Haftung gemäß § 9 BAO, Liebhaberei; Hätte der Bf. im Zeitpunkt, in dem er mit UVA die Vorsteuern geltend machte, die Unrichtigkeit der Einschätzung als Unternehmer erkennen können?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den-Senat, in der Beschwerdesache A.B., Adresse1, --, vertreten durch Audit Partner Austria Wirtschaftsprüfer GmbH, Wagramer Straße 19/21, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom , betreffend Haftung gemäß § 9 BAO in der Sitzung am zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) gemäß § 9 in Verbindung mit § 80 BAO für am Abgabenkonto aushaftende Abgabenschuldigkeiten der XYPrivatstiftung (vormals X) in Höhe von € 60.971,35 (Umsatzsteuer 2003 in Höhe von € 17.969,48 und Umsatzsteuer 2004 in Höhe von € 43.001,35 zur Haftung herangezogen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass mit Beschluss des Landesgerichtes S vom Datum1 über das Vermögen der genannten Stiftung das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Die Privatstiftung sei infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst worden. Mit Beschluss vom Datum2 sei das Konkursverfahren nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben worden. Es stehe somit fest, dass die Konkursgläubiger leer ausgegangen seien. Der Rückstand sei daher bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.
Um den damit verbundenen Problemen der internen Organisation und Kontrolle einerseits und Gefahren der Gläubigerschädigung andererseits vorzubeugen, habe der Gesetzgeber für die Privatstiftung zwingend zwei Organe vorgesehen, nämlich den Vorstand als zentrales Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan, das die Privatstiftung verwalte und vertrete, für die Erfüllung des Stiftungszweckes zu sorgen und hierbei die Bestimmungen der Stiftungserklärungen einzuhalten habe (§ 17 Abs. 5, § 27, § 31, § 33 und § 34 PSG).
Ungeachtet der erkennbar zentralen Position, die der Gesetzgeber dem Stiftungsvorstand zuteile, enthalte das Privatstiftungsgesetz selbst nur rudimentäre Bestimmungen zur Haftung des Stiftungsvorstandes. So stelle § 17 Abs. 1 PSG klar, dass der Stiftungsvorstand die Privatstiftung verwalte und vertrete und für die Erfüllung des Stiftungszweckes sorge; er sei hierbei verpflichtet, die Bestimmungen der Stiftungserklärungen einzuhalten.
Hinzuweisen sei schließlich darauf, dass natürlich die sondergesetzlichen Haftungstatbestände auf einen Vorstand einer Privatstiftung anwendbar seien. Unter den jeweils darin genannten Voraussetzungen könne daher ein Stiftungsvorstand auch nach § 9 BAO, § 67 ASVG etc. zur Haftung herangezogen werden.
Der im Spruch dieses Bescheides angeführte Rückstand sei infolge Nichtentrichtung der im Zeitraum vom bis fällig gewordenen Abgaben entstanden. Dieser sei in der obigen Aufstellung nach Abgabenarten und Zeiträumen aufgeschlüsselt. Die diesbezüglichen Grundlagenbescheide der im Abgabenrückstand enthaltenen bescheidmäßig vorgeschriebenen Abgaben seien dem Bf. bereits im Haftungsverfahren zur Kenntnis gebracht worden.
Der Bf. sei laut Firmenbuch im Zeitraum vom Datum3 bis Datum4 zum Vorstand der abgabenschuldnerischen Stiftung bestellt und gemäß § 17 Abs. 1 PSG zur Vertretung der Gesellschaft berufen worden. Gemäß § 80 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet würden.
Für die genannten Zeiträume sei die jeweilige Umsatzsteuer auf Grund einer Außenprüfung per Bescheid vom veranlagt und bisher nicht entrichtet worden.
Mit Schreiben vom sei der Bf. aufgefordert worden, darzulegen, dass er ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu sorgen. Der Bf. sei dieser Aufforderung, sohin Verpflichtung, Behauptungen und Beweisanbote zu seiner Entlastung darzutun, nicht ausreichend nachgekommen.
Zum Schreiben (Stellungnahme) vom werde zur Kenntnis gebracht:
Bei Selbstbemessungsabgaben sei maßgebend, wann diese bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Die später eingetretene Insolvenz erweise sich daher insoferne lediglich als weitere Ursache für den eingetretenen Abgabenausfall. An der Kausalität der dem Bf. vorzuwerfenden Pflichtverletzungen, die sich bei den Selbstbemessungsabgaben immer auf deren Fälligkeitstermin bezögen, ändere dies nichts.
Einwendungen gegen die Richtigkeit von Abgabenvorschreibungen seien im Haftungsverfahren nicht zu erörtern. Gegenstand des Haftungsverfahrens sei einzig und allein die Frage, ob der Geschäftsführer zu Recht als Haftender für Abgaben der Gesellschaft zur Haftung herangezogen worden sei. Gemäß § 248 BAO stehe es dem Haftungspflichtigen außerdem frei, innerhalb der Frist für die Einbringung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid auch gegen die an die Gesellschaft ergangenen und dem Haftungsbescheid zugrundeliegenden Abgabenbescheide Beschwerde einzulegen.
Mit Eingabe vom brachte die steuerliche Vertretung des Bf. sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gemäß § 248 BAO gegen die der Haftung zugrundeliegenden Bescheide Bescheidbeschwerden ein und beantragte die Anberaumung einer mündlichen Senatsverhandlung sowie die ersatzlose Aufhebung des Haftungsbescheides.
Zur Begründung betreffend Haftungsinanspruchnahme wurde ausgeführt:
Die XY Privatstiftung sei im Jahr 2003 errichtet und habe die Liegenschaften L1und L2 erworben worden, um darauf zur Vermietung bestimmte Baulichkeiten zu errichten. Die Vermietung sei in den Jahren 2003 und 2004 unter fremdüblichen Bedingungen zu damals gültigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich Gesamtinvestitionskosten, erzielbarer Mieterlöse, zu erwartender laufender Ausgaben sowie Darlehenszinsen geplant gewesen. Die entsprechenden Prognoserechnungen seien im Zuge der Veranlagung der Umsatzsteuer für die Jahre 2003 und 2004 vorgelegt worden und es sei daher seitens des Finanzamtes eine endgültige Abgabenfestsetzung für diese beiden Jahre erfolgt, da die Eigenschaft als Einkunftsquelle der Vermietungstätigkeit für diese Jahre nachgewiesen habe werden können. Die auf Grund der damaligen Abgabenfestsetzung zu leistenden Zahlungen seien vollständig und fristgerecht geleistet worden. Ein Versäumnis seitens der damals im Amt befindlichen Stiftungsvorstände sei daher nicht vorgelegen und liege bis heute nicht vor.
Mit Datum4 habe die Vorstandsfunktion des Bf. geendet, die Eintragung der Löschung der Vertretungsbefugnis im Firmenbuch sei am Datum5 erfolgt.
Mit Beschluss des Gerichts vom Datum1, also knapp fünf Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Stiftungsvorstand, sei über das Vermögen der XY Privatstiftung der Konkurs eröffnet worden. Die Vertretung der Stiftung sei in der Folge durch die namentlich genannte Masseverwalterin wahrgenommen worden. Unter deren Vertretung, also im Jahr 2010, sei eine Außenprüfung erfolgt, die auch die Umsatzsteuer der Jahre 2003 und 2004 umfasst habe. Dies sei mit Niederschrift vom abgeschlossen worden. Auf der Basis der darin getroffenen Feststellungen seien die nunmehr angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2003 und 2004 vom ergangen.
Mit Beschluss des Gerichts vom Datum2 sei der Konkurs über das Vermögen der XY Privatstiftung nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben worden. Es sei davon auszugehen, dass auch das Finanzamt Wien 1/23 im Zuge dieser Masseverteilung Zahlungen erhalten habe. Ob und in welcher Höhe, sei den angefochtenen Bescheiden nicht zu entnehmen.
Mit Haftungsbescheid vom sei der Bf. schließlich für den vollen Betrag der für die Jahre 2003 und 2004 im Jahr 2010 festgesetzten Umsatzsteuern in Anspruch genommen worden.
Am Datum6 sei die XY Privatstiftung von Amts wegen im Firmenbuch gelöscht worden.
Wie bereits dargelegt, seien die Umsatzsteuerbescheide 2003 und 2004 schon aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben und darüber hinaus inhaltlich rechtswidrig. Damit liege ein die Haftung begründender Abgabenzahlungsanspruch nicht vor und sei der Haftungsbescheid aus diesem Grund rechtswidrig.
Er sei aber auch rechtswidrig, wenn die Abgabenansprüche auf Grund rückwirkend zu berücksichtigender Ereignisse zu Recht geltend gemacht worden wären. Es sei nämlich einem gesetzlichen Vertreter nicht anzulasten, wenn er nicht vorhersehe, dass ein Abgabenanspruch auf Grund eines Ereignisses, das erst nach seinem Ausscheiden aus der Vorstandsposition eingetreten sei, entstehen werde.
Alle während der Dauer der Vorstandsposition entstandenen und fällig gewordenen Abgabenansprüche seien jedoch vollständig und pünktlich entrichtet worden. Dem Bf. sei daher keine wie immer geartete schuldhafte Pflichtverletzung anzulasten.
lm Übrigen sei der Haftungsbescheid auch insoweit rechtswidrig, als § 9 BAO nur eine Ausfallshaftung begründe. Auf Grund des öffentlich zugänglichen Sachverhaltes betreffend die Konkursabwicklung sei davon auszugehen, dass das Finanzamt eine (Teil-)zahlung auch betreffend die haftungsgegenständlichen Abgaben erhalten habe. Insoweit aber Zahlung geleistet worden sei, könne keine Haftung nach § 9 BAO entstehen.
Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheides wegen Ermessensfehlgebrauch:
Grundlage für die Handlungen des Bf. (Einreichung der jeweiligen Umsatzsteuervoranmeldungen 2003 und 2004 und der Umsatzsteuererklärungen) sei die erwähnte, mit dem Finanzamt akkordierte Planungsrechnung und damit die aus damaliger Sicht korrekte (jedenfalls aber zumindest vertretbare) Rechtsansicht gewesen, dass eine umsatzsteuerbare Vermietungstätigkeit vorliege.
Wie bereits mehrfach erwähnt, sei im vorliegenden Fall eine Rückwirkung von Ereignissen, die erst nach seinem Ausscheiden aus dem Stiftungsvorstand eingetreten seien, auf die Höhe der Umsatzsteuerschuld für die Jahre 2003 und 2004 nicht zulässig bzw. undenkbar. Umstände, die aber bereits in dem Zeitraum vor seinem Ausscheiden aus dem Stiftungsvorstand eingetreten seien, zu einer anderslautenden Umsatzsteuerfestsetzung 2003 und 2004 hätten führen müssen und dem Bf. bekannt gewesen seien oder bekannt hätten sein müssen, lägen ebenfalls nicht vor. Für den Bf. sei es daher im Zeitraum seiner Vorstandstätigkeit unmöglich vorherzusehen gewesen, dass vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt eine möglicherweise anderslautende steuerliche Beurteilung sich als richtig erweisen könnte. Selbst wenn nun keiner der zahlreichen Anfechtungspunkte hinsichtlich der Wiederaufnahmebescheide, Umsatzsteuerbescheide und des Haftungsbescheides zutreffend sein sollte, wäre schon im Ermessenswege von einer Haftungsinanspruchnahme abzusehen gewesen. Seien doch bei einer Ermessensentscheidung iS des § 20 BAO sämtliche relevanten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Dabei wäre somit jedenfalls zu berücksichtigen gewesen, dass der Bf. nicht schuldhaft gehandelt habe, zu keiner Zeit irgendwelche sonstigen abgabenrechtlichen Pflichten vernachlässigt habe, keinen persönlichen Vorteil aus der (vermeintlich) zu geringen Abgabenzahlung erlangt habe, die Inanspruchnahme der Haftung erst nach einer sehr langen Zeitspanne seit seinem Ausscheiden aus der Vorstandsfunktion erfolgt sei und letztlich auch die Vergütungen, die er aus seiner Tätigkeit als Stiftungsvorstand erhalten habe, in keiner Relation zur Höhe der Haftung stünden. Dass die Abgabenbehörde solche Überlegungen angestellt hätte, sei dem angefochtenen Haftungsbescheid in keiner Weise zu entnehmen. Vielmehr begnüge sie sich mit der floskelhaften Begründung, die Inanspruchnahme wäre aus Gründen der Zweckmäßigkeit geboten gewesen. Damit habe sie aber ihre Verpflichtung, eine Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit vorzunehmen und eine dem Normzweck entsprechende Entscheidung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu fällen, verletzt.
Der Haftungsbescheid erweise sich somit als rechtswidrig, weshalb dessen Aufhebung begehrt werde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass aus den vorliegenden Unterlagen, u.a. dem Firmenbuch, den Veranlagungsakten des Finanzamtes aber auch den Abschlussberichten folgende Umstände hätten entnommen werden können:
Die XYPrivatstiftung sei bereits am Datum7 unter dem Namen Xerrichtet und im März 2006 umbenannt worden. Diese neue Bezeichnung sei im April auch in das Firmenbuch eingetragen worden.
Als Zweck der Stiftung sei die Anlage, Verwaltung, Sicherung und Vermehrung des Vermögens der Privatstiftung zur finanziellen Unterstützung und Versorgung von Begünstigten eingetragen. Als Stifter seien AA, BB und CC genannt, als Begünstigte der Erststifter AA. sowie (allenfalls) noch andere Personen. Der Stiftungsvorstand habe im Laufe der Jahre seine Zusammensetzung geändert.
Unter anderem sei auch der Bf., und zwar vom Datum3 bis Datum4, in dieser Funktion tätig gewesen.
Mit Beschluss des Landesgerichtes S vom Datum1 sei über das Vermögen der Stiftung das Konkursverfahren eröffnet worden. Damit verbunden sei die Auflösung der Privatstiftung gewesen. Nach Verteilung der Konkursmasse an die Massegläubiger sei das Konkursverfahren mit Beschluss vom Datum8 aufgehoben worden. Damit stehe jedoch fest, dass die Konkursgläubiger leer ausgehen würden. Der Rückstand sei somit bei der Primärschuldnerin zur Gänze uneinbringlich.
Zur Rückstandsentwicklung: Das Abgabenkonto der XY - Privatstiftung weise auf den ersten Blick keine Auffälligkeiten auf - es verlaufe jahrelang durchaus ausgeglichen. Bei näherer Betrachtung müsse jedoch festgestellt werden, dass in den Jahren 2003 bis 2008 durch Vorsteuerüberhänge Guthaben in Höhe von über einer halben Million Euro entstanden seien, welche sich die Stiftung regelmäßig zurückzahlen lassen habe; so betrügen die 39 im Zeitraum bis erfolgten Rückzahlungen insgesamt € 594.241,81.
Im Jahre 2010 sei es zu einer Außenprüfung für die Jahre 2003 bis 2009 und zur Nachbelastung von Umsatzsteuer im Ausmaß von insgesamt € 648.227,68 gekommen.
2003: 18.477,95
2004: 43.001,84
2005: 235.712,90
2006: 219.028,77
2007: 108.255,12
2008: 15.296,10
2009: 8.500,00
Dies sei durch Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Umsatzsteuer für die Jahre 2003 bis 2005 sowie der Erlassung (neuer) USt-Bescheide erfolgt.
Für die Jahre ab 2006, für die keine Erklärungen abgegeben worden und für die bis dahin auch keine Veranlagungen erfolgt seien, sei es zu erstmaligen USt - Bescheiden gekommen. Sämtliche Bescheide seien mittlerweile rechtskräftig (abgesehen von einigen auf § 248 BAO gestützte Beschwerden).
Die Nachforderungen hätten auf dem Umstand beruht, dass die von der Stiftung ausgeübte Tätigkeit von vornherein nicht geeignet gewesen sei, einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu erzielen. Deswegen sei der Vorsteuerabzug schon seit Beginn der Tätigkeit nicht zugestanden. Somit hätten die Umsatzsteuervorauszahlungen zu den jeweiligen Fälligkeiten um den jeweiligen Betrag der zu Unrecht abgezogenen Vorsteuer höher ausfallen müssen.
Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens habe die zuständige Abgabenbehörde die Möglichkeit geprüft, zumindest einen Teil der ausständigen Rückstände einbringlich zu machen. Es habe eine Reihe von Vorhalteverfahren gegeben, welche schließlich zur Erlassung von Haftungsbescheiden gemäß §§ 9, 80 BAO gegenüber einer Mehrzahl ehemaliger Geschäftsführer geführt habe. Der sowohl bei der Bescheiderlassung als auch heute noch bestehende Rückstand habe folgende Zusammensetzung:
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Ust-Rückstand nach Verbuchung vom | offene Ust Anfang 2017 | |
2003 | 18.477,95 | 17.969,48 |
2004 | 43.001,84 | 43.001,84 |
2005 | 235.712,90 | 235.712,90 |
2006 | 219.028,77 | 219.028,77 |
2007 | 108.255,12 | 108.255,12 |
2008 | 15.296,10 | 15.296,10 |
2009 | 8.500,00 | 8.500,00 |
648.272,68 | 647.764,21 |
Hinsichtlich der USt 2003 sei zu bemerken, dass mittlerweile ein anderer zur Haftung für die USt 2003 herangezogener Vorstand einen Teilbetrag zur Einzahlung gebracht habe, sodass sich bei richtiger Verbuchung auf dem Abgabenkonto ein Restbetrag von € 17.969,48 ergäbe (der tatsächlich aufscheinende Betrag von € 16.915,11 beruhe auf einer technisch nicht revidierbaren Fehlbuchung).
Mit Haftungsvorhalt vom sei der nunmehrige Bf. über die ins Auge gefasste Haftungsinanspruchnahme gemäß §§ 9, 80 BAO für die noch aushaftende USt 2003 und 2004 in Kenntnis gesetzt und aufgefordert worden, eine Stellungnahme abzugeben. Neben einer ausführlichen Rechtsbelehrung sei ausdrücklich auf den Umstand verwiesen worden, dass der Bf. im Zeitraum Datum3 bis Datum4 zum Vorstand der abgabenschuldnerischen Stiftung bestellt und daher gemäß § 17 Abs. 1 PSG zur Vertretung der Gesellschaft berufen gewesen sei.
In seiner Antwort vom habe der nunmehrige Bf. jeglichen Schuldvorwurf bestritten. Dies sei jedoch seitens der Abgabenbehörde als unzureichend betrachtet worden; es sei der Haftungsbescheid vom betreffend USt 2003 in Höhe von € 17.969,48 sowie USt 2004 in Höhe von € 43.001,87 ergangen.
Mit Datum habe der Antragsteller das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben, und zwar sowohl gegen den Haftungsbescheid gemäß § 224 BAO als auch gegen die Umsatzsteuerbescheide 2003 und 2004 einschließlich der entsprechenden Wiederaufnahmebescheide.
Auch wenn sich die Begründung überwiegend auf die den Haftungsbescheiden zu Grunde liegenden Abgabenbescheide bezogen habe, werde (u.a.) doch auch mangelhafter Ermessensgebrauch bei der Ausstellung der Haftungsbescheide ins Treffen geführt.
Dazu sei prinzipiell anzuführen, dass zur Vertretung juristischer Personen berufene Organe alle jene Pflichten zu erfüllen hätten, die den von ihnen Vertretenen oblägen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.
Aus den Bestimmungen der §§ 9 Abs. 1 und 80 Abs. 1 BAO ergebe sich, dass der Geschäftsführer einer GmbH respektive der Vorstand einer Aktiengesellschaft für die diese Gesellschaft treffenden Abgaben insoweit hafte, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihm als Geschäftsführer bzw. Vorstand auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten. Dabei sei es Sache des Geschäftsführers/Vorstandes darzutun, weshalb er nicht Sorge dafür habe tragen können, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet habe, ansonsten von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe (, ÖStZB 208; , 2645/78, ÖStZB 270; , 535/80, ÖStZB 1981, 89; , 87/14/0148, ÖStZB 1989, 140; , 89/14/0043, ÖStZB 1990, 22; , 84/17/0006).
Der Geschäftsführer bzw. Vorstand hafte für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung stünden, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten.
Gemäß § 248 BAO könne der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Beschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Abgabenanspruch (Abgabenbescheid, § 198) mittels Beschwerde die Rechte geltend machen, die dem Abgabepflichtigen zustünden.
Die Beschwerde eines Haftungspflichtigen gegen die Heranziehung zur Haftung einerseits und gegen den Abgabenanspruch andererseits müsse zwar nicht in zwei gesonderten Schriftsätzen erfolgen. Dennoch könne daraus nicht geschlossen werden, dass über beide Beschwerden in einem einheitlichen Rechtsmittelverfahren abzusprechen sei.
Vielmehr sei zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil sich erst aus dieser Entscheidung die Legitimation des Beschwerdeführers zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Abgabenanspruch ergebe; denn würde der Beschwerde des Haftenden gegen seine Heranziehung zur Haftung stattgegeben, so wäre seine gegen den Abgabenanspruch eingebrachte Beschwerde mangels Aktivlegitimation als unzulässig zurückzuweisen.
Infolgedessen sei Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gegen den Haftungsbescheid einzig und allein die Frage, ob der Beschwerdeführer zu Recht als Haftender für Abgaben der Gesellschaft herangezogen worden sei oder nicht, nicht jedoch, ob die dieser Gesellschaft vorgeschriebenen Abgaben zu Recht bestünden oder nicht. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben könnten daher in diesem Verfahren nicht erfolgreich erhoben werden (, 81/14/0169, ÖStZB 351; , 85/14/0161, ÖStZB 1989, 141; , 89/13/0250; , 89/15/0067). Dies sei erst mit der Beschwerde gegen den Abgabenbescheid, welcher an den Primärschuldner erlassen worden sei, möglich.
Somit sei der angefochtene Haftungsbescheid seiner Höhe nach als richtig anzusehen.
Wie der Bf. selbst zutreffend anführe, handle es sich bei der Geschäftsführerhaftung um eine Ausfallshaftung. Das Insolvenzverfahren sei insoweit ergebnislos geblieben, da aus der zur Verfügung stehenden Masse lediglich Massegläubiger, nicht jedoch Insolvenzgläubiger befriedigt hätten werden können. Durch die geringfügige Zahlung eines anderen Haftenden habe sich mittlerweile der noch für das Jahr 2003 ausstehende Rückstand an Umsatzsteuer auf € 17.969‚48 verringert. Dies sei jedoch bereits bei Bescheiderstellung berücksichtigt worden.
Zum Thema Ermessen sei anzuführen, dass durch die Löschung der Primärschuldnerin im Firmenbuch vor bereits über 6 Jahren die Uneinbringlichkeit der ausstehenden Schuld wohl unzweifelhaft feststehe. Auch weitere Versuche, den Haftungsweg zu beschreiten, seien ergebnislos verlaufen. Somit bilde das verfahrensgegenständliche Haftungsverfahren den letzten gangbaren Weg, die noch aushaftenden Abgabenschuldigkeiten einzufordern.
Die vorliegende Beschwerdeschrift enthalte eine Reihe von Ausführungen zu den Themen „Liebhaberei“ oder „rückwirkende“ Ereignisse. Soweit sich diese auf die dem Haftungsverfahren zu Grunde liegenden Abgabenbescheide bezögen, könne darauf an dieser Stelle nicht eingegangen werden.
Denkbar sei allerdings, dass der Bf. damit (auch) die Tatbestandsvoraussetzung „Verschulden“ thematisieren habe wollen.
Diesfalls sei auf die Begründung des angefochtenen Haftungsbescheides zu verweisen, wonach es dadurch zur Uneinbringlichkeit des Rückstandes gekommen sei, dass zu den jeweiligen Fälligkeiten zu geringe Beträge an Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt worden seien. In aller Regel sei es durch den unzulässigen Abzug von Vorsteuern sogar zu Guthaben gekommen, welche auch rückgezahlt worden seien. Anstatt also USt - Vorauszahlungen in richtiger Höhe zu den jeweiligen Fälligkeiten (jeweils 15. des zweitfolgenden Monats) abzuführen, seien (meist) unzulässigerweise Gutschriften lukriert worden. Dem Abgabenkonto der Primärschuldnerin könne entnommen werden, dass im Zeitraum bis 9 Rückzahlungen im Gesamtbetrag von € 37.095,48 stattgefunden hätten. Es werde in diesem Fall angemerkt, dass eine zu Unrecht erreichte Rückzahlung im allgemeinen als bedeutend gravierender angesehen werde als ein einfacher Zahlungsausfall.
In der Beschwerde werde an mehreren Stellen der Einwand vorgebracht, dass der Vorsteuerabzug rechtens gewesen sei. Zumindest habe man auf eine solche Rechtsansicht vertraut. Obwohl die Frage hinsichtlich Liebhaberei in das Verfahren betreffend die Grundlagenbescheide gehört, sei an dieser Stelle folgendes bemerkt:
Die Stiftung habe bereits im Jahr 2003 eine Liegenschaft („L2“) erworben, welche als Almhütte bzw. als Tagungs- und Seminarort genutzt werden sollte. Dies habe den Abriss des alten Gebäudes und die Errichtung eines neuen vorausgesetzt. Tatsächlich sei es beim Abriss geblieben; weitere bauliche Maßnahmen seien bis zur Insolvenz im Jahre 2010 nicht getroffen worden. Mieteinnahmen seien nie erzielt worden und seien auch in Zukunft nicht zu erwarten (wegen Auflösung der Stiftung). Für die Jahre 2003 bis 2005 seien nur negative Einkünfte erklärt worden (für die Folgejahre seien nicht einmal mehr Erklärungen eingereicht worden).
Eine andere Liegenschaft („-, L1“) sei nach Bauarbeiten an die Stiftung selbst bzw. an stiftungsnahe Unternehmen zu Konditionen vermietet worden, die von vornherein keinen Gesamtüberschuss über die Werbungskosten erwarten lassen hätten. Für die Jahre 2003 bis 2005 seien Verluste erklärt worden, danach seien auch hier keine Erklärungen mehr eingereicht worden. Näheres sei dem Bericht über die Außenprüfung vom zu entnehmen.
Zu diesen Erkenntnissen habe die Finanzverwaltung erst im Zuge einer ausführlichen Prüfung im Jahre 2010 kommen können. Bis dahin habe sie den von der Stiftung bzw. deren Vertretern verbreiteten Informationen vertraut und auch deren Beurteilung der wirtschaftlichen Situation übernommen.
Für den Stifter wie auch die Stiftungsvorstände habe die Angelegenheit naturgemäß anders ausgesehen.
Nur diese hätten den Gesamtüberblick gehabt, hätten über die jeweils aktuelle Liquiditätslage Bescheid gewusst und hätten die künftige Entwicklung der Stiftung (einschließlich allfälliger Kapitalzuschüsse) beeinflussen können. Die Finanzverwaltung habe erst im Verlaufe der Außenprüfung den gesamten Sachverhalt erfahren und daher erst im Jahre 2010 die notwendigen Buchungen auf dem Abgabenkonto vornehmen können; dies ändere jedoch nichts an der Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlungen für die Voranmeldungszeiträume Jänner 2003 bis Dezember 2004.
Dagegen beantragte der Bf. mit Eingabe vom die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht sowie die Anberaumung einer mündlichen Senatsverhandlung.
Vorweg sei festzuhalten, dass die Beschwerdevorentscheidung die o.g. Bescheidbeschwerde nur hinsichtlich der Anfechtung des Haftungsbescheides, nicht jedoch auch hinsichtlich der Anfechtungen der zu Grunde liegenden Umsatzsteuerbescheide und Wiederaufnahmebescheide erledige, die damit noch als unerledigt anzusehen seien.
Zur Abweisung der hier verfahrensgegenständlichen Bescheidbeschwerde hinsichtlich des Haftungsbescheides sei zu bemerken, dass diese rechtswidrig erfolgt sei.
Die Abgabenbehörde verkenne, dass eine Haftung gem. § 9 BAO nur dann und insoweit zum Tragen kommen könne, als eine Abgabe während der Dauer der Vertretungsbefugnis fällig geworden sei. Wie der Sachverhaltsschilderung zu entnehmen sei, habe die XY Privatstiftung, vertreten durch ihre damaligen Stiftungsvorstände, für die Jahre 2003 und 2004 die in diesen Fällen üblichen Prognoserechnungen gewissenhaft und sachgerecht erstellt und im Zuge der Veranlagung der Umsatzsteuer für die Jahre 2003 und 2004 der Abgabenbehörde vorgelegt.
Es sei davon auszugehen, dass seitens des Finanzamtes eine gesetzeskonforme Prüfung der Abgabenerklärungen und der dazu eingereichten Unterlagen erfolgt sei, die zu einer endgültigen Abgabenfestsetzung für diese beiden Jahre geführt habe. Es sei daher weiters davon auszugehen, dass auch nach Einschätzung der Abgabenbehörde die Eigenschaft der Vermietungstätigkeit für diese Jahre als Einkunftsquelle nachgewiesen habe werden könne, andernfalls sie nicht berechtigt gewesen wäre, diese Abgabenbescheide zu erlassen. Die auf Grund der damaligen Abgabenfestsetzung zu leistenden Zahlungen seien vollständig und fristgerecht geleistet worden. Ein Versäumnis seitens der damals im Amt befindlichen Stiftungsvorstände sei daher nicht vorgelegen und liege bis heute nicht vor.
Die Ausführungen in der Begründung der Bescheidbeschwerde, wonach von vornherein keine Gesamtüberschüsse erwartet hätten werden können, würden somit den Ergebnissen des Abgabenfestsetzungsverfahrens widersprechen.
Erst auf Grund einer später durchgeführten Außenprüfung und auf Grund der in der Zwischenzeit (vermeintlich) erlangten Erkenntnis, dass - entgegen den ursprünglichen Prognoserechnungen - nun doch kein Einnahmenüberschuss erzielt werden könne, weil über das Vermögen der Stiftung zwischenzeitlich der Konkurs eröffnet worden sei, seien die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2003 und 2004 abgeändert worden.
Abgesehen davon, dass - wie in der allenfalls noch zu behandelnden Bescheidbeschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide - in Frage zu ziehen sei, ob auf Grund dieser erst später eingetretenen Sachverhalte eine rückwirkende Auswirkung auf die Liebhabereibeurteilung für Vorjahre anzunehmen sei und die Bescheide daher abzuändern seien, könne es dem seinerzeitigen Stiftungsvorstand nicht angelastet werden, diese künftige Entwicklung quasi nicht vorhergesehen zu haben.
Es sei daher jedenfalls davon auszugehen, dass kein schuldhaftes Fehlverhalten vorliege und damit der vorliegende Fall nicht unter § 9 BAO zu subsumieren sei.
Jedenfalls wäre ungeachtet dessen in eventu der Umstand, wonach eben erst durch spätere Ereignisse eine Abgabenschuldigkeit entstehe, die auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften eine in der Vergangenheit liegende Fälligkeit habe, bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen.
Auf das in der Bescheidbeschwerde ebenfalls vorgebrachte Argument, wonach mit Beschluss des Gerichts vom Datum2der Konkurs über das Vermögen der XY Privatstiftung nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben worden und davon auszugehen sei, dass auch das Finanzamt Wien 1/23 im Zuge dieser Masseverteilung Zahlungen erhalten habe, sei das Finanzamt in seiner Beschwerdevorentscheidung überhaupt nicht eingegangen. Es sei daher davon auszugehen, dass der angefochtene Haftungsbescheid - ungeachtet aller anderen Rechtswidrigkeiten - auch hinsichtlich der Höhe des Haftungsbetrages rechtswidrig sei.
Der Bf. ersuche daher wie bereits in der Bescheidbeschwerde vorgebracht um antragsmäßige Aufhebung sämtlicher angefochtener Bescheide.
Mit Eingabe vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung ( 96/17/0066 ). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().
Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit fest, da mit Beschluss des LandesgerichtesSvom Datum9 der über das Vermögen der Stiftung am Datum1 eröffnete Konkurs nach Verteilung lediglich an die Massegläubiger aufgehoben wurde. Die Konkursgläubiger haben keine Quote erhalten, somit auch nicht das Finanzamt.
Unbestritten ist, dass dem Bf. als Mitglied des Stiftungsvorstandes im Zeitraum vom Datum3bis Datum4 die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Stiftung oblag. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.
Voraussetzung für die Geltendmachung der Haftung ist eine schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. als Mitglied des Stiftungsvorstandes.
Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.
Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.
Die Abgabenbehörde hat zwar von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen. Die Haftung nach § 9 BAO erfordert allerdings eine schuldhafte Verletzung der dem Vertreter auferlegten Pflichten. Deshalb hat sich die Behörde mit den Einwänden des zur Abgabenhaftung herangezogenen ehemaligen Mitgliedes des Stiftungsvorstandes zu befassen, dass ihn kein Verschulden getroffen habe ( ).
Grundsätzlich ist in einem Haftungsbescheidverfahren somit die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung nicht zu prüfen, jedoch steht diese Vorgabe eben in einem Spannungsfeld zum Nachweis einer schuldhaften Pflichtverletzung .
Erst wenn man zu dem Schluss kommt, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegt, ist in einem zweiten Prüfungsschritt für eine Haftungsinanspruchnahme ein Vorbringen zur Höhe der festgesetzten schuldhaft nicht entrichteten Abgabe als irrelevant zu bewerten und die Partei darauf zu verweisen, dass Streitigkeiten darüber im Festsetzungsverfahren (dritter Schritt, wenn bei einer Haftungsinanspruchnahme von dem Recht Gebrauch gemacht wird, die Abgabenfestsetzung zu bekämpfen) auszutragen sind.
Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme. Eine bestimmte Schuldform ist jedoch nicht gefordert (z. B. , , 95/15/0137).
Im vorliegenden Beschwerdefall geht es nicht um einen von vornherein fehlerhaften oder gar missbräuchlichen Vorsteuerabzug zum Zeitpunkt der jeweiligen Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen, sondern darum, ob der Bf. in jenem Zeitraum, für den die Primärschuldnerin Vorsteuern geltend gemacht hat, von deren Unternehmereigenschaft iSd § 2 Abs. 1 UStG als persönliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ausgehen durfte.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine Haftung im Sinne des § 9 BAO nur bei schuldhafter Verletzung der dem Vertreter auferlegten Pflichten besteht, ist zu prüfen, ob dem Bf. die objektive Rechtswidrigkeit seines Verhaltens (Geltendmachung von Vorsteuern auf Grund von Rechnungen, obwohl keine unternehmerische Tätigkeit ausgeführt wird) subjektiv vorwerfbar ist. Eine solche Vorwerfbarkeit wäre nur dann gegeben, wenn der Bf. im Zeitpunkt, in dem er mit Umsatzsteuervoranmeldung die Vorsteuern geltend machte, bei Aufwendung der zu fordernden Sorgfalt die Unrichtigkeit der Einschätzung als Unternehmer hätte erkennen können (ähnlich , ).
Der Bf. hat in seiner Beschwerde vorgetragen, dass die Umstände, die zur Änderung der steuerlichen Beurteilung durch die belangte Behörde führten (Liebhaberei), erst nach Beendigung seiner Vorstandstätigkeit eingetreten seien.
Grundlage die Handlungen des Bf. (Einreichung der jeweiligen Umsatzsteuervoranmeldungen 2003 und 2004 und der Umsatzsteuererklärungen) sei die erwähnte, mit dem Finanzamt akkordierte Planungsrechnung und damit die aus damaliger Sicht korrekte (jedenfalls aber zumindest vertretbare) Rechtsansicht gewesen, dass eine umsatzsteuerbare Vermietungstätigkeit vorliege.
Es könne ihm nicht vorgeworfen werden, die künftige Entwicklung nicht vorhergesehen zu haben.
Diesem Vorbringen kann aufgrund der vorgelegten Akten nicht widersprochen werden.
In der Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO anlässlich der Außenprüfung vom wurde zum Sachverhalt ausgeführt:
"Der Stifter hat im Jahr 2003 die Liegenschaft in -, L1 angeschafft. Die Privatstiftung errichtete als Superädifikat ein Gebäude und einen Reitstall auf dieser Liegenschaft. Ab 2007 nach Vollendung der meisten Bauarbeiten wurde das Gebäude an den Stifter AA. um € 2.400,00 plus 240,00 USt und an stiftungsnahe Unternehmen wie E- GmbH und W GmbH um jeweils € 1.500,00 plus € 300 USt vermietet. Laut den bisherigen Erklärungen liegen negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von € -15.400,89 im Jahr 2003, für 2004 von € -24.112,08 und für 2005 von € -70.114‚11 vor.
Aufgrund der gewählten Bewirtschaftung und Mietvereinbarungen kommt es zu keinem Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Dies ergibt sich daraus, dass sich durch weitere Investitionen in den Jahren 2006 bis 2009 die AfA erhöht und sonstige Aufwendungen zumindest gleich bleiben bzw. steigen werden.
Durch den Konkurs im Jahr 2010 wird die Tätigkeit beendet, wodurch sich kein
Gesamtgewinn gem. § 3 Abs. 1 LVO von der Begründung der Tätigkeit bis zu deren
Beendigung mehr errechnen kann.
Aus diesen Gründen liegt gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhaberei - Verordnung Liebhaberei vor.
Ab 2006 wurden keine Steuererklärungen mehr abgegeben, wodurch eine Schätzung gem. § 184 BAO für die Jahre 2006 bis einschließlich 2009 vorzunehmen ist. (...)
2. Allgemeines: Liegenschaft L2
Die Privatstiftung schafft im Jahr 2003 die Liegenschaft in PLZ1L2
(...) um € 260.000,00 an. Der Kaufgegenstand beinhaltet Grund und Boden und ein Gebäude.
Es sollte die Möglichkeit einer Nutzung als normale Almhütte gehobenen Standards im Sommer wie im Winter und als Tagungs- und Seminarort entstehen. Im Jahr 2004 wurde bereits mit der Planung der Almhütte begonnen, denn diese Möglichkeit der Nutzung setzt das Abreißen des vorhandenen und Errichtung eines neuen Gebäudes voraus.
Das Gebäude wurde mittlerweile abgerissen, sonst jedoch keine baulichen Maßnahmen bis zum Konkurs im Jahr 2010 getroffen.
Laut den bisherigen Erklärungen liegen negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von € -45.400,89 im Jahr 2003, für 2004 von € -17.313‚05 und für 2005 von € -30.408‚04 vor. Da es im Bereich des Objektes „L2“ zu keinen Mieteinkünften kommt, ist auch kein positives Ergebnis möglich. Es muss angenommen werden, dass sich aufgrund der weiteren Investitionen die AfA erhöht und die sonstigen Aufwendungen zumindest gleich bleiben bzw. steigen. Daraus lässt sich schließen, dass sich aus diesem Grund in den Jahren 2006 bis 2009 ebenfalls kein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwirtschaften lässt.
Aus diesem Grund liegt gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhaberei - Verordnung Liebhaberei vor.
Weiters wird aufgrund des Konkurses die Tätigkeit beendigt, wodurch sich kein Gesamtgewinn gemäß § 3 Abs. 1 LVO von der Begründung der Tätigkeit bis zu deren Beendigung errechnen kann.
Ab 2006 wurden keine Steuererklärungen mehr abgegeben, wodurch eine Schätzung gem. § 184 BAO für die Jahre 2006 bis einschließlich 2009 vorzunehmen ist."
Der Bf. hat als Mitglied des Vorstandes der Stiftung wiederholt Vorsteuerguthaben geltend gemacht, die vom Finanzamt geprüft (auf den Vorhalt der belangten Behörde vom zur Umsatzsteuervoranmeldung 12/2004 wird verwiesen) und - zu den damaligen Fälligkeitstagen - als korrekt eingebracht gebucht wurden. Unwidersprochen blieb auch seitens des Finanzamtes, dass für die Jahre 2003 und 2004 Prognoserechnungen mit positivem Ausblick vorgelegt wurden. Es wäre wohl zu einer sofortigen Rückforderung der geltend gemachten Vorsteuern gekommen, wenn die Unternehmereigenschaft nach Ansicht der Behörde zu diesem Zeitpunkt nicht als vorliegend gesehen worden wäre.
Dazu kommt noch, dass die wirtschaftlichen Unternehmungen der Stiftung in der Funktionsperiode des Bf. gerade im Planungsstadium waren. Es kann dem Bf. nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass nach Beendigung seiner Vorstandstätigkeit Mietvereinbarungen getroffen worden sind, die keinen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten ließen (Liegenschaft L1), bzw. nach erfolgtem Abriss des Altbestandes keine baulichen Maßnahmen erfolgten.
Im Hinblick auf diesen Sachverhalt kann dem Bf. für den jeweiligen Zeitpunkt der Geltendmachung nicht der Vorwurf einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme von Vorsteuern gemacht werden, zumal keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Prognoserechnung nicht auf eine unternehmerische Tätigkeit hinweise. An dieser Betrachtungsweise ändert auch der Umstand nichts, dass sich das Finanzamt im Nachhinein dazu veranlasst gesehen hat, den Vorsteuerabzug infolge der Einstufung dieser Vermietungstätigkeit als Liebhaberei wieder rückgängig zu machen. Nach diesen Ausführungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Bf. seine abgabenrechtlichen Pflichten dadurch verletzt hat, dass er für die durch die nachträgliche Aberkennung der Vorsteuern ausgelöste Steuerbelastung der Primärschuldnerin zu den jeweiligen Fälligkeitstagen keine finanzielle Vorsorge getroffen hat.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage kann kein abgabenrechtlich relevantes Fehlverhalten des Bf. erkannt werden.
Der Beschwerde war daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung eines Vertreters gemäß § 80ff BAO zu prüfen war. Da die Entscheidung auch nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Dollenz/Gruber/Knesl in PSR 2018/23 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7104835.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at