Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.01.2018, RV/7105879/2017

Familienbeihilfe; Besuch einer dreijährigen Musicalschule; Anspruch endet mit Ablegung der Abschlussprüfung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde der Bf, vom  gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom , betreffend Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Monat Juni 2017, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird  als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf) bezog für ihre Tochter T. bis Juni 2017 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Im Zuge der Überprüfung des Familienbeihilfenanspruches durch das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart (FA) legte die Bf das Diplom der Performing Academy (Tanz-, Gesangs- und Schauspielausbildung) ihrer Tochter T., geb 1995, von 05/2017 vor.

Das FA forderte in der Folge die für den Monat Juni 2017 ausbezahlte Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag mit der Begründung zurück, dass T. die Ausbildung am abgeschlossen habe.

Gegen diesen Bescheid wurde von der Bf fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass die Diplomprüfung ihrer Tochter schon im Mai 2017 stattgefunden habe, weshalb das Diplom im Mai ausgestellt worden sei. Die Tochter habe aber die dreijährige Berufsausbildung erst mit Ende Juni 2017 abgeschlossen, da sie den ganzen Monat Juni 2017 noch Studentin gewesen sei. Auch der Ausbildungsbeitrag sei für Juni bezahlt worden.

Aus der von der Bf vorgelegten Bestätigung der Performing Academy vom geht hervor, dass T. mit ihrer Ausbildung am begann, die für den Antritt zur Bühnenreifeprüfung erforderlichen Prüfungen erfolgreich absolvierte und ihre Ausbildung  erfolgreich abschloss. Als voraussichtliches Ende der Ausbildung (Abschluss Österreichische paritätische Prüfung - Diplom) wurde der angegeben.

Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass die Ausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) mit dem Tag der letzten Prüfung abgeschlossen und somit maßgebend für den Bezug der Familienbeihilfe (Mai 2017) sei.

Die Bf stellte fristgerecht einen Vorlageantrag, wiederholte ihr bisheriges Vorbringen und legte das Zeugnis betreffend die bestandene Bühnenreifeprüfung für Musical vom und eine Bestätigung über die Bezahlung des Schulgeldes für Juni 2017 vor.

In der weiters vorgelegten Schulbesuchsbestätigung vom wurde von der Performance Academy festgehalten, dass sie keinen Einfluss auf die Termine der externen Prüfung habe, weshalb die Termine zur Paritätischen Prüfung zu unterschiedlichen Zeiten anfallen würden. Unterricht und Ausbildungsprojekte hätten bis zum stattgefunden.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Tochter der Bf, geb. 1995, begann am an der Performing Academy of Performing Center Austria mit einer 3-jährigen Musicalausbildung.

Die Bühnenreifeprüfung wurde am erfolgreich absolviert und die Ausbildung damit abgeschlossen.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt beruht auf der Einsichtnahme in den vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Familienbeihilfenakt, insbesondere dem von der Bf vorgelegten Zeugnis der paritätischen Prüfungskommission vom über die bestandene Bühnenreifeprüfung sowie dem vorgelegten Diplom des Performing Center Austria, wonach das Studium und die Studienabgangsprüfung im Mai 2017 erfolgreich abgeschlossen wurde.

Das BFG geht in freier Beweiswürdigung gemäß § 167 Abs 2 BAO davon aus, dass die Berufsausbildung der Tochter der Bf mit Ablegung der Bühnenreifeprüfung am beendet war.

Auch die Homepage der Performing Academy (http://www.performingcenter.at/angebot/ausbildung/performing-academy/) enthält die Information, dass die von der Bf absolvierte dreijährige Ausbildung mit der staatlich anerkannten paritätischen Bühnenreifeprüfung abgeschlossen ist.

Daran kann auch die Bezahlung des Schulgeldes im Juni 2017 und eine allfällige Teilnahme am Unterricht nichts ändern, da dieser jedenfalls nicht mehr im Rahmen der Ausbildung zur Erlangung der Bühnenreifeprüfung stattfand und somit nicht mehr als Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 (siehe unten) zu qualifizieren ist.

Rechtliche Beurteilung:

Nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 idgF haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung des FA rechtsrichtig ausgeführt wurde, endete die Berufsausbildung der Tochter der Bf mit dem Tag der Ablegung der Bühnenreifeprüfung.

Was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, wird im Gesetz - abgesehen von den Fällen, in welchen das Kind eine Ausbildung an einer in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannten Einrichtung absolviert - nicht näher definiert. Der VwGH hat hier in seiner ständigen Rechtsprechung Kriterien entwickelt (vgl für viele zB ; ; ), welche für die Beurteilung heranzuziehen sind.

Unter den Begriff "Berufsausbildung" sind jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Zur Qualifikation als Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 kommt es nicht nur auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, sondern muss die Berufsausbildung auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl ). Ihren Abschluss findet eine Berufsausbildung jedenfalls mit dem Beginn der Ausübung eines bestimmten Berufes, auch wenn für den konkreten Arbeitsplatz noch eine spezifische Einschulung erforderlich sein mag.

Diese Voraussetzungen liegen unzweifelhaft vor, wenn ein Kind eine Berufsausbildung absolviert und diese ernsthaft und zielstrebig betreibt.

Im vorliegenden Beschwerdefall begann die Tochter der Bf am mit der 3-jährigen Musicalausbildung. Diese wurde, wie von der Performance Academy in der Schulbesuchsbestätigung ausgeführt, bereits am durch Ablegung der Bühnenreifeprüfung beendet.
Auch bei einem Studium ist nach ständiger Rechtsprechung mit dem Datum des Ablegens der letzten Prüfung die Ausbildung beendet, auch wenn die Sponsion erst später stattfindet, der Student noch inskribiert ist oder für das ganze Semester Studienbeiträge bezahlt wurden.

Daher fanden im ggstdl Fall allfällige nach der Bühnenreifeifeprüfung erteilte Unterrichtstunden oder Ausbildungsprojekte nicht mehr im Rahmen der Ausbildung zur Erlangung der Bühnenreifeprüfung statt. Es handelt sich dabei möglicherweise um Fortbildung, aber jedenfalls nicht um Ausbildung iSd FLAG 1967. 

Nach § 10 Abs 2 FLAG 1967 wird Familienbeihilfe von Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Die Bf hat für den Monat Juni 2017 die Familienbeihilfe inkl Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen.

Wer Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge gem. § 26 FLAG 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückzuzahlen. Aus diesen gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht von zu Unrecht bezogenen Beträgen. Subjektive Momente wie etwa die Gutgläubigkeit des Bezuges dieser Beträge oder deren Verwendung für den Unterhalt des anspruchs­vermittelnden Kindes sind nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Bezüge unerheblich (, , ; , 2006/13/0174; , 2005/15/0080;u.a.).

Die Rückforderung der Familienbeihilfe (inkl. Kinderabsetzbetrag) für den Monat Juni 2017 erfolgte aus den genannten Gründen zu Recht und konnte der Beschwerde daher kein Erfolg beschieden sein.

Zulässigkeit einer Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da mit dem gegenständlichen Erkenntnis keine Rechtsfrage zu lösen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zu lösende Rechtsfrage ist durch die einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend geklärt. (Siehe ; ; ).

Wien, am

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