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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.12.2017, RV/3100369/2012

Umfang eines Veräußerungserlöses

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die vorsitzende Richterin Dr. Johanna Lanser, den Richter Dr. Peter Unger sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Thomas Karner und Mag. Gerhard Auer in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Steuerberater Mag. A, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Innsbruck vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2008, Einkommensteuer 2008 und Festsetzung von Anspruchszinsen für 2008, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am im Beisein der Schriftführerin Waltraud Vogelsberger zu Recht erkannt: 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Am wurde die Abgabenerklärung der Beschwerdeführerin betreffend Einkommensteuer 2008 elektronisch eingereicht und hierin lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Pensionseinkünfte) erklärt.

Zuvor, am , wurde bereits die Abgabenerklärung der Beschwerdeführerin betreffend Einkommensteuer 2009 elektronisch eingereicht und hierin ua Einkünfte aus Beteiligungsveräußerung iHv 29,60 € erklärt.

Am  erließ die belangte Behörde einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008, in dem für die Beschwerdeführerin erklärungskonform lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Pensionseinkünfte) festgesetzt wurden.

Mit E-Mail vom  teilte die Beschwerdeführerin nach telefonischer Anfrage der belangten Behörde durch ihren steuerlichen Vertreter nähere Informationen bezüglich der stattgefundenen Veräußerung der Geschäftsanteile der Beschwerdeführerin mit.

Mit Bescheid vom wurde von der belangten Behörde die Einkommensteuer 2009 festgesetzt, wobei den erklärten Einkünften aus Beteiligungsveräußerung iHv 29,60 € weitere 87.648,85 € hinzugerechnet wurden, da laut dem der Beteiligungsveräußerung zugrundeliegenden Abtretungsvertrag im Ausmaß dieser Hinzurechnung Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin übernommen worden seien. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin - eine hier nicht verfahrensgegenständliche - Berufung. Mittels Berufungsvorentscheidung vom änderte die belangte Behörde den Einkommensteuerbescheid 2009 insofern ab, als die Einkünfte aus Beteiligungsveräußerung zur Gänze aus dem Jahr 2009 ausgeschieden wurden, da diese im Jahr 2008 zu erfassen seien.

Mit dem hier verfahrensgegenständlichen Bescheid vom wurde das Einkommensteuerverfahren 2008 durch die belangte Behörde wiederaufgenommen, da Tatsachen und Beweismittel neu hervorgekommen seien, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden seien und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Im neuen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vom  wurden neben den bisherigen Pensionseinkünften auch sonstige Einkünfte aus der Veräußerung von Beteiligungen iHv 87.678,45 € festgesetzt und dies wie folgt begründet:

"Mit Mail vom wurde der Veräußerungserlös der Gesellschaftsanteile bekanntgegeben. Das stellt eine neu hervorgekommene Tatsache dar, die die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigt.
Der erklärte Veräußerungsgewinn von € 29,60 wurde um den Betrag von € 87.648,85 erhöht.
Lt. Abtretungsvertrag v. hat Fr [GW] ihren Gesellschaftsanteil um den Preis von € 8.750,- an Hrn [KW] abgetreten. Lt. Pkt. 4 des Vertrages übernimmt Hr. [KW] weiters die offenen Verbindlichkeiten der Fr. [GW] in Höhe von € 87.648,85. Nach Ansicht des Finanzamtes stellt die Summe beider Beträge (€ 87.678,45) den Veräußerungserlös und spiegelbildlich bei Hrn. [KW] die Anschaffungskosten für den Anteilserwerb dar."

Mit Bescheid vom selben Tag hat die belangte Behörde auch Anspruchszinsen für 2008 iHv 1.322,88 € festgesetzt.

Die Beschwerdeführerin erhob fristgerecht gegen alle drei Bescheide das damalige Rechtsmittel der Berufung und führte aus, dass die offenen Verbindlichkeiten niemals Teil der Anteilsveräußerung gewesen seien, sondern die laufende Gewinnausschüttung an die Beschwerdeführerin betroffen habe. Dieser Betrag sei durch die Umbuchung auf den Mitgesellschafter nach wie vor steuerhängig, weshalb dieser auch bei einer Gewinnausschüttung zum Ausgleich seines Verrechnungskontos die Kapitalertragsteuer für den Gesamtbetrag zu tragen habe.

Die Rechtswidrigkeit der Wiederaufnahme wurde im Zuge einer Mängelbehebung damit begründet, dass der belangten Behörde bereits bei der Erstellung des Einkommensteuerbescheides 2009 klar sein musste, dass ein etwaiger Veräußerungsgewinn im Jahr 2008 zu erfassen gewesen wäre.

Ohne die Erlassung einer (zum damaligen Zeitpunkt bloß fakultativen) Berufungsvorentscheidung wurden die Beschwerdeakten dem unabhängigen Finanzsenat als damaliger Rechtsmittelbehörde vorgelegt.

Im Vorlagebericht wurde ergänzend ausgeführt, dass die Übernahme der Verbindlichkeiten laut Verrechnungskonto gegenüber der [B_GmbH] nach Ansicht der belangten Behörde eine Gegenleistung für den Erwerb des GmbH-Anteils darstelle und somit zum Veräußerungserlös zähle.

Eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin zu den Ausführungen im Vorlagebericht langte nicht ein.

Am wurde vor dem erkennenden Senat eine mündliche Verhandlung auf Antrag der Beschwerdeführerin durchgeführt und im Anschluss daran die vorliegende Entscheidung verkündet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Dementsprechend stellt das Bundesfinanzgericht auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Beschwerdeführerin hielt an der [B_GmbH] seit mehr als einem Jahr Gesellschaftsanteile im Ausmaß von 40 % in ihrem Privatvermögen.

Die Beschwerdeführerin hat ihre Gesellschaftsanteile an der [B_GmbH] mit Notariatsakt vom an den bisherigen Mitgesellschafter abgetreten.

Der Punkt Viertens des Abtretungsvertrages lautet:

"Zudem übernimmt Herr [KW] die offene Verbindlichkeit der Frau [GW] in Höhe von Euro siebenundachtzigtausendsechshundertachtundvierzig 85/100 (€ 87.648,85) laut Verrechnungskonto zum achtundzwanzigsten April zweitausendacht () gegenüber der Firma [B_GmbH] mit dem Sitz in [X]." 

Im Einkommensteuerbescheid der Beschwerdeführerin für das Jahr 2008 vom wurden lediglich Pensionseinkünfte festgesetzt.

Mit E-Mail vom wurde die belangte Behörde seitens der Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter über nähere Details des Abtretungsvertrages vom informiert, insbesondere über die in Punkt 4 des Abtretungsvertrages vereinbarte Übernahme von Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin durch den erwerbenden Mitgesellschafter iHv 87.648,85 €.

Im Rahmen des Einkommensteuerverfahrens 2008 war diese Tatsache der belangten Behörde mangels Kenntnis des Abtretungsvertrages im Zeitpunkt der Erlassung des Einkommensteuerbescheides vom nicht bekannt.

Neben der angefochtenen Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2008 erließ die belangte Behörde am auch den hier angefochtenen neuen Einkommensteuerbescheid 2008 und einen Bescheid betreffend die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2008.

                                                                                                                       

2. Beweiswürdigung

Die bezughabenden Bescheide und der Abtretungsvertrag vom  sind Aktenbestandteil, ebenso wie der Firmenbuchauszug der [B_GmbH], aus dem sich Behaltedauer und Ausmaß des Gesellschaftsanteils der Beschwerdeführerin ergeben.

Der am errichtete Notariatsakt über die Beteiligungsabtretung wurde am beim Finanzamt Innsbruck eingereicht und dem Gebührenteam des Finanzamtes zugeleitet (siehe den Eingangsstempel mit dem Aufdruck „Finanzverwaltung Standort Innsbruck“ und der Erfassungsnummer des Gebührenteams auf der aktenkundigen Kopie des Vertrages). In der mündlichen Verhandlung führte die Vertreterin des Finanzamtes aus, der Zeitpunkt, zu dem das für die Einkommensteuerveranlagung der Beschwerdeführerin zuständige Team des Finanzamtes vom Inhalt dieses Vertrages Kenntnis erlangt habe, lasse sich zwar nicht mehr genau feststellen, doch könne belegt werden, dass diese Kenntnisnahme definitiv erst nach Ergehen des Erstbescheides betreffend Einkommensteuer 2008  (vom ) erfolgt sei: Im Zuge der Überprüfung der Einkommensteuererklärung 2009 habe die Sachbearbeiterin (nach deren mündlicher Aussage) zunächst versucht, den Vertrag beim Gebührenteam auszuheben und in weiterer Folge mit der Steuerberatungskanzlei Mag. A telefonisch Kontakt aufgenommen. Mit E-Mail vom habe Steuerberater Mag. B (Kanzlei Mag. A) „betreffend Ihrer telefonischen Anfrage zur Berechnung der Einkünfte aus dem Beteiligungsverkauf von Frau [GW]“ mitgeteilt, dass er die Unterlagen (Abtretungsvertrag etc.) nochmals von der B_GmbH anfordern habe müssen, diese am erhalten habe und sich diesbezüglich nach Rückkehr von seinem Urlaub ab dem beim Finanzamt melden werde. Durch dieses E-Mail sei belegt, dass das Veranlagungsteam den Abtretungsvertrag vorher nicht gehabt habe.

Mit E-Mail vom hatte Mag. B der Sachbearbeiterin des Finanzamtes (unter Bezugnahme auf deren telefonische Anfrage) sodann mitgeteilt, der steuerpflichtige Gewinn aus der Anteilsveräußerung betrage 29,60 Euro (Veräußerungserlös 8.750,00 Euro abzüglich Anschaffungskosten 8.720,40 Euro). Unternehmensgegenstand der B_GmbH sei bis 2008 ausschließlich die Schädlingsbekämpfung gewesen. Das Unternehmen sei von den beiden Gesellschaftern [KW] und [GW] aufgebaut worden. Im Jahr 2008 sei der operative Geschäftszweig „Schädlingsbekämpfung“ um den Kaufpreis von 500.000 Euro verkauft worden. Der auf [GW] entfallende Anteil hätte entsprechend ihrem Beteiligungsanteil nach Abzug der KöSt rund 150.000 Euro betragen. Die Gesellschafter hätten sich darauf geeinigt, dass [GW] auf ihren Anteil aus der Veräußerung verzichte und [KW] im Gegenzug die Verbindlichkeiten der [GW] auf dem Verrechnungskonto der [B_GmbH] übernehme; zudem sollte [GW] aus der Haftung für bestehende Kredite entlassen werden. Es sei somit zu einer Kompensation zwischen Gewinnanspruch und Verbindlichkeiten gekommen. Die Verbindlichkeit sei auf das Verrechnungskonto des nunmehrigen Alleingesellschafters [KW] umgebucht worden. Grund dafür, dass der Passus über die Übernahme der Verbindlichkeit in den Abtretungsvertrag aufgenommen wurde, sei gewesen, dass [GW], die seit mehreren Jahren von [KW] geschieden war, eine vertragliche Absicherung wollte, dass die GmbH gegen sie keine Ansprüche mehr erheben konnte.

Der Erstbescheid betreffend Einkommensteuer 2008 ist auf Grundlage der am elektronisch eingereichten Erklärung, in der keine Einkünfte aus einer Beteiligungsveräußerung aufschienen, ohne jegliche Ermittlungsschritte des Finanzamtes ergangen. Überprüfungshandlungen des zuständigen Veranlagungsteams der belangten Behörde erfolgten (im Zuge einer so genannten Vorbescheidkontrolle) im Verfahren betreffend die Einkommensteuer des Jahres 2009: Aktenkundig ist eine Abfrage der Sachbearbeiterin in der Gebührendatenbank vom ; durch die vorangeführten E-Mails vom Dezember 2010 dokumentiert ist weiters eine telefonische Anfrage der Sachbearbeiterin bei der Steuerberatungskanzlei bezüglich der Berechnung der Einkünfte aus der Beteiligungsveräußerung, nachdem der Vertrag im Gebührenteam (vorerst) nicht gefunden werden konnte. Wie die Vertreterin des Finanzamtes in der mündlichen Verhandlung schlüssig aufgezeigt hat, war dem für die Einkommensteuerveranlagung der Beschwerdeführerin zuständigen Team der Inhalt des Abtretungsvertrages bis Dezember 2010 demnach nicht bekannt.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Beschwerdeabweisung)

Gemäß § 323 Abs 37 BAO treten die durch das FVwGG 2012 (BGBl I 2013/14) geänderten bzw eingefügten Bestimmungen der Bundesabgabenordnung am in Kraft und sind, soweit sie Beschwerden betreffen, auch auf alle an diesem Tag unerledigten Berufungen anzuwenden. Davon abweichend ist gemäß § 323 Abs 42 BAO in Fällen wie dem vorliegenden (Berufungsvorlage vor dem ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung) die Bestimmung des § 262 BAO (verpflichtende Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung) nicht anwendbar.

Gemäß § 303 Abs 1 lit b BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen zulässig, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Tatsachen iSd § 303 BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften (zB ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ; ) ist das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können.

Da dem zuständigen Veranlagungsteam des Finanzamtes der Inhalt der Abtretungsvertrages, insbesondere die Verbindlichkeitenübernahme laut Vertragspunkt 4., im Verfahren betreffend die Einkommensteuer 2008 zum Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides am nicht bekannt war (vgl. die obigen Sachverhaltsfeststellungen), gilt die Tatsache der Verbindlichkeitenübernahme als neu hervorgekommen im Sinne des § 303 Abs 1 lit b BAO. Die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens (mit Bescheid vom ) erfolgte daher zu Recht. Ob die belangte Behörde schon früher (bei Erstellung des Einkommensteuerbescheides 2009 vom ) erkennen hätte können, dass die Einkünfte aus der Beteiligungsveräußerung im Jahr 2008 zu erfassen waren, ist nicht relevant.

§ 31 EStG in der im Streitfall maßgeblichen Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2011 lautete auszugsweise:

"(1) Zu den sonstigen Einkünften gehören die Einkünfte aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens einem Prozent beteiligt war. Eine solche Beteiligung liegt auch dann vor, wenn der Veräußerer mittelbar, zum Beispiel durch Treuhänder oder durch eine Körperschaft, beteiligt war. Hat der Veräußerer Anteile unentgeltlich erworben, tritt die Steuerpflicht auch dann ein, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens einem Prozent beteiligt war.

[...]

(3) Als Einkünfte sind der Unterschiedsbetrag zwischen

- dem Veräußerungserlös (Abs. 1) oder

- dem Abwicklungsguthaben (Abs. 2 Z 1) oder

- dem gemeinen Wert der Anteile (Abs. 2 Z 2)

einerseits und den Anschaffungskosten sowie den Werbungskosten andererseits anzusetzen. [...]"

Zum Veräußerungserlös gehören alle wirtschaftlichen Vorteile, die dem Veräußerer aus der Veräußerung erwachsen. Die Übernahme der Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft stellt daher einen Teil der Gegenleistung für den Gesellschaftsanteil der Beschwerdeführerin dar und ist aufgrund der damit bewirkten Bereicherung der Beschwerdeführerin somit auch als Teil des Veräußerungserlöses anzusehen (vgl zB Jakom/Kanduth-Kristen, EStG, 2008, § 31 Rz 27, mwH).

Gleichzeitig mit der im  Abtretungsvertrag vereinbarten Übernahme der "offenen Verbindlichkeit auf dem Verrechnungskonto“ war auch eine (alineare) Ausschüttung an die Beschwerdeführerin von 95.000  Euro aus dem zum Bilanzstichtag ausgewiesenen Bilanzgewinn der [B_GmbH] (von rd. 214.000 Euro) beschlossen worden. Wirtschaftlicher Hintergrund dieser Regelungen mag sein, dass der Beschwerdeführerin anlässlich ihres Ausscheidens aus der [B_GmbH] insgesamt ein ihrer Beteiligung entsprechender Anteil am wirtschaftlichen Erfolg einschließlich des mit dem Verkauf des Geschäftsbereiches „Schädlingsbekämpfung“ realisierten Firmenwertes der GmbH zukommen sollte. Zutreffend ist, dass dieses Ergebnis auch durch andere rechtliche Gestaltungen hätte erreicht werden können, etwa durch eine (höhere bzw. weitere) alineare Ausschüttung aus dem zum ausgewiesenen Bilanzgewinn an die Beschwerdeführerin oder durch eine (spätere) Ausschüttung aus dem zum Zeitpunkt der Beteiligungsabtretung noch nicht festgestellten Bilanzgewinn zum , jeweils mit anschließender Auffüllung des negativen Verrechnungskontos durch die Beschwerdeführerin selbst. Die dem Einkommensteuerrecht innewohnende wirtschaftliche Betrachtungsweise erlaubt jedoch keine Umdeutung eines verwirklichten Sachverhaltes; der Besteuerung ist stets der tatsächliche, nicht ein fingierter Sachverhalt zu Grunde zu legen  (vgl bereits Stoll, BAO-Kommentar 227; Ritz, BAO6, § 21 Tz 13 mwN; weiters bereits , VwSlg 2777 F/1963; sowie zB ; , mwN; und schließlich , B 515/79). Angemerkt sei noch, dass im Zuge einer Beteiligungsabtretung vom Erwerber geleistete Abgeltungsbeträge für schwebende Gewinnansprüche des abtretenden Gesellschafters ebenso zum Veräußerungserlös iSd § 31 EStG 1988 zählten (Jakom/ Kanduth-Kristen, aaO). 

§ 205 BAO lautet:

"(1) Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus

a) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,

b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,

c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.

(2) Die Anspruchszinsen betragen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 48 Monaten festzusetzen.

(3) Der Abgabepflichtige kann, auch wiederholt, auf Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer Anzahlungen dem Finanzamt bekannt geben. Anzahlungen sowie Mehrbeträge zu bisher bekannt gegebenen Anzahlungen gelten für die Verrechnung nach § 214 am Tag der jeweiligen Bekanntgabe als fällig. Wird eine Anzahlung in gegenüber der bisher bekannt gegebenen Anzahlung verminderter Höhe bekannt gegeben, so wirkt die hieraus entstehende, auf die bisherige Anzahlung zu verrechnende Gutschrift auf den Tag der Bekanntgabe der verminderten Anzahlung zurück. Entrichtete Anzahlungen sind auf die Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerschuld höchstens im Ausmaß der Nachforderung zu verrechnen. Soweit keine solche Verrechnung zu erfolgen hat, sind die Anzahlungen gutzuschreiben; die Gutschrift wird mit Bekanntgabe des im Abs. 1 genannten Bescheides wirksam. Mit Ablauf des Zeitraumes des Abs. 2 dritter Satz sind noch nicht verrechnete und nicht bereits gutgeschriebene Anzahlungen gutzuschreiben.

(4) Die Bemessungsgrundlage für Anspruchszinsen zu Lasten des Abgabepflichtigen (Nachforderungszinsen) wird durch Anzahlungen in ihrer jeweils maßgeblichen Höhe vermindert. Anzahlungen (Abs. 3) mindern die Bemessungsgrundlage für die Anspruchszinsen nur insoweit, als sie entrichtet sind.

(5) Differenzbeträge zu Gunsten des Abgabepflichtigen sind nur insoweit zu verzinsen (Gutschriftszinsen), als die nach Abs. 1 gegenüberzustellenden Beträge entrichtet sind.

(6) Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Nachforderungszinsen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen,

a) als der Differenzbetrag (Abs. 1) Folge eines rückwirkenden Ereignisses (§ 295a) ist und die Zinsen die Zeit vor Eintritt des Ereignisses betreffen oder

b) als ein Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf dem Abgabenkonto bestanden hat."

Anspruchszinsen iSd § 205 BAO sind eine objektive Rechtsfolge, um (mögliche) Zinsvorteile oder Zinsnachteile auszugleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben (vgl RitzBAO6, § 205 Tz 2) und stehen daher nicht im Ermessen der Abgabenbehörde. Die Bestimmung berücksichtigt nicht die Gründe, aus welchen im Einzelfall Differenzbeträge an Einkommensteuer, die sich aus Abgabenbescheiden ergeben, nicht bis 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres entrichtet wurden. Insbesondere kommt es nicht auf ein Verschulden des Abgabepflichtigen am Entstehen zinsenrelevanter Nachforderungen an. Damit hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er die Ursachen, die zur Abgabenentrichtung nach dem dort genannten Zeitpunkt geführt haben, im Anwendungsbereich des § 205 BAO grundsätzlich als unmaßgeblich erachtet hat (vgl zB ).

Anspruchszinsen gehören nach § 3 Abs 2 lit b BAO zu den Nebenansprüchen und sind zur festgesetzten Abgabe (hier: Einkommensteuer) formell akzessorisch. Sie sind insoweit von der festgesetzten Abgabe zu berechnen, als ihre Bemessungsgrundlage von der Höhe der festgesetzten Abgabe abhängt. In dieser Hinsicht sind Anspruchszinsenbescheide an die Höhe der im Spruch des Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung gebunden (vgl ; ; ).

Die Festsetzung von Anspruchszinsen ist grundsätzlich selbständig anfechtbar. Im Hinblick auf die Bindungswirkung kann jedoch eine Anfechtung mit der Begründung, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig, von vornherein nicht zum Erfolg führen (vgl zB ).

Wird nämlich der zugrundeliegende Abgabenbescheid abgeändert, so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid gebundenen neuen Zinsenbescheid Rechnung getragen. Es hat von Amts wegen ein weiterer Zinsenbescheid zu ergehen, ohne dass eine Abänderung des ursprünglichen - wirkungslos gewordenen - Zinsenbescheides zu erfolgen hat (vgl nochmals ; und Ritz, BAO5, § 205 Tz 35).

Einwendungen dahingehend, dass die Berechnung der Anspruchszinsen in unrichtiger Höhe erfolgt sei, wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Die Beschwerde vermochte somit keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösenden Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit der vorliegenden Entscheidung ist das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Wiederaufnahme des Verfahrens (vgl zB die Erkenntnisse vom  , 97/14/0034 und ) oder den Anspruchszinsen (vgl zB das Erkenntnis vom , 2006/15/0150) abgewichen.

Darüberhinaus war im vorliegenden Fall entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (Bedingungen der Beteiligungsveräußerung), weshalb auch diesbezüglich die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht vorliegen (vgl ).

Es war daher gemäß § 25a Abs. 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

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