Einspruch gegen Strafverfügung als verspätet zurückgewiesen
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RV/7501253/2015-RS1 | Wird ein bereits rechtswirksam zugestelltes Schriftstück ein zweites Mal zugestellt, bleibt die 2. Zustellung rechtsfolgenlos. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Verwaltungsstrafsache Bf., AdresseBf. , über die Beschwerde vom , gegen den Zurückweisungsbescheid des Magistrats der Stadt Wien, MA 67 vom , zugestellt am , Geschäftszahl MA 67-PA-773316/4/3, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Gemäß Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG iVm § 25a Abs 4 VwGG ist eine ordentliche Revision der Beschwerde führenden Partei und der belangten Behörde nicht zulässig.
Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG iVm § 25a Abs 4 VwGG ist eine außerordentliche Revision der Beschwerde führenden Partei nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Am erließ der Magistrat der Stadt Wien folgenden Bescheid:
Der Einspruch gegen die Strafverfügung vom zur Zahl MA 67-PA-773316/4/3, womit über Sie wegen Übertretung des § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung, ABI. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs 1 Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung. eine Geldstrafe von EUR 60,00, im Nichteinbringungsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden verhängt wurde, wird gemäß § 49 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG wegen Verspätung zurückgewiesen.
Diese Entscheidung wurde wie folgt begründet:
Im vorliegenden Fall wurde die Strafverfügung entsprechend den Bestimmungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vom , BGBI. 526/1990, zugestellt.
Gemäß § 175 dt. ZPO kann ein Schriftstück durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein.
Die Strafverfügung wurde am durch die Post zugestellt.
Mit dem Tag der persönlichen Übernahme gilt die Sendung als zugestellt.
Die Einspruchsfrist begann daher am und endete am .
Der Einspruch wurde trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung jedoch erst am mittels E-Mail, somit nach Ablauf der im § 49 Abs 1 VStG festgesetzten zweiwöchigen Einspruchsfrist eingebracht.
Dass ein Zustellmangel unterlaufen ist und Sie nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnten, war nicht anzunehmen, haben Sie doch zum Vorhalt der Verspätung vom keine Angaben bezüglich einer etwaigen Ortabwesenheit gemacht. Sie gaben lediglich bekannt, dass Sie Ihren Einspruch gegen die erhobene Geldstrafe vollumfänglich aufrecht halten würden.
Bemerkt wird, dass es sich bei der Einspruchsfrist des § 49 Abs 1 VStG um eine gesetzlich festgelegte Frist handelt, die von der Behörde nicht erstreckt werden darf.
Der Behörde ist es deshalb durch die verspätete Einbringung des Einspruches rechtlich verwehrt, eine Sachentscheidung zu treffen und kann aus diesem Grund auch nicht auf allfällige diesbezügliche Einwände eingegangen werden.
Der Einspruch war daher als verspätet zurückzuweisen.
Der Zurückweisungsbescheid wurde am im Amtshilfeweg zugestellt und war innerhalb von 4 Wochen ab Zustellung anfechtbar.
2. Am sandte der Beschwerdeführer (Bf.) folgende eMail an den Magistrat der Stadt Wien:
„… hinsichtlich Ihres Schreibens vom , Posteingang , reiche ich hiermit fristgerecht Beschwerde ein. Das Fahrzeug wurde nicht von mir geführt/abgestellt. Laut Fahrerin und bereits vorgelegten Fotos wurde dieses in einer erlaubten Parkzone abgestellt. Zudem wurde ein Parkschein ausgefüllt und sichtbar eingelegt. Daher wird einer Strafe Ihrerseits vollumfänglich widersprochen.“
3. In der Strafverfügung vom wurde dem Bf. vorgeworfen, die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt zu haben, da er am um 09:05 in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien 2, Vorgartenstraße 238, mit dem mehrspurigen Kraftfahrzeug mit dem in der Strafverfügung näher bezeichneten behördlichen deutschen Kennzeichen die Verwaltungsübertretung „Abstellen eines Fahrzeuges, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben“ begangen habe. Die Geldstrafe betrug EUR 60,00; die Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden.
Die – innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung mit Einspruch anfechtbare – Strafverfügung vom war an Bf., AdresseBf. , adressiert, wurde mit internationalem Rückscheinbrief versandt und der Empfänger der Briefsendung (der lt. Rückschein der Bf. gewesen ist) hat mit Unterschrift bestätigt, dass die Briefsendung am ordnungsgemäß ausgefolgt wurde.
Im Verwaltungsakt befand sich der Aktenvermerk vom lautend „Empfänger unbekannt verzogen. Fälschliche Annahme durch die Oma vom Nachbarn“.
Lt. Auskunft aus dem Melderegister vom war der Bf. seit an der Wohnanschrift AdresseBf. , gemeldet. Örtliche Ermittlungen durch einen Außendienstmitarbeiter ergaben, dass der Bf. an der gemeldeten Anschrift gewohnt hat.
Die Strafverfügung vom wurde am zum 2. Mal zugestellt. Diese 2. Zustellung erfolgte nicht unmittelbar per Post sondern im Amtshilfeweg.
Mit eMail vom brachte der Bf. einen Einspruch gegen die Strafverfügung bei der Regierung der Oberpfalz ein. Mit eMail vom teilte die Regierung der Oberpfalz dem Bf. mit, dass sie nur Zustellbehörde ist und dass für die Sachbearbeitung die ausländische Behörde zuständig ist. Mit eMail vom brachte der Bf. den Einspruch gegen die Strafverfügung bei der MA 67 ein.
4. Mit Schreiben vom wurde der Bf. vom Ergebnis einer Beweisaufnahme verständigt. Dieses Schreiben wurde mit internationalem Rückscheinbrief zugestellt.
Lt. Aktenvermerk vom war der Bf. „immer noch unbekannt verzogen wie telefonisch besprochen. Falschannahme durch Oma vom Nachbarn“.
Mit eMail vom antwortete der Bf. auf das Schreiben vom , dass er seinen Einspruch gegen die Strafverfügung vollumfänglich aufrecht erhält.
5. Lt. Aktenvermerk vom wurde das Schreiben vom irrtümlich versandt. Nach neuerlicher Bewertung sei die Zustellung vom wirksam.
6. Mit Schreiben vom wurde dem Bf. vorgehalten, dass er den Einspruch gegen die Strafverfügung verspätet eingebracht habe, da er Derjenige gewesen sei, der die per Post zugestellte Strafverfügung am persönlich übernommen habe. Dieses Schreiben wurde am im Amtshilfeweg zugestellt.
Mit eMail vom teilte der Bf. mit, dass er seinen Einspruch gegen die Strafverfügung vollinhaltlich aufrechterhalte.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Die Beschwerde vom ist frist- und formgerecht eingebracht worden. Über die Beschwerde ist daher „in der Sache“ zu entscheiden.
Beschwerdepunkt/e:
Der Bf. bestreitet, das Fahrzeug geführt/abgestellt zu haben. Das Fahrzeug sei in einer erlaubten Parkzone gestanden. Ein Parkschein sei ausgefüllt und sichtbar eingelegt gewesen.
Sachlage:
Der ggstl. Entscheidung sind die eMail vom , der Zurückweisungsbescheid vom , die Strafverfügung vom – und damit folgende Sach- und Beweislage – zugrunde zu legen:
In der eMail vom steht, dass Beschwerde hinsichtlich des Schreibens vom eingereicht wird: Da das Schreiben vom der Zurückweisungsbescheid vom ist, hat der Bf. mit der eMail vom den Zurückweisungsbescheid vom angefochten.
In der eMail vom bestreitet der Bf., das Fahrzeug geführt/abgestellt zu haben und gibt an, dass dieses Fahrzeug in einer erlaubten Parkzone gestanden sei und dass ein Parkschein ausgefüllt und sichtbar eingelegt gewesen sei: Da im Spruch des Zurückweisungsbescheides vom steht, dass der Einspruch gegen die Strafverfügung vom als verspätet zurückgewiesen wird, bezieht sich das Beschwerdevorbringen in der eMail vom nicht auf den angefochtenen Zurückweisungsbescheid vom .
Dass der Bf. sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne entrichtete Parkometerabgabe abgestellt habe, ist der Tatvorwurf in der Strafverfügung vom gewesen.
Rechtslage, rechtliche Würdigung und Entscheidung:
1. Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG 1991 hat das Bundesfinanzgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden, wenn eine Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet „in der Sache selbst entscheiden“, dass der Beschwerdegegenstand iSd § 66 Abs 4 AVG dem Spruch der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist ().
Da der Bf. Beschwerde gegen das Schreiben vom erhoben hat, ist der angefochtene Bescheid der Zurückweisungsbescheid vom und die zu entscheidende Sache ist seinem Spruch zu entnehmen. Beschwerdegegenstand iSd § 66 Abs 4 AVG ist daher, ob der Einspruch gegen die Strafverfügung vom rechtsrichtig als verspätet zurückgewiesen worden ist. Die Ausführungen in der eMail vom beziehen sich nicht auf den Spruch des Zurückweisungsbescheides vom , da der Bf. in diese eMail eine Sachlage bestritten hat, die nur der Strafverfügung vom zugrunde liegt. Über das Beschwerdebegehren aus der eMail vom ist daher nicht abzusprechen.
2. Wie bereits in Pkt. 1 ausgeführt, ist der Beschwerdegegenstand dem Spruch des angefochtenen Bescheides zu entnehmen und da der angefochtene Bescheid der Zurückweisungsbescheid vom ist, ist Beschwerdegegenstand, ob der Einspruch gegen die Strafverfügung vom rechtsrichtig als verspätet zurückgewiesen worden ist.
Dem Zurückweisungsbescheid liegt die Sachlage zugrunde, dass die Strafverfügung vom lt. internationalem Rückschein am an den Bf. zugestellt worden ist:
Jeder internationale Rückschein ist eine öffentliche Urkunde. Als öffentliche Urkunde begründet ein die gesetzlichen Voraussetzungen an seine äußere Form aufweisender – und damit "unbedenklicher" – Zustellnachweis die widerlegbare Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorgangs ().
Mit dem Beschwerdevorbringen in der eMail vom hat der Bf. die Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten aus dem Rückschein nicht bestritten, was dafür spricht, dass er Derjenige gewesen ist, der die Strafverfügung am übernommen hat.
Dass nicht der Bf. sondern die Oma vom Nachbarn an den Bf. adressierte Schriftstücke übernommen habe, steht in den Aktenvermerken vom und . Diese Aktenvermerke eignen sich nicht dazu, die Angaben im internationalen Rückschein zu widerlegen, da sich in den Verwaltungsakten kein einziges Schreiben befindet, in dem der Bf. behauptet, dass die Oma vom Nachbarn die Strafverfügung übernommen habe. Davon abgesehen ist nicht glaubwürdig, dass der Bf. immer dann in AdresseBf. , abwesend ist und die Oma vom Nachbarn in AdresseBf. , anwesend ist, wenn Schreiben des Magistrats der Stadt Wien an den Bf. zugestellt werden sollen.
Wer die Strafverfügung wann übernommen hat, ist eine auf der Ebene der Beweiswürdigung zu beantwortende Sachfrage. Bei dieser Beweisführung darf jedes geeignete und zweckdienliche Beweismittel verwendet werden und nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens ist nach freier Überzeugung zu beurteilen, welche Fakten als erwiesen oder nicht erwiesen anzunehmen sind (§ 46 AVG).
Nach der ggstl. Beweislage hat der Bf. die Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit des internationalen Rückscheins nicht widerlegt, weshalb als erwiesen anzusehen und der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes zugrunde zu legen ist, dass die Strafverfügung vom am rechtswirksam an den Bf. zugestellt worden ist. Alle die rechtswirksame Zustellung voraussetzenden Rechtsfolgen sind daher am eingetreten.
Da alle die rechtswirksame Zustellung voraussetzenden Rechtsfolgen am eingetreten sind, können diese Rechtsfolgen nicht mehr eintreten, wenn ein bereits rechtswirksam zugestelltes Schriftstück noch einmal zugestellt wird. Die am erfolgte 2. Zustellung der Strafverfügung im Amtshilfeweg bleibt daher rechtsfolgenlos.
Gemäß § 49 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz – VStG 1991 konnte der Bf. gegen die Strafverfügung innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung Einspruch erheben.
Gemäß § 108 Abs 2 BAO idgF enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates. Gemäß § 108 Abs 3 BAO idgF werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen. Gemäß § 108 Abs 4 BAO idgF werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet.
Da die Strafverfügung am – einem Dienstag – rechtswirksam an den Bf. zugestellt worden ist, endete die 2-wöchige Einspruchsfrist am Dienstag den . Der am bei der zuständigen Rechtsmittelbehörde eingebrachte Einspruch gegen die Strafverfügung ist daher nicht innerhalb der Einspruchsfrist eingebracht worden.
Verspätet eingebrachte Einsprüche sind zurückzuweisen. Der Magistrat der Stadt Wien hat daher rechtsrichtig entschieden, als er den Einspruch vom als verspätet zurückgewiesen hat. Der Zurückweisungsbescheid vom wird daher vom Bundesfinanzgericht bestätigt.
Revision:
Da die im ggstl. Beschwerdeverfahren angefochtene Entscheidung einen Antrag zum Gegenstand hat, der mit einem Verwaltungsstrafverfahren untrennbar verbunden ist, ist sie nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung in ; , u.v.a. eine "Verwaltungsstrafsache" iSd § 25a Abs 4 VwGG.
Gemäß § 25a Abs 4 VwGG iVm Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG sind Revisionen wegen Verletzung von subjektiven Rechten nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe in Höhe von bis zu EUR 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe in Höhe von bis zu EUR 400,00 verhängt wurde. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die ordentliche Revision und die außerordentliche Revision der Beschwerde führenden Partei sind daher unzulässig.
Die Rechtsfrage der „Sache“ in einem Beschwerdeverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in beantwortet und ist von diesem Erkenntnis de dato nicht abgewichen. Die Rechtsfolgen bei verspätetem Einspruch gegen eine Strafverfügung sind gesetzlich geregelt, weshalb keine rechtlich bedeutende Rechtsfrage zu beantworten war. Die ordentliche Revision der belangten Behörde ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 13 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.7501253.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at