amtswegige Wiederaufnahme; außergewöhnliche Belastungen - Krankheitskosten- ärztliche Verordnung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende IBV und die weiteren Senatsmitglieder A, B und C in der Beschwerdesache Bf, abc, vertreten durch AGmbH, Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungsgesellschaft, xyz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2012 und gegen den wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheid 2012 des Finanzamtes jeweils vom nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf) bezog im Kalenderjahr 2012 – neben ausländischen Einkünften - für ihre Tätigkeit als Pharmareferentin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie bezog Einkünfte in der Höhe von € 3.748,67 von der D GmbH für den Zeitraum bis sowie Krankengeld von der E Gebietskrankenkasse. In der Zeit von bis erhielt sie Arbeitslosengeld.
Die Bf machte in ihrer Einkommensteuererklärung vom Reisekosten in der Höhe von € 280,75 und sonstige Werbungskosten in der Höhe von € 547,94 als Werbungskosten, Steuerberatungskosten in der Höhe von € 792,-- als Sonderausgaben sowie Krankheitskosten (inklusive Zahnersatz) in der Höhe von € 9.698,63 als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Die belangte Behörde erließ am den Einkommensteuerbescheid 2012 und ließ darin sämtliche beantragten Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen (unter Berücksichtigung eines Selbstbehaltes) zum Abzug zu.
In der Folge ersuchte die belangte Behörde die Bf am um die Vorlage von Nachweisen hinsichtlich der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen, wie z.B. eine Aufstellung der Zusammensetzung der einzelnen Positionen, und um die Vorlage der entsprechenden Belege. Zudem sollte die Bf in der Beantwortung des Ergänzungsersuchens anführen, ob sie für die beantragten Aufwendungen Kostenersätze erhalten habe.
In ihrer Beantwortung vom brachte die Bf vor, dass sie sich von September 2011 bis Dezember 2012 im Krankenstand befunden habe. Auf ärztliches Anraten bzw. aufgrund ärztlicher Verschreibung habe sie sich einer Rückengymnastik-Therapie anstatt einer Operation sowie einer Schmerzmedikamente-Therapie unterzogen. Des Weiteren sei aufgrund starker Beschwerden immer noch bzw. immer wieder mit langfristigen Krankenständen zu rechnen. Die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigenden Ausgaben für die zweiwöchentlichen Pilates-Trainingseinheiten seien daher notwendig, außergewöhnlich und zwangsläufig gewesen, um die Mobilität und Muskulatur aufzubauen sowie eine Schmerzreduktion bzw. eine Reduktion der Medikations-Therapie zu erreichen. Ein Trainer sei zudem notwendig gewesen, um sie in ihren Bewegungsabläufen zu kontrollieren. Ohne dieses Training hätte sie nicht wieder ins Berufsleben einsteigen können.
Zudem legte sie ihrer Vorbehaltsbeantwortung eine Aufstellung über die ihr durch die Krankenheilbehandlung entstandenen Kosten sowie sämtliche Belege bei.
Daraufhin prüfte die belangte Behörde die ihr vorgelegten Unterlagen, nahm am das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 2012 wieder auf und erließ einen neuen Einkommensteuerbescheid 2012.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens wurde im Wesentlichen damit begründet, dass anlässlich einer nachträglichen Prüfung der Erklärungsangaben der Bf die in der Begründung zum beiliegenden Einkommensteuerbescheid angeführten Tatsachen und/oder Beweismittel neu hervorgekommen seien. Diese würden nach Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen gemäß § 20 BAO eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs 1 BAO erfordern.
Im wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheid 2012 wurde ein Betrag in Höhe von € 4.946,63 als außergewöhnliche Belastungen vor Abzug des Selbstbehaltes (Selbstbehalt: € 2.868,45) angesetzt. Die Reduktion der außergewöhnlichen Belastungen wurde wie folgt begründet:
Als außergewöhnliche Belastung seien nur die Kosten für Heilbehandlung und Heilbetreuung absetzbar. Nicht abzugsfähig seien daher die Aufwendungen für die Vorbeugung vor Krankheiten sowie die Erhaltung der Gesundheit. Aufwendungen für Behandlungsleistungen durch nichtärztliches Personal seien grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wenn diese Leistungen ärztlich verschrieben oder die Kosten teilweise von der Sozialversicherung ersetzt würden. Demnach wären die Kosten für das Pilates-Training, die P samt Eintritt Freibad und die Massagekosten H nicht als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Insgesamt seien daher die Krankheitskosten um € 4.752,-- zu kürzen.
Die Bf erhob gegen den das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2012 wiederaufnehmenden Bescheid sowie gegen den wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheid 2012 mit Schriftsatz vom Bescheidbeschwerde, nachdem sie für beide Verfahren jeweils am um Fristverlängerung ersucht hatte. Sie brachte in der Beschwerde begründend vor, die nicht anerkannten Kosten seien außergewöhnlich und zwangsläufig erwachsen und würden wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bf beeinträchtigen. Die Bf habe sich von September 2011 bis Dezember 2012 im Krankenstand befunden und habe auch danach starke Beschwerden im Bewegungsapparat verspürt, weshalb auch danach immer wieder mit langen Krankenständen zu rechnen gewesen sei. Sie habe ihren Beruf nicht ausüben können, da sie nicht länger als ca. 1,5 Stunden stehen oder sitzen habe können. Aufgrund einer deutlichen Beschwerdezunahme und Anratens durch einen Arzt seien die Aufwendungen, welche ihre wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich beeinflusst hätten, notwendig, außergewöhnlich und zwangsläufig gewesen, um ihre Mobilität und Muskulatur aufzubauen sowie eine Schmerzreduktion bzw. eine Reduktion der Medikations-Therapie zu erreichen. Um wieder beruflich tätig werden zu können sowie eine tatsächliche Verbesserung zu erreichen, habe sie einen ihre Trainingsleistungen kontrollierenden Trainer benötigt. Diese Behandlungen habe sie durchgeführt, da dies ihr Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie im Arztbrief vom empfohlen habe.
Die Aufwendungen seien der Bf insbesondere zwangsläufig erwachsen, da die streitgegenständlichen Maßnahmen zur Behandlung, Heilung sowie Linderung der degenerativen Bewegungseinschränkungen nachweislich notwendig und auch Erfolg versprechend gewesen seien. Ein Arbeiten in ihrem Beruf wäre ohne dieses Training nicht möglich gewesen. Dies insbesondere, da der Bf ein längeres Sitzen und Stehen über 1,5 Stunden nicht möglich gewesen sei.
Die Notwendigkeit dieser Behandlung bzw. der Nachweis der Zwangsläufigkeit ergebe sich zudem aus dem ausgestellten ärztlichen Zeugnis des Dr. F, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Zudem könne aufgrund der vom Facharzt erstellten Diagnose sowie der schon seit über einen längeren Zeitraum laufenden ärztlichten Behandlung ausgeschlossen werden, dass die Bf diese ihre Lebensführung finanziell beeinträchtigenden Behandlungen aus Gründen der Wellness oder des Wohlbefindens aufgesucht habe. Diese nichtärztlichen Behandlungsleistungen in Höhe von € 4.752,-- seien demnach aufgrund eines ärztlichen Zeugnisses erfolgt, seien auch zur Behandlung der degenerativen Bewegungseinschränkungen notwendig gewesen und hätten die finanziellen Verhältnisse der Bf wesentlich beeinträchtigt.
Die Rechtswidrigkeit des Bescheides zur Wiederaufnahme des Verfahrens begründete sie damit, dass die belangte Behörde einen nicht geeigneten Wiederaufnahmegrund herangezogen und den Wiederaufnahmegrund nicht rechtskonform begründet habe.
Beantragt wurde zugleich die Entscheidung durch den Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Am wies die belangte Behörde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde gegen den wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheid 2012 ab. Darin begründet sie, dass für die Annahme einer Zwangsläufigkeit für das Pilates- und Schwimmtraining im Vorfeld ein ärztliches Gutachten erforderlich sei. Auch eine ärztliche Verordnung bewirke nicht, dass die Kosten zwangsläufig außergewöhnliche Belastungen darstellen würden. Therapiemaßnahmen könnten nur dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn sie unter der Anwendung eines bestimmten, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführten Heilverfahrens erfolgen würden. So müsse bereits vor Beginn des Trainings eine genaue ärztliche Anordnung mit festem Trainingsplan und Einbettung der laut ärztlicher Verordnung absolvierten Trainingseinheiten in eine ärztlich überwachte Behandlung vorliegen. Somit reiche ein erst am ausgestellter Arztbrief, welcher feststelle, dass die Bf mehrmals die Woche Gymnastik oder Pilates ausführen solle, nicht aus.
In der Folge beantragte die Bf am und am jeweils Fristverlängerung bezüglich eines Vorlageantrags und brachte diesen mit Schriftsatz vom bei der belangten Behörde ein. Sie begründete ihren Vorlageantrag damit, dass sie seit dem Jahr 2010 immer wieder unter starken Beschwerden im Bewegungsapparat leide. Die Erstvorstellung sei am erfolgt. Ende des Jahres 2011 hätten ihre Beschwerden massiv zugenommen, sodass sie in ihrem Beruf nicht mehr arbeiten habe können bzw. dies mit schweren Schmerzen verbunden gewesen sei. So hätte sie zu diesem Zeitpunkt nicht länger als 1,5 Stunden stehen oder sitzen können. Zur Wiedererlangung ihrer Arbeitsfähigkeit bzw. um eine Schmerzreduktion und eine Reduktion der Medikations-Therapie zu erreichen, habe der behandelnde Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. F eine Therapie, wie Heilgymnastik und Pilates, für medizinisch notwendig und zweckmäßig erachtet, um eine Heilung und Linderung der Krankheit zu erreichen.
Gemäß § 34 EStG 1988 seien alternative Behandlungsleistungen nur dann als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, wenn sie mit einer Heilbehandlung bzw -betreuung typischerweise verbunden seien; es genüge jedoch, wenn sie den Zweck verfolgen würden, die Krankheit erträglich zu machen, dh zu lindern bzw. das Fortschreiten einer Beeinträchtigung zu vermeiden.
Ausgaben für Mittel bzw. Behandlungsformen aus dem Bereich der Alternativmedizin durch nichtärztliches Personal könnten Kosten der Heilbehandlung und damit eine außergewöhnliche Belastung darstellen, jedenfalls wenn diese Aufwendungen medizinisch indiziert seien und somit ihre medizinische Notwendigkeit nachgewiesen werde, also solche, die nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit vorgenommen worden seien. Konkret bedeute das, dass kein wissenschaftlich gesicherter Nachweis erforderlich sei, wohl aber, dass hinsichtlich der betreffenden Maßnahmen zumindest auf einen gewissen Heilungserfolg in breiten Kreisen der Bevölkerung, dh jedenfalls in einer für die Bildung eines Erfahrungssatzes ausreichenden Zahl von Fällen verwiesen werden könne, dass also der Erfolg typischerweise erzielt werde und sich nicht nur auf eine bloß subjektive Besserung der Beschwerden beschränken würde. Die Kosten einer vom Arzt verordneten Behandlungstherapie würden daher jedenfalls dazu zählen und seien als zwangsläufig anzusehen.
Im gegenständlichen Fall stünden die Aufwendungen für Pilates- und Schwimmtraining im Zusammenhang mit den schweren Beschwerden des Bewegungsapparates und stellten nicht bloß Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit oder vorbeugende Maßnahmen dar. Diese Aufwendungen seien insbesondere medizinisch notwendig, um eine Schmerzreduktion bzw. einen Heilerfolg zu erreichen, da die Bf schon über einen langen Zeitraum hinweg enorme Schmerzen im Bewegungsapparat verspürt habe, welche sie jedoch bisher lediglich medikamentös behandelt habe. Aufgrund einer neuerlichen Verschlechterung des Zustandes seien seitens des behandelnden Orthopäden diese ärztlich verordneten Maßnahmen zur Schmerzlinderung sowie zur Reduktion der Medikamente verordnet worden.
Des Weiteren handle es sich um sogenannte alternative Behandlungsleistungen eines nichtärztlichen Personals, die aufgrund der zunehmenden Schmerzen und der damit einhergehenden Arbeitsunfähigkeit der Bf zwangsläufig und notwendig gewesen seien und zudem ärztlich verordnet und begleitet worden seien. Im konkreten Fall würden diese Pilates- und Schwimmtrainings Heilbehandlungen darstellen bzw. seien diese als Heilmittel zu qualifizieren. Dies insbesondere, da die Bf sich während der Durchführung dieser Therapiemaßnahmen weiterhin in ärztlicher Behandlung befunden habe, weshalb auch die Maßnahmen unter ärztlicher Aufsicht und durch ein hierfür geschultes Personal (eines diplomierten Trainers) stattgefunden hätten. Um den therapeutischen Zweck zu gewährleisten und medizinisch unerwünschte Nebenwirkungen zu verhindern, würden die entsprechenden speziell für die Bf zusammengestellten Übungen lediglich unter Anleitung bzw. im Beisein des Trainers ausgeführt werden und seien als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen.
Folge man somit sowohl der Judikatur als auch der Literatur werde für die Absetzbarkeit von alternativen Behandlungen als außergewöhnliche Belastung kein wissenschaftlich gesicherter Nachweis gefordert, vielmehr reiche es in diesem Fall aus, dass diese Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit vorgenommen worden seien. Dementsprechend werde die Ausstellung einer ärztlichen Bestätigung, wie sie im gegenständlichen Fall auch schon vor Beginn der Therapie ausgestellt worden sei, ausreichen, um diese Kosten als zwangsläufig anzusehen sowie als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Auch könne betreffend die Pilates- bzw. Schwimmtherapie auf einen gewisse Heilungs- bzw. Linderungserfolg in breiten Kreisen der Bevölkerung verwiesen werden, weshalb auch aus diesem Grund die Qualifikation als ein als außergewöhnliche Belastung absetzbares Heilmittel anzuerkennen sei.
Ziel sei es, mit passiven, assistiven und aktiven Übungen im Beisein bzw. unter Anleitung eines Trainers eine Schmerzreduktion bzw. eine Medikationsreduktion hervorrufende Mobilität, Stabilität und Kraft des Bewegungsapparates zu steigern, die Funktions- und Bewegungsfähigkeit zu erhalten, um damit die Arbeitsfähigkeit wiederzuerlangen. Insbesondere sollten die Schmerzen durch die Verbesserung und das Wiedererlangen von Mobilität und Kraft gelindert und ein Heilungserfolg erreicht werden.
Nach Betrachtung des gesamten Sachverhaltes handle es sich somit hinsichtlich der beanspruchten Maßnahmen um eine sachgerechte Behandlung der Krankheit, die medizinisch indiziert sei bzw. vom behandelten Arzt als Therapie verordnet worden sei und dementsprechend auch zwangsläufig und außergewöhnlich im Sinne des § 34 EStG 1988 seien. Dies insbesondere auch, da diese ärztlich verordneten Pilates- und Schwimmtrainings eine geeignete Maßnahme zur Linderung und Heilung dieser Erkrankung des Bewegungsapparates darstellen würden.
Die belangte Behörde betrachtete anschließend die Beschwerde gegen den Bescheid zur Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer 2012 als mangelhaft begründet und erließ am diesbezüglich einen Mängelbehebungsauftrag.
Die Bf kam diesem Antrag mit Schriftsatz vom nach. Durch die belangte Behörde seien in der Begründung des Wiederaufnahmebescheides weder die neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel noch das sonstige Ergebnis des Verfahrens genannt oder ausgeführt worden. Die Begründung des Einkommensteuerbescheides 2012 (auf die der Wiederaufnahmebescheid verweise) enthalte in ihrem ersten Abschnitt lediglich ein Zitat aus den Einkommensteuerrichtlinien bzw. aus der Literatur. Der erste Absatz nenne folglich keine neuen Tatsachen oder Beweismittel. Der zweite Absatz weise darauf hin, dass bestimmte Kosten nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt würden – insofern sei erkennbar, dass die belangte Behörde offenbar über die außergewöhnlichen Belastungen absprechen habe wollen. Das Vorliegen von außergewöhnlichen Belastungen sei jedoch als rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes zu werten und nicht als „Tatsachen“ oder Beweismittel. Auf welchen „Tatsachen“ oder „Beweismitteln“ die geänderte Beurteilung der Abgabenbehörde basiere, sei nicht angeführt worden. Es sei Aufgabe der Abgabenbehörde, die von ihr verfügte Wiederaufnahme durch unmissverständliche Hinweise darauf zu begründen, welche Tatsachen und Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen seien. Dazu habe sie die zeitliche Abfolge des Bekanntwerdens der maßgebenden Tatsachen und Beweismittel zu erheben und in der Begründung ihres Bescheides kontrollierbar darzustellen. Eine Darstellung, wann die Abgabenbehörde Kenntnis von den Kosten für die Heilbehandlung erlangt habe, auf welche Art und Weise ihr dieser Umstand bekannt geworden sei, fehle ebenso wie jeglicher Bezug auf Beweismittel. Der einzige zeitliche Hinweis auf die Kenntniserlangung der Heilbehandlungen durch die belangte Behörde laute „anlässlich einer nachträglichen Prüfung Ihrer Erklärungsangaben“. Aufgrund dieser Begründung aber könnte die Behörde irgendwann ab Erklärungseinreichung Kenntnis erlangt haben und die Rechtsmittelinstanz werde somit nicht in die Lage versetzt zu überprüfen, ob die Tatsachen und Beweismittel der Behörde erst nach Bescheiderlassung bekannt geworden seien – ein Wiederaufnahmegrund könne überhaupt nur dann vorliegen, wenn er der Behörde nach Bescheierlassung bekannt geworden sei. Der Wiederaufnahmebescheid enthalte somit keine substantielle Begründung, anhand derer nachvollzogen werden könne, ob Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen seien. Eine Sanierung dieses Begründungsmangels durch die Abgabenbehörde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung sei nicht möglich. Daher sei einer Beschwerde gegen einen Wiederaufnahmebescheid, der in seiner Begründung keine tauglichen Wiederaufnahmegründe anführe, zweckmäßigerweise mit Beschwerdevorentscheidung stattzugeben.
Am erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich des Bescheides über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommensteuer 2012 und wies die Bescheidbeschwerde vom - nach Darstellung des Verfahrensgangs (Erstbescheid vom , Vorhalt vom und Vorhaltsbeantwortung vom ) bis zur Erlassung des Wiederaufnahmebescheides - mit folgender Begründung ab:
Im angefochtenen Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens werde klar ausgeführt, dass anlässlich der „nachträglichen Prüfung Ihrer Erklärungsangaben die in der Begründung zum beiliegenden Einkommensteuerbescheid angeführten Tatsachen und/oder Beweismittel neu hervorgekommen sind“. Im Sachbescheid werde dazu ausgeführt, dass „Folgende Kosten daher nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden: Die Kosten für Pilates-Training, P samt Eintritt Freibad und die Massagekosten H. Insgesamt waren daher die Krankheitskosten um 4.752 zu kürzen.“ Damit seien mit den angeführten Kosten (Pilates-Training, P samt Eintritt Freibad und Massagekosten H) die Tatsachenkomplexe konkret bezeichnet gewesen, die aufgrund des durchgeführten Vorhalteverfahrens im Sinne des § 303 BAO neu hervorgekommen seien. Aus dem Verweis im Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens gehe somit eindeutig hervor, welche Tatsachen neu hervorgekommen seien. Das gegenständliche Verfahren betreffend Einkommensteuer 2012 sei aus den angeführten Gründen (dem als neu hervorgekommen beurteilten Tatsachenkomplex) wieder aufgenommen worden. In diesem Zusammenhang sei auch festzuhalten, dass eine Präzisierung der mangelhaften erstinstanzlichen Begründung im Rahmen dieser Beschwerdevorentscheidung in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen auch noch kein unzulässiges Auswechseln der Wiederaufnahmegründe bedeuten würde.
Daraufhin beantragte die Bf mit Schriftsatz vom die Vorlage ihrer Beschwerde gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommensteuer 2012 an das Bundesfinanzgericht und führte ergänzend Folgendes aus:
Die belangte Behörde habe in ihren erstinstanzlichen Bescheiden keine Tatsachen oder Beweismittel genannt – es finde sich kein Hinweis auf etwaige vorgelegte Belege oä. Erst in der Beschwerdevorentscheidung vom werde erstmalig von „Unterlagen und Belegen“ gesprochen. Der dargestellte Mangel, nämlich das Unterlassen der Nennung der maßgeblichen Tatsachen und Beweismittel, die neu hervorgekommen seien, sei aber im Rechtsmittelverfahren nicht sanierbar. Insbesondere hervorgehoben sei, dass die Abgabenbehörde nicht dargestellt habe, wann sie von den Kosten für die Heilbehandlung Kenntnis erlangt habe, obwohl sie die zeitliche Abfolge des Bekanntwerdens der maßgebenden Tatsachen und Beweismittel in der Begründung ihres Bescheides kontrollierbar darzustellen hätte. Der Sinn hinter dieser vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Regel sei der, dass es kontrollierbar nachzuvollziehen sein müsse, wann die Abgabenbehörde Kenntnis von den Tatsachen erlangt habe, weil hiervon abhänge, ob die Tatsachen für sie neu hervorgekommen seien. Im vorliegenden Fall beinhalte die Begründung des erstinstanzlichen Wiederaufnahmebescheides (unter Berücksichtigung des Verweises auf die Begründung des Sachbescheides) keine Möglichkeit festzustellen, ob die Behörde erst nach Bescheiderlassung Kenntnis von den maßgeblichen Umständen erhalten habe. Ausdrücklich hingewiesen werde auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/3100479/2013, in dem in einem ganz ähnlich gelagerten Sachverhalt keine Wiederaufnahmegründe gesehen worden seien. Rechtswidrig sei der Bescheid auch, weil von der Behörde getroffene Ermessensentscheidung nicht bzw. nur floskelhaft begründet sei. Auch in der Beschwerdevorentscheidung würden sich hierzu keine näheren Angaben finden.
Mit Bericht vom wurden die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.
Im Rahmen der am durchgeführten Verhandlung äußerten sich die Parteien ergänzend wie folgt:
Der steuerliche Vertreter führte zunächst zur formellen Angelegenheit nochmals aus, dass aus Sicht der Bf die Begründungsmängel im Wiederaufnahmeverfahren im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung keiner Sanierung zugänglich seien. Die Wiederaufnahmegründe seien nicht nur unpräzise gewesen, sondern hätten zur Gänze gefehlt. Im Wiederaufnahmebescheid sei nur auf den Einkommensteuerbescheid verwiesen worden. Im neuen Sachbescheid sei im ersten Absatz nur auf Richtlinien hingewiesen worden, im zweiten Absatz seien vom Finanzamt nur die gewünschten Rechtsfolgen dargelegt worden, jedoch nicht ein neuer Sachverhalt und inwiefern dieser Sachverhalt dem § 34 EStG 1988 nicht entsprechen sollte. Es sei kein Wiederaufnahmegrund zu erkennen. Der Sanierungsversuch in der Beschwerdevorentscheidung sei in Wirklichkeit als unzulässiges "Nachschieben" von Wiederaufnahmegründen zu sehen. Zusätzlich sei bei dem Sanierungsversuch in der Beschwerdevorentscheidung das notwendige genaue Datum des Neuhervorkommens des Wiederaufnahmegrundes wieder nicht angegeben worden, sondern nur die Floskel "anlässlich". Durch das Wort "anlässlich" werde kein exaktes Datum des Neuhervorkommens angegeben. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei aber eine genaue Überprüfung des Zeitpunktes des Neuhervorkommens notwendig, um die Einhaltung der Verfahrensvorschriften durch die nächste Instanz zu ermöglichen.
Weiters sei diese Bescheidnachkontrolle erst neun Monate nach Bescheidausstellung erfolgt. Das Rechtsinstitut der Bescheidnachkontrolle korreliere mit der Aufhebung nach § 299 BAO und es stelle sich die Frage, warum das Verfahren wiederaufgenommen worden sei und nicht eine Bescheidaufhebung erfolgt sei. Dies liege offenbar darin, dass das Finanzamt die Frist für die Bescheidaufhebung um eine Woche übersehen habe und daher das Instrument des § 303 BAO heranziehen habe müssen. § 303 BAO sei eigentlich ein Instrument der Betriebsprüfung. Das Finanzamt habe sich aus der Sicht der Bf den Aufwand einer Betriebsprüfung ersparen wollen und habe praktisch eine "verdeckte Betriebsprüfung" durchgeführt, ohne die entsprechenden Formvorschriften, wie Ankündigung einer Betriebsprüfung, Wahrung des Parteiengehörs etc. anzuwenden. Gerade deshalb sei umso mehr die Ordnungsmäßigkeit der Bescheidbegründung zu beachten, was aber nicht erfolgt sei.
Zum Materiellen sei zu erwähnen, dass das Finanzamt zwei Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes zur Sprache gebracht habe. Zum einen das Erkenntnis vom . Dieses habe aber nur die Abgrenzung eines Kuraufenthaltes von einem Erholungsurlaub zum Gegenstand. Zum anderen ein Erkenntnis, das die Kosten eines Fitnessstudios als Krankheitskosten unter bestimmten Voraussetzungen zulasse. Diese seien ein ärztliches Gutachten oder eine ärztliche Verordnung vor Beginn des Trainings sowie eine Einbettung des Trainings in eine ärztlich überwachte Behandlung. Aus der Sicht der Bf seien diese beiden Voraussetzungen für die Anerkennung der Maßnahmen als außergewöhnliche Belastung im gegenständlichen Fall erfüllt. Es liege eine ärztliche Verordnung vor Beginn der Maßnahmen vor, nämlich nicht nur die aus dem Jahr 2014, sondern auch die aus dem Jahr 2011, die nachgereicht worden sei. Die Einbettung in eine ärztlich überwachte Behandlung sei ebenso gegeben, und zwar insbesondere durch die dauerhafte, regelmäßige (in Monatabständen) Behandlung und Therapie durch den Facharzt Dr. F seit 2010. Der Facharzt habe durch ein ganzes Maßnahmenpaket versucht, das Krankheitsbild der Bf, die eineinhalb Jahre arbeitsunfähig gewesen sei, zu verbessern. Dies sei eben nicht nur medikamentös und durch Physiotherapie geschehen, sondern auch durch Verordnung der den Streitgegenstand bildenden Maßnahmen.
Der Amtsbeauftrage verwies auf die beiden ergangenen Beschwerdevorentscheidungen. Eine ärztliche Verordnung betreffend die strittigen Maßnahmen liege entgegen dem Vorbringen des steuerlichen Vertreters nicht vor. Zum Vorwurf einer "verdeckten Betriebsprüfung" werde festgehalten, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen selbstverständlich auch außerhalb einer Betriebsprüfung zulässig sei, wenn Tatsachen/Beweismittel neu hervorkommen würden.
Über Befragung des Senates hält der steuerliche Vertreter fest, dass die Einkommensteuererklärung 2012 ohne Beilagen beim Finanzamt eingereicht worden sei.
DAZU WIRD ERWOGEN:
1 Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2012:
1.1 gesetzliche Grundlagen:
Entscheidungen, die die Abgabenbehörde nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich gemäß § 20 BAO in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Nach § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht, außer in hier nicht interessierenden Fällen, immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Nach § 303 Abs 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wieder aufgenommen werden, wenn
a) …,
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) …,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Gemäß § 305 erster Satz BAO steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Abgabenbehörde zu, die für die Erlassung des nach § 307 Abs 1 aufzuhebenden Bescheides zuständig war oder vor Übergang der Zuständigkeit als Folge einer Bescheidbeschwerde oder einer Säumnisbeschwerde (§ 284 Abs. 3) zuständig gewesen wäre.
Nach § 307 Abs 1 erster Satz BAO ist mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden.
1.2 Sachverhalt - Bescheidbegründungen:
Im gegenständlichen Fall erfolgte eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO betreffend die Einkommensteuer 2012 mit nachstehender Begründung:
"Anlässlich einer nachträglichen Prüfung Ihrer Erklärungsangaben sind die in der Begründung zum beiliegenden Einkommensteuerbescheid angeführten Tatsachen und/oder Beweismittel neu hervorgekommen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO erforderlich machen. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmässigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das öffentliche Interesse an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung das Interesse auf Rechtsbeständigkeit und die steuerlichen Auswirkungen können nicht als geringfügig angesehen werden."
Dem wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheid 2012 ist im Wesentlichen folgende Begründung zu entnehmen:
"Als außergewöhnliche Belastung sind nur die Kosten für Heilbehandlung und Heilbetreuung absetzbar. Nicht abzugsfähig sind daher Aufwendungen für die Vorbeugung vor Krankheiten sowei für die Erhaltung der Gesundheit. Aufwendungen für Behandlungsleistungen durch nichtärztliches Personal sind grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wenn diese Leistungen ärztlich verschrieben oder die Kosten teilweise von der Sozialversicherung ersetzt werden.
Folgende Kosten werden daher nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt: Die Kosten für Pilates-Training, P samt Eintritt Freibad und die Massagekosten H. Insgesamt waren daher die Krankheitskosten um € 4.752 zu kürzen."
1.3 rechtliche Würdigung:
Die Bestimmungen zur Wiederaufnahme wurden zwar mit dem FVwGG 2012 geändert, betreffend die amtswegige Wiederaufnahme erfolgte aber inhaltlich keine Änderung. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor dem FVwGG 2012 kann somit aus der Sicht des Bundesfinanzgerichtes insoweit weiterhin herangezogen werden. (vgl. ).
Ziel der Wiederaufnahme ist ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis. Voraussetzung für eine amtswegige Wiederaufnahme ist lediglich ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren, die vorherige Durchführung einer Außenprüfung ist - entgegen der Ansicht des steuerlichen Vertreters der Bf - nicht erforderlich.
§ 303 Abs. 1 BAO normiert drei erschöpfend aufgezählte Wiederaufnahmegründe, dh dass es nur aus diesen Gründen zu einer Wiederaufnahme kommen kann. Dabei steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 305 Abs. 1 BAO der Abgabenbehörde zu, die den Bescheid erlassen hat.
Gemäß § 93 Abs. 2 BAO hat jeder Bescheid den Spruch, der über die Hauptfrage der in Verhandlung stehenden Angelegenheit zu entscheiden hat, zu enthalten. Es bedarf daher im Bescheidspruch der ausdrücklichen Feststellung jenes gesetzlichen Tatbestandes, auf den ein die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens verfügender Bescheid gestützt wird. Der Spruch eines die Wiederaufnahme verfügenden Bescheides hat daher grundsätzlich den maßgebenden Wiederaufnahmetatbestand anzuführen. Ein Spruch, der sich auf die bloße Zitierung des § 303 Abs. 1 BAO beschränkt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass einen Bescheid Spruch und Begründung ausmachen und die Begründung dann, wenn der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offenlässt, als Auslegungsbehelf des Spruches herangezogen werden kann. (, , und ).
Der Spruch des gegenständlichen Wiederaufnahmebescheides enthält nun zwar lediglich den Hinweis auf § 303 Abs. 1 BAO, doch lässt sich aus der Begründung dieses Bescheides unschwer ("Anlässlich einer nachträglichen Prüfung Ihrer Erklärungsangaben sind die in der Begründung zum beiliegenden Einkommensteuerbescheid angeführten Tatsachen und/oder Beweismittel neu hervorgekommen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO erforderlich machen") erkennen, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme auf den in § 303 Abs. 1 lit. b BAO normierten Neuerungstatbestand stützen wollte.
Beim Neuerungstatbestand soll die Wiederaufnahme nur den Tatsachen (mit Hilfe der ihrer Kenntnis dienenden Beweismittel) zum Durchbruch verhelfen, die bei Kenntnis ihrer bei Bescheiderlassung gegebenen Existenz und bei Ausschöpfung der damals objektiv vorhandenen Beweismittel einen anders lautenden Bescheid zur Folge haben hätte können. (Stoll, BAO, S 2923f).
§ 303 Abs. 1 BAO räumt die Möglichkeit zur Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag oder von Amts wegen ein.
Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die "Sache", über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs. 1 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen, also jene wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Die Identität der Sache, über die vom Finanzamt abgesprochen wurde, wird durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde. (vgl. , , , ).
Aufgabe des Bundesfinanzgerichtes bei der Entscheidung über eine Beschwerde gegen die amtswegige Wiederaufnahme durch ein Finanzamt ist es daher, zu prüfen, ob dieses Verfahren aus den vom Finanzamt gebrauchten Gründen (dem als neu hervorgekommen beurteilten Tatsachenkomplex) wieder aufgenommen werden durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmegründen zulässig gewesen wäre. Eine Ergänzung einer mangelhaften Begründung der Wiederaufnahmebescheide in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt allerdings noch kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar. (, ).
In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass es nicht rechtswidrig ist, in der Begründung eines Bescheides auf die der Partei zugangenen Schriftstücke Bezug zu nehmen. (, ).
Das Finanzamt hat sich im gegenständlichen Wiederaufnahmebescheid auf den beiliegenden Einkommensteuerbescheid 2012 bezogen. Die Begründung des wiederaufgenommen Einkommensteuerbescheides 2012 ist damit einem Teil der Begründung des Wiederaufnahmebescheides gleichzuhalten, wobei die Bf in der Beschwerdeschrift vom ausdrücklich festhält, dass ihr beide Bescheide, also der gegenständliche Wiederaufnahmebescheid und der wiederaufgenommene Einkommensteuerbescheid 2012 zugestellt wurden und ihr diese daher tatsächlich zugegangen sind. (vgl. ).
Es ist somit im gegenständlichen Fall anhand der Begründung des wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheides 2012 das Vorliegen eines vom Finanzamt gebrauchten, im Hinblick auf § 303 Abs. 1 lit. b BAO tauglichen Wiederaufnahmegrundes vom Bundesfinanzgericht zu prüfen.
Der zweite Absatz der unter Pkt. 1.2 zitierten Begründung des wiederaufgenommen Einkommensteuerbescheides 2012 ist nun aufgrund seines Wortlautes und des Bedeutungszusammenhanges aus der Sicht des Bundesfinanzgerichts so zu verstehen, dass die von der Bf ua. als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Kosten für Pilates-Training, P samt Eintritt Freibad und Massagekosten H vom Finanzamt in der Gesamthöhe von 4.752,-- Euro nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.
Tatsachenkomplex der Wiederaufnahme des Verfahrens bilden somit zweifellos die von der Bf als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Kosten für Pilates-Training, P samt Eintritt Freibad und Massagekosten H in der Gesamthöhe von 4.752,-- Euro. Es handelt sich dabei um jene Sachverhaltsmomente (Grund und Höhe der tatsächlichen Aufwendungen), die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO beurteilt hat. Damit ist die "Sache", über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs. 1 BAO zu entscheiden hat, eindeutig umschrieben. Die Gefahr eines unzulässigen Auswechselns des Wiederaufnahmegrundes durch das Bundesfinanzgericht wurde dadurch ausreichend gebannt.
Zu prüfen ist nun auch, ob dieser Tatsachenkomplex im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO "neu hervorgekommen" ist.
Der Neuerungstatbestand des § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist dann erfüllt, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen. Maßgeblich ist hier, dass die Tatsachen oder Beweismittel im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits existieren müssen (nova reperta), später entstandene Umstände (nova producta) sind daher vom Neuerungstatbestand des § 303 Abs. 1 lit b BAO nicht umfasst. (Althuber in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 303, S. 819, ).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Das "Neuhervorkomme von Tatsachen und Beweismitteln" bezieht sich damit auf den Wissensstand der Behörde (insbesondere auf Grund der Abgabenerklärungen und der Beilagen) im jeweiligen Veranlagungsjahr. (, , ).
Soll eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig sein, dann muss aktenmäßig erkennbar sein, dass dem Finanzamt nachträglich Tatumstände zugänglich gemacht wurden, von denen es nicht schon Kenntnis gehabt hat. Eine nachträglich andersgeartete rechtliche Beurteilung oder Würdigung des schon bekannt gewesenen Sachverhaltes allein rechtfertigt einen behördlichen Eingriff in die Rechtskraft nicht. ().
Aus dem Abgabeninformationssystem des Bundes ist ersichtlich, dass die Bf am die Einkommensteuererklärung 2012 elektronisch einreichte. In dieser elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung 2012 nahm die Bf unter folgendem Titel die Eintragung des nachstehend genannten Betrages vor:
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Außergewöhnliche Belastungen (mit Selbstbehalt) | |
Krankheitskosten (inkl. Zahnersatz) - (Kennzahl 730) | 9.698,63 |
Die Bf reichte zu dieser Einkommensteuererklärung 2012 keine Beilagen beim Finanzamt ein. Aufgrund der eingereichten Erklärung wurde am der Einkommensteuerbescheid 2012 erklärungsgemäß erlassen.
Im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides am ist also - mangels entsprechender Beilagen - für die Abgabenbehörde nicht erkennbar gewesen, wie sich die geltend gemachten Krankheitskosten im Einzelnen zusammensetzen.
Mit Schriftsatz vom richtete das Finanzamt - wie bereits der Darstellung des Verfahrensganges entnommen werden kann - ein Ergänzungsersuchen an die Bf und ersuchte, die außergewöhnlichen Belastungen durch Vorlage der entsprechenden Unterlagen und Belege nachzuweisen. Diesem Ergänzungsersuchen entsprach die Bf mit dem Anwortschreiben vom und legte die geforderten Unterlagen bzw. Beweise dem Finanzamt vor. Laut dem Stempel der gemeinsamen Einlaufstelle des Finanzzentrums E langte dieser Schriftsatz samt den Beilagen, ua. den Unterlagen, aus denen die Geltendmachung der Kosten für Pilates-Training, P samt Eintritt Freibad und Massagekosten H im Gesamtausmaß von 4.752,-- Euro als außergewöhnliche Belastungen ersichtlich wurden, am beim Finanzamt ein.
Alle von der Bf an das Finanzamt im März 2015 übermittelten Unterlagen, die Kosten für Pilates-Training, P samt Eintritt Freibad und Massagekosten H ausweisen, sind - wie der Sachverhaltsdarstellung unter Pkt. 2.2 entnommen werden kann - im Jahr 2012 erstellt worden und sämtliche abgerechneten Leistungen wurden von der Bf im Jahr 2012 konsumiert.
Der zu beurteilende Tatsachenkomplex wurde somit im Jahr 2012, also vor Erlassung des Erstbescheides am , verwirklicht und die damit im Zusammenhang stehende Unterlagen bzw. Beweismittel im Jahr 2012 errichtet. Das Finanzamt erlangte jedoch erst mit der Beantwortung des Ergänzungsersuchens und Einreichung der Unterlagen bzw. Beweise durch die Bf am Kenntnis von dem gegenständlichen Tatsachenkomplex. Dies ist aus den Akten des Finanzamtes eindeutig ersichtlich. Es ist also im gegenständlichen Fall aktenmäßig erkennbar, dass dem Finanzamt nachträglich (durch nachträglich eingereichte Unterlagen bzw. Beweise) Tatumstände zugänglich gemacht wurden, von denen es nicht schon Kenntnis gehabt hatte.
Es wird somit - wie nunmehr zulässigerweise vom Bundesfinanzgericht ausführlich begründet wird - der Neuerungstatbestand erfüllt, wobei auch die Frage, ob die Kenntnis dieser Umstände jeweils einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte, zu bejahen ist, wie unter Pkt 2.3 dargelegt wird.
Bei der amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens ist zwischen der Rechtsfrage, ob der Tatbestand eines Wiederaufnahmegrundes gegeben ist, und der Frage der Durchführung der Wiederaufnahme, die im Ermessen der Behörde liegt, zu unterscheiden. Erst dann, wenn die Rechtsfrage dahingehend geklärt ist, dass ein Wiederaufnahmegrund tatsächlich gegeben ist, hat die Abgabenbehörde in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens zu entscheiden, ob die amtliche Wiederaufnahme zu verfügen ist. Dabei sind der Sinn des Gesetzes und § 20 BAO als Ermessensrichtlinien zu berücksichtigen. Dem Begriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einhebung der Abgaben, beizumessen. (, , , ).
Eine derartige Interessensabwägung verbietet bei Geringfügigkeit der neu hervorgekommenen Tatsachen in der Regel den Gebrauch der Wiederaufnahmemöglichkeit. Die Geringfügigkeit ist dabei an Hand der steuerlichen Auswirkungen der konkreten Wiederaufnahmegründe und nicht auf Grund der steuerlichen Gesamtauswirkungen zu beurteilen, die infolge Änderungen auf Grund anderer rechtlicher Beurteilungen im Sachbescheid vorzunehmen wären. Die Ermessensentscheidung muss nicht nur die Beseitigung der Rechtkraft, sondern gegebenenfalls auch den Umstand rechtfertigen, dass der formale Grund des neuen Bescheides (Wiederaufnahmegrund) zum Ergebnis der neuen Sachentscheidung außer Verhältnis steht. Nur im Falle der Geringfügigkeit neu hervorgekommener Tatsachen hat die Behörde Verhältnismäßigkeitüberlegungen in ihre Ermessensentscheidung einzubeziehen. (Vgl. , ).
Im gegenständlichen Fall bewirkten die neu hervorgekommenen Tatsachen, dass die außergewöhnlichen Belastungen (vor Abzug des Selbstbehaltes) in Höhe von 9.698,63 Euro im Erstbescheid vom auf 4.946,63 Euro im wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheid 2012 reduziert wurden, sodass sich die Einkommensteuer 2012 von 2.597,08,-- Euro im Erstbescheid auf 4.225,82 Euro im wiederaufgenommenen Bescheid erhöhte und sich daraus eine Abgabennachforderung in Höhe von 1.629,-- Euro ergab. Weitere Änderungen auf Grund anderer rechtlicher Beurteilungen wurden im wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheid 2012 nicht vorgenommen.
Eine steuerliche Auswirkung von 1.629,-- Euro ist - wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. , ) - absolut betrachtet nicht geringfügig.
Letztlich darf zur Ermessensbegründung (nochmals) angemerkt werden, dass bloße Begründungsmängel der Bescheide der Abgabenbehörde vom Bundesfinanzgericht saniert werden können. Es darf nur kein anderer (neuer) Wiederaufnahmegrund durch das Bundesfinanzgericht herangezogen werden. (vgl , ).
Abschließend ist noch festzuhalten, dass es sich bei der Wiederaufnahme um ein von der Aufhebung gemäß § 299 BAO völlig verschiedenes Rechtsinstitut handelt. Zwischen beiden Rechtsinstituten besteht auch keine Wechselbesziehung in dem Sinn, dass das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des einen die Anwendbarkeit des anderen ausschlösse. (Ritz, BAO5, Rz 89 zu § 303).
Die gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommensteuer 2012 eingebrachte Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
2 Einkommensteuer 2012 - Außergewöhnliche Belastung - Krankheitskosten:
2.1 gesetzliche Grundlagen:
Nach § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) ausgewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Nach § 34 Abs 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Nach § 34 Abs 3 EStG 1988 erwächst dem Steuerpflichtigen die Belastung zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Die Belastung beeinträchtigt gemäß § 34 Abs. 4 erster Satz EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.
2.2 Sachverhalt
Die Bf übte laut der von ihr am eingereichten Einkommensteuererklärung 2012 grundsätzlich den Beruf einer Pharmareferentin nichtselbständig aus, befand sich allerdings nach den Ausführungen in der Beschwerdeschrift vom in der Zeit von September 2011 bis Dezember 2012 im Krankenstand.
Die Bf litt laut der zusammenfassenden Beurteilung im Arztbrief des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. F vom und dem Arztbrief des Dr. F vom unter einer deutlichen degenerativen Veränderung der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) mit Veränderungen an der Bandscheibe L5/S1 sowie Beteiligung der angrenzenden Grund- und Deckplatten. Dadurch bedingt, konnte sie nicht länger sitzen und stehen und war ihre Bewegungsfähigkeit insgesamt deutlich eingeschränkt. In ihrem Beruf konnte sie zu der Zeit nicht arbeiten. Die Behandlung erfolgte im Zeitpunkt der Erstellung der Arztbriefe mittels Physiotherapie, physikalischen Maßnahmen und medikamentös. Zur Schmerzreduktion und Rumpfstabilisierung empfahl ihr Dr. F im Arztbrief vom mindestens zweimal wöchentlich und im Arztbrief vom mehrmals die Woche Gymnastik oder Pilates.
Die daraus resultierenden Kosten setzte die Bf - zusammen mit ebenfalls geltend gemachten Zahnarztkosten, Kosten für eine Brille, Kosten für den Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe Dr. K (def), Kosten für Oszillographie/Pletysmographie (prime medical) und Kosten für psychotherapeutische Behandlungen - als außergewöhnliche Belastungen in der Höhe von insgesamt € 9.698,63 an.
Von diesen Kosten der Krankenheilbehandlung anerkannte die belangte Behörde € 4.946,63 als steuerlich absetzbar und verwehrte dem Restbetrag von € 4.752,-- die steuermindernde Wirkung.
Die steuerlich anerkannten Kosten setzten sich dabei wie folgt zusammen:
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Anerkannte Kosten | Betrag |
Apotheke | € 387,05 |
L Physiotherapie | € 864,34 |
Die Brille | € 1.400,00 |
MMag. M Klinische u. Gesundheitspsychologin | € 1.556,80 |
Ordination Dr. med. F Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie | € 170,00 |
Prime medical | € 47,30 |
Zahnarzt N | € 344,02 |
Dr. K | € 177,12 |
Summe | € 4.946,63 |
Im Einzelnen errechneten sich die Kosten für Osteopathie und Physiotherapie und für den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie wie folgt:
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L Physiotherapie | |||
lfd Nr. | Anz Therapien | Datum | Betrag |
1 | 4 | € 280,00 | |
2 | 6 | € 420,00 | |
3 | 6 | € 420,00 | |
4 | 3 | € 210,00 | |
Zwischensumme | € 1.330,00 | ||
abzüglich KE GKK | € 181,92 | ||
abzüglich KE GKK | € 121,91 | ||
abzüglich KE GKK | € 161,83 | ||
Endsumme | € 864,34 |
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Ordination Dr. med. F Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie | |||
lfd. Nr. | Anz Sitzungen | Datum | Betrag |
1 | 1 | € 25,00 | |
2 | 1 | € 95,00 | |
3 | 1 | € 25,00 | |
4 | 1 | € 25,00 | |
Summe | € 170,00 |
Die nicht anerkannten Kosten ergeben sich, wenn man die folgenden Einzelpositionen zusammenrechnet:
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Pilates Training | ||
lfd. Nr. | Datum | Betrag |
1 | € 500,00 | |
2 | € 500,00 | |
3 | € 500,00 | |
4 | € 500,00 | |
5 | € 500,00 | |
6 | € 500,00 | |
7 | € 500,00 | |
8 | € 500,00 | |
€ 4.000,00 |
Der Betrag von 500,-- Euro wurde von der Bf jeweils für 10 Einzelstunden im O Studio entrichtet.
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P E klm | |||
lfd. Nr. | Anz Einheiten | Datum | Betrag |
1 | 10 | € 150,00 | |
€ 150,00 |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Freibad pqr "Freibad" | |||
lfd. Nr. | Anz Eintritte | Datum | Betrag |
1 | 10 | € 37,00 | |
€ 37,00 |
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Massage Fachinstitut H | ||
Lfd. Nr. | Datum | Betrag |
1 | € 250,00 | |
2 | € 315,00 | |
€ 565,00 |
Die Gesamtsumme an nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbaren Aufwendungen ergibt daher wie folgt:
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Pilates Training | € 4.000,00 |
P E klm | € 150,00 |
Freibad pqr "Freibad" | € 37,00 |
Massage Fachinstitut H | € 565,00 |
Summe | € 4.752,00 |
2.3 rechtliche Würdigung:
Mit der Möglichkeit des Ansatzes einer außergewöhnlichen Belastung sollen Aufwendungen der privaten Lebensführung steuerlich berücksichtigt werden, die das Einkommen eines Kalenderjahres eines Steuerpflichtigen belasten, jedoch bei der Erstellung des auf durchschnittliche Verhältnisse angelegten Einkommenssteuertarifs unberücksichtigt bleiben (; Vock in Jakom, EStG 2017, RZ 1 zu § 34). Mit dem Ansatz einer außergewöhnlichen Belastung wird dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprochen. Demnach soll nur jenes Einkommen des Steuerpflichtigen besteuert werden, über das er tatsächlich frei verfügen kann. Somit sollen jene Einkommensbestandteile steuerfrei belassen werden, die aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen keine steuerliche Leistungsfähigkeit anzeigen (vgl ).
Alle drei (in den Abs. 2, 3 und 4 des die außergewöhnliche Belastung regelnden § 34 EStG 1988 näher umschriebenen) Voraussetzungen müssen gleichzeitig gegeben sein. Das Fehlen nur einer der im § 34 Abs. 1 EStG 1988 aufgezählten Voraussetzungen schließt den Anspruch auf Steuerermäßigung aus. (Vgl. )
Durch Krankheit verursachte Aufwendungen sind stets außergewöhnlich, da dem oder der Betroffenen dadurch zwangsläufig größere Aufwendungen erwachsen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (, Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, Anm 24 zu § 34, Jakom,Vock, EStG 2017, Rz 60, § 34).
Zudem entstehen dem Steuerpflichtigen oder der Steuerpflichtigen diese Aufwendungen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, insofern diese typischerweise mit einer Heilbehandlung verbunden sind (; ). Allerdings begründet nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme eine außergewöhnliche Belastung. Es ist vielmehr erforderlich, dass die Maßnahme zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist. (, )
Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit hat der oder die Steuerpflichtige ein vor Antritt der Krankenbehandlung ausgestelltes Zeugnis oder Gutachten vorzulegen, aus welchem die Notwendigkeit und Dauer klar hervorgeht. Einem ärztlichen Gutachten kann es dabei gleich gehalten werden, wenn für eine Behandlung von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da dies zumeist ein ärztliches Gutachten voraussetzt (Vgl. ; ).
Laut Erkenntnis des Verwaltungerichtshofes vom , 2012/15/0136, hat die Notwendigkeit eines vorfeldweisen ärztlichen Gutachtens auch der Bundesfinanzhof zur insofern vergleichbaren deutschen Rechslage in einem Urteil vom , III R 67/96, betreffend Aufwendungen für eine "medizinische Trainingstherapie" in einem ärztlich betreuten Sportstudio hervorgestrichen, weil derartige Aufwendungen ihrer Natur nach nicht ausschließlich von Kranken, sondern mitunter auch von Gesunden getätigt werden, um ihre Gesundheit zu erhalten, ihr Wohlbefinden zu steigern oder ihre Freizeit sinnvoll und erfüllt zu gestalten.
Aus diesem Grund fordert die Rechtsprechung für die Anerkennung der getätigten Aufwendungen als Nachweis jedenfalls eine konkrete ärztliche Verordnung, aus der sich die medizinische Notwendigkeit der betreffenden Maßnahme klar ergibt und die noch vor Beginn der Behandlungsleistungen zu erfolgen hat. (, , , , ).
Ohne Nachweis einer unmittelbar und ausreichend konkretisierten ärztlichen Einzelverschreibung sind (beispielsweise) Aufwendungen für ein Fitnessstudio nicht als außergewöhnliche Belastung abschreibbar. ().
Die Bedeutung einer zugrunde liegenden ärztlichen Anordnung ergibt sich auch aus den gesetzlichen Bestimmungen betreffend den physiotherapeutischen Dienst. § 2 Abs. 1 des Budesgesetzes über die Regelung der gehobenen medizintechnischen Dienste (MTD-Gesetz), der das Berufsbild des physiotherapeutischen Dienstes festlegt, stellt ausdrücklich auf das notwendige Vorliegen ärztlicher Verordnungen ab. ().
Nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind Ausgaben für die Vorbeugung von Krankheiten bzw. Ausgaben für die Erhaltung der Gesundheit und Ausgaben für die Steigerung des Wohlbefindens (Vgl. , ).
Im gegenständlichen Fall lässt sich aus den der Vorbehaltsbeantwortung vom beigefügten Unterlagen entnehmen, dass die E Gebietskrankenkasse die Kosten für die einzelnen Behandlungseinheiten hinsichtlich der (in den Arztbriefen von Dr. F erwähnten) Physiotherapie (im L Physiotherapie, V) zum Teil übernimmt. Diese Kostenübernahme durch die Gebietskrankenkasse kann entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als ein Indiz für die Zwangsläufigkeit dieser Ausgaben gesehen werden. Dementsprechend anerkannte das Finanzamt neben den Kosten für den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. F auch die Kosten, welche die Bf für Leistungen im L Physiotherapie endgültig zu tragen hatte, als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988.
Strittig ist, ob auch die zusätzlichen Kosten für Pilates Training, Schwimmtraining samt Eintritte im Freibad S und die beim Massageinstitut VornameH H angefallenen Kosten aufgrund der vom Facharzt Dr. F festgehaltenen Erkrankung der Bf ebenfalls zwangsläufig erwachsen sind und daher als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sind.
Außer Streit zu stellen ist in diesem Zusammenhang, dass die Gebietskrankenkasse für sämtliche der strittigen Kosten keine (anteiligen) Ersätze leistete.
Den beim Massageinstitut Fachinstitut VornameH H konsumierten Leistungen liegt - wie schon ein fehlender Kostenersatz zeigt - jedenfalls keine ärztliche Anordnung bzw. Verordnung als Nachweis ihrer Notwendigkeit zur Heilung oder Linderung der Krankheit zugrunde.
Hinsichtlich des Pilates-Trainings und des Schwimmtrainings versucht die Bf, den Nachweis der Zwangsläufigkeit mit Hilfe der Arztbriefe des behandelnden Facharztes Dr. F vom und vom zu erbringen.
Der Arztbrief vom kann nun keinesfalls als Nachweis der medizinischen Notwendigkeit von Maßnahmen, die bereits im Jahr 2012 gesetzt wurden, angesehen werden.
Im Arztbrief vom , der tatsächlich noch vor der Aufnahme des streitgegenständlichen Schwimmtrainings und des Pilates-Trainings im Jahr 2012 erstellt wurde, führte der behandelnde Arzt Dr. F wörtlich Folgendes aus: "Die Patientin sollte mindestens zweimal die Woche Gymnastik oder Pilates ausführen, zur Schmerzreduktion und Rumpfstabilisierung." Weder der Begriff "Pilates", ein Training, welches - wie allgemein bekannt ist - grundsätzlich auf die Kräftigung der Muskulatur ausgerichtet ist, noch der Begriff "Gymnastik" als Leibesübung umschreibt eine bestimmte Art von Therapie. Die Dauer der durchzuführenden Maßnahmen wird ebenfalls nur vage mit dem Hinweis auf eine Ausführung von Gymnastik oder Pilates "mindestens zweimal die Woche" umschrieben. Das ärztliche Anraten von mindestens zweiwöchentlichen Maßnahmen der körperlichen Ertüchtigung in Form von "Gymnastik" oder "Pilates" geht somit über eine allgemein gehaltene Empfehlung von Maßnahmen, die bei der Erkrankung der Bf zusätzlich gesundheitsfördernde Effekte aufweisen könnten, nicht hinaus und ist somit keiner ärztlichen Anordnung bzw. Verordnung gleichzusetzen. Bei der gegenständlichen Empfehlung des Dr. F handelt sich somit lediglich um ein allgemein gehaltenes Gutheißen von nicht näher konkretisierten Trainingsmaßnahmen, aus dem zwar die Vermutung abgeleitet werden kann, dass sie der gesundheitlichen Situation der Bf zuträglich sind. Eine zwangsläufig notwendige Maßnahme zur therapeutischen Behandlung der Krankheit wird dadurch aber nicht ausgedrückt. Demnach liegt im gegenständlichen Fall eine ärztliche Anordnung als Nachweis der Notwendigkeit des von der Bf absolvierten Pilates-Trainings und des Schwimmtrainings nicht vor. (Vgl. ).
Die Notwendigkeit einer ärztlichen Verschreibung ist aber schon deswegen geboten, weil derartigen Aufwendungen ihrer Natur nach nicht ausschließlich von Kranken, sondern auch von Gesunden vorgenommen werden, die ihre Gesundheit erhalten, oder ihr Wohlbefinden steigern oder ihre Freizeit sinnvoll und erfüllt gestalten wollen. (Vgl. , ).
Der Absetzbarkeit der streitgegenständlichen Aufwendungen der Bf für Pilates-Training im O Studio, Schwimmtraining und für Leistungen des Massage Fachinstitut VornameH H als außerordentliche Belastungen im Sinne des § 34 EStG 1988 mangelt es daher aufgrund des Fehelens einer ärztlichen Verordnung am Merkmal der Zwangsläufigkeit, sodass die Beschwerde gegen den wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheid 2012 abzuweisen ist.
3 Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständlichen zu lösenden verfahrens- und materiellrechtlichen Fragen finden in der jeweils erwähnten Rechtsprechung Deckung, sodass die Revision nicht zuzulassen ist.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.6101154.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at