Nicht nachgewiesene Betriebsausgaben
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom (Postaufgabe: ) gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom , betreffend Einkommensteuer 2014 entschieden:
Der Beschwerde wird teilweise statt gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.
Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Im Einkommensteuerbescheid 2014 vom wurden die Besteuerungsgrundlagen geschätzt. Dieser Bescheid war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde vom Beschwerdeführer (Bf.) mit der Beschwerde vom angefochten.
2. In der Beschwerde vom wurde beantragt, 1.) im Sanierungsverfahren anerkannte Aufwendungen und tatsächlich bezahlte Ausgaben als Betriebsausgaben und 2.) die Begünstigung des § 36 EStG im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu berücksichtigen.
Die Arbeiterkammer habe bestätigt, dass der Bf. ca. 50% der Löhne und Gehälter inkl. Abgaben (= EUR 18.186,00) bezahlt habe. EUR 18.186,00 seien daher von den geschätzten Einnahmen abzuziehen.
Die Personalverrechnung sei lückenlos vorhanden und sei bei den Abgabenbehörden eingereicht worden. Eine von der Arbeiterkammer erstellte Liste der bezahlten Löhne könne vorgelegt werden.
Im Sanierungsverfahren wurde eine Quote von 50% beantragt. Vorgeschlagen wurde, das Ergebnis des Sanierungsverfahrens abzuwarten. Bei einer Quote von 20% betrage der Schulderlass EUR 46.643,00.
Die festzusetzende Einkommensteuer betrage EUR 11.661,00.
3. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben. Begründend wurde auf ein Telefongespräch verwiesen.
Lt. Aktenvermerk vom konnte die Nichtfestsetzung des Sanierungsgewinns nicht durchgeführt werden, da der Konkurs noch nicht beendet war. Quotenzahlungen wurden nicht geleistet, weshalb kein Sanierungsgewinn zu berechnen sei. Lohnkosten iHv EUR 17.700,00 wurden bereits bei der Schätzung berücksichtigt. Die Differenz zu den beantragten Betriebsaufgaben wurde als Betriebsausgabe anerkannt.
Die Beschwerdevorentscheidung war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit dem Vorlageantrag vom angefochten.
4. Im Vorlageantrag vom 23.05.2016wurde vorgebracht, dass der Bf. ein sog. § 4 Abs 1 Ermittler war. Nicht bezahlte Aufwendungen (Wareneinsatz) seien bei der Schätzung zu berücksichtigen.
5. Zum Vorlageantrag äußerte sich das Finanzamt wie folgt: „Für die Jahre 2013 und 2014 wurde seitens der Beschwerdeführerin mitgeteilt, „ ... dass laut Auskunft des Steuerberaters keine Buchhaltungsunterlagen für die Jahre 2013 und 2014 vorliegen und ersuche daher, um Veranlassung der Schätzung.“ (Schreiben vom ). § 4 Abs 1 EStG lautet: Gewinn ist der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vergangenen Wirtschaftsjahres… § 4 Abs 3 EStG lautet: Der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben darf dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden. Da keine Buchführungspflicht bestand und auch nicht freiwillig Bücher geführt wurden, kann nicht von einer Buchführung und Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs 1 EStG ausgegangen werden. Diesbezüglich wird auch aus der Beschwerde vom zitiert, wobei um Ansatz der Personalkosten in abweichender Höhe begehrt wurde: „Es sind daher diese nachgewiesen bezahlten Aufwendungen anzusetzen. Andere vom Klienten bezahlten Aufwendungen werden nicht geltend gemacht, da keine ordnungsgemäße Buchhaltung aufgebaut wurde.“ Es wird angeregt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen“.
6. BFG-Ermittlungen: Lt. Insolvenzdatei wurde das Sanierungsverfahren am ... eröffnet. In der Sanierungsplantagsatzung machte der Bf. den Sanierungsplanvorschlag mit der 20%-Quote. Lt. Beschluss vom zog der Bf. den Sanierungsplan zurück. Mit Beschluss vom wurde der Konkurs mangels kostendeckendem Vermögen aufgehoben (Stand ).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Der Vorlageantrag ist frist- und formgerecht eingebracht worden. Deshalb scheidet die Beschwerdevorentscheidung mit dieser Entscheidung aus dem Rechtsbestand aus und wird zum Vorhalt. Da die Beschwerde auch frist- und formgerecht eingebracht worden ist, ist über die Beschwerde „in der Sache“ zu entscheiden.
1. Beschwerdepunkt/e
Die Beschwerdebegehren aus Beschwerde und Vorlageantrag zusammen gefasst, ist im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht strittig, ob und wenn ja in welcher Höhe 1.) Personalkosten als Betriebsausgaben absetzbar sind, 2.) ein Schulderlass nach § 36 EStG 1988 idgF begünstigt ist und 3.) nicht bezahlte Aufwendungen (Wareneinsatz) bei der Schätzung als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
2. Sach- und Beweislage
Der Entscheidung ist folgende, aus den Feststellungen der Betriebsprüfung, dem Beschwerdevorbringen und der Insolvenzdatei sich ergebende Sach- und Beweislage zugrunde zu legen:
1. Die Besteuerungsgrundlagen sind geschätzt worden. Bei dieser Schätzung sind von den geschätzten Einnahmen Personalkosten iHv EUR 17.700,00 abgezogen worden. Der Bf. hat beantragt, die Personalkosten iHv EUR 18.186,00 als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
2. Der Bf. hat den Sanierungsplan mit der 20%-Quote zurückgezogen. Sanierungsgewinne sind nicht erzielt worden.
3. Der Bf. hat im Streitjahr keine Bücher geführt.
3. Rechtslage
Gemäß § 184 Abs 1 Bundesabgabenordnung – BAO idgF sind die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, wenn diese nicht ermittelt oder berechnet werden können. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Gemäß § 184 Abs 2 BAO idgF ist insbesondere dann zu schätzen, wenn Abgabepflichtige über ihre Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermögen oder weitere Auskunft über Umstände verweigern, die für die Ermittlung der Grundlagen nach Abs 1 leg.cit. wesentlich sind. Gemäß § 184 Abs 3 BAO idgF ist ferner zu schätzen, wenn Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die sie nach den Abgabenvorschriften zu führen haben, nicht vorlegen oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
Gemäß § 4 Abs 1 Einkommensteuergesetz – EStG 1988 idgF ist „Gewinn“ der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des voran gegangenen Wirtschaftsjahres.
Gemäß § 4 Abs 3 EStG 1988 idgF darf der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden.
Gemäß § 4 Abs 4 EStG 1988 idgF sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.
Gemäß § 36 Abs 1 EStG 1988 idgF hat die Steuerfestsetzung in den Fällen des Abs 2 nach Maßgabe des Abs 3 zu erfolgen, wenn im Einkommen eines Steuerpflichtigen aus einem Schulderlass resultierende Gewinne enthalten sind.
Gemäß § 36 Abs 2 EStG 1988 idgF sind aus dem Schulderlass resultierende Gewinne solche, die entstanden sind durch:
1. Erfüllung eines Sanierungsplans gemäß §§ 140 bis 156 der Insolvenzordnung (IO),
2. Erfüllung eines Zahlungsplanes (§§ 193 bis 198 IO) oder
3. Erteilung einer Restschuldbefreiung nach Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens (§§ 199 bis 216 IO).
Gemäß § 36 Abs 3 EStG 1988 idgF gilt für die Steuerfestsetzung:
1. Es ist die Steuer vom Einkommen sowohl einschließlich als auch ausschließlich der aus dem Schulderlass resultierenden Gewinne zu berechnen und daraus der Unterschiedsbetrag zu ermitteln.
2. Auf den nach Z 1 ermittelten Unterschiedsbetrag ist der dem Schulderlass entsprechende Prozentsatz (100 Prozent abzüglich der Quote) anzuwenden.
3. Der nach Z 2 ermittelte Betrag ist von der Steuer abzuziehen, die sich aus dem Einkommen einschließlich der aus dem Schulderlass resultierenden Gewinne ergibt.
4. Rechtliche Würdigung und Entscheidung
4.1. Ad Personalkosten:
Da bei der Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen sind, sind die Personalausgaben von den geschätzten Einnahmen abziehbare Betriebsausgaben. Bei der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Schätzung sind von den geschätzten Einnahmen Personalkosten iHv EUR 17.700,00 abgezogen worden. Der Differenzbetrag zu den als Betriebsausgaben beantragten Personalkosten (EUR 18.186,00) ist auch als Betriebsausgabe abziehbar. Dem Beschwerdebegehren, Personalausgaben als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, ist daher dadurch teilweise stattzugeben, dass der Differenzbetrag zwischen bereits bei der Schätzung als Betriebsausgabe berücksichtigten Personalausgaben und beantragten Personalausgaben von den geschätzten Einnahmen abgezogen wird.
4.2. Ad Sanierungsgewinn:
Damit Gewinne gemäß § 36 EStG 1988 idgF steuerrechtlich begünstigt werden dürfen, müssen Sanierungsgewinne erzielt werden. Da der Bf. seinen Sanierungsplan mit der 20%-Quote zurückgezogen hat, hat er keine Sanierungsgewinne erzielt und hat dadurch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Begünstigung nach § 36 EStG 1988 idgF nicht erfüllt. Das Beschwerdebegehren, eine 20%-Quote gemäß § 36 EStG 1988 idgF steuerlich zu begünstigen, ist daher abzuweisen.
4.3. Ad Gewinnermittlungsart:
Wie der vorzit. Rechtslage zu entnehmen ist, ermittelt den Gewinn nach § 4 Abs 1 EStG 1988 idgF, wer Bücher führt. Bücher hat der Bf. nach eigenen Angaben im Streitjahr nicht geführt, weshalb er seinen Gewinn im Streitjahr nicht gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988 idgF ermittelt hat. Da der Bf. seinen Gewinn im Streitjahr nicht gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988 idgF ermittelt hat, sind nicht im Streitjahr bezahlte Aufwendungen (und damit auch der Wareneinsatz) nicht als Betriebsausgabe absetzbar. Das Beschwerdebegehren, nicht im Streitjahr bezahlte Aufwendungen von den geschätzten Einnahmen abzuziehen, ist daher abzuweisen.
Revision
Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Eine grundsätzlich bedeutende Rechtsfrage musste das Bundesfinanzgericht nicht beantworten, da sich die Antworten auf die Rechtsfragen, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt sind und Gewinne gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988 idgF ermittelt werden, unmittelbar aus der Rechtsordnung ergeben und die Lösung von Sachfragen nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens ist ().
Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7104980.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at