsnachweises bzw. eines Nachweises der Unmöglichkeit der Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten wegen nicht ausreichend vorhandener liquider Mittel bzw. nicht vorhandener Mittel zur Abgabenentrichtung hingewiesen wurde.

Das alleinige Beschwerdevorbringen des Bf. bezieht sich auf den seiner Meinung nach gültig zustande gekommen außergerichtlichen Ausgleich zwischen der Abgabenbehörde und der Primärschuldnerin vom Datum###, der nach der Aktenlage und den Ausführungen der Abgabenbehörde folgenden Inhalt hatte:
Ausgehend von einer Vergleichsbasis von € 305.807,12 (Rückstand am Abgabenkonto per iHv € 382.259,65 abzüglich einer 20%igen Quote des gerichtlichen Zwangsausgleiches) ergab dies einen Bemessungsgrundlage für den außergerichtlichen Ausgleich von € 305.807,52. Vereinbart wurde, dass nach Zahlung eines Betrages von € 61.161,54 bis und Zahlung der Quote bis in Raten ein Restbetrag von € 244.646,17 durch Löschung abgeschrieben wird. Folgende Raten wurden festgelegt:
am in Höhe von € 11.000,00
am in Höhe von € 3.000,00
am in Höhe von € 3.000,00
am in Höhe von € 6.000,00
am in Höhe von € 11.000,00
am in Höhe von € 27.161,54.

Diese Vereinbarung erfolgte laut Aktenlage unter nachfolgenden Bedingungen, bei deren Nichteinhaltung der Vergleich widerrufen gilt:
- Meldung und termingerechte Bezahlung der künftigen laufenden Abgaben,
- Etwaige künftige Nachforderungen sind zu 100% zu bezahlen,
- Etwaige künftige Gutschriften bleiben der Quote außer Ansatz und verringern lediglich den Löschungsbetrag.

Nach der Aktenlage wurde die letzte Rate von € 27.161,54 verspätet und in Teilbeträgen bezahlt, sodass schon allein deswegen der außergerichtliche Ausgleich nicht als erfüllt anzusehen ist. Die vom Bf. behauptete Entschuldung wegen Erfüllung des außergerichtlichen Ausgleiches ist daher nicht eingetreten. Auch hat der Bf. die Vergleichsbedingung, dass künftige Nachforderungen zu 100% zu bezahlen sind, nicht eingehalten (siehe Beschwerdevorentscheidung).

Die Abgabenhörde ist daher bei Erlassung des gegenständlichen Haftungsbescheides zu Recht vom aufrechten Bestand der diesem zugrunde liegenden Abgabenschuldigkeiten, welche nach wie vor uneinbringlich am Abgabenkonto der Primärschuldnerin aushaften, ausgegangen.

Auch konnte die Behörde zu Recht vom Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung (gelegen in der Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten) zu den Fälligkeitstagen ausgehen. Das Nichtvorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung und eine Gleichbehandlung der Abgabenbehörde hat der Bf. in der gegenständlichen Beschwerde weder behauptet noch glaubhaft gemacht.

Keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung sind aus der Aktenlage in Bezug auf die haftungsgegenständliche Umsatzsteuer 2007 in Höhe von € 7.005,24, Umsatzsteuer 2009 in Höhe von € 4.978,33 und den Säumniszuschlag (SZA) 2010 in Höhe von € 99,57 ableitbar. Wegen Nichtabgabe der betreffenden Umsatzsteuererklärungen 2007 und 2009, wobei der Termin für die Abgabe dieser Erklärungen bereits nach dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung lag, erfolgte während aufrechtem Konkursverfahrens eine schätzungsweise Festsetzung dieser Abgabenschuldigkeiten. Auch der Säumniszuschlag 2010 wurde nach Konkurseröffnung festgesetzt. Insoweit spricht die Aktenlage gegen das Vorliegen einer schuldhaften Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten zu den jeweiligen Fälligkeitstagen, sodass seitens des Bundesfinanzgerichtes der Haftungsausspruch insoweit aufzuheben war.

Bei Vorliegen einer derartigen schuldhaften Pflichtverletzung darf die Abgabenbehörde mangels dagegen sprechender Umstände auch annehmen, dass die Pflichtverletzung Ursache der Uneinbringlichkeit ist (vergleiche z.B. , 0178).

Die Geltendmachung einer Haftung ist in das Ermessen (§ 20 BAO) der Abgabenbehörde gestellt. Dieses Ermessen umfasst auch das Ausmaß der Heranziehung der Haftung innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens. Dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Norm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist.

Soweit der Bf. zur beantragten Abgabennachsicht gemäß § 236 BAO Ausführungen zur persönlichen und sachlichen Unbilligkeit der Einhebung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten erstattetet, ist er auf dieses Verfahren zu verweisen.

Wenn der Bf. auf seine eingeschränkte wirtschaftliche Situation unter Anführung seiner hohen Haftungsverbindlichkeiten und seiner Sorgepflicht verweist und insoweit einwendet, die Haftungsinanspruchnahme wäre aus diesen Aspekten heraus unbillig, so ist er auch insoweit auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach Vermögenslosigkeit bzw. auch (Anmerkung: gegenständlich nicht gegebene) Arbeitslosigkeit des Haftenden an sich in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung steht (vergleiche und ), zumal es eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit auch nicht ausschließt, das künftig neue vorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können (vergleiche , ).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ( ) ist dem Element der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit im Rahmen der behördlichen Ermessensübung besondere Bedeutung beizumessen ().

Laut Aktenlage wurde das am Datum4 über das Vermögen der Fa. C-GmbH eröffnete Konkursverfahren mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum*** (Zl. *****) nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben. Spätestens zu diesem Zeitpunkt stand die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten fest.

Laut Punkt 11.) der Begründung des Haftungsbescheides hat die Abgabenbehörde am an den Bf. einen Haftungsvorhalt gerichtet, der unbeantwortet blieb.

Der gegenständliche Haftungsbescheid erging jedoch erst am ! Die Abgabenbörde hat dies mit dem hohen Arbeitsanfall begründet.

Die damit aufgezeigte Unbilligkeit der Geltendmachung der Haftung angesichts der bereits lange verstrichenen Zeit zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und der Erlassung des Haftungsbescheides überwog im gegenständlichen Fall die vom Finanzamt ins Treffen geführte Zweckmäßigkeitserwägung, sodass bei Gesamtbetrachtung des Falles die Reduzierung der Haftungsbeträge im Rahmen des Ermessens um 50% auf das im Spruch dargestellte Ausmaß gerechtfertigt erscheint und der Beschwerde insoweit teilweise stattzugeben war.

Zur Zulässigkeit der Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht nicht von der Rechtsprechung des VwGH ab und hatte auch die Klärung der Haftungsvoraussetzungen im Einzelfall und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7105424.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at