Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.11.2017, RV/5101856/2015

Pendlerpauschale 2013 - Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RR

in der Beschwerdesache

BF, Adr1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom , Steuernummer, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013

zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem am Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt, das einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bildet, zu entnehmen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf:

1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf) war im Jahr 2013 als Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester auf der Abteilung der KH in Ort tätig und bezog aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ihr Wohnort war in Wohnort; ihre Arbeitsstätte befand sich in Arbeitsort.

2. Im Rahmen der Lohnverrechnung für das Jahr 2013 wurde von ihrem Arbeitgeber das große Pendlerpauschale (Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar) für eine Wegstrecke über 60 km iHv 3.672,00 € berücksichtigt.
Dieser Vorgangsweise lag die „Erklärung zur Berücksichtigung des Pendler-Pauschales ab “ vom zugrunde, wonach die kürzeste Strecke (Autokilometerangabe) zwischen Arbeitsstätte und Wohnung 60 km betrage und zu Arbeitsbeginn oder –ende an mehr als der Hälfte der Arbeitstage kein öffentliches Verkehrsmittel verkehre.

3. In ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 beantragte die Bf die Berücksichtigung von Sonderausgaben und des kleinen Pendlerpauschales (Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar) für Wegstrecken von mehr als 60 km iHv 2.016,00 € und einen Pendlereuro iHv 132,00 € (entspricht einer Wegstrecke von 66 km).

4. Aufgrund der Berücksichtigung des (erklärungsgemäß) niedrigeren Pendlerpauschales im Rahmen der Veranlagung wies der Einkommensteuerbescheid 2013 vom eine Nachforderung aus.

5. Dagegen erhob die Bf mit Schreiben vom Beschwerde, dies mit der Begründung, dass ihr in der Berechnung des Pendlerpauschales ein Fehler passiert sei. Der Beschwerde wurde ein ausgefülltes Formular beigelegt, wonach die einfache Wegstrecke zwischen Wohn- und Arbeitsort 64 km und das monatliche (große) Pendlerpauschale 306,00 € betrug.

6.1. Mit Schreiben vom wurde die Bf um Mitteilung der genauen Adressen von Wohnort und Arbeitsplatz sowie insbesondere der vorwiegenden Arbeitszeiten gebeten. 

6.2. Nach mehrmaliger Urgenz wurde von ihr im Wesentlichen mitgeteilt, dass sie als Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester auf der Abteilung der KH arbeite. Ihre genauen Arbeitszeiten: Tagdienst von 06:45 Uhr bis 17:45 Uhr, Nachtdienst von 17:30 Uhr bis 07:00 Uhr (Arbeitstage variierten je nach Dienstplan, im Durchschnitt pro Woche drei Tagdienste und ein Nachtdienst, beinhaltend je nach Dienstplan auch Samstage, Sonn- und Feiertag).

7. In der Folge wurden seitens des Finanzamtes am Pendlerrechner-Abfragen für eine Dienstzeit von 06:45 bis 17:45 Uhr jeweils für einen Samstag und einen Sonntag durchgeführt. Die Abfrage für Samstag ergab eine Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 82 km mit Zumutbarkeit der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels; jene für Sonntag ergab eine Entfernung von 57 km ohne Zumutbarkeit eines öffentlichen Verkehrsmittels.

8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, dass laut Dienstplan die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf der überwiegenden Strecke möglich und zumutbar wäre. Es stünde daher für 2013 das kleine Pendlerpauschale iHv 2.016,00 € für mehr als 60 km zu.

9. Mit Eingabe vom stellte die Bf einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) und führte begründend im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Angaben des Pendlerpauschales zum Lohnsteuerausgleich 2013 seien nach den damals gültigen Grundlagen und KM Rechner 2013 des BMF erstellt worden. Völlig unbegründet sei jedoch hierfür die Erklärung/Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros ab herangezogen worden. In der Ausübung ihres Berufes als DKGS habe sie nicht immer gleichbleibende geregelte Arbeitszeit, sondern Tag-, Nacht-, Werk-, Samstag-, Sonntag- und Feiertagsdienste. Da sie keine gleitende Arbeitszeit nutzen könne, sei ihr auf der überwiegenden Strecke die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht möglich. Sie fühle sich in ihren Rechten verletzt und fordere die positive Erledigung ihrer Beschwerde.

10.1. In der Folge wurden seitens des Finanzamtes vom Arbeitgeber die Pendlerpauschalanträge der Bf sowie die Jahreslohnzettel 2013 und 2014 angefordert.

10.2. Diesem Ersuchen wurde mit Schreiben vom entsprochen:
Aus der „Erklärung zur Berücksichtigung des Pendler-Pauschales ab “ – unterfertigt von der Bf am – geht hervor, dass die kürzeste Strecke (Autokilometerangabe) zwischen Arbeitsstätte und Wohnung (im Jahr 2013: Wohnort) 60 km betrug und zu Arbeitsbeginn oder –ende an mehr als der Hälfte der Arbeitstage kein öffentliches Verkehrsmittel verkehrte.
Aus der am von der Bf unterfertigten  „Erklärung/Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro ab “ geht bei geänderter Adresse des Wohnortes (ab 2014: Adr2) eine kürzeste Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 62 km und die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel hervor (dies für einen Arbeitsbeginn um 06:45 Uhr und ein Arbeitsende um 17:45 Uhr; abgefragter Tag Freitag ). Es wurde daher das große Pendlerpauschale iHv 3.672,00 € und ein Pendlereuro iHv 142 € jährlich ausgewiesen. Das große Pendlerpauschale war laut den vom Arbeitgeber vorgelegten Lohnzetteln auch für die Jahre 2013 und 2014 berücksichtigt worden.

11. Mit Vorlagebericht vom wurde die gegenständliche Beschwerde vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Darin gestand die belangte Behörde der Bf zu, dass die Pendlerverordnung erst ab 2014 anwendbar sei. Die Ergebnisse des Pendlerrechners seien aber für Zwecke der Plausibilitätsprüfung heranzuziehen. Die Grundsätze hinsichtlich der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel (max. 120 Minuten je Wegstrecke) hätten sich 2014 gegenüber 2013 nicht geändert.
Festgehalten wurde vor allem, dass aufgrund der von der Bf gemachten Angaben, wonach im Durchschnitt pro Woche 3 Tage Tagdienst und ein Nachtdienst anfalle, davon ausgegangen werden könne, dass überwiegend im Lohnzahlungszeitraum Tagdienst (06:45 bis 17:45 Uhr) verrichtet worden sei. Bei Tagdienst sei die Wegstrecke Wohnsitzgemeinde – Ort bzw. Ort – Wohnsitzgemeinde innerhalb von 120 Minuten zu bewältigen (104 – 117 Minuten). Diesbezüglich wurde auf die Screenshots aus dem Pendlerrechner verwiesen. Danach betrug der Zeitaufwand bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Hinfahrt zur Arbeitsstätte bei Dienstbeginn 06:45 Uhr an einem Wochentag und an einem Samstag (Daten der Berechnung: Mittwoch, sowie Samstag, ) 117 Minuten (Wegstrecke 60 km), jener für die Rückfahrt 104 Minuten (79,6 km bzw. 80,2 km).
Der Vorlagebericht wurde der Bf vom Finanzamt anlässlich der Vorlage an das Bundesfinanzgericht zur Kenntnis übermittelt.

12.1. Mit Schreiben vom wurden der Bf vom Bundesfinanzgericht folgende Unterlagen übermittelt:
- Ausdruck aus dem Routenplaner "Google Maps", aus dem hervorgeht, dass die Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Jahr 2013 in 40 Minuten (über Autobahn; 55,44 km) bzw. 59 Minuten (über Bundesstraße; 67,8 km) zu bewältigen gewesen war;
- die vom Finanzamt (im Vorlagebericht angesprochenen) Screenshots aus dem Pendlerrechner, aus denen für die abgefragten Tage Mittwoch, , und Samstag, , (Dienstzeit jeweils von 06:45 Uhr bis 17:45 Uhr) eine Dauer für die Bewältigung des Arbeitsweges mit öffentlichen Verkehrsmitteln von 117 Minuten (morgens) bzw. 104 Minuten (abends) hervorging.
In diesem Zusammenhang wurde angemerkt, dass es zwar richtig sei, dass die Ergebnisse des Pendlerrechners rechtlich verbindlich erst ab heranzuziehen seien, diese aber im Rahmen der Beweiswürdigung auch bereits für das Jahr 2013 herangezogen werden könnten, da in der Regel nicht von einer wesentlichen Änderung der Streckenverhältnisse sowie des Angebots an öffentlichen Verkehrsmitteln gegenüber 2014 ausgegangen werden könne.
Weiters wurde auf die Rechtsprechung zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel hingewiesen. Die Bf wurde um Stellungnahme, insbesondere um Mitteilung samt belegmäßiger Untermauerung, falls die Zeit- bzw. Kilometerangaben laut Google Maps oder die Berechnungen des Pendlerrechners in ihrem Fall im Jahr 2013 nicht zutreffen sollten, gebeten.

12.2. In ihrer Stellungnahme(E-Mail vom ) teilte die Bf mit, dass sie die Ausführungen zur Kenntnis nehme und keine Einwendungen habe.

12.3. Im Rahmen eines Telefonates vom verzichtete der Vertreter der belangten Behörde auf die Übermittlung der Unterlagen des Vorhaltsverfahrens, da sie keine neuen Erkenntnisse in Bezug auf den Sachverhalt ergaben. Über die Bemessung der Fahrtstrecke laut Ausweis auf den Ausdrucken laut Pendlerrechner mit gerundet 81 km wurde Einvernehmen hergestellt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:


 

I) Sachverhalt:

Das Bundesfinanzgericht stellte auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Bf war im Jahr 2013 als Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester in einem Krankenhaus tätig. Ihren Dienst versah sie von abwechselnd im Rahmen von Tagdiensten von 06:45 Uhr bis 17:45 Uhr und Nachtdiensten von 17:30 Uhr bis 07:00 Uhr, wobei hier auch Samstage, Sonn- und Feiertage umfasst waren. Im Durchschnitt fielen pro Woche drei Tagdienste und ein Nachtdienst an.
Die Fahrtstrecke zwischen der Wohnung in Wohnort, und der Arbeitsstätte in Arbeitsort, betrug bei Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel überwiegend gerundet 81 km und war bei Absolvierung der Tagdienste in einer Zeit von 117 Minuten (morgens) bzw. 104 Minuten (abends) zu bewältigen.
Bei Verwendung eines Kfz konnte die Fahrtstrecke über die Autobahn (55,4 km) in 40 Minuten und über die Bundesstraße (67,8 km) in 59 Minuten zurückgelegt werden.

II) Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich vor allem aus den mit dem Vorlagebericht elektronisch übermittelten bezughabenden Akten des Finanzamtes.
Darin befand sich eine Stellungnahme der Bf, aus der Art und Zeiten ihrer Dienstverrichtung im Krankenhaus hervorgingen (pro Woche durchschnittlich drei Tagdienste von 06:45 Uhr bis 17:45 Uhr und ein Nachtdienst von 17:30 Uhr bis 07:00 Uhr unter Einbeziehung von Samstagen, Sonn- und Feiertagen).
Außerdem wurden vom Finanzamt auch Screenshots von Pendlerrechnerabfragen für Mittwoch, , und Samstag, , jeweils für eine Dienstzeit von 06:45 bis 17:45 Uhr vorgelegt, aus denen Fahrtstrecken mit dem öffentlichen Verkehrsmittel von gerundet 80 km am Samstag und gerundet 81 km am Mittwoch sowie die im Sachverhalt angeführten Fahrzeiten von 104 bzw. 117 Minuten hervorgingen.
Wenn auch die Ergebnisse des Pendlerrechners, wie unten unter dem Punkt "Rechtliche Beurteilung" näher zu erläutern sein wird, für das Jahr 2013 noch nicht rechtlich bindend sind, stellen sie dennoch einen Beweis dafür das, welche Massenbeförderungsmittel der Bf für die Bewältigung ihres Arbeitsweges in kürzester Zeit zur Verfügung standen, dies schon im Hinblick darauf, dass davon auszugehen ist, dass sich Streckenverhältnisse sowie Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln 2014 gegenüber 2013 nicht (wesentlich) geändert haben.
Diese Beweiskraft der Ergebnisse des Pendlerrechners ergibt sich umso mehr, als bereits in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (siehe 2113 BlgNR XXIV. GP, 2 und 4) zu der ab 2013 neu geregelten Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 im Zusammenhang mit der maßgeblichen Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte dezidiert auf den bereit zu stellenden "Entfernungsrechner auf der Internetseite des BMF" hingewiesen wurde.
Die vom Finanzamt angefertigten Screenshots aus dem Pendlerrechner wurden der Bf vom Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom nachweislich zur Kenntnis übermittelt und um belegmäßige Untermauerung ersucht, falls die sich daraus ergebenden Informationen in ihrem Fall im Jahr 2013 nicht zugetroffen hätten.
Außerdem wurden vom Bundesfinanzgericht Ausdrucke aus dem Routenplaner Google Maps betreffend die Entfernung von Wohnung und Arbeitsstätte der Bf erstellt. Auch diesbezüglich wurde die Bf unter gleichzeitiger Übermittlung um Stellungnahme gebeten, falls die sich daraus ergebenden Kilometer- und Zeitangaben (Zurücklegung der Strecke von 55,4 km über die Autobahn in 40 Minuten und von 67,8 km über die Bundesstraße in 59 Minuten) in ihrem Fall im Jahr 2013 nicht zugetroffen hätten.
Die Bf nahm die Ausführungen laut Schreiben vom samt übermittelten Unterlagen zur Kenntnis und erhob dagegen keine Einwendungen (siehe E-Mail vom ).
Für die Bemessung der Fahrtstrecke bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel (gerundet 81 km) für Belange der Berechnung des Pendlereuros wurden die Ausdrucke des Pendlerrechners als Beweismittel herangezogen. Diesbezüglich wurde auch Einvernehmen mit der belangten Behörde hergestellt.

III) Rechtliche Beurteilung:

A) Rechtsgrundlagen:

1) Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 in der für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2013 geltenden Fassung sind Werbungskosten unter anderem auch
"Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:
a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.
….
c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:
Bei mindestens 20 km bis 40 km 696 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km 1 356 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km 2 016 Euro jährlich.
d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:
Bei mindestens 2 km bis 20 km 372 Euro jährlich,
bei mehr als 20 km bis 40 km 1 476 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km 2 568 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km 3 672 Euro jährlich.    
…."

2) § 5 Abs. 1 der Pendlerverordnung , BGBl II 276/2013, lautet folgendermaßen (Fettdruck durch das Bundesfinanzgericht):
"(1) Diese Verordnung ist vorbehaltlich des Abs. 2 anzuwenden, wenn
1. die Einkommensteuer veranlagt wird, erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2014,
2. die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben oder durch Veranlagung festgesetzt wird, für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem enden."

3) Gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 in der für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung steht bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.

(Anmerkung: Fettdruck durch das Bundesfinanzgericht)

B) Erwägungen:

1. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren war strittig, ob der Bf im Jahr 2013 für die Zurücklegung ihres Weges zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar gewesen war.

Die Beantwortung dieser Frage war maßgeblich für die Beurteilung, ob ihr das sog. "große Pendlerpauschale" gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 in Höhe von 3.672,00 € (Wegstrecke von mehr als 60 km bei Unzumutbarkeit der Verwendung eines öffentlichen Verkehrsmittels) oder lediglich das "kleine Pendlerpauschale" in Höhe von 2.016,00 € (Wegstrecke von mehr als 60 km bei Zumutbarkeit der Verwendung eines öffentlichen Verkehrsmittels) zustand.

2. Zur Anwendbarkeit der Pendlerverordnung:

Wie sich aus der oben zitierten Bestimmung des § 5 der Pendlerverordnung ergibt, sind die Pendlerverordnung sowie die Berechnungen des durch diese eingerichteten Pendlerrechners erst ab dem Jahr 2014 anwendbar.
Es war daher den Ausführungen der Bf in ihrer Beschwerde und ihrem Vorlageantrag zuzustimmen, dass die Pendlerverordnung für die Gewährung des Pendlerpauschales im Jahr 2013 grundsätzlich noch keine bindende Rechtsgrundlage darstellen konnte.
Wie oben unter dem Punkt "Beweiswürdigung" ausgeführt, war den Berechnungen des Pendlerrechners allerdings, wie auch von der belangten Behörde ins Treffen geführt, im Rahmen der Beweiswürdigung bei Bemessung der Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine Indizwirkung zuzubilligen.

3. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 ist die Zuerkennung des großen Pendlerpauschales dann möglich, wenn "dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar" ist.

3.1. Was unter dem Begriff "Zumutbarkeit" zu verstehen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Zur Auslegung dieses unbestimmten Gesetzesbegriffes gibt es aber bereits umfangreiche Entscheidungspraxis des Unabhängigen Finanzsenates sowie vor allem auch Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den diesbezüglich gleichlautenden Vorgängerbestimmungen.

So haben der Unabhängige Finanzsenat und das Bundesfinanzgericht in ihren jüngsten Entscheidungen regelmäßig darauf hingewiesen, dass bei Überschreiten der Wegzeit von 90 Minuten für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel dessen Benützung dann zumutbar ist, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lang dauert wie die Fahrzeit mit dem KFZ (; -F/12; ; -F/11; -K/12).

Vor allem hat aber auch der Verwaltungsgerichtshof wesentliche Aussagen zum Kriterium der "Zumutbarkeit" getroffen. Im Zusammenhang mit der im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerbestimmung hat er diesbezüglich auf die eindeutigen Aussagen in den Gesetzesmaterialien hingewiesen (siehe zB ).

Die ErlRV zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 , 621 BlgNR XVII. GP, 75, führten Folgendes aus:

"Unzumutbar' sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit den Massenbeförderungsmitteln als mit dem eigenen KFZ; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen." 
(Anmerkung: Fettdruck durch Bundesfinanzgericht)

3.2. Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw. (, unter Verweis auf Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 16 Rz 53, sowie zB , und ).

4. Im gegenständlichen Fall betrug die Wegzeit für die Zurücklegung der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
- mit dem öffentlichen Verkehrsmittel mindestens 104, maximal 117 Minuten und
- mit dem PKW mindestens 40, maximal 58 Minuten.

Die Fahrzeit mit dem Massenbeförderungsmittel war daher weniger als dreimal so lang als die Fahrzeit mit dem PKW.

Die Benützung eines Massenbeförderungsmittels war demzufolge zumutbar.

5.1. Ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, bemisst sich die für das Pendlerpauschale maßgebliche Entfernung nach den Streckenkilometern des Massenbeförderungsmittels samt allfälliger Straßenkilometer und Gehwege (Schubert in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 16 Anm. 85).

5.2. Diese Definition entspricht grundsätzlich jener, die sich für die Bemessung der "Weg- bzw. Fahrtstrecke" nach der Judikatur zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 in der bis BGBl I 53/2013 geltenden Fassung herauskristallisiert hat, dies auch bereits unter Beachtung der geographisch-objektivierbaren Parameter, wie sie in der Folge durch den sog. Pendlerrechner auf Basis der Pendlerverordnung zum Ausdruck gebracht wurden (siehe hiezu auch ).

5.3. Die für die Bemessung des Pendlereuros heranzuziehende Fahrtstrecke ist jene, die auch für das Pendlerpauschale maßgeblich ist (Schubert in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 33 Anm. 129c).

5.4. Aus den vom Finanzamt übermittelten Ausdrucken aus dem Pendlerrechner geht hervor, dass diese Fahrtstrecke, die an Wochentagen (siehe Mittwoch) bestimmend war, überwiegend gerundet 81 km betrug.

6. Ergebnis:

6.1. Aufgrund obiger Erwägungen war gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 in der für das beschwerdegegenständliche Jahr 2013 geltenden Fassung ein "kleines" Pendlerpauschale in Höhe von 2.016 € (Entfernung Wohnung - Arbeitsstätte mehr als 60 km, Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels) zu gewähren.
Da dieses bereits im angefochtenen Bescheid berücksichtigt worden war, war dieser aufgrund der Beschwerde diesbezüglich nicht abzuändern und konnte dem Beschwerdebegehren insofern nicht Rechnung getragen werden.

6.2. Der Pendlereuro war jedoch im angefochtenen Bescheid lediglich mit 132,00 € (das entspricht einer Wegstrecke von 66 km) in Ansatz gebracht worden.
Bei einer nunmehr erwiesenen einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 81 km und Ansatz von zwei Euro pro Kilometer beträgt dieser nach der zitierten Bestimmung jedoch 162 € (2 € x 81 km).
Der angefochtene Bescheid war daher vom Bundesfinanzgericht im Rahmen seiner Abänderungsbefugnis gemäß § 279 Abs. 1 BAO konsequenterweise entsprechend abzuändern.

IV) Zum Abspruch über die Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird ( Art. 133 Abs. 4 B-VG ).

Im gegenständlichen Fall war die Frage der Zumutbarkeit der Benützung eines öffentlichen Massenbeförderungsmittels zur Zurücklegung der Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte strittig. Diese Frage war im Rahmen der Beweiswürdigung bezogen auf den im Einzelfall konkret vorliegenden Sachverhalt zu lösen. Es lag sohin keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Linz, am

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