Ayurveda-Kur in Sri Lanka als außergewöhnliche Belastung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, Adr1, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt A vom , hinsichtlich Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010 sowie Einkommensteuer für die Jahre 2011 bis 2013 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit einem Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2010 machte der Beschwerdeführer (nachstehend kurz Bf) ua die Kosten für eine Ayurveda-Kur in Sri Lanka iHv € 14.303,00 als außergewöhnliche Belastung geltend. In den Beilagen zur Erklärung fand sich im Gutachten eines Facharztes für Neurologie (datiert mit ) neben der Diagnose "Morbus Parkinson und Lumbalsyndrom" die Empfehlung zu einem Kuraufenthalt zB in Bad Gastein bzw Allentsteig. In einem weiteren Gutachten dieses Arztes vom wird ausgeführt: "Der Patient berichtet, dass er einen Kuraufenthalt in Sri Lanka plant zur Wiederherstellung bzw Förderung seiner Beweglichkeit, um seinen sehr anstrengenden, fordernden Beruf weiterhin gerecht zu werden. Aus ärztlicher Sicht ist eine Heilung bei dieser an sich progredienten Erkrankung nicht möglich, aber eine deutliche Linderung der Krankheit, durch die in Aussicht genommene Kur durchaus zu erwarten, wenn diese Kur dort unter ärztlicher Aufsicht erfolgt und zumindest 5-6 Wochen in Anspruch genommen wird."
Im Einkommensteuerbescheid 2010 vom wurden diese Kosten nicht berücksichtigt und dagegen eine Beschwerde eingebracht, die mit Berufungsentscheidung vom vom Unabhängigen Finanzsenat abweisend erledigt wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass nicht in Zweifel gezogen werde, dass die Ayurveda-Behandlungen in Sri Lanka einen positiven Einfluss auf den Allgemeinzustand des Bf gehabt haben, es werden jedoch im Zusammenhang mit Krankheiten stehende Reisen nur unter bestimmten Voraussetzungen als zwangsläufig betrachtet, weil sich gerade bei solchen eine Abgrenzung zu der steuerlich unbeachtlichen Privatsphäre schwierig gestaltet. Eine zwangsläufig notwendige Maßnahme müsste vielmehr in einer dezidierten ärztlichen Verordnung ihren Niederschlag finden. Ebenso fehlt ein Nachweis, dass andere Behandlungen, die vor Ort durchgeführt werden könnten, nicht oder kaum Erfolg versprechend erscheinen. Die vorgelegte ärztliche Bescheinigung reicht nicht aus, die unbedingte medizinische Notwendigkeit der durchgeführten Behandlungen nachzuweisen, da weder fest steht, welche Therapien verordnet werden bzw warum der Bf die in Anspruch genommenen Behandlungen nur im Rahmen des Kuraufenthaltes in Sri Lanka möglich gewesen sind. Diese Reise unterscheidet sich nach dem äußeren Erscheinungsbild und nach der Art der Behandlungen (Massagen, Bäder, Sauna sowie das Erlernen von Yogaübungen) nicht von Erholungs- bzw Kuraufenthalten, die nicht der Behandlung einer Krankheit, sondern der Vorbeugung und Erhaltung der Gesundheit bzw der Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens dienen.
Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 vom wurden von der beantragten Kurkosten ein Betrag von € 268,17 (Kurtherme Badgastein) anerkannt. Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen konnten nicht berücksichtigt werden, da sie den Selbstbehalt nicht übersteigen. Hinsichtlich der als Kurkosten beantragten Ausgaben für die Sri Lanka-Reise (€ 5.545,71) wurde auf die Berufungsentscheidung vom verwiesen.
Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 vom und der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vom ergingen erklärungsgemäß. Es wurden keine Ausgaben für außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht.
Am langte beim Finanzamt ein Antrag auf Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren der Jahre 2010 bis 2013 ein, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass mit Bescheid des Sozialministeriumservices vom der Grad der Behinderung mit 60 % festgestellt und auch im ausgestellten Behindertenpass dargelegt wurde, dass die Behinderung seit 2011 bestehe. Da der Bf schon seit dem Jahre 2000 an Morbus Parkinson leide, ihm auch schon 2009 wegen der jetzigen Beeinträchtigungen ein Kuraufenthalt in Gastein bewilligt worden sei, und unter Hinweis, dass dies "zumindest seit 2011" gegeben sei, werde auch das Jahr 2010 selbst mit umfasst, wenn man restriktiv interpretierend formuliert ("zumindest seit 2011", "höchstens jedoch seit 2010"). Es werde daher zusätzlich und ohne Selbstbehalt Folgendes einkommensmindernd geltend gemacht:
1. die Reise- und Behandlungskosten nach/in Sri Lanka als krankheitsbedingte bzw Therapiekosten (außergewöhnliche Belastungen),
2. die Rezeptgebühren,
3. die Honorare der Ärzte und Fahrtkosten zu den Ärzten
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Jahr | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 |
Flug (Sri Lanka) | 624,37 | 721,71 | 809,00 | 0,00 |
Behandlungskosten (Sri Lanka) | 7.221,00 | 5.545,71 | 7.138,00 | 0,00 |
Behandlungskosten (Österreich) | 625,00 | 4.750,00 | 660,00 | 740,00 |
Fahrtkosten | 195,05 | 420,00 | 220,00 | 240,00 |
Rezeptgebühren | 340,00 | 340,00 | 360,00 | 380,00 |
Heilmittel | 461,00 Brille | 306,34 Brille | 139,00 Smoovey | 999,00 Cardiotrainer |
Der vom Sozialministeriumservice ausgefüllte und an das Finanzamt adressierte Abschnitt vom lautet wie folgt: "Seitens der Landesstelle NÖ des Sozialministeriumservice ergeht nachstehende Mitteilung: Aufgrund des obigen Antrages wird bestätigt, dass der bei Obg. festgestellte Grad der Behinderung von 60 vH zumindest seit 2011 besteht."
Der Spruch des Bescheides des Sozialministeriumservice vom hat folgenden Inhalt: "Auf Grund Ihres am eingelangten Antrages wird festgestellt, dass Sie ab dem Kreis der begünstigten Behinderten angehören. Der Grad der Behinderung (§ 3 Behinderteneinstellungsgesetz) beträgt 60 vom Hundert."
Die Begründung für den Grad der Behinderung ergibt sich als Ergebnis einer durchgeführten Begutachtung, wobei von einem Dauerzustand auszugehen ist. Es wurden folgende Funktionseinschränkungen festgestellt, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. Morbus Parkinson ED 2000, progredient ab 01/2011, unterer Rahmensatz, da keine kognitiven Defizite, Grad der Behinderung 50 %,
2. L5 Syndrom rechts: Oberer Rahmensatz, da chronifizierte spondylogne Beschwerdesymptomatik bei höchstgradigen Spondylarthrosen mit Vertebrostenose L4/5, Bandscheibenschaden L5/S1 vorliegend. Kein relevantes motorisches Defizit Grad der Behinderung 40 %.
Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung von 60 % wird Leiden 1 durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da dieses schwerwiegend ist.
2010
Mit Bescheid vom wurde der Antrag gemäß § 303 Abs 1 BAO auf Wiederaufnahme des mit Einkommensteuerbescheides 2010 abgeschlossenen Verfahrens abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt: "Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist nach § 303 BAO dann möglich, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind, und die Kenntnis dieser Umstände einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
a) Pauschbeträge wegen Behinderung sind gemäß § 35 Abs 2 EStG 1988 an die Feststellungen bzw eine amtliche Bescheinigung des Bundessozialamtes für Soziales und Behindertenwesen (BSA) gebunden. Morbus Parkinson wurde im Bescheid des BSA für ab 1/2011 bescheinigt. Eigenmächtige Schlüsse oder weiterführende Interpretationen sind gesetzlich ausgeschlossen und erlauben auch dem Finanzamt keinen Ermessensspielraum!
b) Das Veranlagungsverfahren 2010 wurde mit Berufungsentscheidung vom Unabhängigen Finanzsenat am , RV/3683-W/11, rechtskräftig abgeschlossen. Ein erneutes Verfahren in der gleichen Sache ist nicht zulässig.
Mangels neuer Tatsachen oder Beweismittel kommt somit eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht in Betracht. Der Antrag war daher abzuweisen."
In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom brachte der Bf vor, dass es entgegen der Auffassung des Finanzamtes angesichts der zuvor wiedergegebenen Textierung (zumindest seit 2011) weder eigenmächtiger Schlüsse oder weiterführender Interpretationen noch eines Ermessensspielraumes bedarf.
Hätte das Sozialministeriumservice die gegenständliche Bestätigung nämlich wirklich per limitieren wollen, dann hätte es nicht des Zusatzes eines Wortes wie "zumindest", sondern denknotwendigerweise eines solchen wie "höchstens" bedurft. Das Wort "zumindest" als Untergrenze verlange nach einem Wort wie "höchstens" als Obergrenze. Aufgrund er Aktenlage stehe fest, dass der Bf bereits seit dem Jahre 2000 an MP laboriere, ihm schon für 2010 ein Kuraufenthalt in Gastein bewilligt worden sei. Der dortige Entlassungsbrief zeige unzweifelhaft, dass das jetzt noch immer vorherrschende Erscheinungsbild schon zu diesem Zeitpunkt jedenfalls existiere. Beantragt werde daher die Anerkennung der Ayurveda-Kosten als Krankheits- bzw Therapiekosten.
2011 bis 2013
Die Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 2011 bis 2013 wurden gemäß § 303 BAO wieder aufgenommen und für diese Jahre neue Einkommensteuerbescheide erlassen (sämtliche Bescheide vom ).
Es wurde neben einem Freibetrag wegen eigener Behinderung (§ 35 Abs 3 EStG 1988) iHv € 294,00 Kosten im Zusammenhang mit der Behinderung (ohne Selbstbehalt) sowie Krankheitskosten (mit Selbstbehalt) anerkannt. Die Ayurveda-Kur blieb dabei außer Ansatz.
Der (neue) Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 wurde wie folgt begründet:
"Aufgrund der Bescheinigung des Bundessozialamtes (BSA) konnte der Behindertenpauschbetrag für 60 % gewährt werden. Im Zusammenhang mit der Behinderung kamen folgende belegmäßig nachgewiesene Kosten "ohne Selbstbehalt" zusätzlich zum Ansatz: Neurologische Untersuchungen (2 x 29,03), Labor (38,17), Intern N (63,88), [Bf] (70), Apothekenre (350,15), Kur Badgastein (268,17) und Fahrtkosten dorthin geschätzt (420) = gesamt: 1.268,43 Euro.
Die Kosten für Brille, Augen und Zahnsanierung stehen nicht im Zusammenhang mit der Behinderung und konnten somit (wie bisher) nur als allgemeine Krankheitskosten mit Selbstbehalt berücksichtigt werden.
Die Ayurveda-Kur in Sri Lanka wurde im Verfahren zu 2010 vom Unabhängigen Finanzsenat nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt, auch nicht als Belastung "mit Selbstbehalt" (). Die Bescheinigung des BSA ändert daran nichts. Der UFS verneinte das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung dem Grunde nach, womit auch ein Ansatz "ohne Selbstbehalt" (iZm Behinderung) nicht in Betracht kommt."
Im (neuen) Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 wurde neben dem Pauschale (€ 294) aufgrund des belegmäßigen Nachweises Arztkosten (2 x H € 100 und € 29,03, insgesamt € 129,03) als außergewöhnliche Belastung (ohne Selbstbehalt) zusätzlich anerkannt.
Weitere Ausgaben (auch nicht die Ayurveda-Kur) wurden nicht anerkannt. Beim "Smovey" handle es sich um ein Trainingsgerät, das ganz allgemein auch zur Erhaltung der Fitness oder zur Vorbeugung diene. Zudem liege keine ärztliche Verordnung dafür vor.
Im (neuen) Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 wurden neben dem Behindertenpauschbetrag (iHv € 294) ebenfalls belegmäßig nachgewiesene Arztkosten iHv € 29,03 (H) anerkannt. Der "Cardio Trainer" konnte nicht anerkannt werden, da es sich um Trainingsgerät handelt, dem das Merkmal der Außergewöhnlichkeit fehle, da dieses Gerät ganz allgemein auch zur Erhaltung der Fitness oder zur Vorbeugung diene. Zudem liege keine ärztliche Verschreibung dafür vor.
In den gegen die Bescheide 2011 bis 2013 eingebrachten Beschwerden verwies der Bf ua auf sein Vorbringen in der Berufung zum Verfahren des Jahres 2010. Ergänzend werde ausgeführt, dass - wie der (deutsche) BFH auf vergleichbarer rechtlicher Basis zu Recht erkannte - das Finanzamt die Aufwendungen für die alternative Behandlungsmethode anzuerkennen habe, wenn die Schulmedizin nicht helfen könne, weil es keine wirksame Methode gebe, zum Beispiel bei multipler Sklerose, Aids oder Krebs. In solchen Fällen sei die Krankheit als Ursache für die Aufwendungen eindeutig (BFH-Urteil vom , III B 76/99, BFH/NV 2000 S 697). Nach § 33 Abs 1 des dEStG werde die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen könne, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig seien und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs 2 Satz 1 dEStG).
In ständiger Rechtsprechung gehe der BFH davon aus, dass Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (zB Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl (BFH-Urteile vom , VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711; vom III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427; und vom III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596).
Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs 2 Satz 1 dEStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf (BFH-Urteile vom III R 22/00, BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543, und vom III R 5/98, BFHE 187, 503, BStBl II 1999, 227 mwN). Eine derart typisierende Behandlung der Krankheitskosten sei zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten (BFH-Urteil in BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543). Dies gelte aber nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und vorgenommen werden (vgl BFH-Urteil vom III R 84/96, BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805), also medizinisch indiziert seien.
In diesem Lichte werde daher eine Abänderung der bekämpften Bescheide iSd gestellten Wiederaufnahmeanträge beantragt. Angemerkt werde noch, dass die Smoveys von einem an Morbus Parkinson erkrankten Tennislehrer als Therapiemittel erfunden und entwickelt und vom Bf als solches auch erworben worden sei. Dass sich in der Folge auch die Fitnessindustrie dieser Geräte bemächtigt habe, vermöge an ihrem Ursprung und Zweck nichts zu ändern. Dass auch der Cardio-Trainer dazu diene, die Krankheit erträglich zu machen, werde nicht wirklich zweifelhaft sein.
Für den Fall, dass den Anträgen des Bf nicht entsprochen werden sollte, werde unter einem sogleich ein entsprechender Vorlageantrag gestellt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Strittig ist, ob Aufwendungen (Behandlungs-, Aufenthalts- und Flugkosten) für Ayurveda-Kuren in Sri Lanka als außergewöhnliche Belastungen steuerliche Berücksichtigung finden können oder ob es sich dabei um steuerlich nicht beachtliche Kosten der privaten Lebensführung handelt, sowie ob die Abweisung des am gestellten Antrages auf Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2010 zu Recht nicht erfolgt ist.
Es sind folgende die Ayurveda-Kuren in Sri Lanka betreffende Reise- und Behandlungskosten streitgegenständlich:
2010: Flug 624,37 €, Behandlungskosten 7.221,00 €
2011: Flug 721,71 €, Behandlungskosten 5.545,71 €
2012: Flug: 809,00 €, Behandlungskosten 7.138,00 €
2013: 0,00 €
Weiters sind die Ausgaben für einen Smovey (2012: 139,00 €) und einen Cardio Trainer (2013: 999,00 €) strittig.
Zum festgestellten Sachverhalt
Beim Bf wurde schon im Jahr 2000 die Krankheit Morbus Parkinson diagnostiziert. In diesem Zusammenhang wurden Kuraufenthalte in Badgastein in den Jahren 2009 und 2011 bewilligt.
Die im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2010 geltend gemachten Kosten für eine Ayurveda-Kur in Sri Lanka wurden vom Unabhängigen Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom , RV/3683-W/11, als unbegründet abgewiesen.
Die im Veranlagungsverfahren 2011 geltend gemachten Kosten für die Ayurveda-Kur wurden unter Verweis auf die Berufungsentscheidung vom verwehrt. Andere Krankheitskosten wurden zum Teil anerkannt, blieben jedoch aufgrund des Selbstbehaltes ohne steuerliche Auswirkung. Für die Jahre 2012 und 2013 wurden keine Krankheitskosten beantragt. Alle Bescheide erwuchsen in Rechtskraft.
Mit Bescheid des Sozialministeriumservice vom wurde beim Bf ab 01/2011 ("Morbus Parkinson ED 2000, progredient ab 01/2011") ein Grad der Behinderung von 60 % festgestellt.
Ein mit datiertes vom "Sozialministerium Service" ausgefülltes Formblatt für das Finanzamt bescheinigt, dass der festgestellte Grad der Behinderung von 60 % "zumindest seit 2011" besteht.
Aufgrund der rückwirkenden Feststellung einer Behinderung reichte der Bf mit Schreiben vom einen Antrag auf Wiederaufnahme für die Jahre 2010 bis 2013 ein.
Neben anderen Krankheitskosten begehrte der Bf für die Jahre 2010 (7.845,37 €) und 2011 (6.247,42 €) erneut bzw für 2012 (7.947 €) erstmals die Kosten für eine Ayurveda-Kur in Sri Lanka.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer 2010 wurde vom Finanzamt abgewiesen, da die Behinderung erst mit 01/2011 nachgewiesen sei. Hingegen wurden die Veranlagungsverfahren 2011 bis 2013 wieder aufgenommen und in den Einkommensteuerveranlagungen ein Freibetrag wegen eigener Behinderung gewährt (jeweils 294 €). Weiters wurden belegmäßig nachgewiesene Krankheitskosten, die im Zusammenhang mit der Behinderung stehen, als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt anerkannt. Nicht berücksichtigt wurden die Aufwendungen für die Ayurveda-Kuren (2010, 2011, 2012) sowie die Kosten für den Smovey (2012) und den Cardio Trainer (2013) als im Zusammenhang mit der Behinderung stehend.
Rechtsgrundlagen und rechtliche Erwägungen
Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen, sofern die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt werden. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Nach § 34 Abs 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Gemäß § 34 Abs 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Nach Abs 4 des § 34 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs 2 in Verbindung mit Abs 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von mehr als 36.400 Euro 12%.
Gemäß § 34 Abs 6 EStG 1988 können folgende Aufwendungen ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden. Dazu gehören ua Mehraufwendungen im Zusammenhang mit einer Behinderung des Abgabepflichtigen.
Durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen kann festgelegt werden, unter welchen Umständen solche Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung zudem ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs3 EStG und ohne Anrechnung auf das Pflegegeld zu berücksichtigen sind.
Für außergewöhnliche Belastungen von behinderten Personen bestimmt § 35 EStG 1988 in seinen Absätzen 1 bis 3 Nachstehendes:
"§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.
(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für eine Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente ( § 11 Abs 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl Nr 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen…
(3) Es wird jährlich gewährt bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 55% bis 64% ein Freibetrag von Euro 294".
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl Nr 303/1996, in der hier maßgebenden Fassung lautet auszugsweise:
"Auf Grund der §§ 34 und 35 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl Nr 400, wird verordnet:
§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung, ...
so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.
(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.
§ 2. (1) Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei
- Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids: 70 Euro
- Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit: 51 Euro
- Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit: 42 Euro
pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten ist der höhere Pauschbetrag zu berücksichtigen.
(2) Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 25% sind die angeführten Beträge ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten nach Abzug des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs 4 EStG 1988 zu berücksichtigen."
Für gewisse Aufwendungen erlaubt § 34 Abs 6 EStG einen Abzug auch ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes. Die zu § 34 Abs 6 EStG ergangene Verordnung des BMF führt in § 3 die Voraussetzungen für den Freibetrag zur Abgeltung der KFZ-Kosten bei bescheinigter Gehbehinderung an und nennt in § 4 nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung als neben dem Pflegegeld voll abzugsfähig.
Als Kosten der Heilbehandlung im Sinne des § 4 der Verordnung gelten Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten oder Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, § 34 Tz 78, ABC der außergewöhnlichen Belastungen, Stichwort "Krankheitskosten").
Hat ein Abgabepflichtiger Aufwendungen durch seine eigene körperliche oder geistige Behinderung, für welche eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von mindestens 25% festgestellt wurde, sind derartige Kosten nach dieser Verordnung ohne Kürzung um Pflegegeldbezüge zu berücksichtigen, soweit die Ausgaben nachgewiesen werden.
Entsprechend § 35 Abs 1 EStG 1988 ist die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (= Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung nachzuweisen.
Betroffen können von dieser Beurteilung nur Kosten sein, die durch jene Behinderung(en) bedingt sind, welche Grundlage für die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit war(en). Sofern Krankheitskosten nicht im Zusammenhang mit einer Behinderung stehen, unterliegen sie den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988.
Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung erwachsen Kosten der eigenen Erkrankung aus tatsächlichen Gründen dem Grunde nach zwangsläufig. Die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung setzt darüber hinaus Zwangsläufigkeit der Höhe nach voraus. Dies macht eine Angemessenheitsprüfung im Einzelfall notwendig, wobei sich die Beurteilung nicht an subjektiven Vorstellungen sondern an objektiven Umständen zu orientieren hat (; , 95/15/0018; , 87/14/0116; , 91/14/0243).
Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die Mehrkosten aus einer Behinderung.
Die Begriffe Krankheit und Behinderung sind nicht deckungsgleich.
Unter Krankheit versteht man eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Heilbehandlung bzw Heilbetreuung erfordert. Liegt eine Krankheit vor, so sind Kosten für die Heilung, Besserung oder Erträglichmachung der Krankheit abzugsfähig.
Nicht jede Behandlung oder Betreuung einer Krankheit stellt eine Heilbehandlung dar, die einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung zugänglich ist.
Maßnahmen der Krankheitsprävention sind im Rahmen des § 34 EStG 1988 Aufwendungen zur Vorbeugung von Krankheiten oder zur Erhaltung der Gesundheit nicht als Krankheitskosten zu berücksichtigen. Insofern fehlt es nämlich an der Verursachung durch eine Krankheit und damit an der Zwangsläufigkeit. Aufwendungen, die lediglich auf eine Verbesserung des Allgemeinzustandes abzielen, sind davon nicht erfasst, selbst wenn sich die betreffende Maßnahme auf den Verlauf einer konkreten Krankheit positiv auswirken kann ().
Der Europäische Gerichtshof (EUGH) definiert in Anlehnung an die Begriffsdefinition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Behinderung eine Einschränkung insbesondere aufgrund von physischen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen, die ein Hindernis für die Teilnahme am Berufsleben bildet und voraussichtlich von langer Dauer ist (EUGH , C-13/05 Sonia Chacon Navast/Eurest). Dabei sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel sowie Kosten einer Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen. Unter Kosten der Heilbehandlung fallen ua Arzt-, Spitals- und Therapiekosten sowie Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen.
Die in § 34 EStG 1988 geforderte Zwangsläufigkeit von außergewöhnlichen Belastungen setzt in Bezug auf Krankheits- bzw Behinderungskosten das Vorliegen triftiger medizinischer Gründe für den betreffenden Aufwand in dem Sinn voraus, dass ohne Anwendung der damit finanzierten Maßnahmen das Eintreten ernsthafter, gesundheitlicher Nachteile feststeht oder sich zumindest konkret abzeichnet.
Für Krankheitskosten fordert der VwGH deshalb, dass diese Maßnahmen tatsächlich Erfolg versprechend zur Behandlung oder zumindest Linderung einer konkret existenten Krankheit beitragen ().
Da insbesondere Dauerbehinderungen in der Regel nicht Erfolg versprechend behandelbar sind und häufig auch eine Linderung ihrer Symptomatik nicht möglich ist, kann dies für die Kosten aus einer Behinderung nur bedingt gelten. Hier geht es vielmehr darum, das Fortschreiten der Beeinträchtigung möglichst günstig zu beeinflussen. Auch dabei setzt das Erfordernis der Zwangsläufigkeit aber hinreichende, objektiv nachprüfbare Ergebnisse der gesetzten Maßnahmen voraus. Im Sinne der VwGH-Judikatur zur Heilbehandlung von Krankheiten werden deshalb auch hier nur die typischer Weise anfallenden Kosten für Maßnahmen zu berücksichtigen sein, ohne deren Anwendung ernsthafte gesundheitliche Nachteile feststehen oder sich konkret abzeichnen ( UFSG vom , RV/0427-G/06).
Da § 34 EStG 1988 eine Begünstigungsbestimmung ist, obliegt die Behauptung und der Beweis des Vorbringens dem Abgabepflichtigen. Überdies gelten dort, wo die Abgrenzung zu Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung schwierig ist, für die Nachweisführung besonders strenge Anforderungen (; , 93/13/0057).
Aufgrund der dargestellten Erfordernisse bilden bloße Wünsche und Vorstellungen des Betroffenen über medizinische Auswirkungen jedenfalls keine ausreichende Grundlage für den Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Aufwandes (; , 87/14/0116).
Ebenso fehlt es bei Maßnahmen, deren Beitrag zur Heilung bzw Linderung einer Krankheit oder zur günstigen Entwicklung einer Behinderung nicht hinreichend erwiesen ist und die daher bei der medizinischen Behandlung auch nicht typischerweise anfallen, am Merkmal der Zwangsläufigkeit.
Bei Kosten im Zusammenhang mit einer Behinderung geht es darum, das Fortschreiten der Beeinträchtigung möglichst günstig zu beeinflussen. Auch dabei setzt das Erfordernis der Zwangsläufigkeit aber hinreichende, objektiv nachprüfbare Ergebnisse der gesetzten Maßnahme voraus. Solche müssen zumindest berechtigt erwartet worden sein.
Auch bei Aufwendungen für Hilfsmittel oder Behandlungen, die nicht unter § 4 der BMF-VO subsumierbar sind, bedarf es eines entsprechenden Nachweises bezüglich der sonstigen Voraussetzungen des § 34 EStG 1988.
Bei der Geltendmachung von alternativmedizinischen Behandlungsmethoden wird auch zusätzlich zu den in § 34 EStG 1988 aufgezählten Voraussetzungen der Nachweis der medizinischen Notwendigkeit gefordert.
Eine ärztliche Verordnung stellt einen geeigneten Nachweis für die medizinische Indikation der Behandlung bzw für deren medizinische Notwendigkeit dar.
Dafür, dass die medizinische Notwendigkeit nur mittels ärztlicher Verordnung zu erfolgen hat, gibt es zwar keine explizite gesetzliche Bestimmung im EStG. Das Erfordernis eines solchen Nachweises und somit auch die Zwangsläufigkeit obliegen somit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung.
Die in § 34 EStG 1988 geforderte Zwangsläufigkeit von außergewöhnlichen Belastungen setzt in Bezug auf Krankheits- und Behinderungskosten das Vorliegen triftiger medizinischer Gründe für den betreffenden Aufwand in dem Sinn voraus, dass ohne Anwendung der damit finanzierten Maßnahmen das Eintreten ernsthafter, gesundheitlicher Nachteile feststeht oder sich konkret abzeichnen. Der VwGH fordert deshalb für Krankheitskosten, dass diese Maßnahme tatsächlich Erfolg versprechend zur Behandlung oder zumindest Linderung einer konkret existenten Krankheit beitragen und wies im Falle eines Kuraufenthaltes darauf hin, dass nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte (Kur)reise zu einer außergewöhnlichen Belastung führt. Der Begriff "Kur" erfordert ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren (). Die Aufwendungen für den Kuraufenthalt müssen zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die der Behandlung dienende Reise zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist () und eine andere Behandlung nicht oder kaum Erfolg versprechend ist (). An den vom Steuerpflichtigen zu führenden Nachweis dieser Voraussetzungen müssen wegen der im allgemeinen schwierigen Abgrenzung solcher Reisen von den ebenfalls der Gesundheit dienenden Erholungsreisen strenge Anforderungen gestellt werden (vgl VwGH-Erkenntnis , 2001/15/0164, mwN).
Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes ist die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses ("vorfeldweisen ärztlichen Gutachtens", : ein bloß mittelbarer ärztlicher Verordnungszusammenhang reicht nicht aus) erforderlich, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben.
Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn zu einem Kuraufenthalt von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da zu Erlangung dieser Zuschüsse ebenfalls in der Regel ein ärztliches Gutachten vorgelegt werden muss. Wesentlich ist weiters, dass die Reise nach ihrem Gesamtcharakter ein Kuraufenthalt, dh mit einer nachweislich kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung, und nicht bloß ein Erholungsaufenthalt, welcher der Gesundheit letztlich auch förderlich ist, medizinisch indiziert ist und die damit verbundenen Kosten sich damit von Kosten der privaten Lebensführung abgrenzen.
Im Zusammenhang mit einer Dauerbehinderung ist eine differenzierte Betrachtungsweise in der Weise geboten, dass es darum geht, jene Maßnahmen als Heilbehandlungen einzustufen, die den bestehenden Zustand erhalten bzw eine Verschlechterung verhindern oder zumindest verlangsamen, was im Einzelfall zu untersuchen ist.
Zu den geltend gemachten Ayurveda-Kuren in Sri Lanka:
Aus den vorgelegten Unterlagen (ua Arztbrief eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom , Schreiben eines Facharztes für Innere Medizin vom ) und letztlich der Tatsache, dass dem Bf aufgrund seiner Erkrankungen (wie einem Morbus Parkinson, myofasziales Syndrom) ein Grad der Behinderung von 60 % zuerkannt wurde, werden seine massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen als erwiesen angesehen.
Der Bf hat als Nachweis für die medizinische Notwendigkeit der Ayurveda-Kuren neben diesen vorgelegten Schreiben, denen aber nur Empfehlungscharakter beizumessen ist, auf den durch das Sozialministeriumservice festgestellten Grad der Behinderung verwiesen.
Aus den vorgelegten ärztlichen Bestätigungen geht aber nicht hervor, inwieweit diese Ayurvedakuren in Sri Lanka eine Maßnahme zur Stabilisierung oder Erhaltung des Gesundheitszustandes des Bf bei Vorliegen der diagnostizierten Krankheiten ist.
Die vom Ayurveda-Lanka-Hospital Ltd in Rechnung gestellten Behandlungen umfassen Massagen (ua Kopfmassagen, Thermomassagen, Spezialmassagen, Kräuterbeutel Massagen, Ayurvedische Fußmassagen), Ölgüsse (Stirnölguss, Ganzkörperölguss), Bäder (Dampfbad mit warmen Kräuterdampf, Blütenbad), Sauna (Kräuter Sauna) sowie das Erlernen von Yogaübungen.
Daraus ist nicht erkennbar, ob lediglich eine vorbeugende, der Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens dienende Maßnahme oder eine Heilbehandlung vorliegt (vgl -F/07; , RV/0378-W/05).
Die durchgeführten Behandlungen - wie Massagen, Bäder, Sauna - erlauben keinen eindeutigen Rückschluss auf eine - das Fortschreiten der gesundheitlichen Beeinträchtigungen möglichst günstig beeinflussende - Heilbehandlung. Massagen, Bäder usw werden regelmäßig auch bei Kuren verabreicht, die nicht aus medizinischen Gründen unternommen werden, sondern dem allgemeinen Wohlbefinden dienen.
Ebenso fehlt ein Nachweis, dass andere Behandlungen, die vor Ort durchgeführt werden könnten, nicht oder kaum Erfolg versprechend erscheinen.
Aufwendungen für alternative Behandlungsmethoden können zwar ebenfalls Krankheitskosten darstellen, dies gilt aber nur dann, wenn sie nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung und Linderung der Krankheit angezeigt sind und vorgenommen werden (vgl. BFH vom , III R 28/06, BFH/NV 2007, 1841; vom , III R 45/03,BStBl. II 2005, 602 und vom III R 84/96, BStBl II 1997, 805).
Die im gegenständlichen Fall vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen reichen nicht aus, die unbedingte medizinische Notwendigkeit der Behandlung nachzuweisen, da weder zum Ausdruck kommt, welche Therapien verordnet werden bzw warum die vom Bf in Anspruch genommenen Behandlungen nur im Rahmen des Kuraufenthaltes in Sri Lanka möglich gewesen sind.
Nach dem äußeren Erscheinungsbild kann die vom Bf unternommene Reise jedenfalls nicht von Erholungs- bzw Kuraufenthalten unterschieden werden, die nicht der Behandlung einer Krankheit, sondern der Vorbeugung und Erhaltung der Gesundheit bzw der Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens dienen.
Dennoch ist auch bei außergewöhnlichen Belastungen unstrittig, dass im Ausland verwirklichte Sachverhalte dem Grunde nach zwangsläufig verursachte Kosten auslösen können, was aber nur bei nachweisbarer medizinischer Notwendigkeit gegeben wäre.
Auch der deutsche Bundesfinanzhof (BFH-Urteil vom - III R 22/00) hat zu Aufwendungen für Ayurveda-Behandlungen festgestellt, dass diese nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können, wenn die medizinische Notwendigkeit dieser Behandlung im Einzelfall durch ein vor ihrem Beginn erstelltem ärztlichen Attest nachgewiesen ist. Es lässt sich nämlich aus der Art der Behandlung allein nicht ableiten, dass es sich um eine Heilmaßnahme und nicht lediglich um eine vorbeugende, der Gesundheit allgemein dienende Maßnahme gehandelt hat.
Sehr weit - losgelöst von den starren Regeln des Steuerrechts menschlich nachvollziehbar - ist bei der Anerkennung von Außenseitermedizin der deutsche BFH (, VI R 11/09) gegangen: Er sah bei einer Krebserkrankung mit nur noch begrenzter Lebenserwartung, die nicht mehr auf eine kurative Behandlung ansprach, die daraus resultierende letzte Lebensphase als vom Konflikt zwischen schicksalshafter Realität, Wunsch nach Heilung und Hoffnung, die eigene Erkrankung möge anders verlaufen als nach statistischen Erfahrungen zu erwarten, geprägt ist. In dieser "notstandsähnlichen Situation" erwachsen mit schulmedizinischen Verfahren nicht mehr heilbare Patienten Aufwendungen für Maßnahmen, denen es objektiv an der Eignung zur Heilung oder Linderung mangeln mag, auch dann zwangsläufig wenn der Steuerpflichtige diese Zwangslage zwischen Realität und Wunsch nach Heilung mittels ärztlicher Außenseiter zu lösen sucht und sich für von der Schulmedizin nicht anerkannte Heilmethode entscheidet. Die Ausweglosigkeit der Lebenssituation, die den "Griff nach jedem Strohhalm" gebietet, führt insoweit zur Zwangsläufigkeit N in BFGjournal 2016, S 171).
Da die gesetzlichen Voraussetzungen für außergewöhnliche Belastungen in Österreich (vgl § 34 EStG 1988) und Deutschland (§ 33 dEStG) weitgehend ident sind, können die Ausführungen des BFH somit auch für den Begriff der Krankheitskosten im österreichischen Steuerrecht von Relevanz sein.
Die vorliegenden Ayurveda-Behandlungen jedoch, die auch bei nicht kranken Personen zur Gesunderhaltung zur Anwendung kommen können, weisen nicht den notwendigen medizinischen Hintergrund auf, sodass darin nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keine zwangsläufige Maßnahmen im Sinne eines "verzweifelt nach jedem Strohhalm greifen" gesehen werden kann.
Zum geltend gemachten Smovey (2012) und Cardio-Trainer (2013):
Um Kosten, die einem Steuerpflichtigen in Zusammenhang mit seiner Krankheit erwachsen, als außergewöhnliche Belastung qualifizieren zu können, bedarf es in einer ersten Prüfung einer vermögensmindernden Ausgabe. Darunter sind Ausgaben zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind (ua ). Ihnen stehen die Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und schon deshalb nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden - siehe ua . Diese "Gegenwerttheorie" findet dort ihre Grenze, wo das neu geschaffene bzw angeschaffte Wirtschaftsgut bloß eine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit hat (vgl wiederum ). Darunter fallen Wirtschaftsgüter, die nur für den eigenen persönlichen Gebrauch angeschafft werden und grundsätzlich für jemand anderen keinen Nutzen darstellen, wie zB Prothesen, Brillen, Hörhilfen bzw solche Wirtschaftsgüter, die wegen ihrer spezifischen Beschaffenheit nur für Behinderte verwendet werden können (wie etwa Rollstühle).
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den angeschafften Trainingsgeräten (Smovey und Cardio Trainer) nicht um solche, die auf die speziellen Bedürfnisse des Bf zugeschnitten sind sowie um solche, die auch von breiten Bevölkerungskreisen benutzt werden können und auch werden.
Die geltend gemachten Aufwendungen können daher nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.
Zur Wiederaufnahme der Verfahren:
Gemäß § 303 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Dem § 303 Abs 1 lit b BAO zufolge ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist, Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Zweck der Wiederaufnahme wegen Neuerungen ist die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen. Gemeint sind also Tatsachen oder Beweismittel, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind ().
Mit Bescheid des Sozialministerium Service vom wurde der Grad der Behinderung mit 60 % bemessen und das Krankheitsbild Morbus Parkinson ("progredient ab 01/2011") mit zunehmend schweren Verlauf ab 01/2011 festgestellt. Dieser Bescheid wurde nach der Aktenlage nicht bekämpft und ist somit in Rechtskraft erwachsen. Ein vom EStG geforderter Nachweis für den Grad der Behinderung liegt daher seit Jänner 2011 vor. Anderslautende Bestätigungen - insbesondere für Zeiträume davor - wurden vom Bf nicht vorgelegt.
Es liegen somit für die Jahre ab 2011 "neue Tatsachen oder Beweismittel" vor, die zum Zeitpunkt der Einkommensteuerveranlagungen der Jahre 2011 bis 2013 noch nicht bekannt waren und eine Wiederaufnahme rechtfertigen, jedoch nicht für das Jahr 2010.
Die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer des Jahres 2010 war daher als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im vorliegenden Fall liegt eine derartige Rechtsfrage nicht vor, da das Bundesfinanzgericht der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Unabhängigen Finanzsenates folgt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | BFH , III R 28/06 -G/06 -F/07 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.7101861.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at