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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.01.2018, RV/7103360/2017

Abweisung eines Antrages auf Ausgleichszahlung wegen Haushaltszugehörigkeit der Kinder bei der Kindesmutter bzw. vorrangigem Anspruch der haushaltsführenden Kindesmutter (EuGH vom 22.10.2015, C-378/14 Tomislaw Trapkowski)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf. , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Hollabrunn Korneuburg Tulln vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Ausgleichszahlung für die Kinder 1 und 2 im Zeitraum vom  bis zum , im Zeitraum vom bis zum , im Zeitraum vom bis zum  sowie ab dem bis laufend zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom stellte der die tschechische Staatsbürgerschaft besitzende, in der Tschechischen Republik wohnhafte und im Bundesgebiet seit Jänner 2011 erwerbstätige Bf. - mit dem Hinweis der überwiegenden Tragung des Unterhaltes - den Antrag auf Gewährung der Ausgleichszahlung für seine Söhne 1 und 2 im Zeitraum vom  bis zum , im Zeitraum vom bis zum , im Zeitraum vom bis zum  sowie ab dem bis laufend. Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass - nach dem Inhalt des Antrages - die Kinder des Bf. in gemeinsamem, in der Tschechischen Republik befindlichem Haushalt mit der Kindesmutter wohnen, während der Wohnort des Bf. an einer anderen Adresse gelegen ist.

Als Ergebnis eines Vorhalteverfahrens gab die Kindesmutter der belangten Behörde am  bekannt, mit dem Bf. niemals die Ehe geschlossen zu haben, respektive von diesem seit dem Jahr 2007 getrennt zu leben. In Zuge der Trennung habe sich der Bf. zu Tragung der monatlichen Unterhaltskosten seiner Söhne im Gesamtausmaß von 6.000 CZK (= rund 222 Euro) verpflichtet, wobei er dieser Verpflichtung nach gekommen sei, bzw. zeitweise zusätzliche Geldmittel zur Bestreitung der Hobbys und sonstiger Aufwendungen der Kinder zur Verfügung gestellt habe.

In der Folge wurde der Antrag des Bf. auf Gewährung der Ausgleichszahlung für die - an oberer Stelle genannten Zeiträume - mit der Begründung, dass die monatlichen Zahlungen betragsmäßig unterhalb der auf rund 358 Euro lautenden (Monats) Ausgleichszahlung angesiedelt gelegen seien abgewiesen.

In der gegen den mit datierten Abweisungsbescheid erhobenen Beschwerde vom führte der Bf. ins Treffen für seine Kindern zusätzlich zu den gerichtlich festgesetzten Unterhaltsbeträgen jährliche Aufwendungen von rund 1.340 Euro resultierend aus Kursgeldern für Fußball und Tennis, Geschenken, Fahrtkosten sowie Sportbekleidung getragen zu haben, wobei die Kindesmutter die Richtigkeit nämlicher Angaben eigenhändig unterfertigte. 

Auf Grund eines mit  datierten Vorhaltes bezifferte die Kindesmutter mit Schriftsatz vom  ihre Jahresbeiträge zum Lebensunterhalt der Kinder mit rund 24.140 CZK (rund 940 Euro). Darüberhinaus wurde ergänzend ausgeführt, dass sie die Kinder jahrelang allein erzogen habe, wobei die Familie nunmehr seit dem Juni 2016 an gemeinsamer Adresse wohne.

In der am persönlich überreichten Beantwortung eines mit datierten und an die tschechische Wohnadresse des Bf. zugestellten Vorhaltes, reichte der Bf. einerseits Belege betreffend die Ausgaben für seine Söhne im streitgegenständlichen Zeitraum nach, anderseits beantragte dieser weitere behördliche Zustellungen an die nunmehr als - gemeinsame Familienadresse - fungierende Wohnadresse der Kindesmutter vorzunehmen. 

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE)  vom wurde dem Rechtsmittel des Bf. insoweit Folge gegeben, in dem das Finanzamt ob vorgelegter Belege die Ansicht vertrat, dass der Bf. im Jahr 2016 überwiegend den Unterhalt für seine Söhne getragen habe und demzufolge für vorgenanntem Zeitraum der Anspruch auf Ausgleichzahlung bestehe. Was nun den "Reststreitzeitraum" anlange, so seien entweder keine Belege nachgereicht worden, respektive seien die in den Jahren 2014 und 2015 nachgewiesenen Unterhaltsleistungen betragsmäßig unterhalb der Ausgleichszahlung angesiedelt gelegen, sodass summa Summarum eine Anspruchsberechtigung auf Ausgleichzahlung nicht abzuleiten sei. 

In dem mit datierten Vorlageantrag führte der Bf. ins Treffen, dass es für die vor dem Jahr 2016 gelegenen Zeiträume nicht möglich gewesen sei alle Belege nachzureichen. Ungeachtet dessen seien Belege von der Schule, respektive dem Fußballverein vorrätig, wobei der Bf. selbst dieselben erst vor wenigen Tagen erhalten habe.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Anspruch des Bf. auf Ausgleichszahlung im Zeitraum vom bis zum , vom bis zum  sowie ab dem bis laufend 

1.1. Sachverhalt:

Der die tschechische Staatsbürgerschaft innehabende in der Tschechischen Republik wohnhafte und in Österreich nichtselbständig erwerbstätige Bf. ist Vater der im Streitzeitraum minderjährigen Kinder 1 und 2. Der Bf. ist mit der Mutter seiner Kinder nicht verheiratet und verpflichtete sich dieser anlässlich der im Jahr 2007 erfolgten Trennung einen monatlichen Beitrag zum Unterhalt seiner Söhne von je 3.000 CZK zu leisten. Zunächst lebte die alleinerziehende Kindesmutter mit den Kindern 1 und 2 vom Bf. getrennt, wobei die Familie - laut ihren Angaben - seit dem Juni 2016 an gemeinsamer Adresse wohnt. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass nämliche Angabe weder belegt wurde, noch ab diesem Zeitpunkt eine Verzichtserklärung der Kindesmutter auf Familienleistungen zu Gunsten des Bf. abgegeben wurde.

Nach der mit datierten Auskunft der Tschechischen Behörden betreffend Bescheinigungsersuchen zur VO 883/2004 (Formular E 411) war die Kindesmutter im November 2012, im Februar 2013, im November 2013, im Jänner 2014 sowie vom November 2014 bis zum Jänner 2015 erwerbstätig und hat diese vom Jänner 2011 bis Februar 2012, vom November 2012 bis zum Februar 2013 sowie vom November 2013 bis zum Jänner 2014 für ihre Söhne tschechische Familienleistungen von monatlich je 610 CZK bezogen.

1.2. gesetzliche Grundlagen

1.2.1. nationales Recht

Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, haben nach § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Nach § 2a Abs. 1 erster Satz FLAG 1967 geht für den Fall, dass ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern gehört der Anspruch des Elternteils der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteils vor. Hierbei wird nach dem zweiten Satz leg. cit. bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung statuiert, dass die Mutter den Haushalt führt.

Die Bestimmung des § 2 a Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 führt aus, dass in den Fällen des Abs. 1  der Elternteil der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteils verzichten kann. Nach dem zweiten Satz leg. cit. kann der Verzicht auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. 

Personen haben nach § 2 Abs. 8 FLAG 1967 nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 3 FLAG 1967 legt zusätzliche Voraussetzungen für Personen und Kinder fest, die nicht österreichische Staatsbürger sind.

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 5 Abs. 3 FLAG 1967 für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 5 Abs. 4 FLAG 1967 für Kinder, für die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe besteht. Die Gewährung einer Ausgleichzahlung (§ 4 Abs. 2) wird dadurch nicht ausgeschlossen.

Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, nach § 53 Abs. 1 FLAG 1967 in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

1.2.2 Unionsrecht:

Diese Verordnung gilt nach Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. j VO 883/2004 umfasst der sachliche Geltungsbereich dieser Verordnung auch Familienleistungen.

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben nach Art. 4 VO 883/2004 Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, gemäß Art. 7 VO 883/2004  nicht auf Grund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.

Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen nach Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind bestimmt sich nach diesem Titel.

Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt nach Art. 11 Abs. 3 lit a VO (EG) 883/2004 Folgendes:

Eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.

Eine Person hat nach Art. 67 erster Satz VO 883/2004 auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten nach Art. 68 Abs. 1 VO 883/2004 folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen gemäß Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004 nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Abs. 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

Wird nach Artikel 67 beim zuständigen Träger eines Mitgliedsstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Anspruch auf Familienleistungen gestellt, so gilt Folgendes:

a) Dieser Träger leitet den Antrag unverzüglich an den zuständigen Träger des Mitgliedstaats weiter, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, teilt dies der betroffenen Person mit und zahlt unbeschadet der Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die vorläufige Gewährung von Leistungen erforderlichenfalls den in Abs. 2 genannten Unterschiedsbetrag;

b) der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger der vorrangig zuständig ist. 

Nach Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009 werden die Familienleistungen bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation  der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaates, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.

1.3 rechtliche Würdigung:

Ab Mai 2010 gilt die Verordnung (EG) 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rats vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit mit der Durchführungsverordnung (EG) 987/2009 für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. (vgl. Csaszar in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, Rz 19 und 20 zu § 53)

Diese Verordnungen sind anwendbar, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der zwei oder mehr Mitgliedstaaten berührt.

Aufgrund der Erwerbstätigkeit des Bf. in Österreich und des Wohnortes der Kindesmutter und der Kinder 1 und 2 in der Tschechischen Republik und aufgrund der Tatsache, dass sämtliche der genannten Personen tschechische Staatsangehörige sind, liegt ein grenzüberschreitender Sachverhalt mit Unionsbezug vor. Die VO 883/2004 ist gemäß deren Art. 2 Abs. 1 auf die genannten Personen persönlich anwendbar.

Die von der Bf. beantragte Familienbeihilfe ist weiters unter die Familienleistungen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. j VO 883/2004 zu subsumieren, daher ist diese Verordnung im gegenständlichen Fall auch sachlich anwendbar.

Nach dem Unionsrecht unterliegen Personen, für die die VO 883/20014 gilt, immer nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates (Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004).  Welche Rechtsordnung hierfür in Frage kommt, ist unter Titel II Art. 11 ff VO 883/2004 geregelt.

In der Regel sind dies gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. a VO 883/2004 die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates, also jenes Staates, in welchem eine selbständige oder nichtselbständige Tätigkeit ausgeübt wird, und zwar auch dann, wenn die Person im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnt.

Der Bf. ist in Österreich beschäftigt, wobei es keinen Hinweis darauf gibt, dass er auch außerhalb des Bundesstaates Österreich einer nichtselbständigen oder selbständigen Tätigkeit nachgeht. Der Bf. unterliegt daher den österreichischen Rechtsvorschriften.

Da im gegenständlichen Fall die VO 883/2004 zu berücksichtigen ist, finden allerdings die auf Wohnortklauseln beruhenden Bestimmungen des § 2 Abs. 1 FLAG 1967, welche den Familienbeihilfenbezug auf den Wohnort im Bundesgebiet abstellt, des § 2 Abs. 8 FLAG 1967, welche auf den wesentlich durch den Wohnort bestimmten Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet abstellt, und des § 5 Abs. 3 FLAG 1967, das einen vom Wohnort abhängigen Ausschluss der Familienbeihilfe bei ständigem Aufenthalt des Kindes im Ausland vorsieht, zufolge des Art. 7 VO 883/2004 und dessen Anwendungsvorrangs insoweit keine Anwendung. Zufolge des in Art. 4 VO 883/2004 normierten Gleichbehandlungsgrundsatzes für Personen, für die diese Verordnung gilt, finden die durch den Anwendungsvorrang dieser Bestimmung verdrängten Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967 mit besonderen Voraussetzungen für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, keine Anwendung. (Vgl. ).

In diesem Zusammenhang hat der EuGH zu Art. 67 VO 883/2004 und Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009 in seiner Entscheidung vom , C-378/14 (Tomislaw Trapkowski) ausgesprochen:

38Aus Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 ergibt sich zum einen, dass eine Person Anspruch auf Familienleistungen auch für Familienangehörige erheben kann, die in einem anderen als dem für ihre Gewährung zuständigen Mitgliedstaat wohnen, und zum anderen, dass die Möglichkeit , Familienleistungen zu beantragen, nicht nur den Personen zuerkannt ist, die in dem zu ihrer Gewährung verpflichteten Mitgliedstaat wohnen, sondern auch allen „beteiligten Personen“ , die berechtigt sind, Anspruch auf diese Leistungen zu erheben, zu denen die Eltern des Kindes gehören, für das die Leistungen beantragt werden.

40Es obliegt jedoch der zuständigen nationalen Behörde, zu bestimmen, welche Personen nach nationalem Recht Anspruch auf Familienleistungen haben.

41Nach alledem ist Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führen kann, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnt, der für die Gewährung dieser Leistung zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind, was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist.“

Das Unionsrecht selbst vermittelt somit keinen originären Anspruch auf nationale Familienleistungen. Es ist nach wie vor Sache der Mitgliedstaaten, wem sie unter welchen Voraussetzungen wie lange Familienleistungen zuerkennen. Das Unionsrecht verlangt allerdings im Allgemeinen, dass diese Zuerkennung diskriminierungsfrei erfolgen muss, und im Besonderen, dass die Familienangehörigen einer Person, die in den Anwendungsbereich der VO 883/2004 fällt, so zu behandeln sind, als hätten alle Familienangehörigen ihren Lebensmittelpunkt in dem Mitgliedstaat der Familienleistungen gewähren soll. (, , , , )

Die nach Art. 67 VO 883/2004 iVm Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO987/2009 vorzunehmende Fiktion bewirkt, dass die Wohnsituation auf Grundlage der im Streitzeitraum im anderen EU-Mitgliedstaat gegebenen Verhältnisse (fiktiv) ins Inland übertragen wird. Diese Fiktion besagt aber nur, dass zu unterstellen ist, dass alle Familienangehörigen im zuständigen Mitgliedstaat wohnen. Ob etwa ein gemeinsamer Haushalt besteht, ist dagegen sachverhaltsbezogen festzustellen. (, , , ,  ).

Wer von den unionsrechtlich grundsätzlich als anspruchsberechtigte Personen anzusehenden Familienangehörigen tatsächlich primär oder sekundär oder gar keinen Anspruch auf österreichische Familienleistungen hat, ist daher nach nationalem Recht zu beurteilen. (, , )

Es ist daher im gegenständlichen Fall nach österreichischem Recht zu prüfen, ob der Bf. einen Familienbeihilfenanspruch hat oder nicht, wobei zu fingieren ist, dass alle Familienangehörigen, sprich die vom Bf. (glaublich mindestens bis zum Juni 2016) getrennt lebende Kindesmutter, sowie die Kinder 1 und 2, in Österreich wohnen (weshalb – wie bereits ausgeführt – die auf Wohnortklauseln beruhenden Bestimmungen außer Acht zu lassen sind).

§ 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 stellt hinsichtlich des Familienbeihilfenanspruchs primär auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967) darauf ab, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Einem Anspruch auf Familienbeihilfe im Sinne des zweiten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 steht der ausschließliche Anspruch einer Person, bei der das Kind im strittigen Zeitraum haushaltszugehörig war, zwingend entgegen (, ).

Da im gegenständlichen Fall beide Kinder bei der Kindesmutter (in der Tschechischen Republik) –(mindestens bis zum Juni 2016) getrennt vom Bf. -   leben und daher bei dieser haushaltszugehörig sind, besteht nach österreichischem Recht kein Anspruch auf Familienleistungen des Bf; ein nach nationalem Recht nicht bestehender Anspruch kann nicht durch das Unionsrecht begründet werden. Der vorrangige Anspruch auf Familienleistungen steht somit bei dem gegebenen Sachverhalt der Kindesmutter zu, solange die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach in der Person des Bf. erfüllt sind.

An vorgenannter Schlussfolgerung vermag auch der - im übrigen unbewiesen verbliebene Umstand, dem gemäß der Bf. nunmehr ab dem Juni 2016 - gemeinsam am Wohnsitz der Kindesmutter und seiner Söhne leben in Anbetracht der an obere Stelle zitierten, einen (bis zur Abgabe eines Verzichtes) vorrangigen Anspruch des haushaltsführenden Elternteils (sprich der Kindesmutter) statuierenden Norm des § 2 a Abs. 1 FLAG keine Änderung herbeizuführen.  

Der im Verwaltungsverfahren erörterten Frage der überwiegenden Kostentragung durch den Bf. kommt in Ansehung vorstehender Ausführungen keine Entscheidungsrelevanz zu.

Es war daher wie im Spruch zu befinden.

2. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig, weil keine zu lösende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Die verfahrensrechtlichen Fragen wurden im Einklang mit der zitierten  Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gelöst. Die entscheidungsrelevanten (materiell)rechtlichen Fragen sind durch die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und durch den klaren Regelungsinhalt der angeführten gesetzlichen Bestimmungen geklärt. Die gegenständliche Entscheidung weicht auch von der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union nicht ab.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2a Abs. 1 Satz 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7103360.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at