Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.01.2018, RV/3101066/2017

Keine "echte Rückgängigmachung", wenn nahezu zeitgleich (uno actu) mit Vertragsaufhebung der neue, inhaltlich idente Kaufvertrag mit einem der Käufer nunmehr als Alleinerwerber abgeschlossen wird

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache A, Adr, vertreten durch Rechtsanwalt , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr, betreffend Abweisung des Antrages auf Rückerstattung der Grunderwerbsteuer gemäß § 17 GrEStG 1987 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Kaufvertrag vom haben B und A (= Beschwerdeführer, Bf) von der X-GmbH die für den Erwerb des Wohnungseigentums am Objekt "TopX" in EZ1 erforderlichen Miteigentumsanteile zum Kaufpreis von brutto € 658.800 je zur Hälfte erworben.
Unter Vertragspunkt XI. "Übergabserklärung" wird festgehalten, dass die Verkäuferin hiermit ihre Miteigentumsanteile, verbunden mit Wohnungseigentum an TopX, an die beiden Käufer verkauft und übergibt und diese den Kaufgegenstand kaufen und in ihr jeweiliges Hälfteeigentum übernehmen.
Laut Vertragspunkt VII. "Diverses" 7.3. verpflichten sich die Käufer, die Grunderwerbsteuer (3,5 %) sowie die Grundbuchs-Eintragungsgebühr (1,1 %) binnen 14 Tagen nach Vertragsunterfertigung auf das Treuhandkonto des Vertragserrichters einzuzahlen; der Vertragserrichter wird ermächtigt, nach Eingang die steuerliche Selbstberechnung gemäß § 11 GrEStG abzugeben und die Grunderwerbsteuer bei Fälligkeit sofort abzuführen.

Im Anschluss wurde die Steuer-Selbstberechnung durchgeführt und die 3,5%ige Grunderwerbsteuer in Höhe von € 11.529 je Käufer ordnungsgemäß entrichtet.

In dem am abgeschlossenen "Nachtrag" zu diesem Kaufvertrag wurden die laut Nutzwertgutachten zum Kaufobjekt festgestellten Miteigentumsanteile mit 80/4970-el Anteilen ausgewiesen und insoweit der Kaufvertrag (hinsichtlich Übergabserklärung und Einverleibungsklausel) ergänzt.

Mit Schreiben des Rechtsvertreters vom , dieses gerichtet an das Finanzamt XY, sowie vom , gerichtet an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, wurde die Rückzahlung/Refundierung (ua.) der Grunderwerbsteuer gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG beantragt und mitgeteilt, dass der Kaufvertrag vom von den Parteien einvernehmlich am aufgehoben worden sei.
Dazu wurde die – undatierte – "Einvernehmliche Aufhebung eines Kaufvertrages" folgenden Inhaltes zur Vorlage gebracht:

"Unterfertigte heben hiermit den am abgeschlossenen Kaufvertrag samt Nachtrag … einvernehmlich auf.
Diese Erklärung wird durch den Käufer A … für sich selbst und für die Verlassenschaft und durch Frau C … ebenfalls für die Verlassenschaft jeweils nach B … abgegeben …".

Die Erklärung ist von beiden Letztgenannten unterfertigt.

Im Akt erliegt des Weiteren der am 6.4./ nunmehr zwischen der X-GmbH und A (Bf) als Alleinerwerber der 80/4970-el Miteigentumsanteile, diese verbunden mit Wohnungseigentum am Objekt TopX, neu abgeschlossene Kaufvertrag mit ansonsten identem Inhalt.

Das Finanzamt hat mit Bescheid vom , StrNr, den Antrag gemäß § 17 GrEStG des Bf abgewiesen. Begründend wird ausgeführt, dass die Liegenschaft nicht vorbehaltlos an die Verkäuferin rückübertragen worden wäre. Da das Storno lediglich zum Zweck des nachfolgenden Alleinerwerbes durch eine der Vertragsparteien erfolgt sei, wären die Voraussetzungen iSd § 17 GrEStG nicht erfüllt.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wird eingewendet, der Kaufvertrag vom sei mit einvernehmlicher Aufhebung, abgeschlossen zwischen denselben Vertragsparteien, am und sohin innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Jahren rückgängig gemacht worden. Die Rückgängigmachung sei insbesondere durch Vorlage der einvernehmlichen Vertragsauflösung – wie beim Begünstigungstatbestand nach § 17 GrEStG erforderlich – einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels belegt. Nach der hg. Rechtsprechung müsse der Verkäufer jene ursprüngliche Rechtsstellung bzw. Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlangen, welche er vor dem Vertragsabschluss innegehabt habe. Dies treffe im Gegenstandsfalle zu, da die Verkäuferin durch die Vertragsauflösung die Möglichkeit gehabt habe, an jede beliebige außenstehende Person die betreffende Liegenschaft weiterzuverkaufen. Daran ändere auch nichts der nunmehrige Alleinerwerb durch einen der ursprünglichen Käufer, da die Verkäuferin grundsätzlich völlig frei über die Liegenschaft habe verfügen und an jedermann veräußern können, was dadurch verdeutlicht werde, dass tatsächlich noch keine Übergabe erfolgt sei. Zudem gelte eine Liegenschaft nach der RSpr des OGH erst dann als übergeben, wenn die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Käufer im Grundbuch erfolgt sei. Mangels hier vor der Rückabwicklung stattgefundener Einverleibung sei die Liegenschaft als nicht übergeben anzusehen und liege eine einvernehmliche Vertragsauflösung iSd § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG vor. Dem diesbezüglichen Antrag sei daher stattzugeben und die bereits abgeführte Steuer in Höhe von je € 11.529 rückzuerstatten.

Auf Rückfrage des Finanzamtes wurde im Schreiben vom nochmals ausdrücklich der als Datum der Aufhebung mitgeteilt.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde dahin begründet, dass der seinerzeitige Kaufvertrag nur formell aufgehoben worden sei, um unmittelbar anschließend das Objekt an den Bf zu verkaufen. Bereits aus dem zeitlichen Ablauf – neuer Kaufvertrag vom 6.4. und , Stornovertrag vom - sei ersichtlich, dass keine Rückabwicklung des vormaligen Kaufvertrages erfolgt sei.

Im Vorlageantrag wurde repliziert, allein der Wille der Vertragsparteien und nicht das Datum der Unterfertigung der Aufhebung sei ausschlaggebend dafür, dass der ursprüngliche Erwerb als rückgängig gemacht gelte. Dieses Datum sei ohnehin noch vor der neuerlichen Unterfertigung des Kaufvertrages durch die Veräußerin gelegen, welche sohin zwischenzeitlich, dh. jedenfalls zwischen 18.4. und , an jede beliebige Person hätte weiterveräußern können. Mangels Übergabe oder gar Einverleibung hätten die ursprünglichen Käufer zudem noch gar keine Verfügungsmacht innegehabt, dh. die Veräußerin habe die Verfügungsmacht gar nicht verloren. Dies verdeutliche, dass sie ohne Weiteres an jede beliebige Person hätte veräußern können und nicht an einen der früheren Vertragspartner gebunden gewesen sei.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1.) Erwerbsvorgang:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), BGBl 1987/309, idgF, unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.

Das Gesetz bindet die Steuerpflicht an den Erwerb des Rechtstitels zur (späteren) Übereignung und damit an das erste, im Rechtsleben in Erscheinung tretende Ereignis, das ist das (obligatorische) Verpflichtungsgeschäft, und nicht erst an das Erfüllungsgeschäft (Verfügungsgeschäft) der Eintragung des Eigentumsrechtes in das Grundbuch (vgl. ).
Ein Erwerbsvorgang wird bereits durch das Verpflichtungsgeschäft verwirklicht (vgl. ).
Der Erwerbsvorgang ist verwirklicht, sobald die Parteien in der Außenwelt ihren Willen, ein Rechtsgeschäft abzuschließen (zB durch Unterfertigung der Vertragsurkunde), gehörig kundgetan haben (vgl. , 0063).
Bei einem Verpflichtungsgeschäft iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG entsteht die Steuerschuld in dem Zeitpunkt, in dem der Erwerber einen Rechtsanspruch auf die Übertragung des Eigentumsrechtes erwirbt (; siehe zu vor in: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rzn 5 und 7 zu § 8 GrEStG).

Entgegen dem Dafürhalten des Bf, er habe mangels Übergabe bzw. Verbücherung des Eigentumsrechtes an der von ihm käuflich erworbenen Liegenschaftshälfte noch keine Verfügungsmacht erlangt, kommt aber nach Obigem im Rahmen der grunderwerbsteuerlichen Betrachtung nicht der Ausführung des Rechtsgeschäftes, sondern allein dem abgeschlossenen obligatorischen Verpflichtungsgeschäft die maßgebende rechtliche Bedeutung zu.
Der Erwerbsvorgang wurde damit bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (Kaufvertrag) am verwirklicht, womit die Steuerschuld entstanden ist.

2.) Rückgängigmachung eines Erwerbsvorganges:

Gem. § 17 Abs. 1 GrEStG 1987 wird die Steuer auf Antrag ua. nach Z 1 dann nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird.

Nach § 17 Abs. 4 GrEStG 1987 ist die Steuer dann, wenn sie in den Fällen der Abs. 1 bis 3 bereits festgesetzt wurde, auf Antrag entsprechend abzuändern (herabzusetzen).
Bei Selbstberechnung ist die Steuer in den Fällen der Abs. 1 bis 3 entsprechend festzusetzen oder ein Bescheid zu erlassen, wonach die Steuer nicht festgesetzt wird.

In Abs. 5 wird bestimmt, dass Anträge nach Abs. 1 bis 4 bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres zu stellen sind, das auf das Jahr folgt, in dem das den Anspruch auf Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer begründende Ereignis eingetreten ist.

Zweck der Bestimmungen des § 17 GrEStG 1987 ist es, Vorgänge nicht mit Steuer zu belasten, deren wirtschaftliche Auswirkungen von den Beteiligten innerhalb der gesetzlich normierten Frist wieder (vollständig) beseitigt werden. § 17 verfügt daher die grundsätzliche Steuerfreiheit rückgängig gemachter Erwerbsvorgänge. Das entspricht auch der materiellen Zielsetzung des Grunderwerbsteuergesetzes, den Grundstücksverkehr und nicht bloße (zu Verträgen verdichtete) Absichten zu besteuern. Ist der Erwerbsvorgang fehlgeschlagen und wird er wieder rückgängig gemacht, erweist sich seine vorgängige Besteuerung eben als unbegründet ().

"Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang allerdings nur dann, wenn sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt, die er vor Vertragsabschluss inne hatte ().

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einer Vielzahl von Erkenntnissen (vgl. zB Erk. , 97/16/0345; ) dargetan, dass ein Erwerbsvorgang dann nicht rückgängig gemacht werde, wenn der Vertrag zwar - was die Vertragsfreiheit nach dem Schuldrecht erlaube - der Form nach aufgehoben wird, die durch diesen Vertrag begründete Verfügungsmöglichkeit aber weiterhin beim Erwerber verbleibt und der Verkäufer seine ursprüngliche, freie Rechtsstellung nicht wiedererlangt.

Eine echte Rückgängigmachung liegt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH daher nur vor, wenn der Veräußerer die ihm ursprünglich als Eigentümer der Liegenschaft zustehende Möglichkeit, ein für ihn erfüllbares neues Verpflichtungsgeschäft nach seinem Belieben und nach seinen Vorstellungen abzuschließen, zurückerhält (; u.v.a.).

Erfolgte die Rückgängigmachung des Kaufvertrages nur, um den Verkauf des Grundstückes an den im Voraus bestimmten neuen Käufer zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Kaufvertrages gleichsam uno actu erfolgten, hat der Verkäufer in Wahrheit nicht die Möglichkeit wiedererlangt, über das Grundstück anderweitig zu verfügen und an einen Dritten zu verkaufen (vgl. ; u.v.a.).

Von der Wiedererlangung der freien Verfügungsmacht durch die Vereinbarung über die Aufhebung des ersten Kaufvertrages konnte angesichts des Umstandes, dass die Aufhebung des Vertrages mit der Bf lediglich zu dem Zweck erfolgte, um das Grundstück postwendend zu denselben Konditionen an die Mutter der Bf zu verkaufen, nicht ernsthaft gesprochen werden ().

Eine Rückgängigmachung liegt also dann nicht vor, wenn ein Vertrag zwar formell, aber nur zu dem Zweck aufgehoben wird, gleichzeitig das Grundstück auf eine vom Käufer ausgesuchte andere Person zu übertragen (; u.v.a.; vgl zu vor: Fellner, aaO, Rzn. 14 - 15 zu § 17 mit einer Vielzahl an weiterer Judikatur).

Im Gegenstandsfalle trifft es zwar zu, dass die Dreijahresfrist gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG eingehalten und eine "Aufhebungserklärung" beigebracht wurde.
Allerdings erscheint dem Bundesfinanzgericht (BFG) zunächst fraglich, inwiefern im Hinblick auf die Formulierung der vorgelegten Aufhebungsurkunde überhaupt von einer "einvernehmlichen" Vertragsaufhebung "zwischen denselben Vertragsparteien" des vormaligen Kaufvertrages vom gesprochen werden kann, wenn diese lediglich einseitig von Käuferseite ("Unterfertigte heben hiermit auf …") abgefasst und unterfertigt wurde.

Abgesehen davon steht anhand des gegebenen Sachverhaltes, insbesondere unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass der neue und inhaltlich – abgesehen vom nunmehrigen Alleinerwerb des Bf - idente Kaufvertrag am vom Bf und am von der Verkäuferin unterfertigt und damit in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufhebungsvereinbarung vom abgeschlossen wurde, fest, dass Sinn und Zweck der Aufhebung bzw. des Rücktrittes vom ursprünglichen Kaufvertrag ausschließlich der war bzw. nur der gewesen sein konnte, dass anstelle des Bf und B (bzw. der Verlassenschaft nach diesem) je als Hälfteerwerber nunmehr der Bf die betreffende Liegenschaft in sein Alleineigentum erwerben sollte.

Bei dem gegebenen Sachverhalt, wonach also in unmittelbarem Konnex, dh. gleichsam uno actu mit der "Einvernehmlichen Vertragsaufhebung" die Veräußerung der betreffenden Liegenschaft nunmehr allein an den Bf erfolgte, ist offenkundig davon auszugehen, dass dieser Alleinerwerb durch den Bf als einem der bisherigen Hälfteerwerber in Zusammenhalt mit der "Aufhebung" bereits definitiv festgestanden hat. Dies wird umso deutlicher anhand des Umstandes, dass der neue Vertrag vom Bf noch vor Erstellung der Vertragsaufhebungs-Urkunde am unterzeichnet worden war.

Wenn aber neben dem Rücktritt der bisherigen Käufer vom ersten Kaufvertrag nahezu gleichzeitig dieser weitere Erwerb zu den identen bisherigen Bedingungen festgeschrieben ist, ergibt sich allein anhand des zeitlichen Ablaufes für das BFG ohne jeglichen Zweifel, dass das Interesse an der Vertragsaufhebung und der weiteren Vertragsgestaltung wohl ausschließlich auf Käuferseite gelegen war. Die Verkäuferin hatte bei dieser Konstellation in keinster Weise und zu keinem Zeitpunkt ihre ursprüngliche freie Rechtsstellung jemals wiedererlangt, etwa nach erfolgter Aufhebung nach ihrem Belieben über die Liegenschaft zu verfügen und zB auch an einen außenstehenden Dritten zu veräußern, wenn gleichzeitig der Erwerb nunmehr allein durch den Bf ganz offensichtlich bereits festgestanden hat.

In Ansehung der oben dargelegten, einhelligen hg. Rechtsprechung geht der Bf fehl in der Annahme, dass demgegenüber ausschließlich der "Wille der Parteien" zur Vertragsauflösung, nicht aber die jeweiligen "Daten" der getroffenen Vereinbarungen zur Beurteilung des Vorliegens einer "echten Rückgängigmachung" ausschlaggebend seien. Laut VwGH spricht gerade der enge zeitliche Zusammenhang wie hier zwischen Aufhebung und neuem Vertragsabschluss gegen eine "echte Rückgängigmachung".

Wenn der Bf darauf hinweist, dass der Verkäuferin ohnehin im Zeitraum vom 18.4. (= Aufhebung) bis (= Unterfertigung des neuen Kaufvertrages durch die Verkäuferin) ein anderweitiger Verkauf an jeden beliebigen Dritten möglich gewesen wäre, ist dem zu erwidern, dass dem BFG allein die Beurteilung bzw. rechtliche Würdigung von tatsächlich gegebenen Sachverhalten, nicht aber von bloß theoretischen Möglichkeiten obliegt.

Das Vorbringen, den beiden Käufern sei mangels Übergabe und Verbücherung eine Verfügungsmacht über die Liegenschaft vor dem Vertragsrücktritt nie verschafft worden, sondern bei der Verkäuferin verblieben, die aus diesem Grund an jede beliebige Person hätte veräußern können, vermag der Beschwerde ebenso nicht zum Erfolg zu verhelfen:

Abgesehen davon, dass – entgegen dem Vorbringen – unter Vertragspunkt XI. "Übergabserklärung" ausdrücklich "hiermit" (mit Vertragsabschluss) die Übergabe und Übernahme der Miteigentumsanteile durch die Vertragsparteien erklärt wird, steht zum Einen fest, dass aufgrund der alleinigen grunderwerbsteuerrechtlichen Relevanz des Verpflichtungsgeschäftes (siehe oben unter Punkt 1.) mit Abschluss des Kaufvertrages am der Erwerbsvorgang verwirklicht wurde und die Steuerschuld entstanden ist. Damit hatten die beiden Käufer den je hälftigen Übereignungsanspruch an der kaufgegenständlichen Liegenschaft und somit die Verfügungsmacht über dieses Objekt erworben.

Folgte man dagegen der (irrigen) Argumentation des Bf, würde dies andererseits bedeuten, dass mangels verwirklichtem Erwerbsvorgang die Steuerschuld gar nie entstanden wäre. Davon wurde allerdings im Hinblick auf die ordnungsgemäß und zeitgerecht durchgeführte Selbstberechnung und Entrichtung der Grunderwerbsteuer auch von Seiten des Bf offensichtlich nicht ausgegangen (siehe dazu auch unter Vertragspunkt VII. 7.3.).
Ein Antrag nach § 17 GrEStG würde in diesem Zusammenhalt jedenfalls keine Handhabe dafür bieten, etwa versäumte Verfahrensschritte – wie zB die Einbringung eines Rechtsmittels – später auf dem Umweg über ein Erstattungsverfahren nachzuholen (siehe ).

Nachdem somit im Ergebnis die Verkäuferin in keinster Weise ihre ursprünglich freie Verfügungsmöglichkeit über das Kaufobjekt wiedererlangt hatte, etwa nach eigenem Belieben mit jedwedem Erwerber (Dritten) ein neues Verpflichtungsgeschäft abzuschließen, kann - entgegen dem Dafürhalten des Bf - von einer echten Rückgängigmachung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 keine Rede sein.

Dem Antrag des Bf auf Nichtfestsetzung bzw. Rückerstattung der bereits entrichteten Grunderwerbsteuer war daher zu Recht nicht entsprochen worden.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein und war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision: 

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu der im vorliegenden Fall strittigen Frage der "echten Rückgängigmachung eines Erwerbsvorganges" iSd § 17 GrEStG liegt die oben angeführte, langjährige und einheitliche VwGH-Judikatur vor, in deren Anwendung das Bundesfinanzgericht gegenständliche Entscheidung getroffen hat. Der Lösung der zugrundeliegenden Rechtsfrage kommt demnach keine grundsätzliche Bedeutung zu. Aus diesem Grund ist eine Revision nicht zulässig.

Innsbruck, am

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