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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 23.11.2017, RV/7103797/2017

Haftung: Schuldhafte Pflichtverletzung infolge Unterlassung der Einreichung von Steuererklärungen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den-Senat, in der Beschwerdesache A.B., Adresse1, über die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 8/16/17 vom , vertreten durch FAV, in der Sitzung am  nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgabenschuldigkeiten in Höhe von €  29.360,30 anstatt bisher € 40.324,93 eingeschränkt.


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Abgabenart
Betrag in €
Umsatzsteuer 07/2015
815,89
Umsatzsteuer 11/2015
4.358,76
Körperschaftsteuer 10-12/2015
416,55
Umsatzsteuer 04/2016
232,22
Umsatzsteuer 05/2016
2.253,41
Lohnsteuer 2015
2.651,56
Körperschaftsteuer 01-03/2016
414,65

Körperschaftsteuer 04-06/2016
414,65
Dienstgeberbeitrag 2015
1.660,69
Zuschlag zum DB 2015
147,61
Umsatzsteuer 2015
15.994,31
SUMME:
29.360,30

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) als ehemaliger Geschäftsführer der Firma XYGmbH (GmbH) für deren nachstehende Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt € 40.324,93 gemäß §§ 9 und 80ff. BAO zur Haftung herangezogen.


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Abgabenart
Fälligkeit
Betrag in €
Umsatzsteuer 07/2015
859,86
Umsatzsteuer 11/2015
4.593,66
Körperschaftsteuer 10-12/2015
439,00
Umsatzsteuer 04/2016
244,74
Umsatzsteuer 05/2016
2.374,85
Umsatzsteuer 06/2016
1.000,00
Umsatzsteuer 07/2016
7.445,32
Umsatzsteuer 08/2016
500,00
Lohnsteuer 2015
2.794.46
Körperschaftsteuer 01-03/2016
437,00

Körperschaftsteuer 04-06/2016
437,00

Körperschaftsteuer 07-09/2016
437,00
Dienstgeberbeitrag 2015
1.750,19
Zuschlag zum DB 2015
155,57
Umsatzsteuer 2015
16.856,28
SUMME:
 
40.324,93

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bf. seit Datum1 Geschäftsführer der GmbH und daher verpflichtet gewesen sei, die Abgaben aus deren Mittel zu entrichten.

Die Umsatzsteuer sei nicht oder unzureichend gemeldet und entrichtet worden. Es sei Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe (, 0038). Demnach hafte der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm zur Verfügung gestanden seien, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten.

Hinsichtlich der Haftung zur Lohnsteuer sei festzuhalten:

Gemäß § 78 Abs. 1 EStG habe der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Es wäre seine Pflicht gewesen, für eine zeitgerechte Lohnsteuerabfuhr Sorge zu tragen. Der Bf. habe die Abfuhr der angeführten fälligen Lohnsteuerbeträge unterlassen. Es werde in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 leg. cit. für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen, verpflichtet sei, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung sei jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken ().

In der dagegen form- und fristgerecht eingebachten Beschwerde führte der Bf. sinngemäß aus, dass er nicht nachvollziehen könne, wie das Finanzamt die Bemessungsgrundlagen für die Steuernachforderungen betreffend die Jahre 2015 und 2016 ermittelt habe. Es sei seit 2016 nicht mehr Geschäftsführer, die Gesellschaft sei während seiner Tätigkeit ihren Verpflichtungen immer nachgekommen. Bei seinem Austritt habe es keine Verbindlichkeiten gegeben, die GmbH sei ein aktives Unternehmen, das nach seinem Austritt weiter gewirtschaftet habe. Der Bf. könne sich nicht erklären, weshalb seine Person mit der Firma in Verbindung gebracht werde.

Es werde eine mündliche Senatsverhandlung sowie Akteneinsicht beantragt. Weiters werde darauf hingewiesen, dass der Bf. keine Frau sei. Es handle sich offenbar um eine Verwechslung, da die derzeitige Geschäftsführerin eine Frau sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde hinsichtlich der Haftung für die Umsatzsteuer 07/2016, 08/2016 sowie der Körperschaftsteuer 07-09/2016( € 7.445,32, € 500,00 und € 437,00) statt und wies die Beschwerde im Übrigen als unbegründet ab.

Dazu wurde ausgeführt, dass der Bf. im Zeitraum Datum1 bis Datum2 Geschäftsführer der GmbH und damit verpflichtet gewesen sei, die Abgaben aus deren Mitteln zu entrichten.

Die haftungsrelevanten Abgaben seien vor der Eröffnung des Konkursverfahrens (HG XvomDatum3) entstanden.

Dagegen brachte der Bf. am eine mit datierte Beschwerde ein, die vom Bundesfinanzgericht als Vorlageantrag gewertet wird.

Ergänzend brachte der Bf. vor, dass die Behörde eine bloße Erklärung abgegeben habe, dass die Schulden aus dem Konkursverfahren 11111 stammen würden, es sei ihm jedoch weiterhin nicht klar, was er damit zu tun habe und wie sich der Betrag zusammensetze. aus den ihm vorliegenden Dokumenten habe der Bf. festgestellt, dass Frau W., Inhaberin und Geschäftsführerin der GmbH im Konkurs gemäß Anmeldeverzeichnis eine Summe in Höhe von € 16.728,37 geschuldet habe. Die belangte Behörde habe eine Konkursquote in Höhe von € 1.162,02 am erhalten.

Die weiteren Einwendungen sind eine wortgetreue Wiederholung der Begründung zur Beschwerde.

In der am durchgeführten mündlichen Senatsverhandlung führte der Bf. ergänzend aus, dass eine Anmeldung im Konkursverfahren lediglich in der Höhe von € 16.728,37 erfolgt sei.

Er glaube nicht, dass Rückstände in der Höhe, wie im Haftungsbescheid enthalten, bestünden. In den Jahren 2015 und 2016 sei die Umsatzlage schlecht gewesen. Die Firma befinde sich in einer Art Ausgleich, Frau W. möchte sie weiter führen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Im Haftungsbescheidwurde der Beschwerdeführer anstatt Herr A.B. irrtümlich mit Frau  A.B. bezeichnet, jedoch das Geburtsdatum und die Versicherungsnummer angeführt, weshalb eine zweifelsfreie Identifizierbarkeit des Bescheidadressaten vorliegt und keine Verwechslung mit der nachfolgenden Geschäftsführerin möglich ist. Die fehlerhafte Bezeichnung Frau statt Herrn stellt keine Aufhebungsgrund für den angefochtenen Bescheide dar.

§ 9 Abs. 1 BAO lautet: Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 80 Abs. 1 BAO: Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenschuld gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Die Haftung erstreckt sich vor allem auf Abgaben, deren Zahlungstermin (Fälligkeitszeitpunkt) in die Zeit der Vertretungstätigkeit fällt.

1.) Vorliegen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen und Uneinbringlichkeit:

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum3 wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin der Konkurs eröffnet und am Datum4 die Schließung des Unternehmens angeordnet. Mit Beschluss des Gerichtes vom Datum5 wurde der Konkurs nach erfolgter Schlussverteilung aufgehoben und die Firma in der Folge gemäß § 40 FBG gelöscht.

Die haftungsgegenständlichen Abgaben, die nach wie vor am Abgabenkonto unberichtigt aushaften, sind daher bei der GmbH uneinbringlich. Die Konkursquote betrug 5,113651%. Das Ausmaß der Uneinbringlichkeit beträgt somit 94,89%.

Dem Bf. ist zuzugestehen, dass die Veranlagung der Umsatzsteuer 2015 mit Bescheid vom Datum5 erfolgte. Dies war der Tag, an dem die Genehmigung der Schlussrechnung und des Verteilungsentwurfes rechtskräftig wurde. Diese Forderung wurde somit im Konkursverfahren (mangels Vorliegens eines Bescheides) nicht angemeldet. Dieser Umstand darf jedoch dem Bf. nicht zum Nachteil gereichen, weshalb die Konkursquote bei sämtlichen nach wie vor unberichtigt aushaftenden haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten berücksichtigt wird.

Diese reduzieren sich daher wie folgt:


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Abgabenart
Betrag lt HB
abzgl. Quote
Umsatzsteuer 07/2015
859,86
815,89
Umsatzsteuer 11/2015
4.593,66
4.358,76
Körperschaftsteuer 10-12/2015
439,00
416,55
Umsatzsteuer 04/2016
244,74
232,22
Umsatzsteuer 05/2016
2.374,85
2.253,41
Umsatzsteuer 06/2016
1.000,00
948,86
Umsatzsteuer 07/2016
7.445,32
7.064,59
Umsatzsteuer 08/2016
500,00
474,43
Lohnsteuer 2015
2.794.46
2.651,56
Körperschaftsteuer 01-03/2016
437,00
414,65

Körperschaftsteuer 04-06/2016
437,00
414,65

Körperschaftsteuer 07-09/2016
437,00
414,65
Dienstgeberbeitrag 2015
1.750,19
1.660,69
Zuschlag zum DB 2015
155,57
147,61
Umsatzsteuer 2015
16.856,28
15.994,31
SUMME:
40.324,93
38.262,83

2.) Stellung des Bf. als Vertreter:

Laut Firmenbuch war der Bf. im Zeitraum Datum1 bis Datum2 alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH und  kann daher bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zur Haftung gemäß § 9 BAO in Verbindung mit § 80 BAO herangezogen werden.

3.) schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. als Vertreter:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nämlich die Aufgabe des Geschäftsführer darzutun, weshalb er den auferlegen Verpflichtungen nicht entsprochen habe, insbesondere nicht habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. z.B. ). In der Regel wird nämlich nur der Vertreter jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung des Vertretenen haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht (z.B. ).

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 97/15/0115) ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.

Hatte der Geschäftsführer Gesellschaftsmittel zur Verfügung, die zur Befriedigung sämtlicher Schulden der Gesellschaft nicht ausreichten, so ist er nur dann haftungsfrei, wenn er im Verwaltungsverfahren nachweist, dass er die vorhandenen Mittel zur anteiligen Befriedigung aller Verbindlichkeiten verwendet und somit die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt hat. Wenn die Behauptung und der Nachweis des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel im Verwaltungsverfahren unterlassen wird, kommt eine Beschränkung der Haftung bloß auf einen Teil der uneinbringlichen Abgabenschulden nicht in Betracht.

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (). Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (vgl. Ritz, BAO5, Tz 10 zu § 9 und die dort angeführte Judikatur des VwGH).

Da der Bf. für Abgabenschuldigkeiten, die nach Beendigung seiner Tätigkeit fällig wurden nicht zur Haftung herangezogen werden kann, war der Beschwerde hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlungen der Monate 6/2016, 7/2016 und 8/2016 sowie der Körperschaftsteuervorauszahlung 7-9/2016 stattzugeben.

Sämtliche übrigen Haftungsverbindlichkeiten waren ungeachtet des Zeitpunktes der bescheidmäßigen Festsetzung im Zeitraum der Geschäftsführertätigkeit des Bf. fällig.

Die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate 7/2015, 11/2015, 4/2016 und 5/2016 wurden von der GmbH gemeldet jedoch nicht bzw. nicht vollständig entrichtet.

Die Körperschaftsteuervorauszahlungen 10-12/2015, 1-3/2016 und 4-6/2016 basieren auf dem Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid vom , der somit im Zeitraum der Tätigkeit des Bf. als Geschäftsführer ergangen ist. Die jeweiligen Quartalsbeträge mussten dem Bf. bekannt sein (diese wurden auch auf dem Abgabenkonto verbucht), wurden jedoch dennoch nicht entrichtet.

Im Zeitpunkt der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit hafteten Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 11.535,26 aus, unter anderem die angeführten Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuervorauszahlungen, weshalb dem Vorbringen des Bf., dass die Gesellschaft während seiner Geschäftsführertätigkeit keine Schulden gehabt habe und die Gesellschaft immer ihren Verpflichtungen nachgekommen sei, nicht gefolgt werden kann.

Obwohl der der Haftung zugrundeliegende Umsatzsteuerbescheid 2015 vom   zwar nach Beendigung der Geschäftsführertätigkeit des Bf. erging, war das Finanzamt berechtigt die Haftung auszusprechen, da, wie bereits ausgeführt, bei Selbstbemessungsabgaben maßgebend ist, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 94 hat der Unternehmer spätestens am 15.Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen. in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebene Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Abs. 4: Der Unternehmer wird nach Ablauf des Kalenderjahres zur Steuer veranlagt. Enden mehrere Veranlagungszeiträume in einem Kalenderjahr (§ 20 Abs. 1 und 3), so sind diese zusammenzufassen. Der Unternehmer hat für das abgelaufene Kalenderjahr eine Steuererklärung abzugeben, die alle in diesem Kalenderjahr endenden Veranlagungszeiträume zu umfassen hat.

Abs. 5: Durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung wird keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet.

Die Umsatzsteuernachforderung für das Jahr 2015 beruht auf dem Bescheid vom , wobei die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen im Schätzungswege ermittelt wurden.

Gemäß § 134 Abs. 1 BAO sind die Abgabenerklärungen für die Umsatzsteuer bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt.

Die Abgabenerklärung für die Umsatzsteuer 2015 wäre daher bis spätestens , somit zu einem Zeitpunkt, in dem der Bf. als Geschäftsführer fungierte, einzureichen gewesen.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört es auch, dafür zu sorgen, dass die gesetzlich vorgesehenen Abgabenerklärungen rechtzeitig und richtig eingereicht werden (vgl. das Erkenntnis des ).

Durch die Unterlassung der Einreichung der Abgabenerklärung für die Umsatzsteuer 2015 beim Finanzamt trifft den Bf. bereits ein Verschulden an der Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben ().

Hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2015 ergab eine  Lohnsteuerprüfung vom , dass Abfuhrdifferenzen zu den vorgelegten Unterlagen bestanden, die nachgefordert werden mussten, worin eine schuldhafte Pflichtverletzung zu erblicken ist.

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde nach dem Erkenntnis des , daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten. Durch § 248 BAO ist dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt. Geht der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung kein Abgabenbescheid voran, so gibt es eine solche Bindung nicht. Ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist in diesem Fall als Vorfrage im Haftungsverfahren von dem für die Entscheidung über die Haftung zuständigen Organ zu entscheiden.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass sich Einwendungen, die gegen den - wenn auch im Schätzungsweg - durch Abgabenfestsetzung konkretisierten Abgabenanspruch gerichtet sind, allein im Verfahren betreffend Abgabenfestsetzung und nicht im Haftungsverfahren als relevant erweisen (vgl. ).

Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer hat das Fehlen ausreichender Mittel für die Entrichtung der Abgaben nachzuweisen. Außerdem hat er darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat (sogenanntes Gleichbehandlungsgebot).

Im gegenständlichen Fall bringt der Bf. keine triftigen Gründe, aus denen ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre, vor. Insbesondere wurde nicht behauptet, dass dem Bf. keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären.

Für eine völlige Vermögenslosigkeit der Primärschuldnerin für den Zeitraum der Haftungsinanspruchnahme des Bf. ergeben sich auch nach Aktenlage keine Anhaltspunkte, zumal laufend Umsätze erzielt wurden und auch noch am eine Überweisung an das Finanzamt erfolgte. Seitens des Bf. wurde auch nicht behauptet, es seien sämtliche Gläubiger gleich behandelt worden. Was eine allfällige Gleichbehandlung der Gläubiger betrifft, so wäre dies vom Bf. zu behaupten und zu beweisen gewesen.

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen sind allerdings im Abzugsweg einzubehaltende Abgaben wie Lohnsteuer.

Hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Lohnsteuer ergibt sich bereits aus § 78 Abs. 3 EStG, dass der Arbeitgeber, falls die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Auszahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat. Wird die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, ist ungeachtet wirtschaftlicher Schwierigkeiten einer GmbH nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen, was zu dessen Inanspruchnahme als Haftender führt. Ungeachtet des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller andrängenden Gläubiger hätte der Bf. die einzubehaltende Lohnsteuer zur Gänze abzuführen gehabt, weswegen er zu Recht für die bei der GmbH nicht mehr einbringliche Lohnsteuer zur Haftung herangezogen worden ist.

4.) Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den Abgabenausfall:

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung betreffend die haftungsgegenständlichen Abgaben konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabe war.

Der Bf. wurde daher für nachstehende Abgabenschuldigkeiten zu Recht zur Haftung herangezogen:


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Abgabenart
Betrag in €
Umsatzsteuer 07/2015
815,89
Umsatzsteuer 11/2015
4.358,76
Körperschaftsteuer 10-12/2015
416,55
Umsatzsteuer 04/2016
232,22
Umsatzsteuer 05/2016
2.253,41
Lohnsteuer 2015
2.651,56
Körperschaftsteuer 01-03/2016
414,65

Körperschaftsteuer 04-06/2016
414,65
Dienstgeberbeitrag 2015
1.660,69
Zuschlag zum DB 2015
147,61
Umsatzsteuer 2015
15.994,31
SUMME:
29.360,30

5.) Ermessen:

Die im Rahmen des § 224 BAO zutreffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftung folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (). Mit der gegenständlichen Beschwerde hat der Bf. ohnehin keine Einwendungen zum Ermessen vorgebracht.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
YAAAC-16456