Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.12.2017, RV/2100359/2014

Zeitlicher Anwendungsbereich der §§ 8f EnFG 1979

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin N.N. in der Beschwerdesache des Beschwerdeführers über die Beschwerden vom bzw. gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt X vom betreffend Einkommensteuer 2011 bzw. vom betreffend Einkommensteuer 2009, 2010 und 2012 zu Recht erkannt: 

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtene Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Im anhängigen Verfahren wurde die Anwendbarkeit der §§ 8f Energieförderungsgesetz 1979 (EnFG) iVm § 37 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) bei der Besteuerung des Gewinns, den der Beschwerdeführer (Bf) aus der Führung eines Kleinwasserkraftwerks (KKW) in den Jahren 2009 – 2012 erzielte, zur Klärung an das BFG herangetragen.

In den Jahren 2010 und 2011 ist zudem die rechnerische Berücksichtigung des Gewinnfreibetrages (GFB) nach § 10 EStG 1988 in den angefochtenen Bescheiden unklar.

Das Finanzamt X (FA) vertritt den Rechtsstandpunkt, dass die Begünstigungsbestimmung des § 9 EnFG auf Gewinne aus KKW, die in den Jahren nach 2008 erzielt wurden, infolge Ablaufs des zeitlichen Anwendungsbereichs der Bestimmung, generell nicht anzuwenden sei.

Der Bf geht - unter Verweis auf zwei Sachverständigengutachten (Dris. Y, Univ. Prof. Dr. Z) – davon aus, dass die Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG ohne zeitliche Befristung ausgestaltet wurde und daher auch in den verfahrensgegenständlichen Jahren anwendbar sei.

In den Beschwerden gegen die Einkommensteuer- (ESt-) Bescheide 2010 und 2011 verweist der Bf zudem darauf, dass er den anteiligen (2010) bzw. vollen (2011) GFB-Grundfreibetrag im Rahmen der Gewinnermittlungen zur StNr. 999/9999 des FA (2010) bzw. StNr. 999/8888 des FA (2011) geltend gemacht habe und daher beim Gewinn seines Einzelunternehmens kein GFB mehr in Abzug zu bringen sei.

Nach abweisenden Beschwerdevorentscheidungen legte das FA die Rechtsmittel - unter ausführlicher Darlegung seines Standpunkts im Vorlageantrag - dem BFG zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der Bf betrieb im Verfahrenszeitraum als Einzelunternehmer das KKW (Standort) (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988). Verfahrensgegenständlich ist die Anwendbarkeit des § 9 Abs. 1 EnFG 1979 bei der Besteuerung nur hinsichtlich des Gewinns aus diesem einzelunternehmerisch geführten Betrieb.

Der Bf war im Verfahrenszeitraum auch an mehreren KKW beteiligt, deren Gewinnanteile in seine ESt-Bescheide jeweils nach Ergehen von Feststellungsbescheiden gemäß § 188 BAO auf Basis von „Tangentenmitteilungen“ einflossen. Inwieweit für derartige Gewinnanteile ebenfalls die Begünstigung des § 9 EnFG iVm § 37 EStG zur Anwendung zu kommen hat, ist Gegenstand von gesonderten Rechtsmittelverfahren, deren Ergebnis im Rahmen von Bescheidänderungen nach § 295  BAO zu berücksichtigen sein werden. In der gegenständlichen Entscheidung wird darauf nicht eingegangen.

Für das anhängige Verfahren sind primär die folgenden Bestimmungen der §§ 8f EnFG 1979, BGBl. Nr. 567/1979, idF BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985 relevant:

§ 8 (1) Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1), die von den §§ 1 bis 6 keinen Gebrauch machen und deren Ausbauleistung insgesamt 10 000 kW nicht übersteigt, können von § 9 Gebrauch machen. Voraussetzung ist, daß die Stromerzeugung den ausschließlichen Betriebsgegenstand darstellt, daß es sich bei den Stromerzeugungsanlagen um Wasserkraftanlagen handelt, die nach dem in Betrieb genommen wurden, die energiewirtschaftlich zweckmäßig sind (§ 20) und für die eine vorzeitige Abschreibung gemäß § 8 Abs. 4 Z 4 des Einkommensteuergesetzes nicht in Anspruch genommen wurde, und daß der Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt wird.

(2) Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1) ohne Versorgungsgebiet können bei Vorliegen der im Abs. 1 genannten Voraussetzungen von den Bestimmungen des § 9 Gebrauch machen, wenn eine Abnahmevereinbarung auf mindestens zehn Jahre mit einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1) besteht. Die Begünstigungen nach § 9 können erstmalig für das Wirtschaftsjahr in Anspruch genommen werden, für dessen vollen Zeitraum die Abnahmevereinbarung wirksam ist, und nur solange, als die Abnahmevereinbarung gilt.

§ 9 (1)Die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ermäßigt sich ab dem Betriebsbeginn für die Dauer von zwanzig Jahren auf die Hälfte der gesetzlichen Beträge.“ (…)

Beide Verfahrensparteien gehen übereinstimmend davon aus, dass das KKW (Standort) die in § 8 EnFG formulierten Voraussetzungen zur Anwendung der Begünstigungsbestimmung des § 9 EnFG dem Grunde nach erfüllt. Auch das BFG sieht aufgrund der vorgelegten Verfahrensunterlagen keine Veranlassung daran zu zweifeln.

Strittig ist allerdings der zeitliche Anwendungsbereich der maßgeblichen Bestimmungen des EnFG, konkret, ob die Begünstigungsbestimmung des § 9 Abs. 1 EnFG auch in den Jahren 2009 - 2012 noch anwendbar ist.

Die Frage der Anwendbarkeit der Bestimmungen der §§ 8f EnFG auf KKW-Gewinne der Jahre nach 2008 wurde bereits an den VwGH herangetragen. Im Erkenntnis vom 14.Sept 2017, Ro 2015/15/0042, das den gleichgelagerten Fall einer GmbH aus dem Zuständigkeitsbereich desselben FA betraf, hat sich der Gerichtshof dazu bejahend wie folgt geäußert:

„1Die Mitbeteiligte, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, erzielte im Jahr 2012 Einkünfte aus dem Betrieb bzw. der Veräußerung von Wasserkraftwerken in Z (erbaut und in Betrieb genommen im Jahr 2002) und in K (revitalisiert und im September 2006 wiederum in Betrieb genommen) und machte für diese Einkünfte die Steuerbegünstigung (Hälftesteuersatz) gemäß § 8 in Verbindung mit § 9 des Energieförderungsgesetzes 1979 (im Folgenden: EnFG 1979 oder nur EnFG) geltend.

2 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer 2012 ohne Halbsatzbegünstigung fest.

3 Die Mitbeteiligte erhob gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2012 Beschwerde und führte - bezugnehmend auf der Beschwerde beigelegte Rechtsgutachten - aus, dass es sich bei ihr um ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen handle, dass den Gewinn nach § 5 EStG 1988 ermittle. Es stehe auch fest, dass die Stromerzeugung den ausschließlichen Betriebsgegenstand der Mitbeteiligten bilde und die von ihr bis zum Jahr 2012 betriebenen und sodann verkauften Wasserkraftwerke die Ausbauleistung von 10.000 kW nicht überschritten hätten. Die besagten Wasserkraftwerke seien nach dem in Betrieb genommen worden, weshalb ihr die Begünstigung nach §§ 8 f EnFG zustehe.

4 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und führte begründend hierzu aus, die §§ 1 bis 6 EnFG sähen steuerliche Begünstigungen für Elektrizitätsversorgungsunternehmen iSd Elektrizitätswirtschaftsgesetzes vor. Gemäß § 1 EnFG könnten zu Lasten der Gewinne der Wirtschaftsjahre 1980 bis 1989 aus dem der Stromabgabe dienenden Teil des Unternehmens steuerfreie Rücklagen bis zu 50% des Gewinnes gebildet werden.

Energieversorgungsunternehmen, die von den steuerlichen Begünstigungen der § 1 bis 6 EnFG nicht Gebrauch machten und deren Ausbauleistung insgesamt 10.000 kW nicht übersteige, könnten nach § 8 EnFG die Begünstigung des § 9 EnFG in Anspruch nehmen, wonach sich die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ab Betriebsbeginn für die Dauer von zwanzig Jahren auf die Hälfte ermäßige. Die Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG stelle eine Alternative zur Begünstigung der §§ 1 bis 6 EnFG dar. Da insbesondere die Begünstigungen der §§ 1 und 4 EnFG nur für Wirtschaftsjahre, die in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endeten, in Anspruch genommen werden könnten, sei eine alternative erstmalige Inanspruchnahme der Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG ebenfalls auf diesen Zeitraum beschränkt. § 9 EnFG sehe eine Halbierung der Einkommenbzw. Körperschaftsteuer ab Betriebsbeginn für die Dauer von zwanzig Jahren vor. Eine letztmalige Inanspruchnahme der Begünstigung des § 9 EnFG sei daher, sofern im Jahr 1989 der Betrieb begonnen worden sei, im Jahr 2008 möglich.

5 Von der Mitbeteiligten wurde der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht gestellt.

6 Das Bundesfinanzgericht gelangte - anders als das Finanzamt - zur Auffassung, dass der Mitbeteiligten die steuerliche Begünstigung der §§ 8 f EnFG für die Einkünfte aus dem laufenden Betrieb und für die Einkünfte aus der Veräußerung der Wasserkraftwerke grundsätzlich zustehe, und hob mit dem angefochtenen Beschluss den Körperschaftsteuerbescheid 2012 und die dazu ergangene Beschwerdevorentscheidung gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt auf.

(…)

10 Gegen diesen Beschluss richtet sich die Revision des Finanzamtes, welches die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Beschlusses darin erblickt, dass "das Bundesfinanzgericht im Wege der historischen Gesetzesinterpretation im Widerspruch zu § 9 EnFG zur Auffassung gelangt ist, dass die steuerliche Begünstigung des § 9 iVm § 8 EnFG 1979 nicht an die in § 1 EnFG 1979 normierte Befristung geknüpft ist". (…)

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Im Revisionsfall ist die Frage strittig, ob die §§ 8 f EnFG 1979, BGBl. Nr. 567/1979, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985, nur für - in § 8 EnFG 1979 näher spezifizierte - Wasserkraftanlagen anwendbar sind, die zwischen dem und dem in Betrieb genommen worden sind (Ansicht des Finanzamtes), oder für alle besagten Wasserkraftanlagen, die nach dem in Betrieb genommen worden sind (Ansicht der mitbeteiligten Partei).

14 Das Bundesgesetz vom über die Förderung von Energieversorgungsunternehmen (EnFG), BGBl. Nr. 567/1979, lautet auszugsweise:

"§ 1. Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 260/1975, deren Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 oder § 5 des Einkommensteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 440, ermittelt wird und bei deren Gewinnermittlung im selben Jahr keine Investitionsrücklage gemäß § 9 des Einkommensteuergesetzes gebildet wird, können zu Lasten der Gewinne der in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endenden Wirtschaftsjahre steuerfreie Rücklagen im Ausmaß bis zu 50 v. H. des Gewinnes vor Bildung der Gewerbesteuerrückstellung und nach Abzug aller anderen Betriebsausgaben bilden. Die Rücklage ist in der Bilanz unter der Bezeichnung Elektrizitätsförderungs-Rücklage nach Wirtschaftsjahren aufzugliedern und gesondert auszuweisen. (...)

§ 4. Für Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1) ermäßigt sich für die Kalenderjahre 1980 bis einschließlich 1989 die Gewerbesteuer nach dem Gewerbekapital für den der Stromabgabe an Dritte dienenden Teil des Vermögens auf die Hälfte der gesetzlichen Beträge. (...)

§ 8. (1) Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1), die von den Bestimmungen der §§ 1 bis 7 keinen Gebrauch machen und deren Ausbauleistung insgesamt 10 000 kW nicht übersteigt, können hinsichtlich ihrer Stromerzeugungsanlagen von den Bestimmungen des § 9 Gebrauch machen. Voraussetzung ist, daß es sich bei den Stromerzeugungsanlagen um Wasserkraftanlagen handelt, die nach dem in Betrieb genommen werden und daß die Stromerzeugung den ausschließlichen Betriebsgegenstand darstellt, sowie daß der Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt wird. (...)

§ 9. (1) Die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer), die auf den Gewinn aus den Stromerzeugungsanlagen entfällt, ermäßigt sich ab dem Betriebsbeginn für die Dauer von zwanzig Jahren auf die Hälfte der gesetzlichen Beträge. (...)"

15 Die §§ 8 und 9 EnFG 1979 entsprechen nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage grundsätzlich den dem EFG 1969 durch die Novelle BGBl. Nr. 197/1975 angefügten §§ 8 bis 10 (vgl. 112 BlgNR 15. GP 7 ff).

16 Mit den Bundesgesetzen vom , BGBl. Nr. 353/1982, und vom , BGBl. Nr. 252/1985, wurde das EnFG 1979 geändert, wobei die durch BGBl. Nr. 252/1985 erfolgten Änderungen u.a. § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 EnFG betrafen.

Diese Bestimmungen lauten seit der Änderung wie folgt:

"§ 8. (1) Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1), die von den §§ 1 bis 6 keinen Gebrauch machen und deren Ausbauleistung insgesamt 10 000 kW nicht übersteigt, können von § 9 Gebrauch machen. Voraussetzung ist, daß die Stromerzeugung den ausschließlichen Betriebsgegenstand darstellt, daß es sich bei den Stromerzeugungsanlagen um Wasserkraftanlagen handelt, die nach dem in Betrieb genommen wurden, die energiewirtschaftlich zweckmäßig sind (§ 20) und für die eine vorzeitige Abschreibung gemäß § 8 Abs. 4 Z 4 des Einkommensteuergesetzes nicht in Anspruch genommen wurde, und daß der Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt wird.

§ 9. (1) Die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ermäßigt sich ab dem Betriebsbeginn für die Dauer von zwanzig Jahren auf die Hälfte der gesetzlichen Beträge."

17 Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 8 Abs. 1 EnFG in der Fassung BGBl. Nr. 252/1985 (vgl. 571 BlgNR 16. GP 12) sollen die abgabenrechtlichen Begünstigungen für Kleinwasserkraftanlagen entsprechend der bisherigen Auslegung in Übereinstimmung mit der im § 8 Abs. 4 Z 4 EStG 1972 enthaltenen Ausschlussbestimmung nur dann in Anspruch genommen werden können, wenn für die Anlagen die erhöhte vorzeitige Abschreibung nicht geltend gemacht wurde. Als zusätzliche Voraussetzung ist neu vorgesehen, dass die Stromerzeugungsanlagen energiewirtschaftlich zweckmäßig sind. Die energiewirtschaftliche Zweckmäßigkeit ist entsprechend dem 4. Abschnitt vom Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu bescheinigen. Nach der Übergangsbestimmung des Art. II Z 3 ist jedoch für Kleinwasserkraftanlagen, mit deren Bau vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes begonnen wurde, eine Bescheinigung der energiewirtschaftlichen Zweckmäßigkeit nicht erforderlich.

18 Der Abschnitt IV des 3. Abgabenrechtsänderungsgesetzes 1987, BGBl. Nr. 606/1987, lautete auszugsweise wie folgt:

"Artikel I

Das Energieförderungsgesetz 1979, BGBl. Nr. 567, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985 wird aufgehoben.

Artikel II

1. Artikel I ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1988, ... anzuwenden. (...)

3. a) Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 260/1975, in der jeweils geltenden Fassung, deren Ausbauleistung insgesamt 10 000 kW nicht übersteigt, können von den Begünstigungen der lit. b Gebrauch machen. Voraussetzung ist, daß die Stromerzeugung den ausschließlichen Betriebsgegenstand darstellt, daß es sich bei den Stromerzeugungsanlagen um Wasserkraftanlagen handelt, die nach dem in Betrieb genommen wurden, mit deren tatsächlichen Bauausführungen vor dem begonnen wird und für die eine vorzeitige Abschreibung gemäß § 8 Abs. 4 Z 4 des Einkommensteuergesetzes nicht in Anspruch genommen wurde, und daß der Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt wird.

(...)

b) Die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ermäßigt sich ab dem Betriebsbeginn für die Dauer von zwanzig Jahren auf die Hälfte der gesetzlichen Beträge. (...)"

19 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Abschnitt IV des 3. Abgabenrechtsänderungsgesetzes 1987 lauten auszugsweise (vgl. 277 BlgNR 17. GP 9):

"Zu Art. I: Das mit Ende 1989 befristete Energieförderungsgesetz 1979 soll bereits mit Ende 1987 außer Kraft treten, da die in Zeiten des Aufbaues der Elektrizitätswirtschaft sinnvollen steuerlichen Begünstigungen ihre Bedeutung verloren haben. (...)

Zu Art II: (...) Die bisher in den§§ 8 und 9 EnFG 1979 verankerten abgabenrechtlichen Begünstigungen für Kleinwasserkraftwerke sollen in der Weise auslaufen, daß die zwanzigjährige Steuerermäßigung im ertragsteuerlichen Bereich nur mehr für Kraftwerke zustehen soll, mit deren Bau - abgestellt auf die tatsächliche Bauausführungen - vor dem begonnen worden ist. (...) Der schon bisher bestehende Ausschluß von Doppelbegünstigungen im Bereich der Gewinnermittlung soll weiterhin dadurch gewährleistet bleiben, daß die Inanspruchnahme dieser Begünstigungen als Inanspruchnahme von Begünstigungen im Sinne des EnFG 1979 gilt."

20 Mit Erkenntnis vom , G 114/93, erkannte der Verfassungsgerichtshof wie folgt zu Recht:

"Der Abschnitt IV des 3. Abgabenänderungsgesetzes 1987, BGBl. Nr. 606, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Mit diesem Zeitpunkt tritt das Energieförderungsgesetz 1979, BGBl. Nr. 567/1979, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985 wieder in Wirksamkeit."

21 Die Kundmachung dieser Aufhebung erfolgte im BGBl. Nr. 80/1994.

22 Das revisionswerbende Finanzamt vertritt - wie im Verwaltungsverfahren - den Standpunkt, dass der im § 1 EnFG 1979 geregelte zeitliche Anwendungsbereich auch für die Begünstigung gemäß §§ 8 f EnFG gelte. Der Gesetzgeber habe hinsichtlich der "Befristung" auf die Bestimmung des § 1 EnFG abgestellt. Diese Interpretation werde von Pokorny gestützt, der in einem 1987 erschienen Artikel die Auffassung vertreten habe, dass es sich bei der fehlenden Befristungsregelung um einen Redaktionsfehler handle. Diese Interpretation ergebe sich auch aus dem - später vom VfGH kassierten - Abschnitt IV des 3. Abgabenänderungsgesetzes 1987, der eine entsprechende "Befristung" enthalten habe. Dass die hier in Rede stehenden Bestimmungen des EnFG "bereits zeitlich ausgelaufen sind", leitet das Finanzamt auch daraus ab, dass § 8 EnFG auf den Begriff des Elektrizitätsversorgungsunternehmens abstelle und § 1 EnFG hinsichtlich der Definition dieses Begriffes auf das Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975 verweise, das mit außer Kraft getreten sei.

23 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses aufgezeigt.

24 Zunächst ist darauf zu verweisen, dass sich § 1 EnFG 1979 einer völlig anderen Technik der Festlegung seines zeitlichen Anwendungsbereiches bedient als § 8 EnFG 1979. Während in § 1 EnFG 1979 von Rücklagen zu Lasten der Gewinne "der in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endenden Wirtschaftsjahre" die Rede ist, stellt § 8 EnFG 1979 auf den Beginn einer betrieblichen Betätigung ab, nämlich auf Wasserkraftanlagen, "die nach dem in Betrieb genommen werden".

25 Dazu kommt, dass von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers bei der Festlegung des zeitlichen Anwendungsbereiches des § 8 EnFG keine Rede sein kann.

26 Von einem Redaktionsversehen spricht man, wenn die Formulierung des Gesetzes durch einen Fehler in der technischen Ausarbeitung nachweislich mit dem zugrunde liegenden Willen nicht übereinstimmt, also etwa die Gesetzesredaktoren einen Ausdruck lediglich versehentlich im Text belassen haben. Solche "Erklärungsirrtümer" des Gesetzgebers können gegebenenfalls im Wege der Auslegung entsprechend der wirklichen Absicht berichtigt werden (vgl. z.B. , mwN).

27 Im gegenständlichen Fall liegt nicht einmal ein Indiz für einen (offensichtlichen) Erklärungsirrtum des Gesetzgebers im Bereich des § 8 EnFG 1979, BGBl Nr. 657/1979 (auch in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985), vor. Der Gesetzgeber regelt den zeitlichen Anwendungsbereich in § 1 EnFG 1979 einerseits und in § 8 EnFG 1979 gezielt unterschiedlich. Während § 1 EnFG 1979 auf den Gewinn der in bestimmt genannten (zehn) Kalenderjahren endenden Wirtschaftsjahre von Elektrizitätsversorgungsunternehmen abstellt, knüpft § 8 EnFG 1979 an Wasserkraftanlagen an, die nach einem bestimmten Stichtag in Betrieb genommen werden, und normiert eine Rechtsfolge für zwanzig Veranlagungsjahre ab dieser Inbetriebnahme. Der eindeutige Wortlaut des § 8 EnFG 1979 bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass der zeitliche Bedingungsbereich der Norm auf die Errichtung einer Anlage oder deren Inbetriebnahme vor Ablauf des Jahres 1989 eingeschränkt wäre. Auch die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung des EnFG 1979 oder den genannten Novellen enthalten keinen Hinweis auf eine solche Einschränkung.

28 Wie oben dargestellt, ist § 8 EnFG 1979 durch die Novelle 1985 neu gefasst worden. Dabei hat der Gesetzgeber die bereits in der Stammfassung des EnFG 1979 gewählte Technik der Festlegung des zeitlichen Anwendungsbereichs beibehalten, indem er unverändert auf Wasserkraftanlagen abstellt, "die nach dem in Betrieb genommen wurden".

29 Erst mit Abschnitt IV des 3. Abgabenrechtsänderungsgesetzes 1987 normierte der Gesetzgeber die Einschränkung auf nach dem in Betrieb genommene Wasserkraftanlagen, "mit deren tatsächlichen Bauausführungen vor dem begonnen wird." Auf diese Einschränkung darf jedoch nicht Bedacht genommen werden, weil der Verfassungsgerichthof mit Erkenntnis vom Abschnitt IV des 3. Abgabenänderungsgesetzes 1987 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen hat, dass das EnFG 1979, BGBl. Nr. 567/1979, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985 wieder in Wirksamkeit tritt.

30 Soweit das Finanzamt aus dem Umstand, dass § 8 EnFG auf den Begriff des Elektrizitätsversorgungsunternehmens abstellt und § 1 EnFG hinsichtlich der Definition von Elektrizitätsversorgungsunternehmen auf das mit außer Kraft getretene Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975 verweist, abzuleiten versucht, dass die Bestimmungen des EnFG "bereits zeitlich ausgelaufen sind", ist ihm zu entgegnen, dass der Verweis - zumal er nicht auf die jeweils geltende Fassung des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 1975 abstellt - als statischer Verweis auf das im Jahr 1979 in Geltung gestandene Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975, BGBl. Nr.  260/1975, zu verstehen ist.

31 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.“

Auch für das anhängige Verfahren, in dem das FA seinen Standpunkt mit identer Begründung argumentiert, ergibt sich aus dem zitierten VwGH-Erkenntnis die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 9 Abs. 1 EnFG in den Verfahrensjahren und damit eine Besteuerung des Gewinns aus dem KKW (Standort) mit dem Hälftesteuersatz nach § 37 EStG. Den Beschwerden des Bf war insofern stattzugeben.

Ebenso berechtigt ist das Vorbringen des Bf zum Gewinnfreibetrag in den ESt-Bescheiden für 2010 und 2011.

§ 10 EStG 1988 idF für die Jahre 2010 und 2011 lautet, soweit verfahrensrelevant:

„(1) Bei natürlichen Personen kann bei der Gewinnermittlung eines Betriebes ein Gewinnfreibetrag bis zu 13% des Gewinnes, insgesamt jedoch höchstens 100 000 Euro im Veranlagungsjahr, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gewinnmindernd geltend gemacht werden:

1. Bemessungsgrundlage ist der Gewinn, ausgenommen Veräußerungsgewinne (§ 24) und Einkünfte im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 1 und 2, auf die der besondere Satz des § 27a Abs. 1 angewendet wird.

2. Der Gewinnfreibetrag steht dem Steuerpflichtigen für jedes Kalenderjahr einmal bis zu einer Bemessungsgrundlage von 30 000 Euro zu (Grundfreibetrag). Erzielt der Steuerpflichtige Einkünfte aus mehreren Betrieben, ist der Grundfreibetrag nach Wahl des Steuerpflichtigen zuzuordnen. Wird vom Wahlrecht nicht Gebrauch gemacht, ist der Grundfreibetrag im Verhältnis der Gewinne zuzuordnen.

(…)

(2) Bei Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, können nur die Gesellschafter den Gewinnfreibetrag im Sinne des Abs. 1 in Anspruch nehmen. Sowohl der Grundfreibetrag als auch der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag, höchstens jedoch 100 000 Euro (Abs. 1), sind bei den Mitunternehmern mit einem der Gewinnbeteiligung entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Hält der Mitunternehmer die Beteiligung im Betriebsvermögen eines Betriebes, kann der Gewinnfreibetrag nur bei Ermittlung des Gewinnes dieses Betriebes berücksichtigt werden.

(…)

(7) Voraussetzungen für die Geltendmachung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages (Abs. 1 Z 3) sind:

1. Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag wird in der Einkommensteuererklärung oder Feststellungserklärung an der dafür vorgesehenen Stelle ausgewiesen. (…)“

Der abgabenbehördlichen Datenbank ist zu ersehen, dass im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung des FA vom zur StNr. 999/9999 (Wasserkraftwerk KG) betreffend den Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für das Jahr 2010 der im anhängigen Verfahren strittige anteilige GFB von 781,42 € beim Gewinnanteil des Bf berücksichtigt wurde.

Für 2011 wurde im Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO des FA vom zur StNr. 999/8888 (Elektro GmbH & Co KG) vom Gewinnanteil des Bf ein GFB von 3.900,- € in Abzug gebracht.

Da die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in den angefochtenen ESt-Bescheiden für 2010 und 2011 ein weiteres Mal um den (anteiligen) GFB gekürzt wurden, waren diese um 781,42 € (2010) bzw. 3.900,- € (2011) zu erhöhen.

Den Beschwerden des Bf war daher insgesamt stattzugeben.

Die rechnerischen Auswirkungen der gegenständlichen Entscheidung sind den Beilagen zu entnehmen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine gesicherte Rechtsprechung besteht bereits bei Vorliegen eines begründeten Erkenntnisses (vgl. ).

Im vorliegenden Rechtsmittelverfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, auf welche die angeführten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision zutreffen, da die strittigen Rechtsfragen durch das zitierte VwGH-Erkenntnis ausreichend beantwortet sind.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 37 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 9 Abs. 1 EnFG, Energieförderungsgesetz 1979, BGBl. Nr. 567/1979
§ 8 EnFG, Energieförderungsgesetz 1979, BGBl. Nr. 567/1979
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.2100359.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at