Zollwert bei Online-Auktionen; Verkäuferprovision und Käuferprovision als Bestandteil des Transaktionswerts
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RV/7200128/2017-RS1 | Verkäuferprovisionen und Käuferprovisionen, die bei Ersteigerung einer Ware über eine Online-Plattform für die Nutzung des Webdienstes an das Auktionshaus zu entrichten sind, sind als Verkaufsprovisionen Bestandteile des Transaktionswerts. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, Adresse1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien vom , MRN betreffend Einfuhrabgaben zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die als Abgabenbescheid geltende "Mitteilung des Abgabenbetrages nach Artikel 102 Zollkodex" MRN wird dahingehend geändert, dass die Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer EUR 267,71 lautet und die Höhe der Einfuhrumsatzsteuer (B00) EUR 53,54 beträgt. Dies ergibt einen zu entrichtenden Abgabenbetrag (A00 + B00) von insgesamt EUR 54,34.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Zollanmeldung MRN hat die Spedition am als indirekter Vertreter des Empfängers Bf (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) eine Armbanduhr der TARIC-Position 9102210000 zum Zollverfahren Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldet. Der Abfertigung wurde die angeschlossene Rechnung des türkischen Versenders Nr vom zu Grunde gelegt, in der ein Warenwert von EUR 199,00 sowie Frachtkosten in Höhe von EUR 50,00 ausgewiesen sind. In der Folge wurde nach Artikel 102 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK) ein Abgabenbetrag von EUR 0,80 an Zoll (A00) und von EUR 49,96 an Einfuhrumsatzsteuer (B00) mitgeteilt.
Mit Schreiben vom hat der Bf, in dessen Auftrag die Zollanmeldung abgegeben worden war, beim Zollamt Beschwerde gegen die Höhe des oa Abgabenbetrages erhoben. Begründend führt er im Wesentlichen aus, er habe die betreffende Uhr bei der Firma X ersteigert und auch an diese Firma bezahlt. Der von ihm überwiesene Betrag beinhalte die Provisionsgebühren vom Einbringer-Verkäufer und vom Käufer (9 %) plus die Versandgebühr. Für die Provisionsgebühren seien die Steuern von X entrichtet worden. Die Provisionsgebühr, die dem Einbringer von X vom Kaufpreis abgezogen worden sei, wäre ihm nicht bekannt. Für diesen Betrag müsse X mit Sitz in der Europäischen Union die Mehrwertsteuer entrichten. Der Bf sei Besteller und Käufer von X und hätte mit dem türkischen Absender keinen Kontakt gehabt.
Mit Schreiben vom wurde der Bf vom Zollamt aufgefordert, die in der Beschwerde angesprochene Rechnung Nr. 0 der Spedition sowie einen Zahlungsnachweis über den tatsächlich bezahlten Warenwert und einen Nachweis über den überwiesenen Betrag, der die Provisionsgebühr beinhaltet, vorzulegen.
In weiterer Folge hat der Bf die gewünschte Rechnung sowie den Ausdruck eines Überweisungsbelegs vorgelegt. Aus dem Beleg sei ersichtlich, dass er einen Betrag von EUR 266,91 an das Versteigerungshaus X bezahlt habe. Der Betrag beinhalte den Warenwert, der ihm nicht genau bekannt sei, die Provisionsgebühr, die dem Verkäufer vom Auktionshaus abgezogen wurde, die Provisionsgebühr des Bf von 9 % und die Versandkosten. Der türkische Verkäufer habe einen Vertrag mit dem Auktionshaus. Wie viel ihm vom Ersteigerungsbetrag von EUR 199,00 abgezogen worden sei, sei dem Bf nicht bekannt.
Im Rahmen des Parteiengehörs hat der Bf mit Schreiben vom ergänzend vorgebracht, die der Sendung beigelegte Rechnung des Verkäufers sei nicht beachtet worden. Der Betrag von EUR 249,00 beinhalte die Versandkosten und den Gewinn von X. Für diesen Gewinn seien vom Auktionshaus in der EU Steuern zu zahlen. Der Verkäufer sei von X bezahlt worden und dieser Betrag sollte vom Zollamt - abzüglich der Versandkosten - für die Abfertigung herangezogen werden.
Das Zollamt hat der Beschwerde nicht stattgegeben (Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: 320000/00000/2017).
Mit Schreiben vom hat der Bf die Vorlage der Beschwerde beantragt. Die Beschwerde bezüglich Einbeziehung von Gewinn einer in der EU ansässigen Firma und der Versandkosten in den herangezogenen Rechnungsbetrag werde dahingehend ergänzt, dass nachweislich für eingeführte Waren aus anderen Staaten (CH, USA) die Wertberichtigung (Feld Nr. 45 der Zollanmeldung) nicht durchgeführt worden wäre. Die Gleichheit laut ABGB sei bei der Entscheidung nicht gegeben.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die bei der Überlassung zum freien Verkehr herangezogene Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Abgaben.
Die Höhe des Zolls richtet sich im verfahrensgegenständlichen Fall nach der Stückzahl. Der Rechnungsbetrag wirkt sich darauf also nicht aus. Anders verhält es sich hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer.
Nach § 5 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG 1994) wird der Umsatz bei der Einfuhr (§ 1 Abs. 1 Z 3) nach dem Zollwert des eingeführten Gegenstandes bemessen.
Nach § 5 Abs. 4 UStG 1994 sind dieser Bemessungsgrundlage ua die im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld auf den Gegenstand entfallenden Beträge an Zoll hinzuzurechnen, wenn diese Abgabe anlässlich oder im Zusammenhang mit der Einfuhr von "Gegenständen" von den Zollämtern zu erheben sind. Ebenfalls hinzuzurechnen sind die auf den eingeführten Gegenstand entfallenden Nebenkosten wie Beförderungs-, Versicherungs-, Verpackungskosten, Provisionen und Maklerlöhne bis zum ersten Bestimmungsort im Gebiet eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union. Das gilt auch, wenn sich diese Nebenkosten aus der Beförderung nach einem anderen in der Gemeinschaft gelegenen Bestimmungsort ergeben, der im Zeitpunkt des Entstehens der Einfuhrumsatzsteuer bekannt ist.
Nach der genannten Bestimmung sind der Bemessungsgrundlage für die Einfuhr im vorliegenden Fall jedenfalls der Zoll (EUR 0,80) und die Beförderungskosten (EUR 50,00) hinzuzurechnen.
Art. 69 UZK lautet:
"Der Zollwert von Waren wird für die Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs und nichttarifärer Maßnahmen, die in Unionsvorschriften zu bestimmten Bereichen des Warenverkehrs geregelt sind, nach den Art. 70 und 74 ermittelt."
Vorrangige Grundlage für den Zollwert von Waren ist nach Art. 70 UZK der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, der erforderlichenfalls anzupassen ist.
Der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis ist die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer oder der Käufer an einen Dritten zugunsten des Verkäufers für die eingeführten Waren leistet oder zu leisten hat, und schließt alle Zahlungen ein, die als Voraussetzung für den Verkauf der eingeführten Waren tatsächlich geleistet werden oder zu leisten sind.
Aus den X Nutzungsbedingungen (im Internet einsehbar) geht Folgendes hervor:
Der über die Online-Plattform zustande gekommene Kaufvertrag wird zwischen dem Verkäufer auf der einen Seite und dem Käufer eines bestimmten Objektes auf der anderen Seite geschlossen. Der Kaufvertrag kommt als Folge des automatischen Zuschlags zustande. X ist keine Partei des Kaufvertrages.
Käufer ist der Nutzer, der über die Online-Plattform einen Kaufvertrag mit dem Verkäufer schließt.
Kaufbetrag ist der Betrag des höchsten Gebotes (das ist ein von einem Nutzer für ein Produkt gebotener Betrag, inklusive Mehrwertsteuer und Gebühren, falls zutreffend zuzüglich Käuferprovision), den der Käufer dem Verkäufer schuldet.
Käuferprovision ist der von X über die Online-Plattform mitgeteilte Prozentsatz der Kaufsumme, die der Käufer X nach dem Zuschlag für die Nutzung des Webdienstes schuldet, inklusive MwSt.
Verkäuferprovision ist der von X auf der Online-Plattform mitgeteilte Prozentsatz der Kaufsumme, den der Verkäufer X für die Nutzung des Webdienstes schuldet, zuzüglich MwSt., falls zutreffend und möglicher anderer Steuern und/oder (z.B. Quellensteuer), Zölle und Abgaben, die fällig sein können, welche bei der Auszahlung des Kaufpreises zurückgehalten werden.
Nachdem die Online-Auktion beendet ist, muss der Käufer den Kaufpreis und die Käuferkommission auf der Grundlage der Zahlungsanweisungen bezahlen. Nachdem der Käufer den Kaufbetrag und die Käuferkommission bezahlt hat, wird die Kaufsumme (nach Abzug der Verkäuferprovision) an den Verkäufer ausgezahlt.
Laut vorliegendem Bankbeleg hat der Bf für die ersteigerte Uhr einen Betrag von EUR 266,91 an X überwiesen.
In der Rechnung, die der Zollanmeldung angeschlossen ist, ist ein Gesamtbetrag (Warenwert zuzüglich Beförderungskosten) von EUR 249,00 ausgewiesen. Die vom Bf gezahlte Käuferprovision in Höhe von 9 % ist im Rechnungsbetrag nicht enthalten. Eine andere Rechnung (siehe Einwand des Bf im Schreiben vom ) liegt laut Aktenlage nicht vor.
Zu klären ist, ob einerseits die Verkäuferprovision und andererseits die Käuferprovision in den Zollwert der ersteigerten Ware einzubeziehen sind.
Zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung am lag ein Kaufgeschäft zwischen dem türkischen Verkäufer und dem Bf vor. Der Zollwert kann daher nach der Transaktionswertmethode ermittelt werden.
Die vom Verkäufer an X zu entrichtende Provision in unbekannter Höhe stellt eindeutig eine Verkaufsprovision dar, die nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. a) Ziffer i) UZK in den Zollwert einzubeziehen ist (vgl. Müller-Eiselt/Vonderbank, EU-Zollrecht, Zollwert, Fach 4232, Rn 44ff).
Auch die vom Bf an X zu entrichtende Käuferprovision, bei der es sich im Hinblick auf die oa Nutzungsbedingungen um eine abgespaltene Verkaufsprovision handelt, ist in den Transaktionswert und damit in den Zollwert der versteigerten und eingeführten Ware nach Art. 70 UZK einzubeziehen.
Gemäß § 59 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) gilt die Mitteilung nach Art. 102 Abs. 1 des Zollkodex als Abgabenbescheid.
Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht gemäß § 279 Abs. 1 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Als Transaktionswert wurde vom Zollamt der Rechnungsbetrag laut der der Zollanmeldung angeschlossenen Rechnung Nr herangezogen. Im Hinblick auf § 5 Abs. 4 Z 3 UStG 1994 sind die Beförderungskosten Teil der Bemessungsgrundlage für die Einfuhr und daher nicht abzuziehen.
Auch ein Abzug der (nicht getrennt ausgewiesenen) Verkäuferprovision kommt nicht in Betracht, da eine derartige Provision, die bei der gegenständlichen Online-Auktion im Kaufpreis enthalten ist, nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. a) Ziffer i) UZK Bestandteil des Transaktionswerts ist. Das Auktionshaus mit Sitz in der EU behält die im Kaufbetrag enthaltene Verkäuferprovision, die der Verkäufer X für die Nutzung des Webdienstes schuldet, ein.
Überdies ist jedoch auch die in der Rechnung Nr nicht enthalten Käuferprovision in Höhe von 9 %, die der Bf laut Überweisungsbeleg an X gezahlt hat, Bestandteil des Transaktionswerts. Diese Provision ist laut den X Nutzungsbedingungen Teil des Gebotes und somit vom Käufer zu tragen. Auch sie verbleibt als Gegenleistung für die Nutzung des Webdienstes beim Auktionshaus. Dem für die eingeführte Ware tatsächlich gezahlten Preis ist diese Provision daher bei der Ermittlung des Zollwerts hinzuzurechnen (vgl BFH, Beschluss vom , VII R 25/10 betreffend zollwertrechtliche Behandlung eines von einem Auktionshaus berechneten Aufgelds).
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden und eine Neuberechnung der Einfuhrumsatzsteuer vorzunehmen.
Die Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer beträgt aus den angeführten Gründen EUR 266,91 (Rechnungsbetrag + 9 % Käuferprovision) zuzüglich Zoll, insgesamt also EUR 267,71. Daraus ergibt sich ein Einfuhrumsatzsteuerbetrag von EUR 53,54.
Für die buchmäßige Erfassung ist die Abgabenbehörde zuständig.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur zollwertrechtlichen Behandlung von Verkäufer- und Käuferprovisionen bei Online-Auktionen fehlt, ist die Revision zulässig.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 5 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 5 Abs. 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 70 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1 Art. 71 Abs. 1 Buchstabe a Z i UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1 |
Verweise | BFH , VII R 25/10 |
Zitiert/besprochen in | Klumpner in BFGjournal 2017, 470 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7200128.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at