Körperschaftsteuer: Zeitliche Anwendung der Hälftesteuerbegünstigung des § 9 Energieförderungsgesetz 1979 - EnFG
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/2101193/2017-RS1 | Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0042, ausgeführt hat, bedient sich § 1 EnFG einer völlig anderen Technik der Festlegung seines zeitlichen Anwendungsbereiches als § 8 EnFG. Während in § 1 EnFG von Rücklagen zu Lasten der Gewinne "der in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endenden Wirtschaftsjahre" die Rede ist, stellt § 8 EnFG auf den Beginn einer betrieblichen Betätigung ab, nämlich auf Wasserkraftanlagen, "die nach dem in Betrieb genommen werden". |
RV/2101193/2017-RS2 | Von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers bei der Festlegung des zeitlichen Anwendungsbereiches des § 8 EnFG kann keine Rede sein. |
RV/2101193/2017-RS3 | Der Gesetzgeber regelt den zeitlichen Anwendungsbereich in § 1 EnFG einerseits und in § 8 EnFG gezielt unterschiedlich. Während § 1 EnFG 1979 auf den Gewinn der in bestimmt genannten (zehn) Kalenderjahren endenden Wirtschaftsjahre von Elektrizitätsversorgungsunternehmen abstellt, knüpft § 8 EnFG 1979 an Wasserkraftanlagen an, die nach einem bestimmten Stichtag in Betrieb genommen werden, und normiert eine Rechtsfolge für zwanzig Veranlagungsjahre ab dieser Inbetriebnahme. |
RV/2101193/2017-RS4 | Der eindeutige Wortlaut des § 8 EnFG bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass der zeitliche Bedingungsbereich der Norm auf die Errichtung einer Anlage oder deren Inbetriebnahme vor Ablauf des Jahres 1989 eingeschränkt wäre. Auch die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung des EnFG oder den genannten Novellen enthalten keinen Hinweis auf eine solche Einschränkung. |
RV/2101193/2017-RS5 | § 8 EnFG ist durch die Novelle 1985 neu gefasst worden. Dabei hat der Gesetzgeber die bereits in der Stammfassung des EnFG 1979 gewählte Technik der Festlegung des zeitlichen Anwendungsbereichs beibehalten, indem er unverändert auf Wasserkraftanlagen abstellt, "die nach dem in Betrieb genommen wurden". Erst mit Abschnitt IV des 3. Abgabenrechtsänderungsgesetzes 1987 normierte der Gesetzgeber die Einschränkung auf nach dem in Betrieb genommene Wasserkraftanlagen, "mit deren tatsächlichen Bauausführungen vor dem begonnen wird." Auf diese Einschränkung darf jedoch nicht Bedacht genommen werden, weil der Verfassungsgerichthof mit Erkenntnis vom Abschnitt IV des 3. Abgabenänderungsgesetzes 1987 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen hat, dass das EnFG 1979, BGBl. Nr. 567/1979, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985 wieder in Wirksamkeit tritt. |
RV/2101193/2017-RS6 | Soweit das Finanzamt aus dem Umstand, dass § 8 EnFG auf den Begriff des Elektrizitätsversorgungsunternehmens abstellt und § 1 EnFG hinsichtlich der Definition von Elektrizitätsversorgungsunternehmen auf das mit außer Kraft getretene Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975 verweist, abzuleiten versucht, dass die Bestimmungen des EnFG "bereits zeitlich ausgelaufen sind", ist ihm zu entgegnen, dass der Verweis - zumal er nicht auf die jeweils geltende Fassung des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 1975 abstellt - als statischer Verweis auf das im Jahr 1979 in Geltung gestandene Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975, BGBl. Nr. 260/1975, zu verstehen ist. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Einzelrichter über die Beschwerden der X-GmbH, vertreten durch Zangrando - Jaklitsch Steuerberatungs GmbH, Gaalerstraße 5, 8720 Knittelfeld, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Judenburg Liezen vom betreffend Körperschaftsteuer 2009, 2010 und 2012 zu Recht erkannt:
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin ist eine mit Erklärung vom errichtete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie betreibt seit 2007 ein Kleinwasserkraftwerk.
Nach Durchführung einer Außenprüfung im Jahr 2014 setzte die belangte Behörde unter Zugrundelegung der Feststellung des Prüfers, der Beschwerdeführerin stehe die "Halbsatzbegünstigung" des § 9 EnFG nicht zu, mit den hier angefochtenen Bescheiden vom im wiederaufgenommenen Verfahren die Körperschaftsteuer 2009 mit 4.404,81 Euro (Abgabennachforderung: 2.663,11 Euro), die Körperschaftsteuer 2010 mit 4.565,96 Euro (Abgabennachforderung: 2.812 Euro) und die Körperschaftsteuer 2012 mit 6.323 Euro (Abgabennachforderung: 4.575 Euro) fest.
Dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom ist dazu zu entnehmen:
"Tz. 3 Hälftesteuersatz gem. § 9 EnFG 1979
übersteigt, die Begünstigung des § 9 EnFG, wonach sich die Körperschaftsteuer ab Betriebsbeginn für die Dauer von 20 Jahren auf die Hälfte ermäßigt, in Anspruch nehmen.
Diese Halbsatzbegünstigung stellt eine Alternative zur Begünstigung der §§ 1 bis 6 EnFG dar.
Da insbesondere die Begünstigungen der §§ 1 und 4 EnFG nur für Wirtschaftsjahre, die in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endeten, in Anspruch genommen werden konnte, war eine alternative Inanspruchnahme der Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG ebenfalls auf diese Zeitraume beschränkt.
Eine erstmalige Inanspruchnahme der Halbsatzbegünstigung des§ 9 EnFG nach dem Kalenderjahr 1989 ist daher aufgrund der zeitlichen Beschränkung der Begünstigung der §§ 1 bis 6 EnFG bis zum Ende des Kalenderjahres 1989 nicht möglich.
Das ergibt sich aus der Verknüpfung des § 8 EnFG mit den §§ 1 bis 6 EnFG, wonach die Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG nur in Anspruch genommen werden darf, wenn nicht die Begünstigung der §§ 1 bis 6 EnFG beansprucht wurden."
Mit Beschwerden vom wandte sich die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter gegen die Körperschaftsteuerbescheide und beantragte, bei der Ermittlung der Körperschaftsteuer 2009, 2010 und 2012 den "halben Steuersatz gemäß § 9 Energieförderungsgesetz" zu gewähren. Als Begründung ist dem Beschwerdeschriftsatz zu entnehmen:
"Das Finanzamt Judenburg Liezen begründet die Nichtgewährung der Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG 1979 damit, dass diese eine Alternative zur Begünstigung der §§ 1 bis 6 EnFG 1979 darstelle und die Begünstigung der §§ 1 und 4 EnFG 1979 nur für Wirtschaftsjahre in Anspruch genommen werden konnte, die in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endeten, sodass die alternative erstmalige Inanspruchnahme der Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG 1979 ebenfalls auf diese Zeiträume beschränkt wäre. Dadurch wäre eine erstmalige Inanspruchnahme der Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG 1979 nach dem Kalenderjahr 1989 mangels der zeitlichen Beschränkung der Begünstigungen der §§ 1 bis 6 EnFG 1979 nicht möglich. Dies ergäbe sich durch die Verknüpfung des § 8 EnFG 1979 mit den §§ 1 bis 6 EnFG 1979, wonach die Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG 1979 nur in Anspruch genommen werden darf, wenn nicht die Begünstigungen der§§ 1 bis 6 EnFG 1979 beansprucht werden. Im Ergebnis überträgt somit das Finanzamt Judenburg Liezen die Befristung der §§ 1 bis 6 EnFG 1979 auf die Begünstigung der§ 8 f EnFG 1979.
Gegen diese Auslegung des Finanzamtes Judenburg Liezen sprechen
a) der Wortlaut der Norm
b) die historische Entwicklung und Interpretation der §§ 8 f EnFG 1979
c) die Weitergeltung der Rechtsnorm in der ursprünglichen Fassung vor der Novelle des EnFG 1979 durch das 3. Abgabenänderungsgesetz 1987, aufgehoben durch den Verfassungsgerichtshof (siehe Kundmachung des Bundeskanzlers über die Aufhebung des Abschnittes IV des 3. Abgabenänderungsgesetzes 1987 durch den Verfassungsgerichtshof)
d) die Weiterführung der Kennzahl 670 in den vom BMF aufgelegten Formularen für die Körperschaftsteuererklärung der Jahre 2009 bis 2011 zur Geltendmachung der Halbsatzbegünstigung.
Zu a)
Der Rechtsmeinung des Finanzamtes Judenburg Liezen, dass eine Verknüpfung der in den §§ 1 bis 6 EnFG 1979 vorgesehenen Befristung mit den Begünstigungen der § 8 f EnFG 1979 bestehe, widerspricht nach unserer Meinung der eindeutige Wortlaut der Norm, die keine Befristung enthält. Der Wortlaut deutet lediglich darauf hin, dass es sich bei den §§ 8 f EnFG 1979 um eine unbefristete Alternative zur befristeten Begünstigung der §§ 1 bis 6 EnFG 1979 handelt. Allein aufgrund des Wortlautes der o.a. Norm ist offensichtlich, dass die § 8 f EnFG 1979 keine Befristung vorsehen.
Zu b)
Die Vorgänger des EnFG 1979
Elektrizitätsförderungsgesetz 1953 (ElFG 1953)
Elektrizitätsförderungsgesetz 1969 (EIFG 1969)
sowie auch die in BGBI. Nr. 297/1975 kundgemachte Novelle (EIFG-Novelle 1975)
haben entsprechende Befristungen dezidiert vorgesehen, wobei diese Befristungen auch für die Inanspruchnahme im ertragsteuerlichen Bereich Gültigkeit hatten.
Die bereits bisher geltenden Fördermaßnahmen wurden vom EnFG 1979 übernommen, wobei für die wiederum für 20 Jahre geltende Halbierung der Ertragssteuern (Einkommens-, Gewerbe- und Körperschaftsteuer) ausdrücklich keine Befristung hinsichtlich der Anwendung auf innerhalb eines bestimmten Zeitraums errichtete Kraftwerke vorgesehen hat.
Pokorny, Die steuerlichen Vorschriften des Energieförderungsgesetzes 1979, vertritt in Aicher, Rechtsfragen der öffentlichen Energieversorgung die Auffassung, dass es sich hierbei um einen Redaktionsfehler handelt, was jedoch nicht logisch nachvollziehbar ist, da der Gesetzgeber die Chance zur Korrektur des vermeintlichen Redaktionsfehlers bei den nachfolgenden Novellen (EnFG-Novelle 1982 und EnFG-Novelle 1985) nicht wahrgenommen hat.
Zu c)
ln Abschnitt IV des 3. Abgabenänderungsgesetzes 1987 (3. AbgAG 1987) wurde das EnFG 1979 in der bestehenden Fassung aufgehoben (Artikel I) und durch die in Artikel II festgehaltenen Bestimmungen ersetzt. Hierbei wurde eine Befristung dahingehend vorgesehen, dass die Begünstigungen im ertragsteuerlichen Bereich nur mehr jenen Kraftwerken zustehen, der Befristung gemäß § 1 EnFG 1979 in der bisherigen Fassung (in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endenden Wirtschaftsjahren, also bis ), sodass auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass hier ein mutmaßlicher Redaktionsfehler berichtigt werden sollte, weil ja damit auch eine Verkürzung der (nach Meinung des Finanzamtes Judenburg Liezen) bisherigen Befristung vorgesehen wurde.
Abschnitt IV des 3. AbgÄG 1987 wurde in der Folge vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, sodass das EnFG 1979 in der bisherigen Fassung wieder in Kraft trat. Wäre es der Wunsch des Gesetzgebers gewesen, die im 3. AbgÄG 1987 ausdrücklich festgehaltene Befristung auch für den ertragsteuerlichen Bereich dezidiert vorzusehen, wäre es durch eine weitere Novelle ohne Probleme durchsetzbar gewesen, diese Befristung eindeutig festzuhalten. Dies ist jedoch nicht geschehen.
Zu d)
Wir weisen auf die vom BMF veröffentlichten Formulare zur Erklärung der Körperschaftsteuer hin, die auch für die Jahre 2009 bis 2011 die Begünstigung des Halbsteuersatzes vorsehen. Dies widerspricht der Meinung des Finanzamtes Judenburg Liezen, wonach eine letztmalige Inanspruchnahme der Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG 1979 im Jahr 2008 möglich gewesen wäre."
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies die belangte Behörde die Beschwerden als unbegründet ab und führte dazu in der gesonderten Begründung vom aus:
"Die Begünstigung gem. § 8f EnFG 1979 muss nach Ansicht des Finanzamtes mit der Begünstigung gern. § 1 EnFG 1979 so verknüpft verstanden werden, dass die im § 1 EnFG 1979 vorgesehene Befristung auch für die Begünstigung gern § 9 EnFG 1979 gilt. Aus der Systematik der Begünstigung des EnFG 1979 ergibt sich, dass alle die Begünstigungen grundsätzlich nur für die Veranlagungszeiträume 1980 bis 1989 zumindest erstmalig in Anspruch genommen werden konnten. Die Halbsatzbegünstigung des§ 9 EnFG 1979 stellt lediglich eine Alternative zu den Begünstigungen nach §§ 1 bis 6 EnFG 1979 dar. Da insb. die Begünstigungen der §§ 1 und 4 EnFG 1979 nur für die Wirtschaftsjahre, die in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endeten, in Anspruch genommen werden konnten, war eine alternative erstmalige Inanspruchnahme der Halbsatzbegünstigung des§ 9 EnFG 1979 ebenfalls auf diese Zeiträume beschränkt.
Aus historischer Sicht waren die ähnlich gelagerten Befreiungstatbestände sowohl im Elektrizitätsförderungsgesetz 1953 (§§ 7f EFG 1953), als auch im Elektrizitätsförderungsgesetz 1969 (§§ 8 bis 10 EFG 1969) befristet. Dieses System wurde im EnFG 1979 fortgesetzt, wobei nunmehr hinsichtlich der Befristung auf die Bestimmung des § 1 EnFG abgestellt wurde.
Die Absicht des Gesetzgebers, das EnFG als Weiterführung des EFG 1969 idF Nov 1975 zu sehen, wird durch Wieser klargestellt, der in seinem Artikel 'Das Energieförderungsgesetz 1979', ÖStZ 6/1980, S. 58ff, zeitnah (1980) zum neu erlassenen EnFG vermerkt, dass als Zielsetzung der Bundesregierung das EnFG als Nachfolgegesetz des auslaufenden EFG 1969 postuliert wurde und der Schwerpunkt der gesetzlichen Bestimmungen trotz der Erweiterung des Umfanges des Gesetzes im elektrizitätswirtschaftlichen Teil gelegen war, 'der in seinen Grundsätzen den Regelungen des EFG 1969 entspricht.' Hinsichtlich der Kleinwasserkraftanlagen wird festgehalten, dass die durch die Novelle 1975 in das EFG 1969 eingefügten Begünstigungen für Kleinwasserkraftanlagen 'in das ENFG (§§ 8 und 9) übernommen und erweitert' wurden; bei diesen Erweiterungen handelt es sich einerseits um die Erhöhung der Ausbauleistung der EVU's von 5 000 kW auf 10 000 kW (Abs 1) und andererseits um die Einbeziehung der EVU's ohne Versorgungsgebiet (Abs 2) in das Regime des § 9 EnFG.
Die Bezugnahme auf das EFG 1969 idF Nov 1975 und die darin enthaltenen Begünstigungsbestimmungen inkl. Anwendbarkeitsbefristung spiegelt nach Ansicht des Finanzamtes auch im Hinblick auf die Zeitnähe der Veröffentlichung dieses Artikels zur Erlassung des EnFG den Willen des Gesetzgebers deutlich wider.
Im Jahr 1987- also in jenem Jahr, in welchem der Gesetzgeber eine Aufhebung des gesamten EnFG beabsichtigte (siehe dazu sogleich unten)- wurde von Pokorny die Auffassung vertreten, dass es sich bei der fehlenden Befristungsregelung um einen Redaktionsfehler handle: ' ... Es handelt sich dabei wohl um einen Redaktionsfehler, dem derzeit keine Bedeutung zukommt. Es kann nämlich nicht angenommen werden, dass das EnFG nur für Kleinwasserkraftanlagen eine zeitlich uneingeschränkte Geltungsdauer haben sollte' (Pokorny, Die steuerlichen Vorschriften des Energieförderungsgesetzes 1979, in Aicher [Hrsg.], Rechtsfragen der öffentlichen Energieversorgung, 1987). Hervorzuheben ist die Ausführung, dass der fehlenden Determinierung einer zeitlichen Beschränkung für diese Förderungsmaßnahme 'keine Bedeutung zukommt', da 'nämlich nicht angenommen werden kann, dass das EnFG nur für Kleinwasserkraftanlagen eine zeitlich uneingeschränkte Geltungsdauer haben sollte'. Diese Diktion spricht wiederum für die bis zu diesem Zeitpunkt herrschende Ansicht, eine unbeschränkte Geltung könne nicht aus dem Gesetz abgeleitet werden.
Diese Interpretation wird durch die im selben Jahr (November 1987) getroffene Entscheidung des Gesetzgebers zur Aufhebung des EnFG im Zuge des 3. AbgÄG 1987 durch den - später vom VfGH kassierten - Abschnitt IV Art I und Art II bestätigt, in welchem auszugsweise normiert wurde (Hervorhebung nicht im Original):
ABSCHNITT IV Energieförderungsgesetz 1979
Artikel I Das Energieförderungsgesetz 1979, BGBl. Nr. 567, in der Fassung der Bundesgesetze BGBI. Nr. 353/1982 und 252/1985 wird aufgehoben.
Artikel II .... 3. a) Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 260/1975, in der jeweils geltenden Fassung, deren Ausbauleistung insgesamt 10000 kW nicht übersteigt, können von den Begünstigungen der lit. b Gebrauch machen. Voraussetzung ist, daß die Stromerzeugung den ausschließlichen Betriebsgegenstand darstellt, daß es sich bei den Stromerzeugungsanlagen um Wasserkraftanlagen handelt, die nach dem in Betrieb genommen wurden, mit deren tatsächlichen Bauausführungen vor dem begonnen wird und für die eine vorzeitige Abschreibung gemäß § 8 Abs. 4 Z 4 des Einkommensteuergesetzes nicht in Anspruch genommen wurde und daß der Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt wird. Elektrizitätsversorgungsunternehmen ohne Versorgungsgebiet können unter den vorstehenden Voraussetzungen von den Begünstigungen der lit. b Gebrauch machen, wenn eine Abnahmeverpflichtung auf mindestens zehn Jahre mit einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 260/1975, in der jeweils geltenden Fassung besteht ...
Die vorangehenden Erläuterungen in der Regierungsvorlage - Regierungsvorlage 277 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. GP, Nachdruck vom - verdeutlichen den Standpunkt, dass seitens des Gesetzgebers beide Begünstigungsreglements von Beginn an einer zeitlichen Beschränkungen unterlegen sind (Hervorhebung nicht im Original):
ABSCHNITT IV
Energieförderungsgesetz
Zu Art. I:
Das mit Ende 1989 befristete Energieförderungsgesetz 1979 soll bereits mit Ende 1987 außer Kraft treten, da die in Zeiten des Aufbaues der Elektrizitätswirtschaft sinnvollen steuerlichen Begünstigungen ihre Bedeutung verloren haben. Die Begünstigungen für die Fernwärme- und Gasversorgungswirtschaft haben keine entscheidende Bedeutung gewonnen, ihre Aufrechterhaltung erscheint daher nicht geboten.
Zu Art II:
Mit Z 1 wird klargestellt, daß die abgabenrechtlichen Begünstigungen des EnFG 1979 letztmalig bei der Veranlagung für 1987 zur Anwendung gelangen. Das Bescheinigungsverfahren und die Einrichtung des Energieförderungsbeirates sollen mit Ende 1987 außer Kraft treten, unerledigte Verfahren sollen daher durch eine gesetzliche Aktion als positiv erledigt gelten. Auch der 5. Abschnitt über die Erstellung von Ausbauplänen und von Energieberichten soll mit Ende 1987 außer Kraft treten.
Die bis 1987 gebildeten und noch nicht bestimmungsgemäß verwendeten Energieförderungsrücklagen sollen nach Z 2 innerhalb des im EnFG 1979 genannten fünfjährigen Verwendungszeitraumes als Investitionsrücklagen im Sinne des§ 9 EStG 1972 gelten, dh nur gegen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit dem Betrag aufgelöst werden können, der als vorzeitige Abschreibung oder als Investitionsfreibetrag gellend gemacht werden könnte. Eine Verwendung für die in den §§ 2, 11 und 16 EnFG 1979 genannten Investitionen (ohne Gegenverrechnung mit Investitionsbegünstigungen) ist ab der Veranlagung 1988 ausgeschlossen. Eine gewinnerhöhende Auflösung der Rücklagen soll keine Erhöhungszuschläge auslösen. Die bisher in den §§ 8 und 9 EnFG 1979 verankerten abgabenrechtlichen Begünstigungen für Kleinwasserkraftwerke sollen in der Weise auslaufen, daß die zwanzigjährige Steuerermäßigung im ertragsteuerlichen Bereich nur mehr für Kraftwerke zustehen soll, mit deren Bau - abgestellt auf die tatsächliche Bauausführungen - vor dem begonnen worden ist. Die Beurteilung des Beginnes der tatsächlichen Bauausführungen soll sich an den Grundsätzen orientieren, die zu dem in § 122 Abs. 3 EStG 1972 verwendeten Begriff 'tatsächliche Bauausführung' (eingefügt durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 143/1976) entwickelt wurden.
Der schon bisher bestehende Ausschluß von Doppelbegünstigungen im Bereich der Gewinnermittlung soll weiterhin dadurch gewährleistet bleiben, daß die Inanspruchnahme dieser Begünstigungen als Inanspruchnahme von Begünstigungen im Sinne des EnFG 1979 gilt.
Zudem wird noch auf eine Anfragebeantwortung im Jahr 1996 durch den BMwA Dr. Hannes Farnleitner in Bezug auf eine Bescheinigung energiewirtschaftlicher Zweckmäßigkeit verwiesen (1135/AB XX. GP - Anfragebeantwortung), in welcher der BM ausführte, dass das EnFG 1979 in seiner Stammfassung hinsichtlich der Begünstigungen nur einen eingeschränkten Zeitraum umfasste und die Begünstigungen nur bis zum Wirtschaftsjahr 1989 beansprucht werden konnten.
Entsprechend diesen Ausführungen vertritt das Finanzamt die Ansicht, dass die im § 1 EnFG 1979 vorgesehene Befristung auch für die Begünstigung gern § 8f EnFG 1979 gilt. Da insbes. die Begünstigungen der §§ 1 und 4 EnFG nur für Wirtschaftsjahre, die in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endeten, zumindest erstmalig in Anspruch genommen werden mussten, ist eine alternative erstmalige Inanspruchnahme des § 9 EnFG ebenfalls auf diese Zeiträume beschränkt. Eine letztmalige Inanspruchnahme der Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG ist daher im Jahre 2008 möglich, sofern im Jahr 1989 mit dem Betrieb begonnen wurde."
Mit Vorlageantragsschreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter ohne weiteres Vorbringen gemäß § 264 Abs. 1 BAO die Entscheidung über die Bescheidbeschwerden durch das Verwaltungsgericht.
Die belangte Behörde legte die Bescheidbeschwerde gemäß § 265 Abs. 1 BAO dem Bundesfinanzgericht im Jänner 2015 vor. In der im Vorlagebericht vom enthaltenen Stellungnahme führte die belangte Behörde zum Streitpunkt aus:
"Strittig ist, ob für die Einkünfte des beschwerdegegenständlichen Kraftwerks die Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG 1979 zusteht. Das Finanzamt hat nach der Durchführung einer Außenprüfung die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2012 gem. § 303 BAO wiederaufgenommen und für die Jahre 2009 bis 2012 neue Körperschaftsteuerbescheide erlassen. Für das Jahr 2011 wurde seitens des Beschwerdeführers keine Beschwerde erhoben. Mit der anhängigen Beschwerde wurden nun die Körperschaftsteuerbescheide für die Veranlagungsjahre 2009, 2010 und 2012 mit der Begründung, dass der halbe Steuersatz gem. § 9 EnFG 1979 zustünde, angefochten."
Das Bundesfinanzgericht hat über die Bescheidbeschwerden erwogen:
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Beschwerdeführerin in den Veranlagungsjahren 2009, 2010 und 2012 die Hälftesteuerbegünstigung gemäß § 9 Energieförderungsgesetz 1979 - EnFG zu gewähren war.
§ 8 Abs. 1 EnFG lautet:
Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1), die von den Bestimmungen der §§ 1 bis 7 keinen Gebrauch machen und deren Ausbauleistung insgesamt 10000 kW nicht übersteigt, können hinsichtlich ihrer Stromerzeugungsanlagen von den Bestimmungen des § 9 Gebrauch machen. Voraussetzung ist, daß es sich bei den Stromerzeugungsanlagen um Wasserkraftanlagen handelt, die nach dem in Betrieb genommen werden und daß die Stromerzeugung den ausschließlichen Betriebsgegenstand darstellt, sowie daß der Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt wird.
§ 9 Abs. 1 EnFG lautet:
Die Einkommensteuer (Körperschaft-Steuer), die auf den Gewinn aus den Stromerzeugungsanlagen entfällt, ermäßigt sich ab dem Betriebsbeginn für die Dauer von zwanzig Jahrern auf die Hälfte der gesetzlichen Beträge.
Durch Abschnitt IV Artikel I des Dritten Abgabenänderungsgesetzes 1987 (3. AbgÄG 1987), BGBl. Nr. 606/1987, wurde das EnFG mit Wirkung ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 1988 aufgehoben.
Mit Erkenntnis vom , G 114/93-10, hob der Verfassungsgerichtshof den Abschnitt IV des 3. Abgabenänderungsgesetzes 1987, BGBl. Nr. 606, als verfassungswidrig auf. Die Aufhebung trat mit Ablauf des in Kraft, wodurch das EnFG seit diesem Zeitpunkt wieder in Kraft ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0042, zu gegenständlicher Rechtsfrage ausgeführt hat, bedient sich § 1 EnFG einer völlig anderen Technik der Festlegung seines zeitlichen Anwendungsbereiches als § 8 EnFG. Während in § 1 EnFG von Rücklagen zu Lasten der Gewinne "der in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endenden Wirtschaftsjahre" die Rede ist, stellt § 8 EnFG auf den Beginn einer betrieblichen Betätigung ab, nämlich auf Wasserkraftanlagen, "die nach dem in Betrieb genommen werden". Dazu kommt, dass von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers bei der Festlegung des zeitlichen Anwendungsbereiches des § 8 EnFG keine Rede sein kann. Im gegenständlichen Fall liegt nicht einmal ein Indiz für einen (offensichtlichen) Erklärungsirrtum des Gesetzgebers im Bereich des § 8 EnFG, BGBl Nr. 657/1979 (auch in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985), vor. Der Gesetzgeber regelt den zeitlichen Anwendungsbereich in § 1 EnFG einerseits und in § 8 EnFG gezielt unterschiedlich. Während § 1 EnFG 1979 auf den Gewinn der in bestimmt genannten (zehn) Kalenderjahren endenden Wirtschaftsjahre von Elektrizitätsversorgungsunternehmen abstellt, knüpft § 8 EnFG 1979 an Wasserkraftanlagen an, die nach einem bestimmten Stichtag in Betrieb genommen werden, und normiert eine Rechtsfolge für zwanzig Veranlagungsjahre ab dieser Inbetriebnahme. Der eindeutige Wortlaut des § 8 EnFG bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass der zeitliche Bedingungsbereich der Norm auf die Errichtung einer Anlage oder deren Inbetriebnahme vor Ablauf des Jahres 1989 eingeschränkt wäre. Auch die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung des EnFG oder den genannten Novellen enthalten keinen Hinweis auf eine solche Einschränkung. § 8 EnFG ist durch die Novelle 1985 neu gefasst worden. Dabei hat der Gesetzgeber die bereits in der Stammfassung des EnFG 1979 gewählte Technik der Festlegung des zeitlichen Anwendungsbereichs beibehalten, indem er unverändert auf Wasserkraftanlagen abstellt, "die nach dem in Betrieb genommen wurden". Erst mit Abschnitt IV des 3. Abgabenrechtsänderungsgesetzes 1987 normierte der Gesetzgeber die Einschränkung auf nach dem in Betrieb genommene Wasserkraftanlagen, "mit deren tatsächlichen Bauausführungen vor dem begonnen wird." Auf diese Einschränkung darf jedoch nicht Bedacht genommen werden, weil der Verfassungsgerichthof mit Erkenntnis vom Abschnitt IV des 3. Abgabenänderungsgesetzes 1987 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen hat, dass das EnFG 1979, BGBl. Nr. 567/1979, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985 wieder in Wirksamkeit tritt. Soweit das Finanzamt aus dem Umstand, dass § 8 EnFG auf den Begriff des Elektrizitätsversorgungsunternehmens abstellt und § 1 EnFG hinsichtlich der Definition von Elektrizitätsversorgungsunternehmen auf das mit außer Kraft getretene Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975 verweist, abzuleiten versucht, dass die Bestimmungen des EnFG "bereits zeitlich ausgelaufen sind", ist ihm zu entgegnen, dass der Verweis - zumal er nicht auf die jeweils geltende Fassung des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 1975 abstellt - als statischer Verweis auf das im Jahr 1979 in Geltung gestandene Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975, BGBl. Nr. 260/1975, zu verstehen ist.
Die angefochtenen Bescheide waren daher in den Beschwerden stattgebender Weise abzuändern.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung im Hinblick auf das oben wiedergegebene Erkenntnis nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 8 Abs. 1 EnFG, Energieförderungsgesetz 1979, BGBl. Nr. 567/1979 § 9 Abs. 1 EnFG, Energieförderungsgesetz 1979, BGBl. Nr. 567/1979 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Knesl/Knesl/Zwick in BFGjournal 2018, 140 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.2101193.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at