Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.10.2017, RV/7100021/2015

Haftung wegen rechtskräftiger Verurteilung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Dipl.Ing. Bf, vertreten durch PP, Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Haftung gemäß § 11 BAO nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines steuerlichen Vertreters DG und in Anwesenheit des Amtsvertreters TH sowie in Beisein der Schriftführerin AM zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird insoweit Folge gegeben, als die Haftung auf € 38.251,86 anstatt € 42.800,15 eingeschränkt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid vom nahm die Abgabenbehörde den Beschwerdeführer (Bf) als Haftungspflichtigen gemäß § 11 BAO für die folgenden um die Verteilungsquote von 2,070253 % vermindeten aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Fi rma R-GmbH, Firmenbuchnummer Nr1, Adr1, im Ausmaß von € 42.800,15 in Anspruch.


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Abgabenart
Zeitraum
Höhe in Euro
Umsatzsteuer
01/2012
3.848,10
Umsatzsteuer
02/2012
5.280,86
Umsatzsteuer
03/2012
3.181,69
Umsatzsteuer
05/2012
691,69
Lohnsteuer
2009
9.287,48
Lohnsteuer
2010
3.441,50
Lohnsteuer
2011
1.980,99
Dienstgeberbeitrag
2009
4.487,38
Dienstgeberbeitrag
2010
5.277,82
Dienstgeberbeitrag
2011
4.548,29
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2009
305,21
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2010
469,14

Summe:                                                                                                         42.800,15

Zur Begründung wurde ausgeführt:

„Gem. § 11 BAO haften bei vorsätzlicher Finanzvergehen rechtskräftig verurteilte Täter und andere an der Tat Beteiligte für den Betrag um den die Abgaben verkürzt wurden.

Einzige Tatbestandsvoraussetzung der Haftungsbestimmung des § 11 BAO ist die rechtskräftige Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens.

Im gegenständlichen Fall wurde Herr GT mit Erkenntnis des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom zu einer Geldstrafe von € 4.800,00 sowie zu einer Ersatzfreiheitsstrafe im Falle der Uneinbringlichkeit von 12 Tagen verurteilt, da er als verantwortlicher Geschäftsführer der R-GmbH vorsätzlich Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 01/2012 in Höhe von € 3.929,45, Umsatzsteuer 02/2012 in Höhe von € 8.261,61, Umsatzsteuer 03/2012 in Höhe von € 3.248,95 und Umsatzsteuer 05/2012 in Höhe von € 706,31 sowie Lohnsteuern für 01/2009 - 12/2011 in Höhe von € 15.020,94 und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfond für Familienbeihilfen samt Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen für 01/2009 - 12/2011 in Höhe von € 15.406,79 nicht spätestens am 5. Tage nach jeweils eingetretener Fälligkeit entrichtet und dadurch eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG. begangen hat.

Die Zustellung erfolgte am durch Übernahme des Erkenntnisses. Auf ein Rechtsmittel wurde verzichtet.

Die Voraussetzung für eine Haftungsinanspruchnahme gem. § 11 BAO ist daher zweifelsfrei erfüllt, zumal ohnehin die finanzstrafbehördliche Verurteilung und deren Rechtskraft nicht in Streit stehen.

Im Rahmen der Ermessensübung gem. § 20 BAO ist im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, dass die haftungsverfangenen Abgabenverbindlichkeiten bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden können, weil das mit Beschluss des Gs vom Da1 über das Vermögen der R-GmbH eröffnete Konkursverfahren nach Schlussverteilung am Da2 aufgehoben wurde“.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom brachte der Bf wie folgt vor:

„1) Sachverhalt:

1.1) Der Beschwerdeführer ist seit alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der R-GmbH, eingetragen in das Firmenbuch des Gs zu FN Nr1.

Mit Beschluss des Gs vom Da1 zu GZ: Z1 wurde über das Vermögen der vorgenannten Gesellschaft der Konkurs eröffnet.

Zum Zeitpunkt dieser Konkurseröffnung war gegen den Beschwerdeführer als alleinigem Geschäftsführer der R-GmbH beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg ein Finanzstrafverfahren zu SpS-Nr. Nr2 anhängig, wobei das Erkenntnis in diesem Finanzstrafverfahren erst kurze Zeit nach Konkurseröffnung am erging. Mit diesem Erkenntnis wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe vorsätzlich als Geschäftsführer und somit abgabenrechtlich Verantwortlicher der R-GmbH Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 01/2012 in Höhe von € 3.929,45, an Umsatzsteuer für 02/2012 in Höhe von € 8.261,61, an Umsatzsteuer für 03/2012 in Höhe von € 3.248,95 und an Umsatzsteuer für 05/2012 in Höhe von € 706,31 sowie Lohnsteuern für 01/2009 bis 12/2011 in Höhe von € 15.020,94 und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfond für Familienbeihilfen für 01/2009 bis 12/2011 in Höhe von € 14.616,07 sowie Zuschläge zu diesen Dienstgeberbeiträgen für 01/2009 bis 12/2010 in Höhe von € 790,72 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit abgeführt bzw. entrichtet und dadurch eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen; der Beschwerdeführer wurde wegen dieses Finanzvergehens zu einer Geldstrafe von € 4.800,00 verurteilt.

Das vorgenannte Erkenntnis vom ist in Rechtskraft erwachsen.

Die belangte Behörde hat die Abgabenschuldigkeiten der R-GmbH in Summe von € 108.243,94 im Konkursverfahren über das Vermögen der vorgenannten Gesellschaft als Konkursforderung angemeldet; dies beinhaltete auch jene Abgabenschuldigkeiten, die dem vorstehend näher bezeichneten Erkenntnis vom im Finanzstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer zugrunde liegen.

Das Konkursverfahren über das Vermögen der R-GmbH wurde mit Beschluss des Gs vom Da2 zu GZ:Z1 nach Schlussverteilung aufgehoben, wobei die Konkursgläubiger eine Konkursquote von 2,070253% erhielten.

Unter saldomindernder Berücksichtigung dieser vorbezifferten Schlussverteilungsquote haften demnach die Abgabenschuldigkeiten der R-GmbH, die dem im Finanzstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer ergangenen Erkenntnis des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom zugrunde liegen, nunmehr wie folgt unberichtigt aus:


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Abgabenart
Zeitraum
Höhe in Euro
Umsatzsteuer
01/2012
3.848,10
Umsatzsteuer
02/2012
5.280,86
Umsatzsteuer
03/2012
3.181,69
Umsatzsteuer
05/2012
691,69
Lohnsteuer
2009
9.287,48
Lohnsteuer
2010
3.441,50
Lohnsteuer
2011
1.980,99
Dienstgeberbeitrag
2009
4.487,38
Dienstgeberbeitrag
2010
5.277,82
Dienstgeberbeitrag
2011
4.548,29
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2009
305,21
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2010
469,14

Summe:                                                                                                         42.800,15

1.2) Die R-GmbH hatte über Auftrag des Herrn CZ für ihn beim Bauvorhaben Adr2, Werkleistungen im Leistungszeitraum Juni 2009 bis März 2012 erbracht. Den der R-GmbH dafür gebührenden offenen Werklohn hat die belangte Behörde mit Bescheid vom im Rahmen eines gegen die R-GmbH geführten Abgabenexekutionsverfahrens zur Hereinbringung der Abgabenschuldigkeiten der vorgenannten Gesellschaft gepfändet und der Republik Österreich zur Einziehung überwiesen: diese gepfändete Werklohnforderung der R-GmbH beziffert sich gemäß ihrer Schlussrechnung Nr. 007/2013 vom mit € 128.572,76.

Aufgrund der vorgenannten Forderungspfändung war es dem Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der R-GmbH verwehrt, seinerseits die offene Werklohnforderung der R-GmbH gegenüber dem Rechnungsschuldner CZ zu betreiben, da zu dieser Betreibung infolge der Forderungspfändung ausschließlich die belangte Behörde bzw. die Republik Österreich aktivlegitimiert sind.

Die belangte Behörde bzw. die Republik Österreich haben jedoch die gepfändete und an sie zur Einziehung überwiesene Forderung gegenüber dem Rechnungsschuldner CZ nicht betrieben, sodass die offene Werklohnforderung der R-GmbH in Kürze - und zwar im März 2015 - verjähren wird.

Die von der belangten Behörde gepfändete und an sie bzw. die Republik Österreich zur Einziehung überwiesene Werklohnforderung der R-GmbH gegenüber Herrn CZ deckt der Höhe nach die Abgabenschuldigkeiten der R-GmbH - sohin einschließlich jener, die dem Erkenntnis des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , das im Finanzstrafverfahren gegenüber dem Beschwerdeführer ergangen ist, zugrunde liegen - zur Gänze ab.

1.3) Mit dem angefochtenen Haftungsbescheid der belangten Behörde wurde die Haftung des Beschwerdeführers bezüglich der oben unter Punkt 1.1) der Beschwerde angeführten restlichen Abgabenschuldigkeiten der R-GmbH, die dem im Finanzstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer ergangenen Erkenntnis des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom zugrunde liegen, ausgesprochen; dies allerdings mit der Abweichung, dass tatsächlich der Dienstgeberbeitrag für das Kalenderjahr 2011 in Höhe von € 4.548,29 unberichtigt aushaftet, wohingegen die belangte Behörde im angefochtenen Haftungsbescheid die Haftung des Beschwerdeführers für einen vermeintlichen Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag betreffend das Kalenderjahr 2011 in vorbezifferter Höhe ausgesprochen hat.

Der angefochtene Haftungsbescheid wurde von der belangten Behörde im wesentlichen lediglich damit begründet, dass gemäß § 11 BAO bei vorsätzlichen Finanzvergehen rechtskräftig verurteilte Täter und andere an der Tat Beteiligte für den Betrag, um den die Abgaben verkürzt wurden, haften.

2) Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Der angefochtene Haftungsbescheid der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt, sodass die Frist zur Erhebung der gegenständlichen Beschwerde bis läuft; die vorliegende Beschwerde ist sohin rechtzeitig.

3) Beschwerdegründe:

3.1) Gemäß § 73 Abs. 1 AbgEO ermächtigt die Forderungspfändung und damit einhergehende Überweisung zur Einziehung die Republik Österreich, namens des Abgabenschuldners vom Drittschuldner die Entrichtung des im Überweisungsbescheid bezeichneten Betrages nach Maßgabe des Rechtsbestandes der gepfändeten Forderung zu begehren.

Aufgrund dessen, dass die belangte Behörde mit Bescheid vom die offene Werklohnforderung der R-GmbH gegenüber Herrn CZ gepfändet und an die Republik Österreich zur Einziehung überwiesen hat, war ab diesem Zeitpunkt ausschließlich die belangte Behörde bzw. die Republik Österreich zur Betreibung der gegenständlichen Forderung aktivlegitimiert.

Die belangte Behörde bzw. die Republik Österreich haben es jedoch unterlassen, die vorbezeichnete Forderung zu betreiben. Hätten sie die vorbezeichnete Forderung betrieben, so wären durch diese Forderungsbetreibung die Abgabenschuldigkeiten der R-GmbH zur Gänze abgedeckt worden, womit mangels einer Abgabenschuld der vorbezeichneten Gesellschaft auch jegliche Haftung des Beschwerdeführers gegenstandslos geworden wäre.

Zu einer ordnungsgemäßen Betreibung der gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Werklohnforderung der R-GmbH waren die belangte Behörde bzw. die Republik Österreich verpflichtet.

Denn § 74 Abs. 2 AbgEO normiert ausdrücklich, dass die Verzögerung der Betreibung einer zur Einziehung überwiesenen Forderung den Übenweisungsgläubiger, dem die Forderung überwiesen wurde, für allen dem Abgabenschuldner sowie den übrigen auf dieselbe Forderung Vollstreckung führenden Gläubigern dadurch verursachten Schaden haftbar macht.

Daraus folgt, dass sich die mit dem angefochtenen Haftungsbescheid ausgesprochene Haftung des Beschwerdeführers für Abgabenschuldigkeiten der R-GmbH unter zweierlei Gesichtspunkten als unberechtigt erweist;

Zum einen hätte die belangte Behörde im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 20 BAO berücksichtigen müssen, dass bei ordnungsgemäßer Gebarung der Republik Österreich bzw. der belangten Behörde die dem angefochtenen Haftungsbescheid zugrunde liegenden Abgaben vollständig abgedeckt worden wären und die gänzliche Abdeckung dieser Abgabenschuldigkeiten aus Eigenverantwortlichkeit der belangten Behörde bzw. der Republik Österreich unterblieben ist. Hätten die belangte Behörde bzw. die Republik Österreich ihrer Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Betreibung der gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Werklohnforderung der eigentlichen Abgabenschuldnerin R-GmbH entsprochen, wäre mangels verbliebener Abgabenschuld der vorbezeichneten Gesellschaft auch jegliche Haftung des Beschwerdeführers hinfällig geworden.

Die belangte Behörde hätte daher bei ordnungsgemäßer Ermessensübung gemäß § 20 BAO von der Geltendmachung einer persönlichen Haftung des Beschwerdeführers für Abgabenschulden der R-GmbH Abstand nehmen müssen; in eventu die Haftung des Beschwerdeführers für die gegenständlichen Abgabenschuldigkeiten im Sinne einer Mitverschuldensteilung lediglich für geringere Beträge aussprechen dürfen, als sie es mit dem angefochtenen Haftungsbescheid getan hat.

Zum anderen kommt die in § 74 Abs. 2 AbgEO normierte Legitimation zur Erhebung einer Schadenersatzforderung infolge Säumnis bei der Betreibung einer zur Einziehung überwiesenen Forderung nicht nur dem eigentlichen Abgabenschuldner, sondern auch jedem Solidarschuldner zu, der gemeinsam mit dem eigentlichen Abgabenschuldner haftet; denn auch bei diesem Solidarschuldner realisiert sich durch das Fehlverhalten des Überweisungsgläubigers ein identer Schaden wie beim eigentlichen Abgabenschuldner.

Der Beschwerdeführer wendet daher hiermit aushilfsweise ausdrücklich eine Schadenersatzforderung in Höhe von € 128.572,76 infolge der unterbliebenen Forderungsbetreibung seitens der Republik Österreich gegenüber Herrn CZ als Rechnungsschuldner der R-GmbH gegen die ihm gegenüber mit dem angefochtenen Haftungsbescheid geltend gemachten Abgabenforderungen aufrechnungsweise ein.

Zusammenfassend wurde sohin aus den vorstehend dargelegten Gründen mit dem angefochtenen Haftungsbescheid zu Unrecht die Haftung des Beschwerdeführers für Abgabenschuldigkeiten der R-GmbH ausgesprochen.

3.2) Die mit dem angefochtenen Haftungsbescheid der belangten Behörde ausgesprochene Haftung des Beschwerdeführers für einen vermeintlichen Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für das Kalenderjahr 2011 in Höhe von € 4.548,29 ist darüber hinaus auch deshalb unberechtigt, da tatsächlich gar kein Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für das Kalenderjahr 2011 unberichtigt aushaftet und da darüber hinaus dem im Finanzstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer ergangenen Erkenntnis des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom auch gar kein Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für das Kalenderjahr 2011 zugrunde liegt.

Die belangte Behörde hätte daher auch aus diesem Grund insoweit keine Haftung des Beschwerdeführers geltend machen dürfen.

4) Beweisanträge:

Zum Beweis dafür, dass die von der belangten Behörde gepfändete und an die Republik Österreich zur Einziehung überwiesene Werklohnforderung der R-GmbH gegenüber Herrn CZ € 128.572,76 beträgt, legt der Beschwerdeführer in der Anlage die betreffende Schlussrechnung der R-GmbH an Herrn CZ vom zur Nr. 007/2013 vor.

5) Beschwerdeanträge:

Aus den oben dargelegten Gründen stellt der Beschwerdeführer demzufolge die Anträge,

1) gemäß § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchzuführen; sowie

2) a) gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden und den angefochtenen Haftungsbescheid der belangten Behörde ersatzlos zu beheben; in eventu

2) b) gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden und den angefochtenen Haftungsbescheid der belangten Behörde dahingehend abzuändern, dass die Haftung des Beschwerdeführers lediglich für geringere Beträge geltend gemacht bzw. ausgesprochen wird, als dies mit dem angefochtenen Haftungsbescheid erfolgt ist;

2) c) den angefochtenen Haftungsbescheid der belangten Behörde gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidungsfindung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte zur Begründung aus:

„Gem. § 11 BAO haften bei vorsätzlichen Finanzvergehen rechtskräftig verurteilte Täter und andere an der Tat Beteiligte für den Betrag um den die Abgaben verkürzt wurden.

Einzige Tatbestandsvoraussetzung der Haftungsbestimmung des § 11 BAO ist die rechtskräftige Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens.

Im gegenständlichen Fall wurde Herr GT mit Erkenntnis des Finanzamtes 9/18/19 Klosterneuburg vom zu einer Geldstrafe von € 4800,00 sowie zu einer Ersatzfreiheitsstrafe im Falle der Uneinbringlichkeit von 12 Tagen verurteilt, da er als verantwortlicher Geschäftsführer der R-GmbH vorsätzlich Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 01/2012 in Höhe von € 3.929,45, Umsatzsteuer 02/2012 in Höhe von € 8.261,61, Umsatzsteuer 03/2012 in Höhe von € 3.248,95 und Umsatzsteuer 05/2012 in Höhe von € 706,31 sowie Lohnsteuern für 01/2009 - 12/2011 in Höhe von € 15.020,94 und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfond für Familienbeihilfen samt Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen für 01/2009 - 12/2001 in Höhe von € 15.406,79 nicht spätestens am 5. Tage nach jeweils eingetretener Fälligkeit entrichtet und dadurch eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1lit. a FinStrG begangen hat.

Die Zustellung erfolgte am durch Übernahme des Erkenntnisses. Auf ein Rechtsmittel wurde verzichtet.

Die Voraussetzung für eine Haftungsinanspruchnahme gem. § 11 BAO ist daher zweifelsfrei erfüllt, zumal ohnehin die finanzstrafbehördliche Verurteilung und deren Rechtskraft nicht in Streit stehen.

In der Beschwerde wurde vom Beschwerdeführer vertreten durch PP, DG, Rechtsanwälte, vorgebracht, dass die R-GmbH über Auftrag von CZ für ihn beim Bauvorhaben Adr2, Werkleistungen im Leistungszeitraum Juni 2009 bis März 2012 erbracht habe. Den der R-GmbH dafür gebührenden offenen Werklohn habe die belangte Behörde mit Bescheid vom im Rahmen eines gegen die R-GmbH geführten Abgabenexekutionsverfahrens zur Hereinbringung der Abgabenschuldigkeiten der vorgenannten Gesellschaft gepfändet und der Republik Österreich zur Einziehung überwiesen. Diese gepfändete Werklohnforderung der R-GmbH sei gemäß der Schlussrechnung Nr. 007/2013 vom mit € 128.572,76 beziffert.

Aufgrund der vorgenannten Forderungspfändung sei es dem Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der R-GmbH verwehrt gewesen, seinerseits die offene Werklohnforderung der R-GmbH gegenüber dem Rechnungsschuldner CZ zu betreiben, da zu dieser Betreibung infolge der Forderungspfändung ausschließlich die belangte Behörde bzw. die Republik Österreich aktivlegitimiert sei. Die belangte Behörde bzw. die Republik Österreich habe jedoch die gepfändete und an sie zur Einziehung überwiesene Forderung gegenüber dem Rechnungsschuldner CZ nicht betrieben, sodass die offene Werklohnforderung der R-GmbH in Kürze - und zwar im März 2015 - verjähren wird.

Die von der belangten Behörde gepfändete und an sie bzw. die Republik Österreich zur Einziehung überwiesene Werklohnforderung der R-GmbH gegenüber Herrn CZ decke der Höhe nach die Abgabenschuldigkeiten der R-GmbH - sohin einschließlich jener, die dem Erkenntnis des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , das im Finanzstrafverfahren gegenüber dem Beschwerdeführer ergangen ist, zugrunde liegen - zur Gänze ab.

Dem ist vom Finanzamt zu entgegnen, dass am ein Bescheid - Pfändung einer Geldforderung in Höhe von € 59.930,33 und ein Bescheid - Überweisung einer Geldforderung für die gepfändete Geldforderung in Höhe von € 59.930,33 an den Drittschuldner C-GmbH ergangen ist.

In der Drittschuldnererklärung wurde dem Finanzamt bekanntgegeben, dass keine offene Verbindlichkeit gegenüber der R-GmbH besteht. Im Konkursverfahren, welches am eröffnet wurde, wurde auch kein Absonderungsrecht geltend gemacht. Der Masseverwalter hätte also durchaus die Forderung betreiben können.

Da die Abgaben jedoch bis heute im angeführten Ausmaß nicht abgeführt wurden, steht der Haftungsinanspruchnahme nichts entgegen.

Weiters wurde in der Beschwerde vom Beschwerdeführer vertreten durch PP, DG, Rechtsanwälte, vorgebracht, dass im Haftungsbescheid ein Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag in Höhe von € 4.548, 29 angeführt wurde, obwohl ein Dienstgeberbeitrag für das Kalenderjahr 2011 in Höhe von € 4.548,29 unberichtigt aushaftet.

Vom Finanzamt wird dazu festgehalten, dass es sich dabei um einen Tipp- bzw. Abschreibfehler beim Ausstellen des Haftungbescheides handelt. Richtigerweise ist noch ein Dienstgeberbeitrag 2011 in Höhe von € 4.548,29 offen.

Im Rahmen der Ermessensübung gem. § 20 BAO ist im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, dass die haftungsverfangenen Abgabenverbindlichkeiten bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden können, weil das mit Beschluss des Gs vom Da1 über das Vermögen der R-GmbH eröffnete Konkursverfahren nach Schlussverteilung am Da2 aufgehoben wurde“.

Mit Vorlageantrag vom stellte der Bf den Antrag auf Entscheidung über seine Bescheidbeschwerde vom durch das Bundesfinanzgericht.

In der Beschwerdeverhandlung verwies der Bf auf seine bisherigen Schriftsätze im Rechtsmittelverfahren und führte ergänzend aus:

"Ein Absonderungsrecht muss im Insolvenzverfahren nicht geltend gemacht werden. Dies sieht die Insolvenzordnung nicht vor. Es besteht somit unabhängig davon, ob es angemeldet wird oder nicht. Dem Insolvenzverwalter war es aufgrund der Forderungspfändung demzufolge sehr wohl verwehrt, die betreffende Werklohnforderung zu betreiben. Zum Beweis dafür lege ich den Schlussbericht des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren vor, worin er ausdrücklich ausgeführt hat, dass die Forderung deshalb nicht einbringlich ist, weil sie vom Finanzamt anfechtungsfest gepfändet worden war. Darüber hinaus entbindet die Erklärung des Mitschuldners, dass er nichts schulde, den Überweisungsgläubiger nicht von seiner Verpflichtung, die Forderung zu betreiben. Er muss sie entweder gerichtlich durchsetzen oder sein Pfandrecht auflassen, sofern die Forderung nicht offenkundig unberechtigt ist.

Was schließlich den Einwand der belangten Behörde anbelangt, dass es sich bei der Bezeichnung der Abgabenposition Dienstgeberbeiträge bzw. Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag lediglich um einen Tippfehler gehandelt habe, wird darauf verwiesen, dass es eben einen materiellen Unterschied macht, ob ein Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag oder ein Dienstgeberbeitrag in Haftung gezogen wird, sodass eine diesbezügliche Verwechslung nicht als bloßer Schreibfehler zu werten ist. Aus diesen Gründen ersuche ich daher das BFG, der Beschwerde Folge zu geben.

Auch wenn die Rechnungslegung im März 2013 erst nach Ergehen des Pfändungsbescheides am erfolgt sei, sei der Bf aufgrund des Schlussberichtes des Insolvenzverwalters davon ausgegangen, dass der Insolvenzverwalter die Pfändung geprüft habe, zumal auf Seite 5 des Schlussberichtes ausgeführt werde, dass eine Forderung gegen einen Hrn. CZ nicht einbringlich sei, zumal die Forderung vom FA anfechtungsfest gepfändet worden sei.

Der Grundauftrag des CZ an die R-GmbH wurde als Pauschalauftrag vergeben, sodass es für den Eintritt der Fälligkeit der Forderung nicht der Rechnungslegung bedarf. Darüber hinaus muss davon ausgegangen werden, dass der Insolvenzverwalter entsprechend den zugewiesenen Aufgaben die Frage einer wirksamen Pfändung geprüft hat. Aus den vorgenannten Umständen geht der Bf sohin sehr wohl von einer erfolgten Forderungspfändung aus.

Der Bauherr CZ war bei gegenständicher Angelegenheit durch die C-GmbH vertreten, wie bereits im Auftragsschreiben vom dokumentiert ist. Eben aus diesem Grund hat das FA die Pfändung an die C-GmbH als Vertreter übermittelt. Dem FA z.Hd. des Hrn. H war vom Bf bereits mit Mail vom die Auftragsunterlagen übersandt worden, damit das FA über die maßgeblichen Daten auf Auftraggeberseite verfügt. Ich habe das Mail mit.

Die angeführten Gegenforderungen des CZ sind unberechtigt. Es ist auch leider keineswegs unüblich,  dass gerade dann, wenn der Auftraggeber in Konkurs verfällt, vom zahlungspflichtigen Auftraggeber Mängel und Gegenforderungen erhoben werden, die nicht berechtigt sind bzw. überzogen sind. Ein plastisches Beispiel ist, dass hier Ersatzvornahmekosten in Höhe von € 15.000,00 netto bezüglich der Elektroinstallation eingewandt wurden, wobei die Elektroinstallation nicht einmal auftragsgegenständlich war. Das Vorbringen des Auftraggebers CZ in seiner Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren erschöpft sich in einer einseitigen Tabelle, die nicht inhaltlich substantiert bzw. konkretisiert ist. Z.B. wird hier angeführt der Mehraufwand der örtlichen Bauaufsicht aufgrund irregulärer Gebahrung der R-GmbH ohne anzugeben, worin das irreguläre Verhalten bestanden haben soll, oder auch Mehraufwand Architekt ohne weiteren Kommentar. Allein für diese zwei Positionen hat CZ netto € 30.000,00 veranschlagt.

Die Forderung in Höhe von 128.572,76 Euro ist mittlerweile verjährt."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 11 BAO haften bei vorsätzlichen Finanzvergehen und bei vorsätzlicher Verletzung von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden haften rechtskräftig verurteilte Täter und andere an der Tat Beteiligte für den Betrag, um den die Abgaben verkürzt wurden.

Die Haftung gemäß § 11 BAO setzt eine rechtskräftige Verurteilung wegen eines Vorsatzdeliktes im verwaltungsbehördlichen bzw. gerichtlichen Finanzstrafverfahren voraus (vgl. ).

Die Haftung nach § 11 BAO ist keine Ausfallshaftung, sondern eine uneingeschränkte Primärhaftung, die an die Bestrafung anknüpft. Der rechtskräftige Bescheid oder das rechtskräftige Urteil hat somit Tatbestandswirkung (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, S. 144).

Unbestritten ist, dass der Bf mit Erkenntnis des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom für schuldig erkannt wurde, er habe vorsätzlich als Geschäftsführer und somit abgabenrechtlich Verantwortlicher der R-GmbH Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 01/2012 in Höhe von € 3.929,45, an Umsatzsteuer für 02/2012 in Höhe von € 8.261,61, an Umsatzsteuer für 03/2012 in Höhe von € 3.248,95 und an Umsatzsteuer für 05/2012 in Höhe von € 706,31 sowie Lohnsteuern für 01/2009 bis 12/2011 in Höhe von € 15.020,94 und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfond für Familienbeihilfen für 01/2009 bis 12/2011 in Höhe von € 14.616,07 sowie Zuschläge zu diesen Dienstgeberbeiträgen für 01/2009 bis 12/2010 in Höhe von € 790,72 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit abgeführt bzw. entrichtet und dadurch eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen; der Bf wurde wegen dieses Finanzvergehens zu einer Geldstrafe von € 4.800,00 verurteilt.

Der Bestreitung der Haftungsinanspruchnahme aus dem Grunde, dass die belangte Behörde mit Bescheid vom die offene Werklohnforderung der R-GmbH gegenüber Herrn CZ gepfändet und an die Republik Österreich zur Einziehung überwiesen habe, es jedoch trotz Verpflichtung zu einer ordnungsgemäßen Betreibung unterlassen habe, die Forderung zu betreiben, sodass durch diese Forderungsbetreibung die Abgabenschuldigkeiten der R-GmbH zur Gänze abgedeckt worden wären und mangels einer Abgabenschuld der Gesellschaft auch jegliche Haftung des Bf gegenstandslos geworden wäre, wurde bereits mit Beschwerdevorentscheidung vom entgegen gehalten, dass dem Finanzamt in der Drittschuldnererklärung bekanntgegeben wurde, dass keine offene Verbindlichkeit gegenüber der R-GmbH besteht und im Konkursverfahren, welches am eröffnet wurde, auch kein Absonderungsrecht geltend gemacht wurde, sodass der Masseverwalter also durchaus die Forderung hätte betreiben können, ohne dass der Bf dem im Vorlageantrag etwas entgegnet hätte.

Der Einwand in der mündlichen Verhandlung, dass ein Absonderungsrecht im Insolvenzverfahren nicht geltend gemacht werden muss, ist zwar zutreffend, übersieht jedoch, dass Absonderungsberechtigte lediglich einen Anspruch auf bevorzugte Befriedigung aus einem bestimmten Massegegenstand haben, der Masseverwalter auch berechtigt ist, auch die Gegenstände, an denen Absonderungsansprüche bestehen, zu verwerten und der Überschuss sehr wohl in die Konkursmasse fällt (§ 48 IO) und im Rahmen des Verteilungsverfahrens nach der KO verteilt wird.

Die Forderung gegenüber Herrn CZ wurde im Konkursverfahren offensichtlich sehr wohl geltend gemacht, zumal CZ laut vorgelegten Schlussbericht Gegenforderungen (ON 19-rot) eingewendet und im Konkursverfahren zur Anmeldung gebracht hat.

Die – zur Begründung der Uneinbringlichkeit der Forderung erwähnte - anfechtungsfeste Pfändung der Forderung durch das Finanzamt bezieht sich lediglich auf einen Betrag von laut Pfändungsbescheid vom in Höhe von € 59.930,33, sodass bei der behaupteten Höhe der Forderung von € 128.572,76 ein in die Konkursmasse fallender Überschuss verblieben wäre.

Laut Beschwerdevorentscheidung erging am ein Bescheid - Pfändung einer Geldforderung in Höhe von € 59.930,33 und ein Bescheid - Überweisung einer Geldforderung für die gepfändete Geldforderung in Höhe von € 59.930,33 an den Drittschuldner C-GmbH.

Auch in der Drittschuldnererklärung wurde dem Finanzamt bekanntgegeben, dass keine offene Verbindlichkeit der C-GmbH gegenüber der R-GmbH besteht.

Abgesehen davon, dass die behauptete Pfändung der Werklohnforderung in Höhe von € 128.572,76 der R-GmbH gegenüber dem Rechnungsschuldner CZ aufgrund eines anderen Bescheidadressaten somit schon zweifelhaft erscheint, wurden die haftungsgegenständlichen Abgaben erst mit Bescheiden vom festgesetzt, sodass sie auch nicht in dem der Forderungspfändung vom zugrunde liegenden Rückstand enthalten sein konnten. Absonderungsansprüche zugunsten der haftungsgegenständlichen Abgaben bestanden im Konkursverfahren über das Vermögen der R-GmbH daher keinesfalls.

Es kann somit keine Rede davon sein, dass die gänzliche Abdeckung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten aus Eigenverantwortlichkeit der belangten Behörde unterblieben ist, weil sie ihrer Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Betreibung der gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Werklohnforderung der eigentlichen Abgabenschuldnerin R-GmbH nicht entsprochen hat.

Vielmehr ist das Unterbleiben der gänzlichen Abdeckung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten wohl auf das mit Erkenntnis des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom sanktionierte vorsätzliche Verhalten der Nichtentrichtung als verantwortlicher Geschäftsführer der R-GmbH nach jeweils eingetretener Fälligkeit zurückzuführen, sodass sich auch die Meinung des Bf, dass die belangte Behörde im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 20 BAO hätte berücksichtigen müssen, dass die Abdeckung dieser Abgabenschuldigkeiten aus Eigenverantwortlichkeit der belangten Behörde unterblieben sei, als unzutreffend erweist.

Zudem wird mit dem Vorwurf, dass die Behörde trotz einer möglichen Einbringung keine Einbringungsschritte gesetzt habe, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () e in Ermessensfehler nicht aufgezeigt, zumal es sich bei den in Rede stehenden Abgaben um Selbstbemessungsabgaben handelt, welche ohne Zutun der Behörde zu entrichten gewesen wären.

Im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 20 BAO ist im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, dass die haftungsverfangenen Abgabenverbindlichkeiten bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden können, weil das mit Beschluss des Gs vom Da1 über das Vermögen der R-GmbH eröffnete Konkursverfahren nach Schlussverteilung am Da2 aufgehoben wurde.

Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren. Laut Aktenlage war der Bf der einzige in Betracht kommende Haftende und können diese Abgabenschulden bei der Gesellschaft nicht mehr eingebracht werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist die Behörde daher in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens nicht rechtswidrig vorgegangen.

lm gegenständlichen Fall war daher dem Interesse der Allgemeinheit an der Abgabeneinbringung (Zweckmäßigkeitserwägung) zweifelsfrei gegenüber dem Interesse des Bf, nicht zur Haftung in Anspruch genommen zu werden (Billigkeitserwägung), der Vorzug zu geben.

Berechtigt ist allerdings der Einwand, dass im Haftungsbescheid ein Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2011 in Höhe von € 4.548,29 angeführt wurde, obwohl ein Dienstgeberbeitrag für das Kalenderjahr 2011 in Höhe von € 4.548,29 unberichtigt aushaftet.

Damit wurde der Bf zu Unrecht für eine nicht aushaftende Abgabe in Anspruch genommen, wobei es nicht von Bedeutung ist, ob es sich dabei um einen Tipp- bzw. Abschreibfehler beim Ausstellen des Haftungbescheides handelt.

Ein Auseinanderklaffen von Bescheidabsicht und formeller Erklärung des Bescheidwillens ist gemäß § 293 BAO zu berichtigen (v gl. ). Ein solcher Bescheid wurde laut Aktenlage jedoch nicht erlassen.

Für den laut Abgabenbehörde noch aushaftenden Dienstgeberbeitrag 2011 in Höhe von € 4.548,29 wurde der Bf mit Haftungsbescheid nicht in Anspruch genommen, daher war der Beschwerde hinsichtlich dieses Betrages stattzugeben.

Auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 11 BAO erfolgte die Inanspruchnahme des Bf für die laut Kontoabfrage vom nach wie vor unberichtigt aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der R-GmbH im Ausmaß von € 38.251,86 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 11 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7100021.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at