Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Gebührenbemessungsgrundlage bei einem Dienstbarkeitsvertrag
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache BF, ADR, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr.*** Team 12 betreffend Gebühren zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird insofern abgeändert, als die Gebühr gemäß § 33 TP 9 GebG iVm § 200 Abs. 1 GebG vorläufig mit € 558,36 (1% der Bemessungsgrundlage von € 27.918,00) festgesetzt wird.
Der Nachforderungsbetrag iHv € 18,36 war am fällig.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensablauf
Gebührenanzeige - Urkundeninhalt
Am wurde ein zwischen Herrn NG als „Nutzungsgeber“ (kurz NG) und der BF als „Nutzungsberechtigte“ (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf. oder NB) abgeschlossener „Nutzungs- und Dienstbarkeitsvertrag“ zur Vergebührung angezeigt, der beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (kurz FA) unter der ErfNr.*** erfasst wurde.
Die Vertragsurkunde hat auszugsweise folgenden Inhalt:
„1. Vertragsgegenstand
Der NG ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft *****, … Gegenstand dieses Vertrages ist die Einräumung der in den Punkte 2. bis 12, dieses Vertrages geregelten Nutzungsrechte sowie des dinglichen Rechts der Dienstbarkeit an den im beiliegenden Lageplan (Beilage I) markierten Teilflächen der vertraglichen Liegenschaften durch den NG für sich und seine Rechtsnachfolger zugunsten der NB und ihrer Rechtsnachfolger …
…
3. Dauer der Vereinbarung
3.1. Dieser Vertrag tritt mit seiner Unterfertigung durch beide Vertragsparteien in Kraft und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
….
4. Nutzungsentgelt, Beginn der Zahlungen, Wertsicherung
4.1 Für die mit diesem Vertrag erfolgte Einräumung von Nutzungsrechten und Dienstbarkeiten hat die NB dem NG für den Zeitraum ab dem Baubeginn ein Nutzungsentgelt in der Höhe von jährlich € 2.500,-- (Euro zweitausendfünfhundert) zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Umsatzsteuer zu bezahlen. Sollte auf der vertragsgegenständlichen Liegenschaft eine Windkraftanlage mit einer installierten Nennleistung von mehr als 3 MW errichtet werden, so erhöht sich das jährliche Nutzungsentgelt für jedes die Leistung von 3 MW übersteigende MW um € 500,-- (Euro fünfhundert …) zuzüglich USt. (z.B. installierte Leistung von 6 MW, ergibt jährliches Nutzungsentgelt von € 5.500,-- + (6-3) x 500,-- = € 4.000,--). Zumal die NB eine Windkraftnlage mit 3,17 MW errichten wird, ergibt dies ein jährliches Entgelt von EUR 2.585,-- zuzüglich USt. Mit diesem Nutzungsentgelt sind sämtliche Ansprüche der NG im Zusammenhang mit der Einräumung und Ausübung der Nutzungsrechte und der Dienstbarkeit abgegolten. Unter Baubeginn ist der Beginn des Fundamentaushubs für die auf der vertragsgegenständlichen Liegenschaft zu errichtende Windkraftanlage zu verstehen.
4.2. Im jährlichen Nutzungsentgelt ist eine dauernde Grundinanspruchnahme durch neu angelegte, befestigte Flächen (…) von 2.000 m2 inkludiert. Sollte mehr dauerhafte Grundnutzung durch neu angelegte, befestigte Flächen erforderlich sein, wird diese zusätzliche Fläche nach Beendigung der Bauarbeiten von einem von der NB beauftragten Geometer festgestellt. Die Kosten dafür trägt die NB. Für die über 2.000 m2 hinausgehende neu angelegte, dauerhaft befestigte Fläche ist ein einmaliges Entgelt von EUR 25,-/m2 zuzüglich USt zu bezahlen. ….
…"
vorläufiger Gebührenbescheid vom
Mit Bescheid vom setzte das FA gegenüber der Bf. für den o.a. Vertrag Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 9 GebG 1957 iVm § 201 BAO vorläufig mit € 540,00 (2 % vom Wert des bedungenen Entgelts in Höhe von € 27.000,00) fest.
Zur Begründung führte das FA Folgendes aus:
“Da nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist, erfolgt die Vorschreibung vorläufig.
Da die Bezahlung der Umsatzsteuer beurkundet ist, ist sie dem Entgelt hinzuzurechnen.
Gemäß § 15 Abs. 2 BewG ist bei unbestimmter Dauer der neunfache Jahreswert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.
Bemessungsgrundlage:
€ 2.500,-- jährl. Entgelt + 20% USt x 9 J. (unb.Z.) = € 27.000,--“
Beschwerde
Die dagegen eingebrachte Beschwerde richtet sich gegen die Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage.
Das FA sei bei der Berechnung der festgesetzten Gebühr davon ausgegangen, dass das Entgelt für die Einräumung des Nutzungsrechtes zuzüglich Umsatzsteuer an die Nutzungsgeberin entrichtet werde. Tatsächlich erfolge die Abrechnung ohne Umsatzsteuer (siehe beiliegende Erklärung von Herrn NG vom ).
Allerdings habe das FA das jährlich an Herrn NG zu entrichtende Entgelt zu niedrig angenommen. Es betrage nicht € 2.500,00, sondern € 2.585,00 pro Jahr. Die Bf. ersuche daher um Festsetzung der Gebühr in Höhe von 2 % von € 23.265,00 = € 465,30.
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das FA den angefochtenen Bescheid ab und setzte die Rechtgebühr nunmehr gemäß § 33 TP 9 GebG iVm § 200 Abs. 1 BAO vorläufig mit € 558,36 (2 % des bedungenen Entgelts iHv € 27.918,00) fest.
Die Begründung lautet wie folgt:
„Da nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist, erfolgt die Vorschreibung vorläufig.
Da die Bezahlung der Umsatzsteuer beurkundet ist, ist sie dem Entgelt hinzuzurechnen.
Gemäß § 15 Abs. 2 BewG ist bei unbestimmter Dauer der neunfache Jahreswert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.
Bemessungsgrundlage:
€ 2.585,-- jährl. Entgelt + 20% USt x 9 J. (unb.Z.) = € 27.918,--
Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.
Bemessungsgrundlage für die Gebühr gemäß § 33 TP 9 GebG ist „der Wert des bedungenen Entgeltes“. Darunter sind alle Leistungen, die für die Einräumung der Dienstbarkeit versprochen werden, zu verstehen.
Ist neben dem vereinbarten Entgelt auch die darauf entfallende Umsatzsteuer zu leisten, ist die Umsatzsteuer der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen.
Im gegenständlichen Vertrag wurde ein jährliches Nutzungsentgelt zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Umsatzsteuer vereinbart.
Im Hinblick auf die Bestimmung des § 17 Abs. 1 GebG ist daher die Umsatzsteuer bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
Gebührenrechtlich kommt es nur auf die vertraglich bedungenen Leistungen an und nicht auf die tatsächlich erbrachten.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.“
Vorlageantrag
Im Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundefinanzgericht brachte die Bf. ergänzend Folgendes vor:
„Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel führt in seiner Beschwerdevorentscheidung vom in zutreffender Weise aus, dass für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend ist. Weiters wird in zutreffender Weise ausgeführt, dass für den Fall, dass neben dem vereinbarten Entgelt auch die darauf entfallende Umsatzsteuer zu entrichten ist, die Umsatzsteuer der "Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen ist. Im gegenständlichen Vertrag wurde ein jährliches Entgelt in Höhe von EUR 2.585,- zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Umsatzsteuer vereinbart.
Soweit können wir den Sachverhalt bestätigen und teilen die Rechtsansicht des Finanzamts für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel. In der Folge verkennt das Finanzamt aber die Rechtslage. Die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ist nämlich gemäß § 6 (1) Z 16 UStG steuerbefreit. Die gesetzliche Umsatzsteuer für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken beträgt EUR 0,- und nicht 20%.
In der Folge wollen wir darlegen, dass im vorliegenden Sachverhalt eine umsatzsteuerlich steuerfreie Vermietung und Verpachtung von Grundstücken vorliegt:
Im Bereich der Umsatzsteuer ist für die Abgrenzung zwischen steuerpflichtiger Dienstbarkeit und steuerfreier Vermietung und Verpachtung die Rechtsprechung des EuGH zu beachten. Danach liegt eine Vermietung von Grundstücken vor, wenn der Vermieter des Grundstücks dem Vermieter gegen Zahlung des Mietzinses für eine bestimmte Dauer das Recht überträgt, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen ( C-275-01). Diese Begriffsdefinition ist nach der Rechtsprechung des EuGH weit auszulegen. Nach liegt eine Vermietung von Grundstücken beispielsweise auch vor, wenn eine Gesellschaft den ihr verbundenen Gesellschaften gegen ein von der Nutzfläche abhängiges Entgelt ein widerrufliches Nutzungsrecht an ein und demselben Gebäude überträgt, das Objekt also nur gemeinsam mit anderen zu nutzen ist und der Vermieter sich ein Nachschaurecht vorbehält. Im Übrigen umfasst der Begriff der Vermietung von Grundstücken auch die Vermietung von Liegeplätzen für Boote im Wasser oder für die Lagerung von Booten an Land () oder die befristete Bestellung eines Fruchtgenussrechts an einem Grundstück (). Ausschließlichkeit des Gebrauches ist nicht erforderlich. Mitbenutzung oder zeitweilige Benützung genügt (vgl. Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz § 6, Tz 359).
Im Sinne dieser durch die Rechtsprechung des EuGH geprägten weiten Begriffsdefinition der steuerfreien Vermietung und Verpachtung, sind Dienstbarkeitsverträge umsatzsteuerlich danach zu beurteilen, ob das Nutzungsverhältnis wirtschaftlich mit einer Vermietung vergleichbar ist (in diesem Fall liegt umsatzsteuerlich eine steuerfreie Grundstücksvermietung vor) oder eben nicht. Die Kernfrage ist, ob es aufgrund des Vertrags zu einer Inbesitznahme des Grundstücks wie durch einen Eigentümer kommt. Die Überlassung von Grundstücken zwecks Errichtung von Handy- oder Strommasten, von Windkraftanlagen oder sonstigen Betriebsanlagen (wie zB Transformatorenstationen) wird sowohl von der Finanzverwaltung (vgl. AÖF 2007/18; Rz 2884 iVm Rz 2882 UStR) als auch in Fachkreisen (vgl. zB Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, § 22 R2 39) als steuerfreie Vermietung und Verpachtung angesehen. Die Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmung des § 6 (1) Z 16 UStG auf bloße Leitungs- und Wegerechte wird hingegen allgemein verneint.
Der vorliegende Nutzungs- und Dienstbarkeitsvertrag räumt der Nutzungsberechtigten das Recht ein, auf der vertragsgegenständlichen Liegenschaft eine Windkraftanlage samt allen erforderlichen oder nützlichen (elektrischen, Telekommunikations-, technischen und sonstigen Nebenanlagen (zB Transformatorenstationen) sowie allen für den Windpark erforderlichen Zuleitungen, Anschlüssen und Zuwegungen zu errichten und zu betreiben und zu diesen Zwecken die vertragsgegenständliche Liegenschaft jederzeit zu betreten und zu befahren. Der Vertrag umfasst somit neben der Einräumung des Rechts auf Errichtung einer Windkraftanlage samt Nebenanlagen auch Leitungs- und Wegerechte. Gemäß dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung sind diese Leitungs- und Wegerechte unselbständige Nebenleistungen zur Hauptleistung Grundstücksüberlassung zum Zweck der Errichtung und des Betriebs einer Windkraftanlage und teilen deren umsatzsteuerliches Schicksal. Sie erfüllen keinen eigenen Zweck, sondern sind lediglich Mittel zum Zweck, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (zB ). Diesbezüglich ist auf ein Urteil des BFH (BFH , V R 30/04, BStBI 2005, 802) zu verweisen, der die Überlassung von Grundstücksteilen zur Errichtung von Strommasten und die Einräumung des Rechts zur Überspannung der Grundstücke als einheitliche sonstige Leistung ansieht, die umsatzsteuerfrei sei.
Wir denken, mit diesen Ausführungen nachvollziehbar dargelegt zu haben, dass es sich beim gegenständlichen Umsatz um einen gemäß § 6 (1) Z 16 UStG steuerfreien Umsatz aus Vermietung und Verpachtung handelt. Der Umstand, dass jeder Unternehmer das Recht hat, einen Umsatz, der nach § 6 (1) Z 16 UStG steuerfrei ist, gemäß § 6 (2) UStG als steuerpflichtig zu behandeln, ändert nichts daran, dass die gesetzliche Umsatzsteuer im vorliegenden Sachverhalt Null und nicht 20% des im Vertrag angeführten jährlichen Entgelts in Höhe von EUR 2.585,- beträgt.“
Vorlage der Beschwerde an das BFG
Mit Vorlagebericht vom – der auch der Bf. übermittelt wurde - legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und gab dabei folgende Stellungnahme zu den Argumenten der Bf. ab:
"Dem beschwerdegegenständlichen Fall liegt ein Nutzungs- und Dienstbarkeitsvertrag zu Grunde. Im Vertrag wurde das Entgelt zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen USt vereinbart. § 6 Abs. 1 Z 16 UStG sieht eine Befreiung für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken vor. Eine Befreiung von der USt für Dienstbarkeiten ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Die vertraglich vereinbarte Übernahme der gesetzlichen USt stellt eine bedingte Leistung dar, die gemäß § 26 GebG als sofort fällige Leistung zu behandeln ist. Zudem besteht gemäß § 6 Abs. 2 UStG die Option zur Steuerpflicht. Bei Ziehung der Option ist Steuerpflicht zum Normalsatz von 20% gegeben. Die Option als einseitige Erklärung ist eine Bedingung, bei deren Eintritt die Steuerpflicht gegeben ist. Das grundlegende Merkmal der Vermietung von Grundstücken im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie besteht nach der Rechtsprechung des EuGH darin, dass dem Betreffenden auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Der EuGH argumentiert mit der Vergleichbarkeit der Nutzungsverhältnisse, woraus wohl abgeleitet werden kann, dass die Einräumung von Dienstbarkeiten, die wirtschaftlich nicht mit der Vermietung vergleichbar sind, bei denen es insbesondere nicht zu einer Inbesitznahme des Grundstückes wie durch einen Eigentümer kommt, nicht unter diesen Begriff und damit nicht unter die Befreiung fallen. Dies würde wohl dafür sprechen, bei Leitungs- oder Wegservituten und dgl die Steuerbefreiung zu verneinen (Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz Kommentar, § 6 Tz 370).
Mit gegenständlichem Nutzungs- und Dienstbarkeitsvertrag wird der Bf das Recht eingeräumt, Teile einer bestimmten Liegenschaft für ihre Zwecke zu nutzen und nur die für ihre Zwecke tatsächlich erforderlichen Flächen in Anspruch zu nehmen und unter größtmöglicher Schonung der Interessen des Grundeigentümers zu behandeln.
Von einer eigentümerähnlichen Stellung des Nutzungsberechtigten kann nicht gesprochen werden, so dass die Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG nicht anwendbar ist.
Antrag des Finanzamtes: Das Finanzamt beantragt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.“
Beweisaufnahme durch das BFG
Vom Bundesfinanzgericht wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfNr.*** sowie durch eine Internetabfrage unter www**** .
II. entscheidungswesentlicher Sachverhalt
Am / unterzeichneten der NG und der Vertreter der Bf. die über den „Nutzungs- und Dienstbarkeitsvertrag“ errichteten Urkunde und wurde dadurch der Bf. eine Dienstbarkeit an Teilflächen einer Liegenschaft eingeräumt. Die Vertragsurkunde hat auszugsweise jenen Inhalt wie unter Punkt I. zitiert. Der schriftliche Vertragstext entspricht den Willenserklärungen der Vertragsparteien bei Vertragsabschluss.
Der NG wird der Bf. keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen.
Die bauliche Fertigstellung des Windparks ******** ist bis dato noch nicht erfolgt und steht daher derzeit noch nicht fest, ob von der Bf. mehr als 2.000 m2 dauerhaft in Anspruch genommen werden.
III. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die vom Bundesfinanzgericht eingesehenen Teile des Bemessungsaktes ErfNr.*** (wie insbesondere die Vertragsurkunde) sowie das damit im Einklang stehende Vorbringen der Bf. in ihren schriftlichen Eingaben. Es besteht kein Anlass, die Angabe der Bf, wonach vom NG tatsächlich keine USt in Rechnung gestellt wird, anzuzweifeln.
Aus der Internetrecherche ergibt sich, dass die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen sind und wird daraus geschlossen, dass noch nicht endgültig feststeht, wie groß die Fläche ist, die von der Bf. dauerhaft in Anspruch genommen wird.
IV. rechtliche Beurteilung
Gemäß § 33 TP 9 GebG unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Gebühr von 2 v.H. von dem Werte des bedungenen Entgeltes.
Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.
Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird gemäß § 17 Abs. 2 GebG bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.
Gemäß § 17 Abs. 4 GebG ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.
Nach Abs. 5 dieser Bestimmung heben die Vernichtung der Urkunde, die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben der Ausführung die entstandene Gebührenschuld nicht auf.
Gemäß § 26 GebG 1957 gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist.
Gemäß § 17 Abs. 3 BewG ist bei Nutzungen und Leistungen, die in ihrem Betrag ungewiss sind oder schwanken, als Jahreswert der Betrag zugrunde zu legen, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird.
Gemäß § 200 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabenpflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist.
Ist die Ungewissheit (gemäß Abs. 1) beseitigt, so ist auf Grund des § 200 Abs. 2 BAO die vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen. Gibt die Beseitigung der Ungewissheit zu einer Berichtigung der vorläufigen Festsetzung keinen Anlass, so ist ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erklärt.
Im gegenständlichen Beschwerdefall steht außer Streit, dass das in Rede stehende Rechtsgeschäft der Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 TP 9 GebG unterliegt. Strittig ist allein die Höhe der Bemessungsgrundlage.
Zur Auslegung des Begriffs des Wertes des Entgeltes können grundsätzlich dieselben Überlegungen wie für den „Wert“ im Sinne des § 33 TP 5 Abs 1 GebG gelten (vgl ), ohne dass aber die Sonderbestimmungen insbesondere der Abs 2 und 3 des § 33 TP 5 GebG zur Anwendung gelangen könnten (; So sind insbesondere Leistungen von unbestimmter Dauer gemäß § 15 Abs 2 BewG mit dem Neunfachen des Jahreswertes, also nicht etwa mit dem Dreifachen des Jahreswertes, anzusetzen).
Für die Gebührenbemessung ist der Wert der Gegenleistung, die für die Einräumung der Dienstbarkeit versprochen wird, maßgebend. Ist für die Einräumung von Dienstbarkeiten an bestimmten Grundstücken neben bestimmten Beträgen auch die darauf entfallende Umsatzsteuer an den Liegenschaftseigentümer zu bezahlen, so bildet die Umsatzsteuer einen Teil der Gegenleistung, sodass sie bei der Gebührenbemessung nicht außer Ansatz bleiben kann. Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob die Umsatzsteuer eine echte Nebenleistung im Sinne des § 19 Abs 1 zweiter Satz GebG darstellt oder ob davon auszugehen ist, dass ungeachtet der gesonderten Anführung der Umsatzsteuer neben dem Entgelt, das dem Liegenschaftseigentümer verbleibt, für den Gesamtbetrag eine einheitliche Geldleistungsverpflichtung der Berechtigten vorliegt (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 15 zu § 33 TP 9 GebG unter Hinweis auf 1339, 1340/75, und 1559-1563/75).
Im Hinblick auf die Bestimmung des § 17 Abs 1 GebG ist die Umsatzsteuer im Sinne des UStG bei der Ermittlung der Gebührenbemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn die Überwälzung der Umsatzsteuer auf den Bestandnehmer beurkundet ist (vgl Fellner, aaO, Rz 107 zu § 33 TP 5 GebG unter Hinweis auf ; , und ).
Wird im Bestandvertrag grundsätzlich die Verpflichtung zur Zahlung der Umsatzsteuer durch die Mieterin vereinbart, den Vertragspartnern jedoch die Möglichkeit eingeräumt, nach Vertragsabschluss die Miete nicht umsatzsteuerpflichtig zu behandeln, so ist die Verpflichtung zur Zahlung der Umsatzsteuer auflösend bedingt. Gemäß § 26 GebG sind aber bedingte Leistungen als unbedingt zu behandeln, woraus sich ergibt, dass in diesem Fall die Bewertung so zu erfolgen hat, als ob die Mieterin zur Zahlung des Mietentgeltes inklusive Umsatzsteuer unbedingt verhalten worden wäre (vgl. ).
Wie die Bf. selbst im Vorlageantrag ausgeführt hat, hat jeder Unternehmer das Recht, einen Umsatz, der nach § 6 Abs. 1 Z 16 UStG steuerfrei ist, gemäß § 6 Abs. 2 UStG als steuerpflichtig zu behandeln. Auf Grund der im gegenständlichen Fall getroffenen vertraglichen Vereinbarung ist der NG berechtigt, falls er für die Steuerpflicht optiert, die Umsatzsteuerbeträge der Bf. in Rechnung zu stellen. Da nach der Bestimmung des § 26 GebG auch unter einer aufschiebenden Bedingung versprochene Leistungen als unbedingt vereinbart zu behandeln sind, hat das FA zu Recht die Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage einbezogen.
Gemäß § 279 Abs. 2, 2. Satz BAO ist das Verwaltungsgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Es ist daher durch das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall zu überprüfen, ob nach wie vor eine Ungewissheit vorliegt oder ob die vorläufige Festsetzung auf eine endgültige Festsetzung abzuändern ist.
Da die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen sind, steht noch nicht fest, wie groß die Fläche ist, die von der Bf. dauerhaft in Anspruch genommen wird und ist damit auch die Höhe des Entgelts noch nicht abschließend feststellbar.
Der angefochtene Bescheid ist daher wie in der Beschwerdevorentscheidung abzuändern und die Festsetzung weiterhin vorläufig iSd § 200 Abs. 1 BAO vorzunehmen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
V. Zur Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall ist die ordentliche Revision nicht zulässig, weil durch die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist, dass die Umsatzsteuer bei der Ermittlung der Gebührenbemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn die Überwälzung der Umsatzsteuer beurkundet ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 9 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 26 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7100678.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at