Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.12.2017, RV/2101043/2016

Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adr., vertreten durch Schachner & Partner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG, Rechbauerstraße 31, 8010 Graz , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 des Beschwerdeführers (Bf.) sind steuerpflichtige Bezüge (KZ 245) in Höhe von 206.134,39 € angeführt, es wurden Kinderfreibeträge für drei Kinder und der Alleinverdienerabsetzbetrag gewährt. In der Begründung des Bescheides wurde auszugsweise ausgeführt, dass die Übersiedlung nach Graz am nicht beruflich veranlasst sei und die beantragten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung keine Werbungskosten iSd § 16 EStG 1988 darstellen würden, da bisher der Lebensmittelpunkt und Familienwohnsitz und auch die Arbeitsstätte des Bf. in Wien gewesen seien und weiterhin die Dienststelle in Wien beibehalten worden sei.

Dagegen erhob die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers fristgerecht die Beschwerde mit der Begründung, dass in der Arbeitnehmerveranlagung 2013 des Bf. Kosten für doppelte Haushaltsführung von 4.586,01 € geltend gemacht worden seien. Nach der geltenden Rechtsprechung sei eine doppelte Haushaltsführung dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Begründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist. Der Bf. sei gezwungen gewesen den Familienwohnsitz zu verlegen, da er durch die Aufnahme einer neuen Position im Unternehmen, welche mit 40 – 50% Reisetätigkeit verbunden sei, seinen Anteil an Betreuung und Erziehung der Kinder  (der Bf. sei Vater dreier Kinder im Alter von derzeit 7 bis 12 Jahren) im gemeinsamen Haushalt nicht mehr gewährleisten habe können. Erst durch den Umzug nach Graz, wo sowohl der Bf. wie auch seine Gattin nahe Verwandte hätten, die sich bereit erklärt hätten, die Kinderbetreuungsaufgaben des Bf. zu übernehmen, sei es dem Bf. möglich gewesen, die angebotene Position im Unternehmen anzunehmen bzw. überhaupt die Beschäftigungsstelle zu erhalten.
Zur Bekräftigung seines Standpunktes verwies der Bf. auf die Entscheidung des , in Anlehnung an des Erkenntnis des , wonach es für die steuerliche Beurteilung keinen Unterschied machen könne, ob der objektiv gewichtige Grund für eine anzuerkennende doppelte Haushaltsführung bei einem bereits bestehenden, vom Arbeitsplatz entfernten Familienwohnsitz vorliegt oder dieser Grund erst zu einer Verlegung des Familienwohnsitzes weg vom Arbeitsplatz führt.

In der Folge wurde der Bf. vom Finanzamt ersucht, den Mietvertrag für die Wohnung am Dienstort sowie die Zahlungsbelege für die Miete nachzureichen.

In einer Ergänzung zur Beschwerde führte die steuerliche Vertretung des Bf. aus, dass die neue Tätigkeit nicht nur eine finanzielle Besserstellung mit sich gebracht habe, sondern auch eine massive Reisetätigkeit, der Bf. verbringe ca. die Hälfte jeder Woche auf Geschäftsreise im Ausland, wo ihm die tägliche Rückkehr zur Familie nicht möglich sei. Aus diesem Grund habe er Nachteile für die gesamte Familiensituation, vor allem für die Erziehung der drei schulpflichtigen Kinder, zumal seine Gattin auch einer Teilzeitbeschäftigung nachgehe, befürchtet. Somit sei die Entscheidung, die angebotene Position im Unternehmen anzunehmen, daran gekoppelt gewesen, den Familienwohnsitz nach Graz zu verlegen, damit die Unterstützung naher Angehöriger und das Aufwachsen der Kinder im Familienverband gewährleistet seien.
Die Familie sei aber auch deshalb nach Graz übersiedelt, weil die Schwiegermutter des Bf. nach dem Tod des Schwiegervaters vor drei Jahren, allein lebe und er dies auf Grund ihres fortgeschrittenen Alters und krankheitsbedingt (mehrere Schlaganfälle) nicht weiter verantworten habe können. Deshalb habe die Familie des Bf. den Wohnsitz in die unmittelbare Nähe der Mutter / Schwiegermutter verlegt und sei auch geplant, sie im Falle von künftiger Pflegebedürftigkeit aufzunehmen.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Wegverlegung des Familienwohnsitzes an einen auswärtigen Ort keine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung begründe. Die Betreuung der Kinder durch Familienangehörige könne auf Grund des hohen Familieneinkommens durch den Kindesvater, dem breitgefächerten Betreuungsangebot in Österreich und dem Umstand, dass die Kindesmutter in Graz einer Beschäftigung nachgehe, nicht als zwangsläufig angesehen werden.

Daraufhin stellte die steuerliche Vertretung des Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ohne zusätzliche Begründung.

Das Bundesfinanzgericht traf nach weiteren durchgeführten Ermittlungen folgende Feststellungen:
Der Bf. und seine Ehegattin hatten vor ihrer Übersiedlung nach Graz vom bis ihren Hauptwohnsitz in Adr1, seit hat der Bf. einen Nebenwohnsitz in Adr2 (Einsichtnahme im Zentralen Melderegister).
Die Höhe der steuerpflichtigen Bezüge (KZ 245) des Bf. in den Jahren betrugen:


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2010
209.738,78 €
2011
218.166,48 €
2012
192.402,20 €
2013
206.134,39 €
2014
205.060,82 €
2015
212.932,29 €
2016
220.153,02 €

Das Ergänzungsersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom an die steuerliche Vertretung des Bf. blieb vorerst unbeantwortet. Das Bundesfinanzgericht ersuchte, um im gegenständlichen Fall beurteilen zu können, ob die geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung tatsächlich Werbungskosten iSd § 16 EStG 1988 darstellen, folgende Fragen zu beantworten bzw. die geforderten Unterlagen vollständig und in Kopie vorzulegen:
„- Ab wann wurde von Ihnen die in der Beschwerde angeführte, neue Position im Unternehmen Ihres Arbeitgebers aufgenommen? Vorlage von Arbeitsplatzbeschreibungen durch den Arbeitgeber über die "alte" und die "neue" Position im Unternehmen und Vorlage der jeweiligen Dienstverträge in diesem Zusammenhang
- Aufstellung der Dienstreisen im Jahr 2013 durch Ihren Arbeitgeber mit Datum, Dauer und Ortsangabe
- Bekanntgabe des genauen Alters der drei Kinder im Kalenderjahr 2013
- Bekanntgabe des Berufes der Ehegattin
- Ging Ihre Ehegattin in den letzten fünf Jahren vor der Übersiedlung nach Graz einer (Teilzeit-)Beschäftigung nach? Wenn ja, genaue Angaben darüber und wie hoch waren die jährlichen Einkünfte?
- Wie viele Wochenstunden arbeitete Ihre Ehegattin im Jahr 2013 bei der FH X GmbH in Graz und wann waren damals ihre Arbeitszeiten? Vorlage von Nachweisen
- Vorlage des Mietvertrages über die Wohnung Adr.2, und Zahlungsnachweise für die Mieten im Jahr 2013.
- Steht / Stand die Wohnung Adr.1, in Ihrem Eigentum? Wurde diese von Ihnen nach der Übersiedlung Ihrer Familie verkauft oder vermietet? Vorlage des Kauf- bzw. Mietvertrages
- Angabe des Namens, der Adresse und des Geburtsdatums Ihrer Schwiegermutter.
War Ihre Schwiegermutter im Jahr 2013 pflegebedürftig? Wenn ja, Vorlage eines geeigneten Nachweises (Pflegegeldbescheid, Befunde, etc.).“

Nach Zustellung der Ladungen zur mündlichen Verhandlung teilte die steuerliche Vertretung des Bf. telefonisch mit, dass die Beantwortung des Ergänzungsersuchens übersehen wurde und teilte in der Folge mit Schriftsatz vom mit, das der Bf. die aktuelle Position bei der Arbeitgeber seit April 2017 bekleide. In der Beilage des Schreibens findet sich eine undatierte Arbeitsplatzbeschreibung in englischer Sprache für die Position eines „Senior Director – Capabilities and Operations / Chief of Staff“, ohne Bezug zum Bf.. Aus dem ebenfalls beigelegten Lebenslauf des Bf., ebenfalls in englischer Sprache, geht hervor, dass er die zuletzt genannte Funktion ab April 2017 ausübe. Im Zeitraum 1/2010 bis 4/2013 habe er die Funktion „Business Unit Director Diabetes, Austria & Switzerland“ und im Zeitraum 5/2013 bis 9/2016 „Global Marketing Director ……. located at Ingelheim Germany“ ausgeübt. Aus dem Dienstvertrag vom , der seitdem unverändert bestehe, ergibt sich auszugsweise, dass der Bf. als „Director Sales“ beschäftigt worden sei, der gewöhnliche Dienstort Wien sei und dem Bf. ein permanenter Reisekostenvorschuss von 1.500 € gewährt werde, der gegen die anfallenden Reisespesen abzurechnen sei. In der beiliegenden Aufstellung des Bf. über seine Dienstreisen im Jahr 2013 (nicht vom Dienstgeber verfasst) sind 25 Dienstreisen angegeben, wobei im ersten Halbjahr mehrmals Genf und Zürich in der Schweiz bzw. Frankfurt in Deutschland mit einer Reisedauer von zwei bis fünf Tagen (insgesamt 32 Tage im ersten Halbjahr 2013) und im zweiten Halbjahr neben Frankfurt (3-4 Tage) und 1 x London (2 Tage) auch 1 x Panama (6 Tage), 2 x New York (5 bzw. 8 Tage) und 1 x Los Angeles (12 Tage), (insgesamt 58 Tage im zweiten Halbjahr 2013), aufscheinen.
Weiters wurde angegeben, dass die Geburtsdaten seiner drei Kinder am xx.xx..2002, am yy.yy..2006 und am zz.zz..2007 seien und der Beruf seiner Ehegattin Chemikerin sei, sie sich von 11/2005 bis 3/2010 in Karenz befand, von 4/2010 bis 8/2010 zu 50% teilzeitbeschäftigt gewesen sei mit einem Jahresbruttogehalt von 15.000 € und von 9/2010 bis 9/2013 keiner Beschäftigung nachgegangen sei. Aus dem beigelegten Lehrauftrag der Ehegattin des Bf. ist ersichtlich, dass sie für das Wintersemester 2013/2014 bei der FH X. GmbH in Graz drei Wochenstunden (1 Vormittag/Woche) beschäftigt gewesen sei, ein Honorar von 3.600 € / Semester bezogen habe und die Tätigkeit im Rahmen dieses Lehrauftrages eine nebenberufliche sei. Aus den Abrechnungen für den Lehrauftrag der Ehegattin für den Zeitraum 9/2013 bis 12/2013 ergibt sich ein monatliches Honorar von 600 € brutto.
Zusätzlich wurde vom Bf. angegeben, dass die Wohnung Adr.1, mit einer Nutzfläche von 132,77 m² mit beigelegtem Kaufvertrag vom verkauft worden und die Übergabe an die Käufer im August 2013 erfolgt sei.
Bezüglich der ab vom Bf. gemieteten Wohnung Adr.2, wurde der Mietvertrag vom , die Honorarnote in Höhe von 240 € und die Provisionsnote von 1382,71 € der Immobilienverwaltung, je vom , die monatliche Mietvorschreibung vom in Höhe von 633,74 € mit Zahlungsnachweis sowie die Zahlungsnachweise für die Monatsmieten von 6/2013 bis 12/2013 von je 633,74 € vorgelegt.
Abschließend wurde ausgeführt, dass die Schwiegermutter des Bf. am yy.yy..1939 geboren und an der Adresse Adr3 wohnhaft sei. Sie habe ihren ersten Schlaganfall im Januar 2003 gehabt, nach ihrem zweiten Schlaganfall im Februar 2009 sei sie vier Monate auf Rehabilitation gewesen. Im Juni 2017 habe sie im Rahmen einer Operation einen Bypass gesetzt bekommen, sie sei aktuell pflegebedürftig.

Mit Schriftsatz vom verzichtete die steuerliche Vertretung des Bf. auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung und das Beschwerdeverfahren wurde um die Aufwendungen für die Familienheimfahrten ergänzt. Der Bf. sei durchschnittlich einmal in der Woche nach Hause gefahren, das höchstmögliche Pendlerpauschale im Jahr 2013 betrage 2448 € für 8 Monate.

Mit Schriftsatz vom übermittelte die steuerliche Vertretung des Bf. eine Stellungnahme der Hausärztin der Schwiegermutter des Bf. zu deren Gesundheitszustand mit drei Arztbriefen, aus denen sich ergebe, dass die Betreuung der Schwiegermutter in ärztlicher Hinsicht zu empfehlen wäre. Da durch die restliche Familie der Ehegattin des Bf. (Schwester) eine ausreichende Betreuung der Mutter / Schwiegermutter nicht möglich gewesen sei, sei die Betreuung nur durch den Umzug nach Graz gewährleistet gewesen.
In der ärztlichen Stellungnahme der Hausärztin vom wird ausgeführt: „Frau A [Schwiegermutter des Bf.] wird in meiner Ordination seit Mai 2011 betreut. Sie lebt alleine. Seit dem Ableben des Ehemannes im Jahre 2011 ist wegen der


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Diagnosen:
Zn Mediainsult links mit Lyse 2009
 
Zn Carotis TEA bds 2005
 
Zn TIA 2013
 
Zn CABG 5/2017
 
KHK III
 
arterieller Hypertonus

eine Betreuung und Unterstützung durch die Familienmitglieder sehr empfehlenswert.“
Lt. dem Arztbrief des LKH-Graz, Universitätsklinik für Neurologie, vom wurde die Schwiegermutter wegen eines Schlaganfalls vom bis stationär aufgenommen. Lt. dem Arztbrief des LKH-Graz, Universitätsklinik für Neurologie, vom wurde die Schwiegermutter wiederum wegen eines Schlaganfalls vom bis stationär aufgenommen. Lt. dem Arztbrief des LKH-Graz, Universitätsklinik für Chirurgie, vom wurde die Schwiegermutter wegen einer Operation (KHK III – koronare Herzkrankheit) vom bis stationär aufgenommen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die beantragten Kosten der doppelten Haushaltsführung in Höhe von 4.586,01 € und die Familienheimfahrten von 2448 € beruflich veranlasst sind und als Werbungskosten bei der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 berücksichtigt werden können.

Gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 idgF sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nach § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden. Dasselbe gilt nach Z 2 lit. a dieser Gesetzesbestimmung für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Insoweit danach Kosten für Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) abzugsfähig sind, werden sie in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 mit dem höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 angeführten Betrag begrenzt.

Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Als Arbeits-(Tätigkeits-)ort oder Beschäftigungsort ist nur jener Ort zu verstehen, der eine persönliche Anwesenheit zur Arbeitsleistung erfordert, sodass der Steuerpflichtige an diesem Ort wohnen muss. Familienwohnsitz ist nach der Rechtsprechung jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Person bildet ().

Die Beibehaltung der bisherigen Wohnung am Beschäftigungsort bei Verlegung des Familienwohnsitzes an einen auswärtigen Ort ist idR nicht beruflich veranlasst (Jakom/Lenneis, EStG, 2017, § 16 Rz 56).

Die doppelte Haushaltsführung ist dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Gründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist; eine berufliche Veranlassung in diesem Sinne liegt hingegen nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seinen Familienwohnsitz aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, wegverlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt (, ; , und ).

Die Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort des Abgabepflichtigen wegen der Aufnahme einer Beschäftigung des Ehegatten an einem anderen Ort ist nicht durch die Erwerbstätigkeit des Abgabepflichtigen veranlasst und führt deshalb nicht zu berücksichtigungsfähigen Werbungskosten (). Ein derartiger Fall kann nicht mit jenen Fällen verglichen werden, in denen die steuerlichen Folgen der Begründung eines weiteren Haushaltes am Ort der Beschäftigung des einen Ehepartners bei Beibehaltung des bisherigen Familienwohnsitzes am Beschäftigungsort des anderen Ehepartners zu beurteilen sind.

Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (; ; ). Die Gründe für die Beibehaltung sind daher jährlich von der Abgabenbehörde zu prüfen (s LStR 345a).
Die Beibehaltung der bisherigen Wohnung am Beschäftigungsort bei Verlegung des Familienwohnsitzes an einen auswärtigen Ort ist idR nicht beruflich veranlasst. Grundsätzlich ist in solchen Fällen von einer Wegverlegung des Mittelpunktes der Lebensinteressen an den Familienwohnsitz auszugehen, was zur Beendigung der doppelten Haushaltsführung führt. Wird aber erstmals ein gemeinsamer Familienwohnsitz am Beschäftigungsort des einen (Ehe)Partners gegründet und muss der andere (Ehe)Partner, weil er seine bisherige Erwerbstätigkeit beibehält, auch seinen bisherigen Wohnsitz außerhalb der üblichen Entfernung vom neuen Familienwohnsitz beibehalten, liegt ab diesem Zeitpunkt eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung vor (). Bei Prüfung der Zumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung wird der Eignung der Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort, dem Wohnbedürfnis Rechnung zu tragen, maßgeblich Bedeutung beigemessen ( mwN), (vgl. Jakom/Lenneis, EStG, 2017, § 16 Rz 56).

Für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung sprechende Gründe können sein (siehe auch LStR 345):
besonders gelagerte Pflegenotwendigkeit naher Angehöriger (; , 2006/13/0087), deren Mitübersiedlung unzumutbar ist (); die Pflegebedürftigkeit ist auch noch nach einer Scheidung anzuerkennen ();
eine teilweise Unterstützung der betagten Eltern durch die Kinder bei ihrer Haushalts- und Lebensführung an den Wochenenden, Feiertagen und im Urlaub entspringt jedoch dem familiären Beistandsgebot und bildet allein keine ausreichende Grundlage für die Begründung einer doppelten Haushaltsführung (), (vgl. Jakom/Lenneis, EStG, 2017, § 16 Rz 56).

Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen aus privaten Gründen außerhalb der üblichen Entfernung vom Arbeitsplatz, dann können die Aufwendungen für die Wohnung am Arbeitsplatz, die Verpflegungsmehraufwendungen sowie die Kosten für Familienheimfahrten steuerlich nicht berücksichtigt werden (; ).

Eine berufliche Veranlassung liegt grundsätzlich nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seine Familienwohnung aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, wegverlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt ( und vgl. auch Jakom/Baldauf EStG, 2017, § 20 Rz 90).

Familienheimfahrten sind die Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz, also zwischen zwei Wohnungen. Es liegt sohin ein Sachverhalt vor, der grundsätzlich in den Bereich der privaten Lebensführung zu verweisen wäre. Steuerlich absetzbar werden diese Kosten daher nur dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen, und nur insoweit, als den Steuerpflichtigen ein Mehraufwand trifft und die durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 gesetzte Begrenzung mit dem höchsten Pendlerpauschale nicht überschritten wird (vgl. Jakom/Lenneis, EStG, 2017, § 16 Rz 56 mit der dort zitierten Rechtsprechung).

In hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2008/15/0157, ausgesprochen:
„Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung", wie z. B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist. Wenn dem Arbeitnehmer Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist, sind die Mehraufwendungen Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988 (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 2002/15/0119).
Die doppelte Haushaltsführung ist dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Gründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist; eine berufliche Veranlassung in diesem Sinn liegt hingegen nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seine Familienwohnung aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, weg verlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt (vgl. mit weiterführenden Hinweisen das hg. Erkenntnis vom , 2006/14/0013).“

Im hier zu beurteilenden Fall ist der Dienstort und der bisherige Familienwohnsitz des Bf. in Wien gelegen, wo seine fünfköpfige Familie eine ausreichend große Wohnung mit einer Nutzfläche von rund 134 m² bewohnte. Die Wegverlegung des Familienwohnsitzes von Wien nach Graz im Jahr 2013 war nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht beruflich veranlasst. Der Bf. musste zwar ab Mitte des Jahres 2013 durch seine neue Position im Unternehmen vereinzelt auch längere Dienstreisen in die USA und nach Mittelamerika unternehmen, aber da er bereits davor regelmäßig mehrtägige Dienstreisen in Europa unternahm, sogar im Dienstvertrag seit 2006 ein Reisekostenvorschuss vereinbart worden ist, ist davon auszugehen, dass seine Familie das Familienleben auf die zwischenzeitigen Abwesenheiten des Bf. eingerichtet hat.
Dass er mit der neuen Position im Unternehmen höhere Einkünfte erzielte, lässt sich nicht verifizieren, da der Bf. bereits in den Jahren 2010 und 2011 höhere Einkünfte erzielte als in den Jahren 2013 oder 2014.
Seine Ehegattin ist seit September 2010 bis September 2013 keiner Beschäftigung nachgegangen und war im Streitjahr vom Oktober 2013 bis Dezember 2013 lediglich einen Vormittag in der Woche teilzeitbeschäftigt und erzielte daraus nur wirtschaftlich unbedeutende Einkünfte. Aus Sicht des Bundesfinanzgerichtes war somit die Betreuung der minderjährigen Kinder jedenfalls durch die Ehegattin des Bf., die auch die Mutter der Kinder ist, gewährleistet.

Die in der Beschwerde zitierte UFS-Entscheidung vom , RV/1752-W/12, in Anlehnung an das Erkenntnis des , ist mit dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar, da es sich in der UFS-Entscheidung um die Kosten der doppelten Haushaltsführung einer alleinerziehenden Mutter mit einem -minderjährigen Kind handelt, die mehrtägige Dienstreisen unternehmen muss bzw. im VwGH-Erkenntnis um einen verwitweten Vater mit vier minderjährigen Kindern. Im hier zu beurteilenden Fall ist der Bf. verheiratet und auch wenn er mehrtägige Dienstreisen unternehmen muss, ist seine Ehegattin, die Mutter der minderjährigen Kinder, nach ihrer Teilzeitbeschäftigung (ein Vormittag / Woche) anwesend, insbesondere während der Nachtstunden.

Das Vorbringen des Bf. nahe Angehörige in Graz könnten bei der Betreuung der Kinder unterstützend mitwirken ist widersprüchlich zum Vorbringen, dass durch die restliche Familie der Ehegattin des Bf. (Schwester) eine ausreichende Betreuung der Schwiegermutter des Bf. nicht möglich und deren Betreuung nur durch den Umzug der Familie des Bf. nach Graz gewährleistet gewesen sei. Weiters ist lt. der Stellungnahme der Hausärztin der Schwiegermutter des Bf. eine Betreuung und Unterstützung durch die Familienmitglieder zwar sehr empfehlenswert, dass aber eine notwendige Pflegebedürftigkeit der Schwiegermutter vorliege, konnte vom Bf. nicht nachgewiesen werden, ein Pflegegeldbescheid wurde nicht vorgelegt. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens ist auch nach Vorliegen mehrerer Schlaganfälle eines Patienten nach der Rehabilitation vom Bestehen besonders gelagerter Pflegenotwendigkeiten nicht zwingend auszugehen. Die Familie des Bf. wohnt auch nicht im gleichen Haushalt wie die Schwiegermutter des Bf.. Die Unterstützung der betagten Eltern durch die Kinder bei ihrer Haushalts- und Lebensführung entspringt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem familiären Beistandsgebot, somit konnte der Bf. auch in diesem Zusammenhang die berufliche Veranlassung der Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort weder glaubhaft machen noch nachweisen, sodass die beantragten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung und die Familienheimfahrten im Jahr 2013 nicht unter die Werbungskosten gemäß § 16 EStG 1988, sondern unter die Kosten für die private Lebensführung fallen.

Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Beschwerden wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis (einen Beschluss) des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur), ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

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