Wenn Teile des Anlagevermögens zurückbehalten und damit der Betrieb fortgesetzt wird, liegt eine Einschränkung des Betriebes und keine Betriebsaufgabe vor.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Dr. Anna Maria Radschek und die weiteren Senatsmitglieder Richterin Dr. Elfriede Murtinger sowie KR Gregor Ableidinger und Dr. Franz Kandlhofer in der Beschwerdesache NameBeschwerdeführer, AdresseBeschwerdeführer, vertreten durch STB, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA Wien 4/5/10 vom 20. ** 2010 betreffend Einkommensteuer 2006 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers (Bf) gegen den Abgabenbescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2006 dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.
Strittig ist im vorliegenden Fall allein die Frage, ob es sich bei der Veräußerung des Betriebsvermögens um eine steuerlich begünstigte Veräußerung eines Betriebes oder Betriebsaufgabe handelte oder der Betrieb lediglich eingeschränkt wurde.
Dieser Frage liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zu Grunde:
Der Bf betrieb eine Tischlerei mit eigener Produktion. Die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 wurde elektronisch eingereicht. In Ergänzung dieser Erklärung teilte der Bf mit Schreiben vom mit, dass er den Hälftesteuersatz für Einkünfte in der Höhe von 611.912,66 Euro beantragt habe. Im Folgenden stellte der Bf dar, wie dieser Betrag von ihm ermittelt worden sei.
Er verwies auf die Bestimmung des § 37 Abs 5 Z 2 EStG 1988, wonach außerordentliche Einkünfte Veräußerungsgewinne seien, wenn der Steuerpflichtige wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen in einem Ausmaß erwerbsunfähig sei, dass er nicht mehr in der Lage sei, seinen Betrieb fortzuführen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung sei auf Grund eines medizinischen Gutachtens eines gerichtlich beeideten Sachverständigen zu beurteilen, das vom Steuerpflichtigen beizubringen sei.
Entscheidend sei, dass im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe die Erwerbsunfähigkeit nachweislich gegeben sei. Dass die Aufgabe innerhalb einer bestimmten Frist ab Eintritt der Erwerbsunfähigkeit stattfinden müsse, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Wenn daher im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe Erwerbsunfähigkeit vorliege und die Betriebsaufgabe auf diese zurückzuführen sei, könne der Hälftesteuersatz in Anspruch genommen werden. Dass der Betrieb trotz Erwerbsunfähigkeit unter Inkaufnahme von gesundheitlichen Risiken weitergeführt worden sei, könne nicht dazu führen, das Bestehen der Erwerbsunfähigkeit im Betriebsaufgabezeitpunkt in Frage zu stellen.
Der Bf habe keine Erwerbsunfähigkeitspension beantragt. Er werde ein medizinisches Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen vorlegen. Um vorerst ein Bild der schweren Erkrankung zu bekommen, werde als Beilage zu diesem Schreiben der Arztbrief vom übersendet.
Der Bf habe aus gesundheitlichen Gründen seinen Betrieb am aufgeben müssen. Die Erwerbsunfähigkeit sei im Jahr 2003 durch einen schweren Schlaganfall mit Lähmungserscheinungen eingetreten. Seit diesem Zeitpunkt habe der Bf auf verschiedenen Wegen einen Käufer seines Betriebes bzw seines Gebäudes gesucht. Der Magistrat der Stadt Wien habe so viele Auflagen für ein Nachfolgeunternehmen gestellt, dass es nicht möglich gewesen sei, den Produktionsbetrieb zu verkaufen. Daher habe der Bf einen oder mehrere Käufer für seine Wirtschaftsgüter, insbesondere für das Gebäude gesucht. Diese habe er erst im Jahr 2006 gefunden.
Ende 2006 habe er die Produktion eingestellt, das Anlagevermögen fast zur Gänze verkauft bzw entsorgt. Das Rohstoff- und Warenlager sei ebenfalls verkauft bzw entsorgt worden. Sämtliche Dienstverhältnisse seien beendet worden.
Seit tätige der Bf nur mehr Vermittlungsgeschäfte. Die Aufträge würden zu hundert Prozent durch einen Subunternehmer ausgeführt und mit einem Aufschlag weiterverrechnet. Diese Vorgangsweise sei gewählt worden, um die noch fehlenden Sozialversicherungsmonate bis zum Erreichen des 60. Lebensjahres *** 2009 anzusammeln.
Der beiliegende Arztbrief vom führte an, dass es beim Bf im Jahr 2003 zu einem zerebralen Insult im Bereich der Medulla oblongata rechts mit einer Hemiparese links gekommen sei. Seit November 2004 befinde sich der Patient in regelmäßiger neurologischer Behandlung. Wegen der verminderten Motorik linksseitig und auch aufgrund des erhöhten Stresses bei Vorliegen mehrerer Risikofaktoren wie Hochdruck, Hyperlipidämie sowie des Zustandes nach zerebralem Insult sei wegen einer erhöhten Rezidivgefahr eines neuerlichen Insultes dem Patienten von einer weiteren beruflichen Tätigkeit abzuraten gewesen.
Das Finanzamt forderte den Bf mittels Vorhalt vom auf, das im Schreiben angesprochene medizinische Gutachten des allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen zu übermitteln. Der Bf kam dieser Aufforderung nach und übermittelte im Mai 2009 ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten vom .
In der Folge fand ab September 2009 eine abgabenbehördliche Prüfung betreffend die Jahre 2005 bis 2008 statt. Die Betriebsprüfung gelangte zu folgender Feststellung:
Der Tischlereibetrieb habe sich in einem Gebäude in Wien befunden, wobei das Haus seit dem Jahr 1969 im Betriebsvermögen des Tischlereibetriebes war. Im Oktober 2003 habe der Bf einen Schlaganfall erlitten. Mit Kaufvertrag vom sei das Haus an die Immobilien GmbH um 850.000 Euro verkauft worden. Die letzten Maschinen des Anlagevermögens seien mit Rechnung vom 22. ** 2007 und vom verkauft worden. Im Oktober 2006 habe der Bf unweit des vorherigen Betriebes ein Geschäftslokal angemietet. Der Kundenstock sei vom Tischlereibetrieb übernommen und die Tischlereiarbeiten von einem Subunternehmer erledigt worden. Personal habe es mit nicht mehr gegeben. Der Bf habe keine Erwerbsunfähigkeitspension beantragt. Laut Gutachten des gerichtlich zertifizierten Sachverständigen sei bestätigt worden, dass der Bf nicht mehr in der Lage gewesen sei, seinen Tischlereibetrieb fortzuführen.
Die Betriebsprüfung vertrat den Standpunkt, dass die Erwerbsunfähigkeit im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung gegeben sein müsse. Könne die fehlende Arbeitskraft des Betriebsinhabers durch Einsatz anderer Arbeitskräfte kompensiert und der Betrieb fortgeführt werden, was von Dezember 2003 bis 2005 geschehen sei, liege keine Erwerbsunfähigkeit vor. Die Darstellung der Umsätze ab 2001 zeigte, dass sich diese bis 2005 nicht wesentlich verändert hätten. Zum Zeitpunkt der Einstellung sei von vorneherein die Aufnahme der weiteren Tätigkeit in einem neuen Lokal beabsichtigt gewesen. Von einer Einstellung könne daher nicht gesprochen werden, sodass die Begünstigung des Hälftesteuersatzes nicht zum Tragen komme.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ den Einkommensteuerbescheid unter Zugrundelegung der Feststellung und der Rechtsansicht der Betriebsprüfung, wodurch ein begünstigter Steuersatz nicht zur Anwendung gelangte. Der Bescheid ergab eine Nachforderung von 277.912 Euro.
Gegen diesen Bescheid wurde Berufung erhoben. In dieser Berufung wiederholte der Bf das Vorbringen des ergänzenden Schreibens zur Einkommensteuererklärung. Der Schlaganfall habe den Bf für eine gewisse Zeit an den Rollstuhl gefesselt und habe eine über die Jahre gehende Therapie erfordert. Auf Grund einer falschen Beratung durch die Sozialversicherungsanstalt habe er keine Erwerbsunfähigkeitspension beantragt. Da die Erwerbsunfähigkeit ganz offenkundig gewesen sei, habe er erst nach Aufforderung durch das Finanzamt ein Sachverständigengutachten erstellen lassen. Seit beziehe der Bf eine Erwerbsunfähigkeitspension.
Die in Frage kommenden gesetzlichen Bestimmungen hätten sich mit dem BudBG 2003 ab geändert, sodass ab diesem Zeitpunkt für die Steuerbegünstigung nach § 37 Abs 5 EStG 1988 nur mehr eine betriebsbezogene Erwerbsunfähigkeit anstatt einer allgemeinen gegeben sein müsse. Demnach sei es irrelevant, dass der Bf nach Aufgabe seines Tischlereibetriebes noch eine Vermittlungstätigkeit ausgeübt habe. Das Entgelt für diese Tätigkeit habe sich aus dem Unterschied zwischen dem beim Kunden erzielten Erlös und dem für die Ausführung des Auftrages zu bezahlendem Entgelt ergeben. Das für diese Vermittlungstätigkeit ein kleines Lokal angemietet worden sei, stehe der Beurteilung nicht entgegen, dass der Tischlereibetrieb aufgegeben worden sei. Der Bf beantrage daher die Gewährung des Hälftesteuersatzes. Sollte diesem Antrag nicht stattgegeben werden, so werde in eventu der Antrag auf Verteilung des Veräußerungsgewinnes im Sinne des § 24 EStG 1988 auf drei Jahre beantragt.
Die Betriebsprüfung führte in ihrer Stellungnahme aus, dass sich das Haus mit dem Tischlereibetrieb seit 1969 im Betriebsvermögen des Bf befunden habe. Das Haus sei im Juli 2006, die restlichen Maschinen im ** und März 2007 verkauft worden. Im Oktober 2006 sei vom Bf in der Nähe ein Geschäftslokal gemietet worden. Der Kundenstock sei vom Tischlereibetrieb übernommen worden. Die Tischlerarbeiten seien von einem Subunternehmen erledigt worden. Eine Erwerbsunfähigkeitspension sei nicht beantragt worden. Wenn die fehlende Arbeitskraft des Betriebsinhabers durch Substitution, den Einsatz anderer Arbeitskräfte, kompensiert und der Betrieb fortgeführt werden könne, liege keine Erwerbsunfähigkeit vor. Dies zeigten auch die in den Jahren nach der Erkrankung erzielten Umsätze der Jahre 2004 bis 2006 und danach bis 2008. Da zum Zeitpunkt der Veräußerung des Betriebes von vorneherein eine Aufnahme einer Erwerbstätigkeit geplant gewesen sei, könne nicht von einer Einstellung gesprochen werden, sodass die Begünstigung des Hälftesteuersatzes nicht zum Tragen komme.
In der mündlichen Verhandlung wies die Vertreterin des Finanzamtes darauf hin, dass der Bf den Betrieb weitergeführt und auch erklärt habe, diesen bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres fortführen zu wollen. Die Tätigkeit habe sich auch nicht geändert, der Bf sei weiterhin für den gleichen Auftraggeber tätig gewesen, er habe sich nur einer Subfirma bedient und weiterhin Umsätze in der Höhe von ca. 280.000 Euro erzielt. Daher sei nicht von einer Betriebsaufgabe auszugehen. Auf eine Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates (RV/0149-L/07) sowie Kanduth-Kristen (§ 37 Rz 32) wurde verwiesen.
Über die Beschwerde wurde erwogen
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Der Bf betrieb eine Tischlerei mit der eigenen Erzeugung von Möbeln und Möbelteilen. Der Tischlereibetrieb war in einem Gebäude untergebracht, in dem sich auch mehrere Wohneinheiten befanden, welche vermietet waren. Dieses Gebäude befand sich seit 1969 im Betriebsvermögen und diente sowohl dem Gewerbebetrieb als auch zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Im Jahr 2003 erlitt der Bf einen Schlaganfall. Diese Erkrankung war für den Bf mit Folgeschäden und gesundheitlichen Einschränkungen verbunden, sodass der Bf nicht mehr in der Lage war, seinen Produktionsbetrieb fortzuführen.
Im Juli 2006 veräußerte der Bf das Betriebsgebäude um 850.000 Euro an ein Immoblienunternehmen und schied den Restbuchwert von 77.932,87 Euro aus dem Betriebsvermögen aus. Im ** 2007 und im März 2007 wurde der restliche Maschinenpark an weitere Erwerber verkauft. Die Betriebs- und Geschäftsausstattung, die Büroeinrichtung sowie die Büromaschinen und EDV-Anlagen wurden vom Bf behalten.
Im Oktober 2006 mietete der Bf ein Geschäftslokal in der Nähe des früheren Produktionsbetriebes und setzte seine betriebliche Tätigkeit fort. Er behielt seinen Kundenstock bei, die Auftraggeber blieben im Wesentlichen die gleichen. Die Produktion der Möbel wurde an einen Subunternehmer vergeben.
Mit Ende des Jahres 2006 wurden die Dienstnehmer gekündigt.
Der Bf erzielte in den Jahren 2002 bis 2005 Umsätze in der Höhe von 412.000 Euro (2005) bis 476.000 Euro (2004) und ab 2006 271.000 Euro bis 2008 von 236.000 Euro (Beträge Tausend Euro).
Der Bf vollendete im ** 2009 sein sechzigstes Lebensjahr und erhielt ab April 2009 eine Erwerbsunfähigkeitspension.
Diese Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.
Nach Feststellung des Sachverhaltes hat das Bundesfinanzgericht über die vorliegende Beschwerde rechtlich erwogen:
Gemäß § 323 Abs 38 BAO gilt eine bis zum erhobene Berufung als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.
Gemäß § 323 Abs 38 BAO idgF sind die am bei dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit 1. ** 2014 auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht. Somit hatte das Bundesfinanzgericht über die gegenständliche Beschwerde zu entscheiden.
Gemäß § 37 Abs 1 EStG 1988 idF BGBl I Nr 134/2006 ermäßigt sich der Steuersatz für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Abs 5 auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.
Außerordentliche Einkünfte im Sinne des Abs 1 sind Veräußerungs-und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:
.......
Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen......... Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist auf Grundlage eines vom Steuerpflichtigen beigebrachten medizinischen Gutachtens eines allgemein beeideten gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zu beurteilen, es sei denn, es liegt eine medizinische Beurteilung durch den für den Steuerpflichten zuständigen Sozialversicherungsträger vor (§ 37 Abs 5 Z 2 EStG 1988 idF BGBl I Nr 134/2006).
Über Antrag sind ....... Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind, gleichmäßig verteilt auf drei Jahre anzusetzen (§ 37 Abs 2 EStG 1988 idF BGBl I Nr 134/2006).
Gemäß § 24 Abs 1 EStG 1988 idF BGBl I Nr 161/2005 sind Veräußerungsgewinne Gewinne, die
bei der Veräußerung des ganzen Betriebes oder eines Teilbetriebes oder
bei der Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes)
erzielt werden.
Die Veräußerung eines Betriebes stellt den letzten Akt der gewerblichen oder beruflichen Betätigung des Veräußerers dar. Die Veräußerung des Betriebes setzt die Betriebsaufgabe auf Seiten des Veräußerers notwendigerweise voraus. Eine Veräußerung eines Betriebes im Ganzen liegt vor, wenn der Erwerber ein lebendes bzw lebensfähiges Unternehmen übernimmt. Dabei müssen nicht alle zum Unternehmen gehörigen Wirtschaftsgüter übereignet werden, sondern nur jene, welche die wesentliche Grundlage des Unternehmens bilden und den Erwerber in die Lage versetzen, das Unternehmen fortzuführen. Es muss ein lebender Betrieb, das ist ein in seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen vollständiger Organismus des Wirtschaftslebens übertragen werden (Hofstätter/ Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, § 24, Tz 15).
Werden vom Veräußerer - wenn auch nur geringe - Teile der wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten und wird mit diesen der Betrieb weiter geführt, so liegt nur eine Einschränkung des Betriebes und keine Betriebsveräußerung vor (Hofstätter/ Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, § 24, Tz 21).
Die Aufgabe eines Betriebes liegt dann vor, wenn sich der bisherige Betriebsinhaber im Rahmen eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorganges in einem Zug mit der Aufgabe der betrieblichen Tätigkeit der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens begibt oder sie in sein Privatvermögen überführt, sodass dem Betrieb die wesentlichen Grundlagen entzogen sind. Eine Betriebsaufgabe hat somit die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit zur Voraussetzung ().
Die Annahme weiterer Aufträge spricht für eine - wenn auch eingeschränkte - Fortführung der betrieblichen Tätigkeit und damit für ein Unterbleiben der Betriebsaufgabe ().
Die bloße Einschränkung der bisherigen Tätigkeit stellt keine Betriebsaufgabe dar. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die weiter geführte Tätigkeit mit der bisherigen vergleichbar ist (Hofstätter/ Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, § 24, Tz 58).
Die allmähliche Liquidation eines Betriebes, bei der das Inventar einzeln an eine Mehrzahl von Käufern veräußert wird, ist keine Veräußerung iSd § 24 EStG 1988. Die Gewinne aus einer solchen Liquidation gehören zum laufenden Gewinn und sind nicht nach § 37 EStG 1988 begünstigt (Hofstätter/ Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, § 24, Tz 8).
Im gegenständlichen Fall ist entscheidend, dass der Bf auch nach dem seine betriebliche Tätigkeit fortgesetzt hat. Er hat für die gleichen Auftraggeber die gleiche Tätigkeit ausgeübt. Lediglich die Produktion wurde an ein Subunternehmen vergeben. Damit fehlt es an der wesentlichen Voraussetzung für eine Betriebsaufgabe: Der Einstellung der betrieblichen Tätigkeit. Vielmehr hat der Bf - wenn auch krankheitsbedingt auf Grund der verbliebenen gesundheitlichen Möglichkeiten - seine Tätigkeit eingeschränkt.
Der Bf hat seinen Betrieb auch nicht im Ganzen veräußert, sondern allmählich an verschiedene Erwerber. Einen Teil des Anlagenvermögens hat der Bf zurückbehalten. Die Betriebs- und Geschäftsausstattung, die Büroeinrichtung sowie die Büromaschinen und EDV-Anlagen wurden im neuen Betrieb im neu angemieteten Geschäftslokal eingesetzt. Eine Veräußerung des Betriebes liegt somit nicht vor. Ein Veräußerungsgewinn im Sinne des § 24 EStG 1988 ist dadurch nicht gegeben.
Da auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes sowohl das Vorliegen eines Veräußerungsgewinnes als auch eine Betriebsaufgabe verneint werden müssen, kann die Begünstigung des ermäßigten Steuersatzes des § 37 EStG 1988 nicht zur Anwendung gelangen.
Das gleiche gilt für den Antrag in eventu, die Einkünfte gleichmäßig auf drei Jahre verteilt anzusetzen, da auch diese Bestimmung das Vorliegen eines Veräußerungsgewinnes im Sinne des § 24 EStG 1988 fordert.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die in der gegenständlichen Entscheidung zu beantwortenden Rechtsfragen des Vorliegens eines Veräußerungsgewinnes und ob eine Betriebsaufgabe gegeben war, wurde im Sinne der herrschenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet ().
Die Revision war daher für unzulässig zu erklären.
Beilage: 1 Ausfertigung der Niederschrift über die Senatsverhandlung am .
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 37 Abs. 5 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 37 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 24 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 37 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 24 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7100957.2010 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at