Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.12.2017, RV/1100361/2013

Besteuerung/Rechtsnatur des Ausgleichsanspruches eines Handelsvertreters

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Gerald Daniaux über die Beschwerde des a, vertreten durch Peter Müller, Wirtschaftstreuhänder-Steuerberater, Nägelesgarten 10, 6850 Dornbirn, gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 des Finanzamtes Feldkirch vom zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 anlässlich der Einstellung seiner Erwerbstätigkeit als selbständiger Bausparkassen- und Versicherungsvertreter für die b den Hälftesteuersatz für den von der c gewährten Ausgleichsanspruch als Handelsvertreter in Höhe von € 108.049,00 beantragt.

Über Vorhalt des Finanzamtes betreffend die schriftliche Vereinbarung mit der c über den Ausgleichsanspruch hat der Bf. folgende "Aktennotiz" (oben handschrifltich "Besprechung mit d, c, am ") beigebracht:

1) Ausgangssituation: Agenturumstieg: , Gewünschte Pensionierung: , Ausgleichsanspruch: berechnet auf der Basis einer 10-jährigen Zugehörigkeit. Ein Nachfolgekonzept wird zeitgerecht von GLV e erstellt.

2) Errechnung des Ausgleichsanspruches: Seitens der c wird der Ausgleichsanspruch bei Fälligkeit auf Basis einer 10-jährigen Zugehörigkeit errechnet. Der Bestand wird mit dem Ausgleichsanspruch belastet und somit in den folgenden Jahren wieder hereingebracht. Per wird der Ausgleichsanspruch auf dieser Basis berechnet, der errechnete Betrag in Höhe von € 108.049,00 wird "eingefroren" und per dann zur Auszahlung gebracht. Des weiteren wird der f-Bestand per durch die Höhe dieses Ausgleichsanspruches auf 4 Jahre belastet.

3) Umsetzung des Nachfolgekonzeptes: Voraussetzung für die endgültige Berechnung nach obigen Kriterien ist ein von g eingereichtes Nachfolgekonzept.

Weiter wurde vom Bf. eine "Ausgleichsvereinbarung i", gezeichnet am vom Bf. und Herrn d mit folgendem Inhalt gelegt:

"i, Eigentümer der Agentur i erklärt, dass durch die Auszahlung des Ausgleichsanspruches per (Auszahlung im Nachhinein Ende des Monats) in der Höhe von 108.049,42 € sämtliche Ansprüche anlässlich der Beendigung des Agenturvertrages abschließend geregelt wurden und darüber hinaus keine wie immer gearteten Ansprüche aus dem Agenturvertrag samt allen damit zusammenhängenden Vereinbarungen gegenüber der h bestehen."

Im "Fragebogen anlässlich der Aufgabe einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit" (Verf25) gibt der Bf. am an:

"Betriebsauflösung per infolge Pensionierung. Der Betrieb wurde weder verkauft noch verpachtet. In den Räumlichkeiten meiner ehemaligen Agentur betreibt die j nur eine Zweigstelle. Eigentümer dieser Räumlichkeiten ist k GmbH. Ab habe ich keinerlei Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit und daher sollten Vorauszahlungen für 2012 entfallen. Aus Vermietung meiner privaten Wohnung habe ich Einkünfte von monatlich € 362,00."

Das Finanzamt hat mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2011 vom den hinsichtlich des Ausgleichsanspruches beantragten Hälftesteuersatz nicht gewährt un dies damit begründet, dass anlässlich der Pensionierung und Aufgabe der Tätigkeit als Versicherungsagent ein Ausgleichsanspruch vereinbart worden sei. Der  Ausgleichsanspruch diene laut VwGH in erster Linie der Abgeltung künftig entgehender Provisionen des Vetreters und sei Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses. Die Zahlung sei weder dem Aufgabe- noch dem Übergangsgewinn zuzurechnen. Eine begünstigte Besteuerung komme somit nicht in Betracht.

Hiergegen hat der Bf. Beschwerde erhoben, wobei die Beschwerde gegen die Versagung der Anerkennung der dem Bf. gegen die l aus seiner Zeit als Bausparkassen- und Versicherungsvertreter am Stichtag zustehenden Ansprüche als im Übergangsgewinn zu berücksichtigenden Forderungen und gegen die Versagung des Hälftesteuersatzes für den Übergangsgewinn, der unter Berücksichtigung aller am Aufgabestichtag, auf den die Übergangsbilanz erstellt worden sei, das sei der , bereits bestehenden und noch nicht beglichenen Forderungen und Verbindlichkeiten, ermittelt worden sei, richtet.

Der Bf. habe mit , also nach Vollendung des 60. Lebensjahres, seinen Gewerbebetrieb als selbständiger Bausparkassen- und Versicherungsvertreter für die l aufgegeben und seine Erwerbstätigkeit eingestellt. Der Aufgabegewinn aus der Betriebsaufgabe sei gemäß § 24 Abs. 2 EStG 1988 nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 zu ermitteln gewesen. Durch den Wechsel der Gewinnermittlung sei ein Übergangsgewinn gemäß § 4 Abs. 10 EStG 1988 entstanden. Im Übergangsgewinn sei neben noch offenen Forderungen gegen das Versicherungsunternehmen aus vermittelten und bereits getätigten Abschlüssen sowie aus Betreuungsprovisionen auch der dem Bf. zustehende Ausgleichsanspruch gemäß § 24 HVertG berücksichtigt worden. Im Zuge seiner langjährigen Tätigkeit für die c habe der Bf. dem Versicherungsunternehmen zahlreiche neue Kunden zugeführt bzw. bereits bestehende Kundenbeziehungen wesentlich erweitert. Für die Vermittlung von Neukunden habe er bei Vertragsabschluss zwischen c und Kunden jeweils Provisionszahlungen erhalten. Für die Betreuung des bestehenden Kundenstocks habe er sogenannte Betreuungs- oder Bestandsprovisionen lukriert. Die Höhe des Ausgleichsanspruches betrage gemäß § 24 HVertG eine Jahresvergütung, die aus dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre errechnet werde. Zum Zeitpunkt der Aufgabe der Tätigkeit sei der Rechtsgrund für die Zahlung des Ausgleichsanspruches, also die laufende Zuführung neuer Kunden, bereits eingetreten. Die Berechnung der Höhe des zustehenden Ausgleichsanspruches basiere ja gerade auf den durchschnittlichen Vergütungen, die der Vertreter in den letzten 5 Jahren für eben diese Tätigkeit erhalten habe. Bereits in der Besprechung mit der c, Herrn d, vom sei dem Bf. die exakte Höhe des ihm nach Beendigung der Tätigkeit auszuzahlenden und später tatsächlich auch auf den Euro genau ausbezahlten Ausgleichsanspruches mitgeteilt und darauf hingewiesen worden, dass der Ausgleichsanspruch mit Stichtag auf Basis einer zehnjährigen Zugehörigkeit mit € 108.049,00 errechnet worden sei. Somit sei jedenfalls zum Aufgabezeitpunkt auch die Höhe des Anspruches bereits konkretisiert worden. Agenturverträge seien Dauerschuldverhältnisse. Der Agent verpflichte sich, auf Dauer für seinen Auftraggeber Geschäfte zu vermitteln. "Im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen erfolgt die Gewinnrealisierung im Umfang der anteiligen Leistungserbringung" (Rz 2163, EStR). Die Leistungserbringung, die zur Entstehung des Ausgleichsanspruches führe (Zuführung von Neukunden und Erweiterung bestehender Geschäftsbeziehungen) sei, wie bereits mehrfach erwähnt, während der aktiven Zeit des Bf. als Versicherungsvertreter erfolgt. Somit sei im Zeitpunkt der Aufgabe der Tätigkeit die Gewinnrealisierung eingetreten. Nachdem die Auszahlung des Ausgleichsanspruches gemäß § 24 HVertG jedoch erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gebühre, sei daher die Höhe des Ausgleichsanspruches in Höhe von € 108.049,42 eine Forderung, welche im Rahmen der Übergangsgewinnermittlung zu aktivieren sei. Ebenso seien die im Zeitpunkt, auf den die Übergangsbilanz erstellt worden sei, noch nicht beglichenen Agenturprovisionen in Höhe von € 4.898,49 sowie die Rückerstattungsansprüche gegenüber der BV-Kasse und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft als Forderungen zu aktivieren. Die zum bestehenen Verbindlichkeiten seien zu passivieren. Der sich somit ergebende Übergangsgewinn sei gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988 mit dem Hälftesteuersatz zu versteuern. Es werde demzufolge um Stattgabe der Beschwerde im Sinne des Bf. ersucht.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom  wird ua ausgeführt, dass das Entstehen des Ausgleichsanspruches iSd § 24 HVertrG jedenfalls erst die Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses sei. Werde der Tatbestand, der das Enstehen der Forderung auslöse, erst dann verwirklicht, wenn der Betrieb aufgegeben sei, habe die Forderung zum Stichtag der Übergangsgewinnermittlung noch nicht bestanden. Dies ergebe sich aus einer, vom Bf. selbst vorgelegten Aktennotiz, in der ersichtlich sei, dass der Ausgleichsanspruch erst mit fällig werde. Somit könne die Ausgleichszahlung nicht dem Übergangsgewinn zugerechnet werden, und es sei spruchgemäß zu entscheiden.

Im dagegen erhobenen Vorlageantrag wird begründend ausgeführt, dass der Bf. im Herbst 2010 seinem Versicherungsagenturpartner, der m, mitgeteilt habe, dass er definitiv mit seine Versicherungsagentur in n aufgeben und seine Versicherungsagenturtätigkeit aufgrund seiner Pensionierung mit , worüber ebenfalls eine Zulage vorgelegen sei, beenden werde. Bereits in der Besprechung vom mit Herrn d, o, sei dem Bf. die exakte Höhe des Ausgleichsanspruches der o mitgeteilt und darauf hingewiesen worden, dass der Ausgleichsanspruch mit Stichtag auf Basis einer zehnjährigen Zugehörigkeit mit € 108.049,00 errechnet worden sei. Somit sei bereits im November 2010 die Höhe des Ausgleichsanspruches berechnet und konkretisiert worden. Von seiten der c sei vom Prokuristen p, Bereichsleiter Rechnungswesen, bestätigt worden, dass die c im Jahresabschluss mit Stichtag eine handelsrechtliche Rückstellung (UGB) für Ausgleichszahlungsansprüche in pauschalierter Form (Durchschnittswerte über alle Agenturen der c bezüglich Lebensalter, Restdienstzeit und Ausgleichsanspruchsbasis) gebildet habe. Der Ausgleichsanspruch des Bf. sei zwar nicht namentlich im Jahreabschluss 2010 ausgewiesen, sei allerdings betragsmäßig in der Rückstellung für offene Ausgleichsansprüche bereits im Jahresabschluss 2010 enthalten. Somit würden mit der Bildung der Rückstellung für Ausgleichsansprüche auch die allgemein definierten Voraussetzungen zur Bildung von Rückstellungen und im Unkehrschluss auch für Aktivierungen erfüllt, nämlich ernsthafte Enstehung eines künftigen Aufwandes oder Ertrages, Ungewissheit dem Grunde und/oder der Höhe nach und wirtschaftliche Ursache im Jahr der Rückstellung oder Aktivierung. Der Ausgleichsanspruch des Bf. sei von der c als Rückstellung und als zukünftiger Aufwand im Jahreabschluss 2010 bilanziert worden. Somit sei auch  für den Bf. als Empfänger der  Ausgleichsanspruch mit Stichtag als zukünftiger Ertrag zu erfassen und weiters anlässlich des Überganges von der Einnahmen/Ausgabenrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 zum Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 im Übergangsgewinn auszuweisen und zu erfassen. Im Zuge seiner langjährigen Tätigkeit für die c habe der Bf. dem Versicherungsunternehmen zahlreiche Kunden zugeführt bzw. bereits bestehende Kundenbeziehungen wesentlich erweitert. Für die Vermittlung von Neukunden habe er bei Vertragsabschluss zwischen c und Kunden jeweils Provisionszahlungen erhalten. Für die Betreuung des bestehenden Kundenstockes habe der Bf. sogenannte Betreuungs- oder Bestandsprovisionen erhalten. Zum Zeitpunkt der Aufgabe der Tätigkeit sei der Rechtsgrund für die Zahlung des Ausgleichsanspruches, also die laufende Zuführung neuer Kunden und die Erweiterung der Geschäftsfelder mit bestehenden Kunden bereits eingetreten. Die Berechnung der Höhe des zustehenden Ausgleichsanspruches basiere ja gerade auf den durchschnittlichen Vergütungen, die der Vertreter in den letzten 5 Jahren für eben diese Tätigkeit erhalten habe. Somit sei im Zeitpunkt der Aufgabe der Tätigkeit die Gewinnrealisierung bereits eingetreten, sodass der Ausgleichsanspruch über € 108.049,42 im Übergangsgewinn zu erfassen sei. Der Bf. ersuche um Stattgabe der Beschwerde, indem der Ausgleichsanspruch im Jahr der Betriebsaufgabe als Ertrag in der Übergangsgewinnermittlung erfasst und der Übergangsgewinn nach § 37 Abs. 1 EStG 1988 als außerordentliche Einkünfte mit dem Hälftesteuersatz besteuert werde.

Beigebracht wurde vom Bf. ein E-Mail vom an Herrn q, Betreff: Agentur r-Ausgleichsanspruch, welche lautet:

"Sehr geehrter Herr s, wie telefonisch erläutert, bestätige ich gerne, dass im testierten Jahresabschluss der t zum eine handelsrechtliche Rückstellung (UGB) in pauschalierter Form (Durchschnittswerte über alle Agenturen der c bezüglich Lebensalter, Restdienst und Ausgleichsanspruchbasis) bestanden hat. Bedingt durch diese Methode ist kein bestimmer Teilbetrag der Rückstellung für die Agentur r identifizierbar. Mit freundlichen Grüßen, p, Prokurist, Bereichsleiter Rechnungswesen."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der Bf. hat seine Erwerbstätigkeit als selbständiger Bausparkassen- und Versicherungsvertreter für die b  mit eingestellt. Streitgegenständlich ist, ob die Ausgleichszahlung in Höhe von € 108.049,42  gemäß § 24 HVertrG, die der Bf. nach Beendigung seines Vertragsverhältnisses als selbständiger Handelsvertreter von der m erhalten hat als Übergangsgewinn der begünstigten Halbsatzbesteuerung unterliegt.

§ 24 Abs. 1, 4 und 5 HVertrG 1993 hat folgenden Wortlaut:

(1) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gebührt dem Handelsvertreter ein angemessener Ausgleichsanspruch, wenn und soweit

1. er dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat,

2. zu erwarten ist, dass der Unternehmer oder dessen Rechtsnachfolger aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann, und

3. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.

„(4) Der Ausgleichsanspruch beträgt mangels einer für den Handelsvertreter günstigeren Vereinbarung höchstens eine Jahresvergütung, die aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre errechnet wird. Hat das Vertragsverhältnis weniger als fünf Jahre gedauert, so ist der Durchschnitt der gesamten Vertragsdauer maßgeblich (Abs. 4).“

„(5) Der Handelsvertreter verliert den Ausgleichsanspruch, wenn er dem Unternehmer nicht innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mitgeteilt hat, dass er seine Rechte geltend macht. “

„ “

„Gemäß § 37 Abs. 1 zweiter Teilstrich EStG 1988 ermäßigt sich der Steuersatz für außerordentliche Einkünfte (Abs. 5) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.“

„Gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988 (idF des AbgÄG 2004, BGBl. I 2004/180) sind außerordentliche Einkünfte Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:“

„1. Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe veranlasst.“

„2. Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. “

„3. Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000,00 € und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.“

„Für Veräußerungs- und Übergangsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.“

Der begünstigten Besteuerung unterliegen somit gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988 ua. außerordentliche Einkünfte. Außerordentliche Einkünfte sind gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988 Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus einem der unter Z 1 bis Z 3 angeführten Gründe (Tod des Steuerpflichtigen, Erwerbsunfähigkeit, Vollendung des 60. Lebensjahres und Einstellung der Erwerbstätigkeit) erfolgt und überdies seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass der Erlös aus dem Ausgleichsanspruch im Sinne des § 24 HVertrG 1993 nicht dem Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn des Handelsvertreters zuzurechnen ist, weil er nicht für die Übertragung eines Wirtschaftsgutes (Kundenstock) geleistet wird  (vgl. ,  , und ).

Begründend hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 97/13/0195, ausgeführt, ein Handelsvertreter bewirke durch seine Tätigkeit nicht den Aufbau eines eigenen Kundenstocks, sondern es entstehe dieser beim Unternehmer. Aus dem Wortlaut des § 24 HVertrG 1993 ergebe sich, dass der Ausgleichsanspruch nicht ein Entgelt für die Übertragung eines Kundenstocks des Handelsvertreters darstelle, sondern dass der Ausgleichsanspruch in erster Linie künftig entgehende Provisionen des Handelsvertreters abgelten solle. Da es sich beim Ausgleichsanspruch gemäß § 24 HVertrG 1993 nicht um das Entgelt für einen Kundenstock oder ein anderes Wirtschaftsgut handle, sei der dem Handelsvertreter in Erfüllung des Ausgleichsanspruchs zugekommene Betrag nicht als Erlös aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes anlässlich einer Betriebsaufgabe anzusehen.

Ratio des § 24 HVertrG 1993 ist es, dass der Handelsvertreter bei seinem Ausscheiden für den durch die laufenden Provisionszahlungen noch nicht abgegoltenen Aufbau eines Kundenstockes von demjenigen, der daraus einen erheblichen Vorteil zieht, eine Vergütung erhalten soll. Dies wird in der Regel der Unternehmer selbst sein, bei dem der Kundenstock entstanden ist. Setzt der Unternehmer nach dem Ausscheiden des Handelsvertreters keinen neuen Handelsvertreter mehr ein, steht ihm der Gewinn aus den Geschäften mit dem vom Handelsvertreter aufgebauten Kundenstock ungeschmälert zu, so dass ihm der erhebliche Vorteil aus dem vom Handelsvertreter aufgebauten Kundenstock allein zufällt. Setzt er hingegen einen neuen Handelsvertreter ein, so muss er für die Geschäfte mit den überlassenen Kunden wiederum - diesmal an den in einem bestimmten Gebiet eingesetzten nachfolgenden Handelsvertreter - Provisionen zahlen. Seine wirtschaftliche Situation ist daher die gleiche, als wenn der frühere Handelsvertreter nicht ausgeschieden wäre. Der "erhebliche Vorteil" verlagert sich in diesem Fall zum nachfolgenden Handelsvertreter, sodass es in der Praxis nicht unüblich ist, dass der Nachfolger in Form von geringeren Prozentsätzen oder einbehaltenen Provisionen die Ausgleichsbelastung übernehmen muss (vgl. Nocker, Handelsvertretergesetz 1993, § 24 Tz 207 ff).

Der Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertG entsteht erst mit Beendigung des Vertragsverhältnisses; eine Rückstellung vor Beendigung des Vertragsverhältnisses ist nicht möglich, weil der Ausgleichsanspruch in erster Linie künftig entgehende Provisionen bzw. zukünftig zu erwartende Vorteile des Unternehmers und nicht in der Vergangenheit enstandene Ansprüche abgelten soll (Doralt, ESTG12 § 9, Rz 35). 

Gemäß § 9 Abs. 1 EStG 1988 können Rückstellungen nur für Anwartschaften aus Abfertigungen, laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen, sonstige ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gebildet werden.

Bei der Bildung einer Rückstellung handelt es sich um ein Gewinnkorrektivum, das steuerlich nur in der Höhe anzuerkennen ist, in welcher der Erfolg des betreffenden Wirtschaftsjahres voraussichtlich mit künftigen Ausgaben belastet wird. Voraussetzung für die Bildung einer steuerlich anzuerkennenden Rückstellung ist stets, dass ein die Vergangenheit betreffender Aufwand bestimmter Art ernsthaft droht. Die wirtschaftliche Verursachung muss im Abschlussjahr gelegen sein (z.B. mwH.).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit Erkenntnis vom (: "Nach den von der Beschwerdeführerin als Formkaufmann gemäß § 5 EStG 1972 zu beachtenden Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung müssen - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - für künftige Ausgaben, die wirtschaftlich mit einem abgelaufenen Wirtschaftsjahr in ursächlichem Zusammenhang stehen, Rückstellungen in Form eines in die Bilanz des betreffenden Jahres einzusetzenden Passivums gebildet werden. Bei der Bildung einer Rückstellung handelt es sich also um ein Gewinnkorrektivum, das allerdings steuerrechtlich nur in der Höhe anerkannt wird, in der der Erfolg des betreffenden Wirtschaftsjahres voraussichtlich mit künftigen Ausgaben belastet wird. Voraussetzung für die Einsetzung einer steuerrechtlich anzuerkennenden Rückstellung in eine Bilanz ist also stets, dass ein wirtschaftlich die Vergangenheit betreffender Aufwand bestimmter Art ernsthaft droht, also mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit voraussehbar ist, oder dass der Aufwand schon sicher und nur der Höhe nach unbestimmt ist. Da die Bildung der Rückstellung in der Bilanz dazu dient, den Erfolg des betreffenden Wirtschaftsjahres richtig auszuweisen, setzt sie zwar nicht das Bestehen einer rechtsverbindlichen Verpflichtung am Bilanzstichtag, wohl aber die Wahrscheinlichkeit voraus, dass eine wirtschaftlich das abgelaufene Jahr betreffende Schuld entstehen wird, wogegen die bloß entfernte Möglichkeit einer Inanspruchnahme oder eines Verlustes für die Bildung der Rückstellung nicht genügt (vgl. das hg Erkenntnis vom , 14/1419, 1540, 1541, 1542/79, und die darin zitierte Vorjudikatur) ... Damit verbleibt jedoch nur die im angefochtenen Bescheid als zutreffend erachtete, in der Beschwerde weder erwähnte noch konkret bestrittene Beurteilung, dass der Ausgleichsanspruch dem Handelsvertreter in erster Linie künftig entgehende Provisionen abgelten soll. Da der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung des Bundesfinanzhofes in seinem Urteil vom , IV R 168/81, BStBl II, 1983, S 375 ff, aus den dort angeführten Erwägungen teilt, dass der Ausgleichsanspruch wirtschaftlich betrachtet einer "Einmalvergütung" für alle künftigen von alten Kunden hereingeholten Aufträge jedenfalls näher steht, als einer "Nachvergütung" für den "Erwerb eines Kundenstamms" und deswegen nicht wesentlich wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht ist, ist diesbezüglich eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen. Bei dieser Beurteilung kann dahinstehen, ob der Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen entsprechenden Anspruch überhaupt geltend machen wird, ob ("wenn und soweit") die Voraussetzungen des § 89 b leg. cit. im Beschwerdefall zutreffen (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg Erkenntnis vom , 86/14/0120), aber auch, ob dem Handelsvertreter ein solcher Ausgleichsanspruch im Hinblick auf die vereinbarte Tätigkeit gemäß § 87 Abs. 2 dHGB, somit als Bezirksvertreter, zusteht, weil eine reine Bezirksprovision als Bezugspunkt für den Ausgleich ausscheidet (vgl. Brüggemann in Staub, Großkommentar zum deutschen HGB, 1983, Anm. 35 zu § 89 b)) die Bildung einer Rückstellung für Ansprüche nach § 89 b des deutschen HGB - diese Bestimmung entspricht weitgehend § 24 HVertrG - für unzulässig bezeichnet. Er hat dabei ausdrücklich die Auffassung des Bundesfinanzhofes (Urteil vom , IV R 168/81, BStBl II, 1983, S 375 ff) aus den dort angeführten Erwägungen geteilt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Ansicht in der Folge für die Ansprüche nach § 24 HVertrG bestätigt (; , 2001/14/0081; , 98/15/0177; , 2002/15/0146; , 98/14/0037). Der Ausgleichsanspruch hänge (aus der Sicht des Handelsvertreters) mit dem Verlust künftiger Provisionen und (aus der Sicht des Unternehmers) mit zu erwartenden künftigen Vorteilen (Erträgen) zusammen. Die wirtschaftliche Verursachung liege daher in der Zukunft und nicht in der Vergangenheit. Dabei hielt der Gerichtshof ausdrücklich fest, dies gelte auch für die Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG. Der Inhalt des Begriffes der steuerlichen Rückstellungen im Sinne § 9 EStG ändere sich nicht, wenn nicht die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG, sondern jene nach § 5 Abs. 1 EStG zur Anwendung komme. Die eine wie die andere Gewinnermittlungsart stelle auf die Erfassung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ab. Solcherart sei der vom EStG vorgegebene Rückstellungsbegriff auch für die Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG maßgebend (). Dieselbe Ansicht wird auch von einem Großteil der Lehre vertreten (Beiser, "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters in der Handels- und Steuerbilanz" in ÖStZ 2002/675; Doralt, EStG, Kommentar, Tz 35 zu § 9, Stichwort "Handelsvertreter") vertreten.

Das Entstehen des Ausgleichsanspruches iSd § 24 HVertrG 1993 ist jedenfalls erst die Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in den Erkenntnissen vom , 94/13/0005, und vom , 94/14/0053, zum Ausdruck gebracht, dass Zahlungen, die im Aufgabezeitpunkt noch nicht als Forderungen bestehen, nicht zum Übergangsgewinn zählen. Ist der Tatbestand, der das Entstehen einer Forderung auslöst, erst dann verwirklicht, wenn der Betrieb veräußert bzw aufgegeben ist, hat die Forderung zum Stichtag der Übergangsgewinnermittlung (hier mit ) noch nicht bestanden. Auch kann der Umstand, dass die Höhe des Ausgleichs in Höhe von € 108.049,00 mit Stichtag "eingefroren" wurde, nichts daran ändern, dass die Forderung eben erst mit und somit nicht bereits vor der Betriebsaufgabe bestanden hat. Somit hat eine Forderung des Bf. bis zu diesem Zeitpunkt nicht bestanden. Der Ausgleichsanspruch ist daher mit dem Normalsteuersatz zu besteuern.

Der Ausgleichsanspruch stellt somit nach einhelliger verwaltungsgerichtlicher Judikatur (; VwGh , 96/15/0140; ; ) Teil des laufenden Gewinnes dar und ist daher als solcher nicht steuerbegünstigt, da eben wie bereits o.a. nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gemäß § 24 HVertrG 1993 gebührende Entschädigungen des Handelsvertreters (Ausgleichsansprüche, Ablöse von Folgeprovisionen) der laufenden Tätigkeit zuzurechnen sind (, ua).

Die Beschwerde war aus den hinreichend dargelegten Gründen abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Insofern Rechtsfragen für die hier zu klärenden entscheidungsrelevant sind, sind sie durch die in der Entscheidung zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt, nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die Auslegung des Gesetzes unstrittig. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 24 HVertrG 1993, Handelsvertretergesetz, BGBl. Nr. 88/1993
§ 37 EStG 1988 ÜR, Einkommensteuergesetz 1988 ÜR (Artikel I Steuerreformgesetz 1993), BGBl. Nr. 818/1993
Schlagworte
Ausgleichsanspruch
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.1100361.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at