Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.02.2018, RV/7100382/2014

Begründet die Gebührenpflicht für Kartenpokerspiel gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG idFv 1.1.2011 eine persönliche und sachliche Unbilligkeit, die eine Nachsicht rechtfertigt (zu UFS 7.10.2011, RV/0743-W/11)?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100382/2014-RS1
Die Gebührenpflicht von 25% der Spielgewinne für ein Kartenpokerspielturnier, das von der Bf. als Veranstalterin im Oktober 2010 organisiert und angeboten wurde, begründet keine sachliche Unbilligkeit, da bei der Bf. kein außergewöhnlicher Geschehensablauf vorliegt, der, von der Bf. nicht beeinflussbar, eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Gebührenpflicht ausgelöst hat. Zieht man die Vorlaufplanung von mindestens einem Jahr für ein Kartenpokerspielturnier dieser Größenordnung in Betracht, kann sich die Bf. nicht darauf stützen, dass sie im Vertrauen auf eine „andere“, die Rechtsgeschäftsgebühr verneinende Judikatur, das Kartenpokerspiel ohne Einplanung der Rechtsgeschäftsgebühr organisierte, da es ausschließlich die Rechtsgeschäftsgebührenpflicht von Kartenpokerspiel bestätigende Judikatur gab und sich die parlamentarischen Materialien im Rahmen des Gesetzwerdungsprozesses der Glücksspielgesetznovelle 2008 auf die diesbezügliche Judikatur stützten, bzw. durch die Überführung der Rechtsgeschäftsgebühren in die Glücksspielabgaben keinen Zweifel daran aufkommen ließen, dass das Kartenpokerspiel den Rechtsgeschäftsgebühren unterliegt, auch wenn der Veranstalter an den Spielverträgen der Spieler nicht beteiligt ist. Eine persönliche Unbilligkeit liegt ebenfalls nicht vor, da die Bf. vom Verfassungsgerichtshof in ihrem Rechtsgeschäftsgebührenverfahren darauf hingewiesen wurde, Vorkehrungen für die Entrichtung der Rechtsgeschäftsgebühren zu treffen. ( zu ). Die Vorsorge für die Entrichtung der Gebühren wäre daher für die Bf. zumutbar gewesen, eine Nachsicht war nicht zu gewähren.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.DDr. Hedwig Bavenek-Weber in der Beschwerdesache ******Bf+ADR.****** vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati, Rechtsanwälte GmbH, Parkring 2, 1010 Wien über die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung einer Nachsicht vom , StNr ****x1****-Team ****TEAM**** des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO (Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG idFv , Kartenpokerspiel) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)  nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Streitpunkte

Begründet die Gebührenpflicht für Kartenpokerspiel gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG idFv eine persönliche und sachliche Unbilligkeit, die eine Nachsicht rechtfertigt?

1. Verfahrensablauf

Bemerkt wird, dass das Rechtsmittelverfahren der Beschwerdeführerin (Bf.) vom Unabhängigen Finanzsenat auf das Bundesfinanzgericht übergegangen ist. Die entsprechende Gesetzesstelle lautet:

§ 323 Abs. 38 BAO: Die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge sind vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.....

§ 323 Abs. 39 BAO: Soweit zum eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Vertretung im Abgabenverfahren vor den Abgabenbehörden zweiter Instanz besteht, ist diese auch im Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten gegeben.“

1.1. Glücksvertragsgebühren

Die Bf. veranstaltete vom *y1* bis *y2*.2010 ein Kartenpokerspielturnier der in einem dafür angemieteten Veranstaltungssaal.

Gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG in der Fassung vor dem BGBl. I 2010/54 unterliegen Glücksspiele (§ 1 Abs.1 GSpG), die von einem Veranstalter angeboten werden, einer Rechtsgebühr von 25 % vom Gewinn. Diese Rechtsgeschäftsgebühr fiel für den Abschluss der dem Kartenpokerturnier zugrundeliegenden Spielverträge an. Am meldete die Bf. unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von ********* Euro eine Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG in Höhe von 948.043,83 Euro und beantragte, die Gebühr bescheidmäßig festzusetzen. Das Finanzamt erließ am den Bescheid gemäß § 201 BAO und setzte die Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit.b GebG in Höhe von 948.318,83 Euro fest. Fristgerecht wurde Berufung erhoben. Die Berufung wurde – damals noch vom Unabhängigen Finanzsenat - als unbegründet abgewiesen. ().

Der Verfassungsgerichtshof hat mit die Behandlung der gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde abgelehnt:

Der Beschwerde ist „….zu entgegnen, dass die Frage, ob mit der GSpG-Novelle 2008, BGBl. I 54/2010, eine verfassungswidrige Ausweitung des Glücksspielmonopols erfolgt ist, für die Lösung des vorliegenden Falles ohne Bedeutung ist, weil § 33 TP  17 GebG (in der Fassung vor dem ) - gestützt auf die Abgabeneinhebungskompetenz des Bundes gemäß § 6 F-VG 1948 – lediglich an die in § 1 GSpG genannten Glücksspiele – unabhängig von deren monopolrechtlichen Konsequenzen – anknüpft. Gleiches gilt für die Frage, ob durch diese Novelle ein verfassungswidriger Eingriff in geschützte Rechtspositionen erfolgte, da die beschwerdeführende Gesellschaft die strittige Veranstaltung auch im Hinblick auf die – mit hg. Erkenntnis vom , G 51/11, zum Teil aufgehobene Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 24 GSpG rechtmäßig durchführen konnte. In der Abgabeneinhebung ist auch kein Eingriff in verfassungsgesetzlich geschützte Rechte zu erkennen, weil es der Abgabenpflichtige in der Hand hat, die Vorkehrungen für die Entrichtung der Abgabenschuld zu treffen (vgl. dazu auch mwN). Dass der Begriff des Spiels „Poker“ in verfassungswidriger Weise unbestimmt sei, kann der Verfassungsgerichtshof nicht erkennen….

Der Verfassungsgerichtshof trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab:

Mit gab der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag der Bf. auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht statt, da sie mangels Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse dem Konkretisierungsgebot nicht entsprochen hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof lehnte die Behandlung der (Sukzessiv-)Beschwerde ab, da weder die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, noch Rechtsfragen aufgeworfen worden seien, denen im Sinn des § 33 a VwGG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

1.2. Nachsichtsansuchen

Mit Schreiben vom stellte die Bf. den Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO der für das Kartenpokerspielturnier festgesetzten Glücksvertragsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG. Die Bf. legte das Rechtsgeschäftsgebührenverfahren dar und brachte vor, dass nun eine Gebührenschuld von 948.318,83 Euro zuzüglich der bisher vorgeschriebenen Säumniszuschläge fällig sei, und dies lediglich für den extrem kurzen Zeitraum von *y1* bis *y2*.2010.

Die persönliche Unbilligkeit der Bf. ergäbe sich klar aus ihrer wirtschaftlichen Situation, die ohne die exorbitante Vorschreibung der Gewinnstgebühren für nur wenige Tage ein wirtschaftlich stabiles und erfolgreiches Unternehmen darstellen würde, aber nun Gefahr laufe, aufgrund dieser Vorschreibung in den wirtschaftlichen Ruin getrieben zu werden. Es bestehe ein krasses wirtschaftliches Missverhältnis zwischen der Einhebung der Gebühr, denn nicht nur für die Bf. würden Nachteile entstehen, sondern auch für die Dienstnehmer der Bf., die ihren Arbeitsplatz verlieren würden, sowie für die Verpächter und Geschäftspartner, die dadurch ebenfalls mit Gewinnentgang konfrontiert würden. Durch die Gebühr würde die Existenz der Bf. zerstört, der Konkurs der Gesellschaft wäre unausweichlich. Das Unternehmen der „******“ wäre bereits durch eine Veräußerung des gesamten Anlage- und Umlaufvermögens zerschlagen und könnte seinen Betrieb nicht mehr fortführen und keinerlei Einnahmen mehr lukrieren.

Im Fall der Bf. läge auch eine sachliche Unbilligkeit vor. Eine solche sei anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt. Es muss zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommen. Die Unbilligkeit muss in der Besonderheit des Einzelfalles begründet sein. Im konkreten Fall der Bf. zeige sich die anormale Belastungswirkung ganz besonders deutlich im Vergleich mit den Spielbankbetreibern, denn diese seien von der Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG ausgenommen. Der allgemeine Rechtsgeschäftsgebührentatbestand gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG beträfe mehr oder weniger nur die Bf.

Dadurch, dass sämtliche Spielbanken bei der Veranstaltung von Pokerkartenspielen von der Gebührenverpflichtung ausgenommen seien, komme es zu einer atypischen Belastungswirkung, die zu einem Ergebnis führe, das vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigt gewesen sei. Die Unbilligkeit resultiere einzig aus der extensiven Interpretation der Behörden betreffend Ermittlung der Bemessungsgrundlage ungeachtet der gesetzlichen Unmöglichkeit, die Gebühr von den Gewinnen der Spieler zu entnehmen, wobei die Spiele ohne Bankhalter gespielt würden und die Bf. verpflichtet würde, die Gebühr von den ihr unbekannten Gewinnen anderer Personen als Primärschuldnerin zu bezahlen („Erdrosselungssteuer“). Und das, obwohl Pokercasinos nach der GSpG-Novelle 2010 der Besteuerung von Spielbanken gleichgestellt worden seien.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Nachsicht ab. Als Begründung gab das Finanzamt an, dass im Fall der Bf. die gesetzliche Grundlage und deren Anwendung auf den konkreten Fall von den Höchstgerichten bestätigt worden seien. Eine sachliche Unbilligkeit könne daher nicht vorliegen.

Fristgerecht wurde dagegen Berufung/Beschwerde erhoben. Das Finanzamt wäre bei entsprechender Würdigung des Sachverhaltes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einem anderen Beweisergebnis gelangt. Der Bescheid sei daher mit einem Verfahrensmangel behaftet. Für die Bf. als Veranstalterin sei nicht vorhersehbar, welche Einsätze die Spieler im Laufe des Turniers insgesamt tätigen würden. Aufgrund der Anmeldung könne sie aber errechnen, wie viele Teilnehmer aufgrund von erfolgten Anmeldungen ein Nenngeld (Startgeld) zwecks Teilnahme am Turnier und zur Benützung der Spielutensilien bezahlen würden. Die Bf. sei in die Spielverträge der Spieler nicht eingebunden und eine solche Einbindung wäre aufgrund ihrer Gewerbeberechtigung und dem Glücksspielgesetz nicht zulässig. Das Finanzamt verkenne bei Zitierung des einen (1) Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes, dass es nicht auf die Bestätigung der gesetzlichen Grundlage und deren Anwendung im konkreten Fall ankomme, sondern dass bei der Anwendung des bestätigten Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintrete.

Die Bf. stellte den Antrag, der Berufung stattzugeben und den Bescheid aufzuheben.

Die Berufung/Beschwerde legte das Finanzamt, was nach der damaligen Rechtslage möglich war, ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung mit Vorlagebericht vom vor. Das Finanzamt ersuchte, die Berufung/Beschwerde als unbegründet abzuweisen und begründete den Antrag sehr ausführlich. Eine Ausfertigung dieses Vorlageberichtes wurde der Verständigung der Bf. über die erfolgte Vorlage beigelegt.

2. Sachverhalt

2.1. Beweisaufnahmen

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme:

- in das Firmenbuch der Bf. FN ****x2**** samt Jahresabschlüssen []

- in die Internetseite ****INTERNETADRESSE**** electronic document []

- in den Finanzamtsakt StNr ****x1****-Team ****TEAM**** .

2.2. Zur Person der Bf.

Die Bf. hat sich im Antrag auf Nachsicht als „******“ bezeichnet, stellenweise aber damit die Unternehmensgruppe gemeint, bzw. die Gruppenmitglieder, die an der Adresse „****ADRESSE****“ das Pokercasino betreiben. (Antrag auf Nachsicht vom , 2).

Die Internetrecherche ergab, dass die Bf. keinen eigenen Internetauftritt hat, sondern man wird bei Eingabe ihres Namens in die Suchmaschine auf die Internetseite der „******“ Gruppe ****INTERNETADRESSE**** electronic document [] weitergeleitet. Dort heißt es in der Rubrik „Über uns“:

 „Die ********** stehen für geballte Poker Kompetenz. Zahlreiche Standorte und mehr als 20 Jahre Erfahrung haben die ****** Gruppe zu einem europäischen Vorzeigeunternehmen gemacht.

Die ******* Gruppe hat sich seit ihrer Gründung in Wien im Jahre 1993 zu Europas größtem und bekanntestem Live-Poker Unternehmen entwickelt. Die konsequente Aufbauarbeit von Gründer ****GRÜNDER**** ist mitverantwortlich dafür, dass das Strategiespiel Poker zu einem Massenphänomen geworden ist.

…. Alle großen internationalen Pokertouren, wie die *TURNIERNAME*1*, …., oder die *TURNIERNAME*2* waren im Lauf der Jahre Partner ….

Speziell zur Bf. enthält diese Internetseite keine Angaben.

Die Bf. stellte gegenüber dem Finanzamt ihre Situation so dar, dass an der Adresse „****ADRESSE**** “ in dem Sinn keine Vermögenswerte der Bf. bestünden, sondern werden die Räumlichkeiten z.B. von der „Gruppenmuttergesellschaft“ zur Verfügung gestellt, bzw. dort von dieser ein Pokercasino anderer Art betrieben. Die Bf. wurde lediglich für Veranstaltungszwecke, wie für Pokerturniere gegründet.

Die Einsicht in das Firmenbuch ergab folgendes: Die Bf. ist im Firmenbuch unter FN  an der Adresse „****ADRESSE**** “ eingetragen. Geschäftsführer ist ****GRÜNDER****. Im Zeitraum des veranstalteten Kartenpokerspielturniers waren Gesellschafter der Bf. die ****GESELLSCHAFT*1* und die ****GESELLSCHAFT*2** Seit 2012 ist Alleingesellschafterin der Bf. die ****GESELLSCHAFT*3****, und deren Alleingesellschafterin ist die ****PRIVATSTIFTUNG****

An der Adresse „****ADRESSE**** “ hatte eine der „Vorgängerinnengesellschaft“, die mit Gesellschaftsvertrag vom gegründete ****VORGÄNGERGESELLSCHAFT**, die am wegen Vermögenslosigkeit amtswegig im Firmenbuch gelöscht wurde, ihre Betriebsstätte. Geschäftsführer war ebenfalls ****GRÜNDER**** (bis ).

Am wurde die ****GESELLSCHAFT*a* gegründet und am umbenannt in die ****GESELLSCHAFT*b*, Geschäftsführer ist ****GRÜNDER**** , die an der Betriebsstätte „****ADRESSE****“ ein Pokercasino betreibt. Alleingesellschafter der ****GESELLSCHAFT*b** ist die ****GESELLSCHAFT*4*, an welcher zu 80% die **PRIVATSTIFTUNG** und zu 20% die ****GESELLSCHAFT*5*** beteiligt sind. Seit dem wurde diese Betriebsstätte an eine andere Unternehmung der Gruppe (****UNTERNEHMUNG****) verpachtet. Mit Beschluss vom ****x4**** wurde über die ****GESELLSCHAFT*b* das Insolvenzverfahren eröffnet und ****MASSEVERWALTER****, Rechtsanwalt, zum Masseverwalter bestellt.

2.3. Gebührenauslösender Sachverhalt

Die Bf. veranstaltete in Wien vom *y1* bis *y2*.2010 das die gegenständliche Rechtsgeschäftsgebühr auslösende Kartenpokerspielturnier der **TURNIERNAME** im ****RÄUMLICHKEIT****.

Der Sachverhalt, der die Rechtsgeschäftsgebühren auslöste, wurde in der Berufungsentscheidung ausführlich dargestellt : „Die **TURNIERNAME** ist eine Serie großer Live-Pokerturniere, die in ganz Europa ausgetragen und vom Fernsehen übertragen wird. …. war für das gegenständliche Turnier das Buy-In (Einkauf, die Summe an Chips, für die sich ein Spieler in ein Spiel einkauft) 5.000+300 Euro, das *TURNIERNAME* Grand Final hat ein Buy-In von 10.000 Euro und es wurden max. 600 Teilnehmer zugelassen. Es gab auch die Möglichkeit, über Online-Qualifikation ab 5,45 Euro ein Preispaket zu gewinnen, der Gewinner sollte das Buy-In für das Turnier, Unterkunft und Taschengeld erhalten. Die Teilnahmebedingungen setzten sich aus einem Teil A und einem Teil B zusammen, wobei Teil B die Poker-Turnierregeln enthält.

Für die besten 80 Spieler waren Preise ausgesetzt. Der beste Spieler erhielt ein Preisgeld von 700.000 Euro, der 2. beste Spieler ein Preisgeld von 470.000 Euro, der 3. beste Spieler ein Preisgeld von 265.000 Euro usw., der 80. beste Spieler erhielt ein Preisgeld von 8.000 Euro. ….

Die Bf. war die Veranstalterin dieses Turniers in Wien. Die für den Spielbetrieb notwendigen Personen (Floorman, Dealer) sind bei der ****GESELLSCHAFT*b* beschäftigt und wurden im Rahmen einer Personalbereitstellung der Bf. zur Verfügung gestellt. Ein Zutritt ist nur nach Registrierung durch den Veranstalter möglich. Die Daten sämtlicher Teilnehmer wurden durch die Turnieranmeldung EDV-mäßig erfasst. Die Entrichtung der Startgelder erfolgte – abgesehen von den online Qualifikanten – beim Zutritt des Teilnehmers am Veranstaltungsort. …. Die Startgelder wurden von der „Bf.“ treuhändig verwaltet. Der Spieler konnte auch ein Depot bei der „Bf.“ einrichten, um die Möglichkeit zu haben, ohne große Bargeldmengen anzureisen. Bei der Depoteinrichtung beträgt der Mindestbetrag für eine Überweisung 10.000 Euro. …. Wofür der Teilnehmer das Depotgeld verwendet, liegt ausschließlich in der Entscheidung des Spielers. Die Gewinnauszahlung erfolgte entsprechend den Wünschen der Spieler entweder bar oder durch Überweisung. Es wird nicht unlimitiert bar der Gewinn ausbezahlt, sondern bis maximal 10.000 Euro. Bei der Überweisung hat der Spieler die Wahl, dass ihm der Gewinn auf sein privates Konto oder auf sein Konto bei der ****TURNIERUNTERNEHMEN** gezahlt wird. ….

Die Gewinne werden nach den Turnierregeln der „*TURNIERNAME* “ für jeden Rang nach Erreichen dieses Ranges durch einen Spieler fällig, d.h. wenn beim Turnier ab dem 80. Platz ein Preisgeld ausgeschrieben ist dann erhält der Spieler der als 80zig-letzter ausscheidet seinen Gewinn sofort. Bei den Sattelite-Turnieren bei denen Starttickets für ein main-event der „*TURNIERNAME* “ -Serie gewonnen werden kann, wird nur bis zu jenem Rang gespielt, ab dem ein Ticket gewonnen wird (wenn z.B. aufgrund der Höhe der geleisteten buy-in insgesamt 28 Starttickets ausgespielt werden, wird nur bis zum Ausscheiden des 29zig-Letzten gespielt, dieser erhält den Restbetrag des Pots, der nicht mehr den Wert eines Tickets erreicht, die restlichen 28 erhalten je ein Startticket.

Es waren so viele Teilnehmer anwesend, dass die Tische nicht ausgereicht hätten, um gleichzeitig zu starten. Daher unterteilte man sie in die Partie 1A und 1 B. Die Partie 1 A begann am Dienstag, den um 12 Uhr und 1 B am um 12 Uhr. Die Plätze an jedem Tisch wurden für den Start ausgelost. Wenn auf einem Tisch nur noch 4 Spieler übrig waren, wurden 2 Tische mit je nur noch 4 Spielern zu einem vollen Tisch zusammengelegt. Die Teilnehmer, die von den Anfangstagen übrig geblieben sind, spielten am Donnerstag um 12 Uhr mit allen gemeinsam weiter. Eine Turnierteilnahme war beim jeweiligen Turnierspiel nur bis zum Ende von Level 1 der ersten Spielrunde (ca. 30 min nach Turnierstart) möglich. Die Spieldauer des Hauptbewerbes war am 1. und 2. Tag mit 9 Stunden, am 3. Tag mit 8 Stunden festgelegt. Am 4. Tag wurde gespielt, bis nur mehr 24 Spieler übrig waren und am 5. Tag wurde gespielt, bis noch 8 Spieler übrig waren. Am 6. Tag fand der Final Table statt, der auf einem Podium mit vollständiger Kameraaufzeichnung durchgeführt wurde. …. Bei dem Turnier wurden Texas Hold’em in den Spielvarianten, daneben 1 Turnier H.O.R.S.E, das ist eine Kombination von fünf Pokervarianten und ein Turnier eight games, das ist eine Kombination von 8 Pokervarianten, angeboten. Die Einsätze pro Teilnehmer betrugen zwischen 220 Euro und 10.300 Euro. Die „Bf.“ erhielt als Entgelt bei den Turnieren das jeweilige entry-fee laut Spielplan. Das sind pro Teilnehmer/Spiel zwischen 20 Euro und 300 Euro. Die Buy-in, zwischen 200 Euro und 10.000 Euro, wurden bei der Anmeldung personenbezogen, rebuys and add-ons wurden bei dieser Veranstaltung nur ziffernmäßig erfasst.

Während der Turnierveranstaltung wurden auch Cashgames angeboten, an der auch Personen teilnehmen können, die nicht Turnierteilnehmer sind. Tatsächlich wurden dann nicht 20 Pokertische angeboten, sondern 18. Alle Tische wurden ab Blinds 5-10 angeboten. Beim Cashgame anlässlich des Turniers wurde ohne Maximum-Buy-In gespielt.“

Wie das Finanzamt im [Gebühren]Bescheid darstellte, wurde die Bemessungsgrundlage für die jeweiligen Turniere nach der Formel berechnet: „Gesamtsumme Starteinsätze (buy-in) [plus Gesamtsumme nachträgliche Einsätze (rebuys and add-on) bei Spielen, in welchen ein Nachkauf von Spieljetons möglich war] dividiert durch Gesamtzahl der Spieler und multipliziert mit der Anzahl der Gewinnränge. Zur Bemessungsgrundlage kam das Finanzamt durch die Formel: Summe der Gewinne abzüglich anteiliger Einsätze der Gewinner = Bemessungsgrundlagen x 25% gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG. (Ausführlich siehe ).

2.4. Jahresabschlüsse

In den Jahresabschlüssen der Bf. für die Jahre 2010 bis 2015 wurde der Anhang über die Erläuterung, ob eine Überschuldung iSd Insolvenzrechts bei Ausweis eines „negativen Eigenkapitals vorliegt, von der Bf. offengelegt. Dieser Anhang hat stellvertretend im Jahr 2015 folgenden Wortlaut:

„Die Gesellschaft weist unter Passiva den Posten "negatives Eigenkapital" in Höhe von EUR -973.366,40 aus.

Die Geschäftsführung der Gesellschaft nimmt zur Frage, ob eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes vorliegt, wie folgt Stellung:

Das negative Eigenkapital ist ausschließlich auf die Vorschreibung der Gewinstgebühr seitens des Finanzamtes für Gebühren im Geschäftsjahr 2010 in Höhe von EUR 948.318,83 zurückzuführen. Die Vorschreibung erfolgte auf Grund eines im Oktober 2010 von der Gesellschaft über 4 Tage veranstaltetes, erlaubtes Kartenspielturnier ohne Bankhalter.

Die Republik Österreich hat Unionsrecht dadurch verletzt, indem sie im Zusammenhang mit dem vorerwähnten internationalen Kartenpokerturnier (*TURNIERNAME*1*-Turnier) entgegen einem Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Feststellung der Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen des § 33 TP 17 Abs. 1 Ziff 7 lit b GebG mit Bescheid vom auf Grundlage dieser Bestimmung eine Rechtsgeschäftsgebühr für den Kalendermonat Oktober 2010 für die Organisation/Angebot von Glücksspielen für das Kartenpokerturnier festsetzte, wobei die mit EUR 948.318,83 mehr als das 3,2-fache des Umsatzes der Beschwerdeführerin aus den Einnahmen für die Dienstleistung bei den Kartenpokerturnierspielen beträgt, während die Vorschrift auf nach dem Glücksspielgesetz konzessionierte Unternehmen keine Anwendung fand.

Die Republik Österreich hat dadurch gegen folgende Bestimmungen des Unionsrechtes verstoßen:

Art 56 AEUV - Dienstleistungsfreiheit

Art 15 GRCh - Berufsfreiheit

Art 16 GRCh - unternehmerische Freiheit

Art 17 GRCh - Eigentumsrecht

Art 20 GRCh - Gleichheitssatz/Diskriminierungsverbot

Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem

Eine Überschuldung der Gesellschaft ist deshalb nicht gegeben, da von der Gesellschaft bei der europäischen Kommission, nach Ansicht namhafter Rechtsexperten, aussichtsreich Beschwerde wegen Verstöße gegen die europäischen Grundrechte und weitere unionsrechtliche Regelungen durch Gesetzgebung und Verwaltung betreffend Rechtsgeschäftsgebühren für Pokercasinos in der Republik Österreich geführt wird.“

Z.B. waren im Geschäftsjahr 2015 bei der Bf. keine Arbeitnehmer beschäftigt.

3. Gesetzliche Grundlagen

§ 236 Abs. 1 BAO lautet: Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO; StF: BGBl. II Nr. 435/2005 idF BGBl. II Nr. 449/2013 lautet:

Auf Grund des § 236 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 180/2004, und durch die Kundmachung BGBl. I Nr. 2/2005, wird verordnet:

§ 1. Die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein.

§ 2. Eine persönliche Unbilligkeit liegt insbesondere vor, wenn die Einhebung

1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde;

2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.

§ 3. Eine sachliche Unbilligkeit liegt bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches

1. von Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;

2. in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die

a) dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde geäußert oder

b) vom Bundesministerium für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung oder im Internet als Amtliche Veröffentlichung in der Findok veröffentlicht wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;

3. …...

4. Erwägungen

§ 236 BAO findet auf Abgaben generell Anwendung, gleichgültig ist auch, ob es sich um Veranlagungs- oder Selbstbemessungsabgaben handelt. Nach dem Entstehen der Steuerschuld treten Umstände ein, die unter diesen Sondertatbestand fallen, der eine nachträgliche Veränderung der entstandenen Steuerschuld zulässt. (Stoll, Das Steuerschuldverhältnis, 91). Der Abgabenschuldner hat somit keinen Anspruch auf Nachsicht seiner Abgabenschuld. Das Nachsichtsansuchen muss aber überprüft werden, ob die Voraussetzungen für eine Maßnahme nach § 236 BAO gegeben sind (vgl. zum Nachsichtsansuchen betreffend Bürgschaftsgebühr gemäß § 33 TP 7 GebG).

Die Bf. hat die formalen Voraussetzungen für eine Nachsicht erfüllt (Antragstellung und Antragsberechtigung der Bf. als Abgabenschuldnerin). Zu bemerken ist, dass die Bf. zwar selbst Abgabenschuldnerin ist, im Antrag bezeichnet sie sich als „****** “, wobei darunter von ihr manchmal nicht nur sie selbst, sondern die Gruppe verstanden wird, bzw. sind neben der Bf. auch die Unternehmungen der Gruppe gemeint, die an der Adresse „****ADRESSE****“ das Pokercasino durchgehend betreiben.

Für die Bewilligung oder die Abweisung eines Nachsichtsansuchens ist eine Prüfung auf zwei Stufen vorzunehmen, welche systematisch voneinander getrennt werden müssen. Auf der ersten Stufe ist zunächst zu beurteilen, ob eine Unbilligkeit vorliegt. Dies ist keine Ermessensfrage, sondern die Auslegung eines unbestimmten Gesetzesbegriffes. Die 2. Stufe gelangt dann zur Anwendung, wenn die Prüfung der 1. Stufe positiv abgeschlossen ist; sind alle Nachsichtsvoraussetzungen gegeben, so liegt die konkrete Bewilligung der Nachsicht im Ermessen der Abgabenbehörde. (Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-Handbuch 692; Fischerlehner, Abgabenverfahren2 § 236 Anm 3 unter Verweis auf ). Die Prüfung der Gründe für ein Nachsichtsansuchen hat vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Verhältnissen zu erfolgen. ().

Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe kann sowohl im persönlichen als auch im sachlichen Bereich liegen. (; ; Langheinrich/Ryda, Das Rechtsinstitut der Nachsicht im Abgabenrecht, FJ 7-8/1999, 208ff; Ritz, BAO6 Tz 9).

4.1. Sachliche Unbilligkeit

Eine sachliche Unbilligkeit ist anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus „persönlichen“ Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ereignis eintritt. Jedenfalls muss es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommen. (; ; Langheinrich/Ryda, Das Rechtsinstitut der Nachsicht im Abgabenrecht, FJ 7-8/1999, 208ff; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-Handbuch, 695).

Eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung liegt nach § 3 Z 1 der Verordnung BGBl. I 2005/2 insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches von Rechtsauslegungen des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden.

In der Literatur wird dazu die Ansicht vertreten, dass § 3 Z 1 der Verordnung BGBl. I 2005/2 in jenen Fällen von Bedeutung sei, in denen zwischen der Vornahme der abgabenrelevanten Dispositionen durch den Steuerpflichtigen und der Bescheiderlassung bzw. der Entrichtung einer Selbstbemessungsabgabe eine Änderung der Rechtsprechung eingetreten ist. Die Bestimmung sei so zu verstehen, dass abgabenanspruchsbegündende Dispositionen des Steuerpflichtigen, die im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtsprechung gesetzt werden, durch eine Änderung dieser Rechtsprechung nicht berührt werden dürfen. Werde von der zuständigen Abgabenbehörde in Anlehnung an eine geänderte Rechtsprechung der Höchstgerichte ein Abgabenbescheid erlassen, der den Erwartungen des auf die Richtigkeit der alten Rechtsprechung vertrauenden Abgabepflichtigen nicht entspreche, so könnten die nachteiligen Wirkungen dieses Bescheides durch Nachsicht beseitigt werden. (vgl. Ehrke-Rabl, Nochmals: Verordnung zu § 236 BAO Treu und Glauben bei Auskünften und Erlässen, taxlex 2006, 328; Fischerlehner, Grundsatz von Treu und Glauben. UFS zur Durchsetzung von Vertrauensschutzinteressen. Prüfung im Nachsichtsverfahren ausreichend SWK 2008, S 421). Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnis muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (; Fischerlehner, Abgabenverfahren2 § 236 Anm 5).

In die Prüfung miteinbezogen werden kann auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und Bundesfinanzgerichtes zur Nachsicht Rechtsgeschäftsgebühren wie Hausverlosung: ; ; oder Kreditvertragsgebühr: .

Nach dem Vorbringen der Bf. käme es nicht auf die Bestätigung des Gesetzes durch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes an (), sondern resultiere die sachliche Unbilligkeit einzig aus der extensiven Interpretation der Behörden betreffend Ermittlung der Bemessungsgrundlage ungeachtet dessen, dass es aufgrund des Gesetzes nicht möglich sei, die Gebühr von den Gewinnen der Spieler zu entnehmen. Die Bf. bezeichnete die Rechtsgeschäftsgebühr als „Erdrosselungssteuer“, da sie verpflichtet würde, diese von den ihr unbekannten Gewinnen anderer Personen zu bezahlen, obwohl sie an den Spielverträgen nicht beteiligt sei, und Pokercasinos nach der GSpG-Novelle 2010 der Besteuerung von Spielbanken gleichgestellt worden seien. Das sei ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis.

Zu untersuchen sind daher in der Nachsichtssache der Bf. § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG idFv , damit im Zusammenhang stehende Gesetzgebungsprozesse, und die Judikatur, ob demgegenüber bei der Bf. ein außergewöhnlicher Geschehensablauf vorliegt, der, von der Bf. nicht beeinflussbar, eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Gebührenpflicht ausgelöst hat, sowie, ob die Bf. das Kartenpokerspielturnier im Hinblick auf eine „andere“, die Rechtsgeschäftsgebührenpflicht verneinende Judikatur plante.

Nach dem Gesetzeswortlaut des § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG in der Fassung vor dem BGBl. I 2010/54 unterliegen der Gebühr Glücksverträge, wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vorteiles versprochen und angenommen wird: Glücksspiele (§ 1 Abs. 1 GSpG), die von einem Veranstalter angeboten oder organisiert werden, und sonstige Veranstaltungen, die sich an die Öffentlichkeit wenden und bei denen den Teilnehmern durch Verlosung Gewinste zukommen sollen, wenn die Gewinste in Geld bestehen, vom Gewinst 25%. Dieser Wortlaut ist seit der GebG-Novelle BGBl. 1993/965 ab unverändert (zur Rechtsentwicklung z.B. ; , , RV/1645-W/09). Mit der Glücksspielnovelle 2008 BGBl. I 2010/54 wurde § 33 TP 17 GebG geändert, ab ersetzt die Glücksspielabgabe gemäß den §§ 57 und 58 GSpG die bisherigen Gebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 und Z 8 GebG. (658 BlgNR 24. GP).

Der Bf. ist zu entgegnen, dass es für die Rechtsgeschäftsgebühren genügt, dass sie Veranstalterin von Kartenpokerspielen ist. § 2 Abs. 4 GSpG kann zur Interpretation des Veranstalters in § 33 TP 17 GebG herangezogen werden. Die RV 368 BlgNR 20. GP zu BGBl. I 1996/797 zu § 2 Abs. 4 GSpG lautet: „Dabei wird auch der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Rechnung getragen, die wiederholt ausgesprochen hat, daß der Unternehmer die Gegenleistung nicht selbst erbringen muß, sondern daß es ausreichend ist, daß den Leistungen der Spieler im Gewinnfall eine Gegenleistung gegenübersteht. Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, daß es gleichgültig ist, wem gegenüber der Spieler die vermögensrechtliche Leistung zu erbringen hat, und daß auch nicht erforderlich ist, daß die Leistung des Spielers dem Unternehmer (Veranstalter) zufließen muß,“ wobei die Regierungsvorlage auf und verweist. Es genügt, dass mehrere vom Unternehmer unabhängige Spieler gegeneinander spielen. Gewinn und Verlust tritt dann nur zwischen den Spielern auf. Dieses Spiel wird von einem Unternehmer (Veranstalter), beispielsweise durch Mischen und Teilen der Karten oder durch Festlegung der Spielregeln bzw. Entscheidung von Zweifelsfällen organisiert.

Der Bf. wird entgegengehalten, dass diese Situation dem Gesetzeswortlaut des § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG entspricht, da sie im Herbst 2010 als Veranstalterin mit den Kartenpokerspielturnieren Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG anbot und organisierte. Damit wird die Bf. zu den Rechtsgeschäftsgebühren herangezogen, auch wenn sie an den einzelnen Spielverträgen selbst nicht beteiligt ist, sondern diese von den Spielern untereinander abgeschlossen und durchgeführt werden. Die Novelle BGBl. I 1996/797 bestätigte geradezu die GebG-Novelle BGBl. 1993/965.

Insoweit kann kein außergewöhnlicher Geschehensablauf in Bezug auf das Rechtsgeschäftsgebührenauslösemoment bei der Bf. verortet werden. Jeder, der Kartenpokerspiele veranstaltet, muss die Gebühr von den Spielgewinnen entrichten, obwohl er nicht an den Spielverträgen beteiligt ist.

Entgegen dem Vorbringen der Bf. gab es nicht nur in ihrem gegenständlichen Rechtsgeschäftsgebührenfall für das Pokerturnier, das nur ein paar Tage dauerte, sondern bereits vor dem Jahr 2010 die Rechtsgeschäftsgebührenpflicht von Kartenpokerspielen bestätigende Judikatur, wobei allerdings zentrales Moment die Vorfrage war, ob dem Kartenpokerspiel die Glücksspieleigenschaft zukommt, oder nicht:

Bereits 1994 vertrat das Finanzamt die Rechtsansicht, dass durch fortgeführt veranstaltete Kartenpokerspiele der Tatbestand des § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF verwirklicht wurde, was durch die Berufungsentscheidung der früheren Rechtsmittelinstanz (Finanzlandesdirektion) bestätigt wurde. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab.

„…. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu den geltend gemachten Grundrechten (vgl. etwa VfSlg. 11.942/1988, 12.165/1989) und angesichts der grundsätzlich bestehenden rechtspolitischen Freiheit des Gesetzgebers, Instrumente des Abgabenrechts einzusetzen, um für unerwünscht erachteten Entwicklungen gegenzusteuern (vgl. VfSlg. 9750/1983) lässt ihr Vorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen …. als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie …. keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.“

Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis die (erste) Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Mit Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof die (zweite) Berufungsentscheidung ebenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. In der (dritten) Entscheidung , kam der UFS zu dem Ergebnis, dass das Kartenpokerspiel (Seven Card Stud Poker) infolge seiner Glücksspieleigenschaft der Rechtsgebühr unterliegt. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit , die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab:

Die vorliegende Beschwerde entspricht in allen hier wesentlichen Belangen der zu B 220/95 protokollierten Beschwerde der … [Bf.] … gegen den im ersten Rechtsgang erlassenen Bescheid. Es genügt daher auf die Begründung der diesbezüglichen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes  …. zu verweisen. Ergänzend wird bemerkt, dass …. aus dem Hinweis auf die Gebührengesetz-Novelle BGBl. 1996/797 für die behauptete Gleichheitswidrigkeit der im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtslage (Gebührenfestsetzung für den Zeitraum von 1. Jänner bis ) von vorneherein nichts zu gewinnen ist….“

Damit bestätigte der Verfassungsgerichtshof im Jahr 1995 und im Jahr 2006 die Rechtsgeschäftsgebührenpflicht. Der Verwaltungsgerichtshof hob Entscheidungen wegen Formalfehlern auf, aber vertrat keine andere Judikaturlinie, denn m it Erkenntnis , zu „Übertretung des Glücksspielgesetzes“ bestätigte der Verwaltungsgerichtshof die Glücksspieleigenschaften des Kartenpokerspiels (Seven Card Stud Poker, Texas Hold'Em und Five Card Draw). Damit war nach der höchstgerichtlichen Judikatur klar, dass Kartenpokerspiel als „Glücksspiel (§ 1 Abs. 1 GSpG)“ die Rechtsgeschäftsgebühr auslöst, wenn es von einem Veranstalter, der an den Spielverträgen der Spieler untereinander nicht beteiligt ist, angeboten und organisiert wird. Der vormalige Unabhängige Finanzsenat entschied, dass infolge ihrer Glücksspieleigenschaft weitere Varianten von Kartenpokerspielen der Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG unterliegen. (, RV/1338-W/05, RV/1662-W/06, RV/1663-W/06, RV/1664-W/06, RV/1665-W/06, RV/1666-W/06, RV/1667-W/06, RV/1668-W/06, RV/1669-W/06). In Bezug auf vorliegendes Nachsichtsansuchen bemerkt das Bundesfinanzgericht, dass diese Verfahren zwar nicht die Bf., jedoch eine andere Unternehmung der ****** -Gruppe mit demselben Geschäftsführer betrafen (*VORGÄNGERGESELLSCHAFT* ) . Die Bf. kann sich nicht darauf berufen, dass ihr diese Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes nicht bekannt waren, dass die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgeschäftsgebühren/Glücksspielabgaben nicht geklärt ist und auch nicht, dass bei ihr ein vom Gesetz nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt.

In den Jahren 2006 und 2007 bestand jedenfalls eine Rechtsprechung, wonach die Veranstaltung und Organisation von Kartenpokerspielturnieren die Rechtsgeschäftsgebühren für den Veranstalter auslöst. (, , RV/1338-W/05, RV/1662-W/06, RV/1663-W/06, RV/1664-W/06, RV/1665-W/06, RV/1666-W/06, RV/1667-W/06, RV/1668-W/06, RV/1669-W/06).

Es ist anzunehmen, dass die Organisation dieses Kartenpokerturniers Ende Oktober 2010, was die Planung und Logistik anbelangt, eine Vorlaufzeit von mindestens einem Jahr in Anspruch nehmen kann (evtl. seit 2008/2009). Zu untersuchen ist, ob in diesem Zeitraum die Bf. im Vertrauen auf eine „andere“ Rechtsprechung das Kartenpokerspielturnier ohne Einplanung der Rechtsgeschäftsgebühren planen und organisieren konnte.

In den Jahren 2008 bis 2010 gab es keine Judikatur zur Rechtsgeschäftsgebührenpflicht von Kartenpokerspiel, in diesen Zeitraum fällt aber der Gesetzwerdungsprozess der Glücksspielgesetzänderungen des Jahres 2010:

Im November 2008 wurde der Ministerialentwurf 2008, 3/ME 24. GP mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008 im Parlament eingebracht und im Dezember 2008 zur Begutachtung versendet. In dieser ursprünglichen Glücksspielgesetz-Novelle 2008, die erst 2010 in modifizierter Form als Gesetz beschlossen wurde, hieß es, „ Durch die beispielhafte Aufzählung von bestimmten Arten des Glücksspiels in Abs. 2 soll ua der höchstgerichtlichen Judikatur Rechnung getragen werden, die Poker und andere Spiele als Glücksspiele bestätigt hat (VwGH 2000/17/0201 vom ).“ ( 3/ME 24. GP  6). Es war bereits die Überführung der Rechtsgeschäftsgebühren für Glücksspiele als Glücksspielabgaben (damals noch „Lotterieabgabe“) in das Glücksspielgesetz geplant: „Konzessionsloses Durchführen von Poker und anderen Ausspielungen …. 16% Glücksspielabgabe vom Einsatz.“ ( 3/ME 24. GP 4). Dieser Ministerialentwurf fand auch in der Literatur seinen Niederschlag (Fellner, Neuordnung des Glücksspielwesens in Sicht. Umfassende Novellierung der verwaltungs- und abgabenrechtlichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes geplant, SWK 34/35/2008 T 199).

Die bisherige Linie wurde von der Gesetzgebung vor dem von der Bf. veranstalteten Kartenpokerturnier im Oktober 2010 beibehalten: I m April 2010 wurden überarbeitete Entwürfe dem Parlament vorgelegt, die Novelle, die zu BGBl. I 2010/54 führte, wurde am vom Nationalrat beschlossen. Nach den Allgemeinen Zielsetzungen sollte laut RV 658 BlgNR 24. GP mit der Novelle BGBl. I 2010/54 der Gesetzestext auch höchstgerichtliche Judikatur stärker reflektieren. Der höchstgerichtlichen Judikatur wurde Rechnung getragen, die Poker und andere Spiele als Glücksspiele bestätigt hat (). (besonderer Teil zu § 1 GSpG). Es genügt, dass der mitwirkende Unternehmer nicht selbst die Gewinne stellt, sondern nur die Kartenspieler gegeneinander spielen, der Unternehmer aber an der Durchführung des Spiels veranstaltend/organisierend/anbietend mitwirkt. Die Veranstaltung/Organisation/das Angebot kann sich beispielsweise durch Mischen und Teilen der Karten, Festlegung von Spielregeln, Entscheidung von Zweifelsfällen, Bewerbung der Möglichkeit zum Spiel, Bereitstellen von Spielort, Spieltischen oder Spielpersonal äußern. (Zu § 2 und § 60 Abs. 24 GSpG).

Die Glücksspielgesetznovelle BGBl. I 2010/54, die in Bezug auf die Rechtsgeschäftsgebühren für das Jahr 2010 keine Änderungen bewirkte, wurde am im Bundesgesetzblatt kundgemacht. Die Bf. veranstaltete das Kartenpokerspielturnier Ende Oktober 2010.

Zieht man die Vorlaufplanung von mindestens einem Jahr für ein Kartenpokerspielturnier dieser Dimension in Betracht, kann sich die Bf. auch nicht darauf stützen, dass sie im Vertrauen auf eine Rechtsprechung bedeutsame Maßnahmen setzte, da es ausschließlich die Rechtsgeschäftsgebührenpflicht von Kartenpokerspiel bestätigende Judikatur gab und sich die parlamentarischen Materialien im Rahmen des Gesetzwerdungsprozesses der Glücksspielgesetznovelle 2008 auf die diesbezügliche Judikatur stützten (), bzw. durch die Überführung der betreffenden Rechtsgeschäftsgebühren in die Glücksspielabgaben keinen Zweifel daran aufkommen ließen, dass das Kartenpokerspiel den Rechtsgeschäftsgebühren unterliegt, auch wenn der Veranstalter an den Spielverträgen der Spieler nicht beteiligt ist.

Das Finanzamt erließ am den Rechtsgeschäftsgebührenbescheid, der im Rechtsmittelweg bestätigt wurde (). Die Höchstgerichte lehnten die Behandlung der von der Bf. erhobenen Beschwerde ab. (; ; ausführlich siehe Punkt 1.1. des vorliegenden Erkenntnisses). Der Verwaltungsgerichtshof stellte im Beschluss fest, dass von seiner Rechtsprechung seitens der belangten Behörde nicht abgewichen worden sei. ( )

Zwischen Bescheiderlassung durch das Finanzamt und Berufungsentscheidung ergingen die Berufungsentscheidungen -I/10, und -I/10, nach welchen das Kartenspiel Poker und die Spielvariante Texas Hold'em Poker aufgrund ihrer Glücksspieleigenschaft der Rechtsgebühr unterliegen und die sich auf die bereits zitierte Judikatur des UFS stützten, nämlich , sowie auf , RV/0369-W/02 „nachzulesen in http://findok.bmf.gv.at“.

Der Bf. ist entgegenzuhalten, dass nicht nur in ihrem Rechtsgeschäftsgebührenfall für das mehrtägige Pokerturnier, sondern dass seit 2011/2013 weitere die Rechtsgeschäftsgebühren bzw. deren „Nachfolger“, die Glücksspielabgaben, bestätigende Judikatur ergangen ist. So hat zu den Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG bzw. Glücksspielabgaben der Verfassungsgerichtshof etliche Ablehnungsbeschlüsse gefasst und gibt es zu Kartenpokerspiel eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes:

Das Bundesfinanzgericht und entschied, dass das Kartenpokerspiel in der Variante Texas Hold’em und Omaha Hold’em sowohl als Cashgame als auch in Turnierform der Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG idF vor dem unterliegt. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerden lehnte der Verfassungsgerichtshof , E 1788/2014 ab, da die Vorschreibung einer Gebühr in Höhe von 25% des versprochenen Gewinns eines von einem Veranstalter angebotenen oder organisierten Glücksspiels weder unverhältnismäßig noch unsachlich sei und im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liege. (vgl. ).

Mit zu  G/11, RV/0743 G/11, RV/0744 G/11, RV/0745 G/11, RV/0746 G/11 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung von Beschwerden betreffend Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG für im Zeitraum vom 1. August bis in Turnierform veranstaltete Kartenpokerspiele der Variante "Texas Hold'em" ab. Mit wies der Verwaltungsgerichtshof die Revisionen zu dem Vorbringen, „es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über die Glücksspieleigenschaft von Poker und seinen Varianten im Zeitraum vom Inkrafttreten der Glücksspielgesetz-Novelle 2008 (GSpG-Novelle 2008) bis ;“ zurück. „Mit der GSpG-Novelle 2008 hat der Gesetzgeber das Pokerspiel dem Glücksspiel zugeordnet …. und es wurde diese Frage abschließend durch das Gesetz gelöst, …. Angesichts dieser - durch die GSpG-Novelle 2008 geschaffenen - klaren und eindeutigen Rechtslage über die Glücksspieleigenschaft von Poker (vgl. auch den hg. Beschluss vom , 2012/16/0188, mit dem die Behandlung einer der vorliegenden Revision vergleichbaren Beschwerde gemäß § 33a VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012 abgelehnt wurde) liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor …. .“

Die Bf. bringt weiters vor, dass in ihrem Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis deshalb eintritt, weil § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG idFv auf nach dem Glücksspielgesetz konzessionierte Unternehmungen, nämlich Spielbanken, keine Anwendung habe. Auch damit hat sich die Judikatur befasst.

Nach der Entscheidung erfüllte das Kartenpokerspiel die Voraussetzungen der von § 57 Abs. 1 GSpG geforderten „Ausspielung“, das Anbieten der konkreten Spielmöglichkeiten in den Räumlichkeiten machte die Anbietende zum Unternehmer iSd § 2 Abs. 2 GSpG. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde ab, da es grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liege, wenn er das Pokerspiel dem Regime des Glücksspielgesetzes unterwirft. Auch die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG überschreite nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ( ). Aufgrund der Sukzessivbeschwerde nach sind bei Anwendung der "alten" Rechtslage für das Anbieten von Kartenpokerspielen Rechtsgeschäftsgebühren gemäß "§ 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG" zu zahlen gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof verwies diesbezüglich auf seinen . In der Steuerbelastung konnte der Verwaltungsgerichtshof eine exzessive Steuerbelastung nicht erkennen, die Anbieterin muss die Kartenpokerspiele so organisieren, dass die Glücksspielabgabe entrichtet werden kann ( Rn 35, 36). Die Befreiung von der Glücksspielabgabe für konzessionierte Spielbanken wird damit begründet, dass Doppelbesteuerungen ausgeschlossen werden ( Rn 18). Das Verhältnis der Glücksspielabgabe zum Jahresumsatz und Jahresergebnis der Anbieterin sind unternehmerische Parameter, die kein Kriterium für die Glücksspielabgabenbesteuerung für Kartenpokerspiel außerhalb von Spielbanken darstellen ( Rn 36). Für die Beschwerdesache der Bf. ist diese Judikatur auch deshalb bedeutend, weil diese eine andere Unternehmung der ******- Gruppe (****GESELLSCHAFT*b*) betraf.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit E  820/2015 die Behandlung der Beschwerde gegen die Entscheidung ab, die die Glücksspielabgabenpflicht gemäß § 57 Abs. 1 GSpG des Kartenpokerspiel als Cashgame oder in Turnierform, sowie von Surrender als Black Jack-Variante bestätigte.

Mit , E 1756/2016 ( und ) lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerden betreffend Glücksspielabgabenpflicht für veranstaltetes Kartenpokerspiel ab, weil diese nicht die Erwerbsausübungsfreiheit verletzen. Wenn der Steuergesetzgeber im öffentlichen Interesse liegende Ziele durch eine Erhöhung der Abgabenbelastung erreichen möchte und damit eine Verminderung der Rentabilität einhergehen kann, führt das nicht zu einem unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich verbürgte Rechtspositionen. Die Glücksspielabgaben können mit der Spielbankabgabe nicht verglichen werden, weil die Spielbankkonzessionäre weitgehende Verpflichtungen, wie Spielerschutz, Geldwäscherichtlinien, Tragung der Kosten der staatlichen Aufsicht und Kontrolle gemäß § 31 GSpG treffen und sie neben der Spielbankabgabe einen Finanzierungsbeitrag gemäß § 1 Abs. 4 GSpG zu leisten haben. Für die Beschwerdesache der Bf. ist diese Judikatur auch deshalb bedeutend, weil diese eine andere Unternehmung der ******- Gruppe (****GESELLSCHAFT*b*) betraf.

Die Bf. kann sich nicht darauf berufen, dass zwischen der Vornahme der rechtsgeschäftsgebührenrelevanten Disposition durch sie, nämlich der Planung und Organisation des Kartenpokerspielturniers mit Vorlauf vielleicht seit 2008/2009, und der Bescheiderlassung bzw. Entrichtung der Selbstbemessungsabgabe eine Änderung der Rechtsprechung eingetreten ist. Man kann auch nicht sagen, dass die Bf. im Vertrauen auf eine „andere“ Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt hat, da es seit 1995 ( ) bis dato keine „andere“ Rechtsprechung gibt.

Der Bf. wird darin Recht gegeben, dass nach der GSpG-Novelle 2010 Pokercasinos der Besteuerung von Spielbanken gleichgestellt wurden, doch findet das auf die Bf. keine Anwendung, weil sie keine Konzession zum Betrieb einer Spielbank als Pokersalon gemäß § 22 GSpG idFv StRefG 2015/16 BGBl. I 2015/118 besaß.

Die Bf. kann auch nicht behaupten, dass in ihrem Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis deshalb eintritt, weil § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG idFv auf nach dem Glücksspielgesetz konzessionierte Unternehmungen keine Anwendung habe. § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG letzter Absatz lautete nämlich, dass von der Gebührenpflicht nach Z 7 Glücksspiele, für die Abgaben gemäß § 28 GSpG zu entrichten sind, ausgenommen sind. Das bedeutet, dass Spielbanken zwar nicht rechtsgeschäftsgebührenpflichtig waren, aber dafür die Spielbankabgabe gemäß § 28 GSpG zu entrichten haben, es handelt sich um eine Vermeidung der Doppelbesteuerung (Fortsetzung dieser Regelung bei den Glücksspielabgaben; Rn 18), wobei die Jahresbruttospieleinnahmen kein Kriterium für die Glücksspielabgabenbesteuerung für Kartenpokerspiel außerhalb von Spielbanken darstellen ( Rn 36). Die Glücksspielabgaben – das gilt auch für die durch die Glücksspielabgabe ersetzten Rechtsgeschäftsgebühren - können mit der Spielbankabgabe nicht verglichen werden, weil die Spielbankkonzessionäre über die Steuerpflicht hinaus viele weitere Verpflichtungen trifft. (, E 1756/2016). „Im Vergleich mit den Spielbankbetreibern“ kann daher das Bundesfinanzgericht für die Bf. keine anormale Belastungswirkung ausmachen.

Zusammenfassend liegt im Fall der Bf. keine sachliche Unbilligkeit gemäß § 3 der VO BMfF betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II 435/2005 vor, da die gegenständliche Vorschreibung der Rechtsgeschäftsgebühren für von der Bf. veranstaltete Kartenpokerspielturniere von den Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht. Die Bestimmung verlangt eine „Rechtsauslegung“, die auch in Ablehnungsbeschlüssen des Verfassungsgerichtshofes erfolgen kann, da diese nach Pfau, Das Bundesfinanzgericht als Antragsteller im Normenprüfungsverfahren, ÖStZ 2014/566, 349 ein starkes Indiz für die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG bzw. der Glücksspielabgaben gemäß §§ 57 ff GSpG sind.

Bei der Bf. liegt, was auch die ständige Judikatur zu den Rechtsgeschäftsgebühren/Glücksspielabgaben zeigt, keine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung vor, dass in ihrem Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung, und verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Die Rechtsgeschäftsgebührensituation der Bf. ergibt sich daher aus der Gesetzeslage und der ständigen Judikatur dazu und nicht aus einer extensiven Interpretation der Behörden in Bezug auf die Ermittlung der Bemessungsgrundlage. Entgegen der Ansicht der Bf. hat ihre Rechtsgeschäftsgebührenpflicht als Veranstalterin des gegenständlichen Kartenpokerspielturniers nicht seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf, der auf eine von der Bf. nicht beeinflussbaren Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, sondern es war ihr – als Unternehmung der ****** -Gruppe – seit 1993, unterstützt durch die ständige Judikatur der Höchstgerichte und des Bundesfinanzgerichtes bzw. des Unabhängigen Finanzsenates, bekannt, dass sie als Veranstalterin in der genannten Höhe rechtsgeschäftsgebührenpflichtig ist. (vgl. ; Fischerlehner, Abgabenverfahren2 § 236 Anm 5). Es gibt keine „andere“, die Rechtsgeschäftsgebühr verneinende Judikatur, auf die die Bf. hätte vertrauen können, als sie das Pokerturnier plante und organisierte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigen Einbußen an vermögenswerten Interessen, die mit Abgabenleistungen, - wie im vorliegenden Fall – allgemein verbunden sind und die jeden gleich berühren können, der einen Steuertatbestand solcherart verwirklicht, eine Maßnahme nach § 236 BAO noch nicht. (; ).

Das Bundesfinanzgericht sieht angesichts der vorhandenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung im Fall der Bf. keine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, durch die gerade bei ihr als Einzelfall bei Anwendung der Rechtsgeschäftsgebühren auf das Kartenpokerspielturnier ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt.

4.2. Persönliche Unbilligkeit

Persönliche Unbilligkeit ist anzunehmen, wenn die Einhebung der Abgabe, also die Einziehung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, insbesondere das Vermögen und das Einkommen des Abgabenschuldners in besonderer Weise unverhältnismäßig beeinträchtigen würde. Die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit liegt in der Existenzgefährdung. Diese müsste gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend mitverursacht sein. Die Abstattung der Abgabenschulden muss mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden sein, die außergewöhnlich sind, in ihren wirtschaftlichen Folgen atypisch und schwerwiegend sind und geradezu die Lebensfähigkeit der Person des Abgabepflichtigen gefährden. (Stoll, BAO-Kommentar 2430-2431 und die dort angegebene Judikatur). Die Unbilligkeit der Einhebung ist fallbezogen zu verstehen, die Unbilligkeit wird vom Gesetz nicht als abstrakter Standardwert normiert, sondern ist als einzelfallbedingte persönliche Beschwer gedacht, die überdies nicht isolierend auf den Einzelfall bezogen zu verstehen ist, sondern auch unter Bedachtnahme auf alle Abgabepflichtigen in gleichartigen Situationen. (Stoll, BAO-Kommentar 2432 und die dort angegebene Judikatur).

In ihrer Beschwerde bringt die Bf. vor, dass sie grundsätzlich ein wirtschaftlich stabiles und erfolgreiches Unternehmen darstelle (als ****** -Gruppe). Die persönliche Unbilligkeit für sie würde sich ausschließlich aus der „exorbitanten Vorschreibung der Gewinnstgebühren für nur wenige Tage“ ergeben, wodurch sie in den Ruin getrieben würde. Durch die Gebühr würde die Existenz der Bf. zerstört, der Konkurs der Gesellschaft wäre unausweichlich. Diesem Beschwerdevorbringen entspricht auch die Darstellung der Bf. in den Jahresabschlüssen 2010 bis 2015 im Firmenbuch FN ****x2**** .

Weiters bringt die Bf. vor, dass (nicht nur die Bf., sondern insgesamt) das Unternehmen der „******“ bereits durch eine Veräußerung des gesamten Anlage- und Umlaufvermögens zerschlagen wäre und seinen Betrieb nicht mehr fortführen und keinerlei Einnahmen mehr lukrieren könnte. Nicht nur für die Bf. würden Nachteile entstehen, sondern auch für die Dienstnehmer der Bf., die ihren Arbeitsplatz verlieren würden, sowie für die Verpächter und Geschäftspartner, die dadurch ebenfalls mit Gewinnentgang konfrontiert würden.

Der Bf. ist zu entgegnen, dass im Verfahren betreffend Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG festgestellt wurde, dass die Bf. die Veranstalterin dieses Turniers in Wien war, jedoch die für den Spielbetrieb notwendigen Personen (Floorman, Dealer) bei einer anderen Unternehmung der ******- Gruppe, bei der ****GESELLSCHAFT*b* beschäftigt sind und der Bf. im Rahmen einer Personalbereitstellung zur Verfügung gestellt wurden (ausführlich ‑W/11). Die Einsicht in das Firmenbuch bestätigte dies, bei der Bf. waren/sind keine Dienstnehmer beschäftigt (FN ****x2****).

Nach Ansicht der Bf. wurde ihre Existenzgefährdung gerade durch die Einhebung der Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG für das Kartenpokerspielturnier entscheidend mitverursacht.

Dazu wird der Bf. entgegengehalten, dass die Notwendigkeit, Vermögenswerte – und sei es auch Grundvermögen – zur Abgabenentrichtung heranzuziehen, für sich die Abgabenentrichtung noch nicht unbillig erscheinen lässt (). Nur wenn etwa die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt (Vorsorge für die Abgabenentrichtung) allein durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung nach den Gegebenheiten des Falles einer Vermögensverschleuderung gleichkäme, könnte darin eine Unbilligkeit der Einhebung gegeben sein. (Stoll, BAO-Kommentar 2433 und die dort angegebene Judikatur).

Zu untersuchen ist, ob der Bf. die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt allein durch Veräußerung des gesamten Anlage- und Umlaufvermögens möglich wäre.

Die Bf. bringt sowohl im Nachsichtsansuchen, als auch in der Berufung/Beschwerde vor, dass sie in die Spielverträge der Spieler nicht eingebunden sei, mangels Teilnahme am Spiel habe sie weder Gewahrsame an den Einsätzen der Spieler noch würden Gewinne aus diesen Einsätzen an sie ausbezahlt.

Im gegenständlichen Fall hätte die Bf. aber Vorsorge für die Abgabenentrichtung treffen müssen. Wie das Finanzamt im Nachsichtsabweisungsbescheid zutreffend feststellte, hatte der Verfassungsgerichtshof im B 1357 (zu ) die Bf. darauf hingewiesen, dass sie selbst es in der Hand habe, Vorkehrungen für die Entrichtung der Abgabenschuld zu treffen. In einem Glücksspielabgabenverfahren (=Nachfolger der Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG) einer anderen Unternehmung der ****** -Gruppe legte der Verwaltungsgerichtshof erst kürzlich fest, dass die Anbieterin die Kartenpokerspiele so organisieren muss, dass die Glücksspielabgabe entrichtet werden kann ( Rn 35, 36). Das gilt auch für die gegenständlichen Rechtsgeschäftsgebühren. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt im Rechtsgeschäftsgebührenfall und dem Vorlagebericht des Finanzamtes ergibt, wurden von der Bf. dem Finanzamt im Rahmen der Nachschau gemäß § 144 BAO Unterlagen über die veranstalteten 19 Turnierspiele vorgelegt, aus denen die Anzahl der Spielteilnehmer, die Höhe der geleisteten Einsätze, die Anzahl der Gewinnränge und die Höhe der Gewinste der Glückspiele hervorging. „Die Einsätze pro Teilnehmer betrugen zwischen 220 Euro und 10.300 Euro. Die „Bf.“ erhielt als Entgelt bei den Turnieren das jeweilige entry-fee laut Spielplan. Das sind pro Teilnehmer/Spiel zwischen 20 Euro und 300 Euro.“ Mit E-Mail vom reichte die Bf. eine Berichtigung dieser Aufstellungen nach. Am meldete die Bf. unter Zugrundelegung der Bemessungsgrundlage von ********* Euro eine Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG in Höhe von 948.043,83 Euro und ersuchte um bescheidmäßige Festsetzung. Die Vorsorge für die Abgabenentrichtung wäre daher für die Bf. zumutbar gewesen und sie hätte das Kartenpokerturnier so organisieren können, dass die Rechtsgeschäftsgebühren entrichtet werden können. Die Bf. kann sich nicht darauf zurückziehen, dass sie die Gebühren nicht bezahlen müsse, weil ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis in ihrem Fall vorliege.

Dem Finanzamt wird daher zugestimmt, wenn es im Vorlagebericht zu diesem Vorbringen der Bf. entgegenhält, dass die Bf. in keinster Weise erläutert hat, weshalb sie keinerlei Vorkehrungen für die Entrichtung der Gebührenschuld getroffen hat.

Dazu kommt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes noch etwas: Nachteile, Verluste, Vermögenseinbußen, mit denen jeder rechnen muss, der sich wirtschaftlich betätigt, insbesondere solche Verluste, die im Rahmen des gewöhnlichen Unternehmerwagnisses liegen, machen die Einhebung nicht unbedingt unbillig, auch wenn die einzuhebende Abgabe mit Sachverhalten verbunden ist, die später zu Vermögensminderungen oder Verlusten führen. Die Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben führt nicht zur Unbilligkeit, wenn die wirtschaftliche Hoffnung, welche mit dem abgabenauslösenden Geschäft verbunden wurde fehlschlägt. Das gilt insbesondere, wenn die Erhebung einer Abgabe an das Zustandekommen eines Rechtsgeschäftes anknüpft (z.B. Gebühren, Verkehrsteuern), aber der Zweck des Rechtsgeschäftes vereitelt wurde, oder das Geschäft in der Folge einen anderen Verlauf nimmt, sich überhaupt zerschlägt und daraus Verluste resultieren. (Stoll, BAO-Kommentar 2433-2434 und die dort angegebene Judikatur).

Nach dem Berufungsvorbringen in ihrer Rechtsgeschäftsgebührenangelegenheit gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG hoffte die Bf., dass das Kartenpokerspiel vom Glücksspielgesetzgeber nicht als Glücksspiel, sondern als Geschicklichkeitsspiel eingestuft würde, womit das Anbieten von Kartenpokerspiel nicht unter § 1 Abs. 1 GSpG gefallen und damit von den Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG nicht erfasst worden wäre. (). Diese Hoffnung der Bf. ist nach der bisherigen Judikatur und der Gesetzgebung (z.B. § 1 Abs. 2 GSpG) nicht in Erfüllung gegangen. Das Fehlschlagen dieser wirtschaftlichen Hoffnung der Bf., welche mit der Durchführung des Kartenpokerturniers, das die Rechtsgeschäftsgebühren auslöste, verbunden wurde, führt aber im Fall der Bf. nicht zu einer persönlichen Unbilligkeit der Entrichtung der Rechtsgeschäftsgebühren.

Die Unbilligkeit ist eine tatbestandsmäßige Voraussetzung, da im Fall der Bf. sowohl die persönliche als auch die sachliche Unbilligkeit verneint wurde, ist für eine Ermessensentscheidung, eine Nachsicht zu gewähren oder nicht, kein Raum mehr.

4.3. Erhöhte Mitwirkungspflicht des Nachsichtswerbers

Das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast liegt – da es um die Unbilligkeit der Einhebung nach der „Lage des Falles“ geht - beim Nachsichtswerber, ihn trifft eine erhöhte Mitwirkungspflicht (; , 97/14/0091; ; Stoll, BAO-Kommentar, 2422-2423). Die Bf. hat „einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann“. Es sind nur die von der Bf. geltend gemachten Gründe zu prüfen. (Fischerlehner, Abgabenverfahren2 § 236 Anm 1 unter Verweis auf ).

Im Nachsichtsansuchen schrieb die Bf.: „Sollte die Behörde weitere Unterlagen benötigen zum Beweis dafür, dass im Fall der ****** die persönliche Unbilligkeit gegeben ist, ersuchen wir um diesbezügliche Bekanntgabe und werden wir die gewünschten Unterlagen so rasch als möglich diesem Antrag nachreichen.“

Das Angebot der Bf., weitere Unterlagen vorlegen zu wollen, wenn die Behörde diese zum Beweis ihrer (d.h. nach ihrer Formulierung eigentlich der ******- Gruppe) persönlichen Unbilligkeit benötige, ist nicht nur kein geltend gemachter Grund auf den eine Nachsicht gestützt werden kann, sondern auch keine Konkretisierung der „Lage ihres eigenen Falles“ für ein Nachsichtsansuchen. Beweise können nur zu einem konkreten Thema angeboten werden, wobei der „Beweis der persönlichen Unbilligkeit“ kein konkretes Thema und „Unterlagen“ kein konkretes Beweismittel ist. Beweise bei einem nur unbestimmten Vorbringen müssen nicht aufgenommen werden (; Fischerlehner, Abgabenverfahren2 § 183 Anm 5). Da die Bf. eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft, waren daher nur die bis dato geltend gemachten Gründe zu überprüfen.

5. Zusammenfassung

Die Bf., eine für Veranstaltungen wie Pokerturniere gegründete Gesellschaft der ****** -Gruppe, veranstaltete im Zeitraum vom *y1* bis *y2*.2010 in von ihr angemieteten Veranstaltungsräumlichkeiten ein Kartenpokerspielturnier.

Gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG in der Fassung vor dem BGBl. I 2010/54 unterliegen Glücksspiele (§ 1 Abs.1 GSpG), die von einem Veranstalter angeboten werden, einer Rechtsgebühr von 25 % vom Gewinn. Diese Rechtsgeschäftsgebühr fiel für den Abschluss der dem Kartenpokerturnier zugrundeliegenden Spielverträge für die Bf. als Veranstalter an. Für die als Selbstbemessungsabgabe bekanntgegebenen Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs.1 Z 7b GebG idFv erließ das Finanzamt über Antrag der Bf. am den Bescheid gemäß § 201 BAO und setzte die Rechtsgeschäftsgebühren in Höhe von 948.318,83 Euro fest. Im Rechtsmittelweg wurde dieser Bescheid bestätigt (), die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerden wurde abgelehnt. ( ; ). Der Verwaltungsgerichtshof gab dem Antrag auf aufschiebende Wirkung nicht statt. ( ).

Die Bf. beantragte mit Schreiben vom die Nachsicht der Rechtsgeschäftsgebühren in Höhe von 948.318,83 Euro wegen persönlicher und sachlicher Unbilligkeit. Die Bf. hat sich insbesondere auf die sachliche Unbilligkeit gestützt, dass es in ihrem Einzelfall, da sie an den Spielverträgen nicht beteiligt ist, zu einer anormalen Belastungswirkung kommt, und ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, vor allem im Vergleich zur Spielbankabgabe der Spielbankkonzessionäre .

Die Unbilligkeit der Einhebung der Abgabe nach der Lage des Falles kann eine persönliche oder sachliche sein. (z.B. ). Das Bundesfinanzgericht untersuchte in der 1. Stufe, ob eine Unbilligkeit vorliegt. (Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-Handbuch 692).

Die Bf. erfüllte die Merkmale des § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG, indem sie Ende Oktober 2010 ein Kartenpokerspielturnier anbot und organisierte. Die steuerrechtliche Folge war die Gebührenpflicht von 25% vom Spielgewinn. Aus der Formulierung des Gesetzestextes ergibt sich, dass die Bf. als Veranstalterin an den einzelnen Spielverträgen nicht beteiligt sein und die „Gebühr von ihr unbekannten Gewinnen“ entrichten muss. Da diese Rechtsgebühr jeder auslöst, der Kartenpokerspiele (-turniere) veranstaltet, kann bei der Bf. kein außergewöhnlicher Geschehensablauf, der, von der Bf. nicht beeinflussbar, eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Gebührenpflicht ausgelöst hat, verortet werden.

Zudem ergibt sich nach der ständigen Judikatur zu den Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG (bzw. den diesen nachfolgenden Glücksspielabgaben) , dass

- die Ausgestaltung der Rechtsgeschäftsgebühr/Glücksspielabgabe nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers überschreitet ( Beschlüsse ; ; , E 1788/2014; ),

- wenn der Steuergesetzgeber im öffentlichen Interesse liegende Ziele durch eine Erhöhung der Abgabenbelastung erreichen möchte und damit eine Verminderung der Rentabilität einhergehen kann, das nicht zu einem unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich verbürgte Rechtspositionen führt (, E 1756/2016; ),

- die Vorschreibung einer Gebühr in Höhe von 25% des versprochenen Gewinns eines von einem Veranstalter angebotenen oder organisierten Glücksspiels weder unverhältnismäßig noch unsachlich ist und im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt (, E 1788/2014),

- die Anbieterin die Kartenpokerspiele so organisieren muss, dass die Glücksspielabgabe/Rechtsgebühr entrichtet werden kann (; Rn 35, 36)

- veranstaltetes Kartenpokerspiel der Rechtsgeschäftsgebühr (jetzt Glücksspielabgaben) unterliegt ( Beschlüsse ; ; ; ; ; ; , RV/1338-W/05, RV/1662-W/06, RV/1663-W/06, RV/1664-W/06, RV/1665-W/06, RV/1666-W/06, RV/1667-W/06, RV/1668-W/06, RV/1669-W/06 -I/10; -I/10; -G/11; RV/0746-G/11 ; uvam) und

- die Rechtsgeschäftsgebühren mit der Spielbankabgabe nicht verglichen werden können, weil die Spielbankkonzessionäre über die Steuerpflicht hinaus viele weitere Verpflichtungen trifft. (, E 1756/2016; Rn 36).

Der im November 2008 im Parlament eingebrachte Ministerialentwurf 2008, 3/ME 24. GP (Glücksspielgesetz-Novelle 2008) „bestätigte“ diese Judikatur und wurde in modifizierter Form ein Vierteljahr vor dem von der Bf. veranstaltetem Turnier als BGBl. I 2010/54 beschlossen. Die Bf. kann sich nicht darauf berufen, dass zwischen der Planung und Organisation des Kartenpokerspielturniers vielleicht seit 2008/2009, und der Bescheiderlassung bzw. Entrichtung der Selbstbemessungsabgabe eine Änderung der Rechtsprechung eingetreten ist. Man kann daher nicht sagen, dass die Bf. im Vertrauen auf eine „andere“ Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt hat, da es seit 1995 () bis dato keine „andere“ Rechtsprechung gibt (vgl. ). Ein sachliche Unbilligkeit liegt nicht vor.

Obzwar nach dem Vorbringen der Bf. die Überschuldung gerade durch die Rechtsgeschäftsgebühren für das Kartenpokerspielturnier herbeigeführt wurde, kann eine persönliche Unbilligkeit im Fall der Bf. nicht darin erblickt werden, dass sie allenfalls Vermögenschaften für die Entrichtung der Abgabe veräußern muss, da sie vom Verfassungsgerichtshof in ihrem Rechtsgeschäftsgebührenverfahren darauf hingewiesen wurde, Vorkehrungen für die Entrichtung der Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG zu treffen. ( zu ). Die Vorsorge für die Entrichtung der Gebühren wäre daher für die Bf. zumutbar gewesen, eine persönliche Unbilligkeit liegt nicht vor.

Handelt es sich um Rechtsgeschäftsgebühren oder Verkehrsteuern, kann eine persönliche Unbilligkeit auch nicht daraus resultieren, dass eine wirtschaftliche Hoffnung fehlschlägt: Nach dem Berufungsvorbringen in ihrer Rechtsgeschäftsgebührenangelegenheit gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG hoffte die Bf., dass das Kartenpokerspiel vom Glücksspielgesetzgeber nicht als Glücksspiel, sondern als Geschicklichkeitsspiel eingestuft würde, womit das Anbieten von Kartenpokerspiel nicht unter § 1 Abs. 1 GSpG gefallen und damit von den Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG nicht erfasst worden wäre. (). Diese Hoffnung der Bf. ist nach der bisherigen Judikatur und der Gesetzgebung (z.B. § 1 Abs. 2 GSpG) nicht in Erfüllung gegangen. Das Fehlschlagen dieser wirtschaftlichen Hoffnung der Bf., welche mit der Durchführung des Kartenpokerturniers, das die Rechtsgeschäftsgebühren auslöste, verbunden wurde, führt aber im Fall der Bf. nicht zu einer persönlichen Unbilligkeit der Entrichtung der Rechtsgeschäftsgebühren.

Da das Vorliegen einer Unbilligkeit vom Bundesfinanzgericht im Fall der Bf. verneint wurde, ist für die 2. Stufe, die Ermessensentscheidung, eine Nachsicht zu gewähren oder nicht, kein Raum mehr. (Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-Handbuch 692).

6. Schlussfolgerung

Die Gebührenpflicht von 25% der Spielgewinne für ein Kartenpokerspielturnier, das von der Bf. als Veranstalterin im Oktober 2010 organisiert und angeboten wurde, begründet keine sachliche Unbilligkeit, da bei der Bf. kein außergewöhnlicher Geschehensablauf vorliegt, der, von der Bf. nicht beeinflussbar, eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Gebührenpflicht ausgelöst hat. Zieht man die Vorlaufplanung von mindestens einem Jahr für ein Kartenpokerspielturnier dieser Dimension in Betracht, kann sich die Bf. nicht darauf stützen, dass sie im Vertrauen auf eine „andere“, die Rechtsgeschäftsgebühr verneinende Judikatur, das Kartenpokerspiel ohne Einplanung der Rechtsgeschäftsgebühr organisierte, da es ausschließlich die Rechtsgeschäftsgebührenpflicht von Kartenpokerspiel bestätigende Judikatur gab und sich die parlamentarischen Materialien im Rahmen des Gesetzwerdungsprozesses der Glücksspielgesetznovelle 2008 auf die diesbezügliche Judikatur stützten, bzw. durch die Überführung der Rechtsgeschäftsgebühren in die Glücksspielabgaben keinen Zweifel daran aufkommen ließen, dass das Kartenpokerspiel den Rechtsgeschäftsgebühren unterliegt, auch wenn der Veranstalter an den Spielverträgen der Spieler nicht beteiligt ist. Eine persönliche Unbilligkeit liegt ebenfalls nicht vor, da die Bf. vom Verfassungsgerichtshof in ihrem Rechtsgeschäftsgebührenverfahren darauf hingewiesen wurde, Vorkehrungen für die Entrichtung der Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG zu treffen. ( zu ). Die Vorsorge für die Entrichtung der Gebühren wäre daher für die Bf. zumutbar gewesen.

Die Gebührenpflicht für ein Kartenpokerspielturnier gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG idFv begründet daher für die Bf. weder eine sachliche, noch eine persönliche Unbilligkeit, die eine Nachsicht rechtfertigen würde.

Aus all diesen Gründen war der Beschwerde der Erfolg zu versagen. Der Bescheid, mit welchem das Finanzamt das Nachsichtsansuchen abwies, bleibt aufrecht.

7. Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Erkenntnis der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, bzw. sich die Rechtsfolgen aus der Gesetzeslage ergeben, ist die Revision unzulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




























-I/10
-I/10




, E 1788/2014






, E 1756/2016




ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7100382.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at