Stundung wegen behaupteter Verfassungswidrigkeit der Glücksspielabgabe
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch R über die Beschwerde der X.GmbH, Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Steuernummer 123, betreffend die Abweisung von Zahlungserleichterungsansuchen zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine im Jahr 2008 errichtete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die einen Pokersalon betreibt. Die Bf. selbst ist an den Spielen nicht beteiligt und hat keinen Anteil am Spielgewinn oder den Einsätzen. Sie stellt gegen Entgelt ("Tischgeld") ihre Räumlichkeiten sowie das Personal zur Verfügung.
Die Bf. meldete dem Finanzamt für die Monate 12/2013 bis 02/2017 die Glücksspielabgabe nach §§ 57 GSpG und stellte gleichzeitig Stundungsanträge gemäß § 212 BAO.
Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel wies mit dem Bescheid vom die Ansuchen der Beschwerdeführerin (Bf.) vom , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , und um Bewilligung einer Zahlungserleichterung für die Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten in der Höhe von insgesamt 20.852.734,77 Euro ab.
ln den Ansuchen werde ohne weitere Ausführungen vorgebracht, dass die sofortige Entrichtung mit erheblichen Härten für die Abgabepflichtige verbunden wäre. Eine Prüfung, ob die gesetzlich geforderten Voraussetzungen für eine Bewilligung der Zahlungserleichterungen vorliegen, sei daher nicht möglich.
In der gegen den Abweisungsbescheid eingebrachten Beschwerde vom brachte die Bf. auszugsweise vor:
Die Übergangsbestimmung des § 60 Abs. 33 GSpG besagte ab , dass § 2 Abs. 4 GSpG auf Pokerangebote auf Grundlage einer gewerberechtlichen Bewilligung, die zum aufrecht war, ab anzuwenden ist.
Mit BGBl I 2015/118, wirksam ab , wurde § 60 Abs. 33 GSpG aufgehoben und durch § 60 Abs. 36 GSpG ersetzt. Nach letztgenannter Bestimmung ist § 2 Abs. 4 GSpG auf Pokerangebote auf Grundlage einer gewerberechtlichen Bewilligung, die zum aufrecht war, ab anzuwenden.
Die Wirksamkeit der Übergangsbestimmung sei durch den Gesetzgeber somit um drei Jahre verlängert worden.
Konkret bedeute die Übergangsbestimmung, dass bis keine Ausspielung oder keine verbotene Ausspielung vorliege, wenn zum eine gewerberechtliche Bewilligung aufrecht gewesen sei.
Die Bf. habe mit Wirksamkeit vom eine Gewerbeberechtigung für das "Halten von erlaubten Kartenspielen, bei denen der Spielerfolg nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig ist, ohne Bankhalter" inne, weshalb die Voraussetzung erfüllt sei.
Gemäß § 57 Abs. 1 GSpG unterliegen Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, der Glücksspielabgabe. Die Abgabepflicht setze somit zwingend das Vorliegen einer Ausspielung voraus.
Verboten sei eine Ausspielung, wenn weder eine Konzession noch eine Berechtigung noch eine Ausnahme nach dem GSpG vorliege. Aus § 57 Abs. 6 im Zusammenhang mit § 2 Abs. 4 GSpG ergebe sich, dass nur verbotene Ausspielungen der Glücksspielabgabe unterliegen.
Zweifellos liege aufgrund der Übergangsbestimmung bei der Bf. keine verbotene Ausspielung vor. Somit unterliege auch das Pokerangebot der Bf. jedenfalls bis nicht der Abgabepflicht.
Eine erlaubte Ausspielung sei im Umkehrschluss eine Ausspielung, für die entweder eine Konzession oder eine Bewilligung erteilt worden oder die vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sei. Dies treffe im vorliegenden Fall nicht zu.
Das Angebot der Bf. sei daher weder eine erlaubte noch eine verbotene Ausspielung, womit die einzig mögliche Schlussfolgerung sei, dass gar keine Ausspielung vorliege.
Für Poker Cash Games und Pokerturniere bestehe daher keine Glücksspielabgabenpflicht nach § 57 GSpG.
Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber den Fortbestand der "Pokersalons" bis erlauben und die Betreiber gleichzeitig mittels einer nicht erfüllbaren Abgabenpflicht auf Einsätze zur Aufgabe zwingen wollte.
Die Bf. sei weder ein Konzessionär im Sinne des § 17 Abs. 5 GSpG noch ein Bewilligungsinhaber im Sinne des § 5 GSpG, der Bf. fehle aber auch kein Berechtigungsverhältnis, weil die Übergangsbestimmung es ihr ermögliche, ihre Pokersalons auf Basis ihrer gewerberechtlichen Bewilligung bis zu betreiben. Somit könne die Bf. nicht Abgabenschuldnerin im Sinne des § 59 Abs. 2 GSpG sein.
Nach der Judikatur liege das Tatbestandsmerkmal der erheblichen Härte des § 212 Abs. 1 BAO schon dann vor, wenn die sofortige Entrichtung dem Abgabepflichtigen, gemessen an seinen sonstigen Verbindlichkeiten und unter Berücksichtigung seiner anzuerkennenden berechtigten Interessen an der Erhaltung und am Bestand der ihm zur Verfügung stehenden Erwerbsquellen, nicht zugemutet werden kann (; ).
Da die Abgabenschuld auf insgesamt 20.852.734,77 Euro geschätzt worden sei, sei die Entrichtung für die Bf. am Fälligkeitstag nicht möglich, ohne den Bestand der ihr zur Verfügung stehenden Erwerbsquellen zu gefährden. Eine sofortige Entrichtung der Glücksspielabgabe in voller Höhe wäre daher ohne Verschleuderung nicht möglich und sei daher unzumutbar.
Da die Einbringlichkeit der strittigen Abgaben durch Gewährung der beantragten Stundung nicht verschlechtert werde und sie darüber hinaus von diesen Abgaben abhänge, liege kein Hindernis für eine Stundung vor.
Die Glücksspielabgabe sei eine "Erdrosselungssteuer" (bei der die Belastung von einer Art ist, dass das unerwünschte Verhalten aus Kostengründen de facto nicht mehr beibehalten werden kann, also praktisch ein Zwang bestehe, die Abgabenbelastung zu vermeiden), die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig sei, während umgekehrt die sofortige Einziehung der Glücksspielabgabe zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Bf. führen würde (vgl. dazu ).
Grundsätzlich wäre die Gewährung einer Zahlungserleichterung jedenfalls ausgeschlossen, wenn die Einbringlichkeit der Abgabe durch den Zahlungsaufschub gefährdet sei. Im vorliegenden Fall sei offenkundig, dass die Einbringlichkeit eines Zahlungsrückstandes in Millionenhöhe, der ein Vielfaches des Umsatzes der Bf. betrage, gefährdet sei. Dieses Ungleichgewicht rühre aus diversen Verfassungswidrigkeiten im GSpG.
Zweck des § 212 BAO ist es unter anderem, die Sicherung der Einbringlichkeit der Schuld zu gewährleisten, was auch Vorrang vor den beschwerlichen Folgen für einen Abgabenschuldner durch die Verweigerung der Verschiebung des Zahlungszeitpunktes habe. An der Einbringung der betreffenden Abgabe bestehe grundsätzlich ein öffentliches Interesse. Diese Vorrangwirkung komme jedoch nach der Rechtsprechung des VwGH dann nicht zur Anwendung, wenn eine Abgabe die Wirkung einer Erdrosselungssteuer habe. Daraus lasse sich ableiten, dass ein Rückstand, dessen Einbringlichkeit deshalb gefährdet sei, weil er auf einer exzessiven, für den Abgabepflichtigen nicht tragbaren Besteuerung beruht, weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn des Gesetzes unter die Gefährdungsklausel falle ().
In ihrer derzeitigen Ausgestaltung komme die Glücksspielabgabe einer Erdrosselungssteuer gleich. Zum Einen würden die Einsätze als Bemessungsgrundlage herangezogen. Bei den Einsätzen der Spieler handle es sich jedoch um Umsätze, die nie in die Verfügungsmacht der Bf. gelangen. Die von den Einsätzen abgeleitete Abgabenschuld sei daher ein Betrag, den sie aus anderen Einnahmequellen begleichen müsste. Da dies evidentermaßen weder kurzfristig noch auf Dauer tragbar und mit dem Fortbestand des Unternehmens der Bf. absolut unvereinbar sei, handle es sich bei der Glücksspielabgabe um eine Erdrosselungssteuer im Sinne der verwaltungs- und verfassungsgerichtlichen Judikatur. Zum anderen habe die Bf. auch keine Möglichkeit gehabt, sich auf die Entrichtung einer Abgabe in einer solchen Höhe einzustellen. Innerhalb der Übergangsfrist nach § 60 Abs. 36 GSpG habe sich die Bf. hingegen auf die geänderte Rechtslage einstellen und entsprechende Anpassungen vornehmen können. Da diese Übergangsfrist von der Behörde jedoch offensichtlich ignoriert werde, könne es nur das Ziel sein, die Bf. und ihre Mitbewerber von einem Tag auf den anderen mit Hilfe einer wirtschaftlich ruinösen Abgabe in die Insolvenz zu treiben, um so die gesetzliche Übergangsbestimmung auzuhebeln und gänzlich jeder Wirkung zu berauben; es könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, eine Übergangsbestimmung erlassen zu wollen, die gleichzeitig durch eine Abgabenvorschrift effektiv ausgehebelt werde.
Unter Verweis auf das Erkenntnis des , könne die Behörde daher nicht vorbringen, dass im vorliegenden Fall die Einbringung gefährdet wäre.
Weiters sei darauf hinzuweisen, dass die Bewilligung von Zahlungserleichterungen auf dem Gebiet der Selbstbemessungsabgaben (zB Umsatzsteuer oder Lohnsteuer) aufgrund der "Treuhänderstellung" des Abgabepflichtigen in der Praxis zwar üblicherweise nicht gewährt werde, dass aber im vorliegenden Fall insoweit ein anderer Sachverhalt vorliege, als die Bf. nicht am Kartenspiel der Spielgruppen beteiligt sei und auch keinen Anteil am Spielgewinn oder an den Einsätzen habe.
Die Bf. stellte den Antrag, der Beschwerde stattzugeben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
In den im angefochtenen Bescheid abgewiesenen Zahlungserleichterungsansuchen sei die Stundung des jeweils zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Gesamtrückstandes an Glücksspielabgabe samt diesbezüglichen Nebengebühren bis zur Erledigung der Anträge gemäß § 201 BAO und Ablauf der Rechtsmittelfristen der ergangenen Bescheide beantragt worden.
Das letzte zum Zeitpunkt der Erledigung eingebrachte Zahlungserleichterungsansuchen datiere vom .
Bis zum Zeitraum 12/2016 seien die Glücksspielabgaben selbst berechnet und gemeldet worden. In der Entrichtung selbst zu berechnender und abzuführender Abgaben sei keine erhebliche Härte im Sinne des § 212 BAO zu erblicken.
Dass die Einforderung des Rückstandes die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Unternehmens übersteige, könne durch das Entstehen des Rückstandes, unter anderem durch selbst vorgenommene Meldungen seitens der Abgabenbehörde nicht nachvollzogen werden.
Die Behauptung, dass eine Erdrosselungssteuer vorliege und die Abgabenschuldnerin sich nicht auf die Entrichtung einer Abgabe in einer solchen Höhe habe einstellen können, reiche als Nachweis für das Vorliegen einer erheblichen Härte bei der Entrichtung nicht aus, vor allem, da ein Teil des Abgabenrückstandes aus selbst berechneten Glücksspielabgaben bestehe. Eine weitere wirtschaftliche Begründung sei nicht vorgebracht worden.
Im Schriftsatz vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte ergänzend aus:
Eine Glücksspielabgabenpflicht wäre im Fall der Bf. nicht nur rechtlich unbegründet, sondern auch tatsächlich undurchführbar und somit sachlich nicht gerechtfertigt. Die Glücksspielabgabe werde von den Einsätzen der Spieler eingehoben. Dass ein Glücksspielunternehmer die Abgabe schulde, habe damit zu tun, dass er Einsätze entgegen nehme. Im Umkehrschluss könne einem Unternehmer, der keine Einsätze entgegen nehme, nicht zugemutet werden, eine Abgabe für solche Einsätze zu entrichten.
Der ermittelte Abgabenbetrag belaufe sich auf 20.852.734,77 Euro und sei - wie der Behörde aus dem Steuerakt bekannt sei - einem Umsatz (2013 bis 2016, 2017 bis Mai) von 2.617.998,48 Euro gegenüber gestanden. Dieser Umsatz sei jedoch aus den gewerblichen Erträgen generiert worden und stehe nicht im Zusammenhang mit den Einsätzen der Spieler, weil diese nicht in der Verfügungsmacht der Bf. stünden.
Die Bf. habe dargetan, dass die Größenordnung der Abgabe zu der Höhe nach irrealen Resultaten führe. Eine Begleichung sei absolut unmöglich.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Zur Rechtmäßigkeit der Glücksspielabgabe ist vorweg auszuführen:
§ 1 GSpG lautet auszugsweise:
Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs. 1 GSpG).
Glücksspiele im Sinne dieses Bundesgesetzes sind insbesondere die Spiele Roulette, Beobachtungsroulette, Poker, Black Jack, Two Aces, Bingo, Keno, Baccarat und Baccarat chemin de fer und deren Spielvarianten. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, aus Gründen der Rechtssicherheit durch Verordnung weitere Spiele als Glücksspiele im Sinne des Abs. 1 zu bezeichnen (§ 1 Abs. 2 GSpG).
§ 2 GSpG lautet auszugsweise:
Ausspielungen sind Glücksspiele,
1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und
2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und
3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn) (§ 2 Abs. 1 GSpG).
Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein (§ 2 Abs. 2 GSpG).
Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind verbotene Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.
Gemäß § 57 Abs. 1 GSpG unterliegen Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, – vorbehaltlich der folgenden Absätze – einer Glücksspiela bgabe von 16 vH vom Einsatz. Bei turnierförmiger Ausspielung treten außerhalb des Anwendungsbereiches von § 17 Abs. 2 an Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) des Turniers.
Gemäß § 57 Abs. 6 GSpG sind von der Glücksspiela bgabe befreit
1. Ausspielungen in vom Bundesminister für Finanzen konzessionierten Spielbanken im Sinne des § 21,
2. Ausspielungen mit Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung unter Einhaltung der Vorgabe des § 4 Abs. 2 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 73/2010,
3. die Ausnahmen aus dem Glücksspielmonopol des § 4 Abs. 3 bis 6.
Gemäß § 59 Abs. 1 GSpG entsteht die Abgabenschuld in den Fällen der §§ 57 und 58:
1. in Fällen des § 58 im Zeitpunkt des Zustandekommens des Spielvertrages in Fällen des § 58 Abs. 3 mit Ende des Kalenderjahres der Veröffentlichung des Gewinnspiels;
2. bei allen anderen Ausspielungen mit der Vornahme der Handlung, die den Abgabentatbestand verwirklicht. Bei Sofortlotterien entsteht die Abgabenschuld in dem Zeitpunkt, in dem im Verhältnis zwischen Konzessionär und Vertriebsstelle die Abrechenbarkeit der geleisteten Spieleinsätze eingetreten ist. Bei elektronischen Lotterien entsteht die Abgabenschuld mit Erhalt der Einsätze und Auszahlung der Gewinne.
Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 sind
1. bei einer Abgabenpflicht gemäß § 57:
– der Konzessionär (§ 17 Abs. 6) oder der Bewilligungsinhaber (§ 5);
– bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (Abs. 5) sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand.
.....
Die Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 haben diese jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Die Schuldner der Abgaben nach § 58 Abs. 3 haben diese jeweils für ein Kalenderjahr selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge in elektronischem Weg vorzulegen. Der Bundesminister für Finanzen kann dabei im Verordnungsweg nähere Details der elektronischen Übermittlung regeln. Dieser Abrechnung sind Unterlagen anzuschließen, die eine Überprüfung der Einsätze und Gewinne der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleisten. Die Abrechnung gilt als Anzeige. § 29 Abs. 3 über die Überwachung der Abgaben gilt sinngemäß. Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung zwei oder mehr Personen, so sind sie zur ungeteilten Hand verpflichtet.
Es haften für die korrekte Entrichtung der Abgaben zur ungeteilten Hand
a) derjenige, der die Durchführung der Ausspielung in seinem Verfügungsbereich erlaubt;
.....
§ 59 Abs. 5 GSpG: Als Vermittlung gelten jedenfalls die Annahme und die Weiterleitung von Spieleinsätzen oder –gewinnen sowie die Mitwirkung am Zustandekommen des Glücksspielvertrages auf andere Art und Weise.
.....
Gemäß § 60 Abs. 36 GSpG idF BGBl I 2015/118 ist § 2 Abs. 4 auf Pokerangebote auf Grundlage einer gewerberechtlichen Bewilligung, die zum aufrecht war, ab anzuwenden.
Die Bf. bringt vor, § 2 Abs. 4 GSpG definiere den Begriff der verbotenen Ausspielung. Die Übergangsbestimmung des § 60 Abs. 36 GSpG (zuvor § 60 Abs. 33 GSpG) bedeute daher, dass bis keine Ausspielung oder keine verbotene Ausspielung vorliege, wenn zum eine gewerberechtliche Bewilligung aufrecht war. Eine Gewerbeberechtigung für das "Halten von erlaubten Kartenspielen, bei denen der Spielerfolg nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig ist, ohne Bankhalter" habe die Bf. seit inne.
Es bestehe keine Abgabepflicht, unabhängig davon, ob die Vorschrift so zu verstehen sei, dass keine Ausspielung oder bloß eine verbotene Ausspielung vorliege, weil das Angebot der Bf. weder unter eine verbotene Ausspielung (weder Konzession noch Bewilligung erteilt noch von § 4 GSpG ausgenommen) noch unter eine erlaubte Ausspielung (Konzession oder Bewilligung erteilt oder von § 4 GSpG ausgenommen) falle, sodass gar keine Ausspielung vorliege und für Poker Cash Games und Pokerturniere daher keine Glücksspielabgabenpflicht nach § 57 GSpG bestehe.
Selbst wenn man § 2 Abs. 4 GSpG so interpretierte, dass keine verbotene Ausspielung (sondern eine erlaubte) vorliege, bestünde keine Abgabenpflicht, weil die Ausspielung entsprechend der Übergangsbestimmung jedenfalls nicht verboten sei, die Abgabepflicht aber zweifellos nur an verbotene Ausspielungen anknüpfe.
In § 1 Abs. 2 GSpG, BGBl I 2014/13 ist Poker als Glücksspiel genannt. Die Aufnahme des Pokerspiels in den Katalog der Glücksspiele in § 1 Abs. 2 GSpG ist verfassungskonform (siehe die Ausführungen des VfGH im Erkenntnis vom , G 26/2013 ua, wonach der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehindert ist, angesichts des Suchtpotentials nicht nur von Glücksspielen im engeren Sinn, sondern auch von Spielen mit Glücksspiel- und Geschicklichkeitskomponenten, das Pokerspiel generell dem Regime des GSpG zu unterwerfen).
Die Bf. führt nach eigenem Vorbringen Kartenpokerspiele durch. Sie ist Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG, da sie in ihren Räumlichkeiten die konkreten Möglichkeiten zum Spiel anbot und daraus Einnahmen bezog ("Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt"). Die gesetzlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer "Ausspielung" liegen bei der Bf. daher vor.
Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014, BGBl I 2014/13, wurde die Übergangsfrist für bestehende Pokersalons mit aufrechter Gewerbeberechtigung bis verlängert. Diese Übergangsfrist wurde gemäß § 60 Abs. 36 GSpG, BGBl I 2015/118, bis verlängert. Die Rechte von Inhabern einer Gewerbeberechtigung erlöschen damit spätestens mit Ablauf des .
Unbestritten ist, dass die Bf. eine Gewerbeberechtigung besitzt und auf Grund der Übergangsbestimmung des § 60 Abs. 36 GSpG im Hinblick auf die den Stundungsansuchen zu Grunde liegenden Abgaben keine verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG vorliegen.
Die Bf. irrt aber, wenn sie die Ansicht vertritt, auf Grund dieses Umstandes nicht der Abgabenpflicht zu unterliegen:
Gemäß § 57 Abs. 1 GSpG ist die Glücksspielabgabe eine allgemeine Rechtsverkehrsteuer auf Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt. Durch die Glücksspielnovelle wurde die Besteuerung von Glücksspielen vom Gebührengesetz in das GSpG übertragen.
Die Abgabepflicht der Bf. hinsichtlich der Glücksspielabgabe resultiert, da die Bf. weder Konzessionärin im Sinne des § 17 noch Bewilligungsinhaberin im Sinne des § 5 GSpG ist und demnach nicht unter § 59 Abs. 2 Z 1 1. Teilstrich GSpG fällt, aus § 59 Abs. 2 Z 1 2. Teilstrich GSpG.
Die Bf. ist auch nicht von der Glücksspielabgabe befreit (§ 57 Abs.6 GSpG).
Der Ansicht der Bf., dass der Gesetzgeber zwar konzessionierte Pokersalons, nicht aber jene gewerberechtlich bewilligten Pokersalons, die nach der Übergangsbestimmung des § 60 Abs. 36 BAO bis weitergeführt werden können, der Abgabenpflicht unterwerfen wollte, kann nicht gefolgt werden.
Die Wortfolge "Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses" im § 59 Abs. 2 Z 1 2. Teilstrich GSpG bezieht sich im Hinblick auf die zuvor im ersten Teilstrich angeführten Konzessionäre oder Bewilligungsinhaber auf Berechtigungen nach dem Glücksspielgesetz und nicht auf gewerberechtliche Berechtigungen.
Aus § 59 Abs. 2 Z 1 GSpG ergibt sich eindeutig, dass u.a. auch Veranstalter sowie Vermittler von Ausspielungen der Abgabenschuld unterliegen. Demnach sind bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (damit gemäß § 59 Abs. 5 GSpG jeder Mitwirkende am Zustandekommen des Glücksspielvertrages auf andere Art und Weise) Schuldner der Glücksspielabgabe. Der Gesetzgeber hat daher weder beabsichtigt, nur Glücksspielunternehmen, die Einsätze von Spielern einheben, der Glücksspielabgabe zu unterwerfen noch Unternehmen mit (auslaufender) gewerberechtlicher Berechtigung von der Abgabepflicht auszunehmen.
§ 60 Abs. 36 bezieht sich ausschließlich auf die Monopolvorschrift des § 2 Abs. 4 GSpG und berührt die Bestimmungen über die Steuerpflicht von Ausspielungen in keiner Weise.
Zum - nicht näher ausgeführten - Argument der Bf., die Glücksspielabgabenpflicht wäre für sie tatsächlich undurchführbar und daher sachlich nicht gerechtfertigt, genügt es, darauf hinzuweisen, dass der Bf. als Veranstalterin und Anbieterin der Infrastruktur für die Ausspielungen die Berechnung und Abfuhr der Glücksspielabgabe zuzumuten ist, da die organisatorischen und infrastrukturellen Fäden in ihrer Hand zusammenlaufen.
Zur beantragten Stundung der Glücksspielabgabe ist auszuführen:
Auf Ansuchen des Abgabepflichtigen kann die Abgabenbehörde gemäß § 212 Abs. 1 BAO für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.
Für die bescheidmäßige Bewilligung einer Zahlungserleichterung müssen sämtliche gesetzlich vorgesehenen Bedingungen erfüllt sein. Es ist daher zu prüfen, ob - sofern ein Antrag des Abgabepflichtigen vorliegt - die sofortige (volle) Entrichtung der Abgaben eine erhebliche Härte darstellt und die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet ist. Bei Vorliegen all dieser Voraussetzungen steht es im Ermessen der Abgabenbehörde, die beantragte Zahlungserleichterung zu bewilligen. Fehlt hingegen auch nur eine der genannten Voraussetzungen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum, sondern die Behörde hat diesfalls den Antrag aus Rechtsgründen abzuweisen ( ).
Die Bewilligung einer Zahlungserleichterung stellt eine Begünstigung dar. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Daher hat der Begünstigungswerber die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Stundung aus eigenem Antrieb überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen ( mwN; weitere Judikaturnachweise bei Ritz, BAO, 5. Auflage, § 212 Tz 3).
Zum Vorliegen der erheblichen Härte der Einhebung bringt die Bf. vor, es handle sich bei der Glücksspielabgabe um eine "Erdrosselungssteuer". Von einer exzessiven, für den Abgabepflichtigen nicht tragbaren Besteuerung (Verweis der Bf. auf ) geht die Bf. aber selbst gar nicht aus, wenn sie unter Berufung auf § 60 Abs. 36 GSpG vorbringt, überhaupt nicht der Abgabepflicht zu unterliegen. Die Bf. erläutert auch nicht, warum die Festsetzung der Glücksspielabgabe in einem exzessiven Ausmaß erfolgt.
Das Vorbringen, die Glücksspielabgabe "nicht entrichten zu können", stellt keinen Fall einer erheblichen Härte der Einbringung dar. Aus diesem Vorbringen ergibt sich jedoch evidentermaßen die Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe. Da somit bereits aus diesem Grund eine der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 212 BAO nicht vorliegt, ist, wie das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung ausführlich begründet hat, die Beschwerde aus Rechtsgründen abzuweisen.
Im Hinblick auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung wäre es an der Bf. gelegen, zumindest im Vorlageantrag Umstände vorzubringen, die gegen das Vorliegen einer Gefährdung der Einbringlichkeit sprechen (vgl. zum Vorhaltscharakter der Beschwerdevorentscheidung z.B. ). Das Vorbringen der Bf. im Schriftsatz vom läuft aber ebenso darauf hinaus, nachzuweisen, dass die Abgabe von ihr nicht entrichtet werden kann. Da es somit am Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 212 BAO fehlt, bleibt für eine Ermessensentscheidung kein Raum und war die Beschwerde abzuweisen.
Zum abschließenden Vorbringen der Bf., es bestünden - nicht näher ausgeführte - massive verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Glücksspielabgabe als solche und gegen einzelne Bestimmungen des Glücksspielgesetzes, insbesondere im Hinblick auf die Grundrechte der Bf. auf Erwerbsfreiheit, Eigentumsfreiheit und aus dem Gleichheitssatz abgeleitete Rechte wie auf das Legalitätsprinzip und die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung, wird auf die dazu ergangenen Entscheidungen der Höchstgerichte (, Erkenntnis des , Erkenntnis des ) sowie des BFG (Erkenntnis vom , RV/7101758/2012) verwiesen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig, da die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die gegenständliche Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7103339.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at