Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.11.2017, RV/7105847/2015

Vorliegen eines haftungsbegründenden Sachverhaltes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Dr. Fritz Pfister, Hackhofergasse 8, 1190 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Haftung gemäß § 9 BAO, zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird insoweit Folge gegeben, als die Haftung auf € 10.757,04 anstatt € 14.238,41 eingeschränkt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Aufforderung vom hielt die Abgabenbehörde dem Beschwerdeführer (Bf) vor, dass auf dem Abgabenkonto der D-GmbH Abgabenrückstände in Höhe von € 14.238,41 aushafteten, deren Einbringung bisher vergeblich versucht worden sei, und führte wie folgt aus:

„Der Rückstand besteht infolge Nichtentrichtung der Umsatzsteuer für den Zeitraum 2010 und der Lohnabgaben 2008 bis 2010; Aufgliederung siehe beil. Rückstandsausweis vom .

Sie sind seit im Firmenbuch Geschäftsführer der Firma D-GmbH und daher gemäß § 18 GmbHG zur Vertretung der Gesellschaft berufen.

Gemäß § 80 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden; sie sind daher verpflichtet, die Abgaben aus den Mitteln der Gesellschaft zu entrichten.

Sie werden ersucht bekanntzugeben, ob die Firma D-GmbH zum Zeitpunkt der Fälligkeit der im beil. Rückstandsausweis verzeichneten Abgaben über finanzielle Mittel verfügte, die die Entrichtung der nunmehr rückständigen Abgaben ermöglichten.

Infolge Uneinbringlichkeit des Rückstandes bei der Firma D-GmbH werden Sie als gesetzlicher Vertreter (Geschäftsführer) der Gesellschaft gemäß den Bestimmungen der §§ 224 i.V.m. 9 und 80 Bundesabgabenordnung zur Haftung herangezogen werden, es sei denn Sie können beweisen, dass Sie ohne Ihr Verschulden daran gehindert waren, für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. In diesem Zusammenhang wird Ihnen Folgendes zur Kenntnis gebracht: Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zu den Bestimmungen der §§ 9 und 80 BAO darauf hingewiesen, dass es gemäß §1298 ABGB Sache des Vertreters ist, die Gründe darzutun, aus denen ihm die Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten unmöglich war, widrigenfalls die Behörde zu der Annahme berechtigt ist, dass er seiner Pflicht schuldhafter Weise nicht nachgekommen ist (vgl. VwGH-Erkenntnis vom , ZI. 96/08/0206, und die darin zit. Vorjud.). In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist es im abgabenrechtlichen Haftungsverfahren nicht nur Sache des haftungspflichtigen Geschäftsführers darzulegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Abgabenschulden rechtzeitig - zur Gänze oder zumindest anteilig - entrichtet wurden, sondern auch, dafür entsprechende Beweisanbote zu erstatten.

Sie werden daher aufgefordert anzugeben, ob im Zeitraum, in dem Sie als Vertreter der Firma D-GmbH für die Bezahlung der die Gesellschaft treffenden Abgaben verantwortlich waren, aus Gesellschaftsmitteln andere anfallende Zahlungen (z.B. Kredit- od. Leasingraten, Lieferantenzahlungen, Lohnzahlungen, Zahlungen an die Krankenkassa, etc.) geleistet worden sind. Gegebenenfalls werden Sie ersucht, die Zahlungsempfänger, die Höhe der Verbindlichkeiten gegenüber den Zahlungsempfängern und die Höhe der Tilgung der einzelnen Verbindlichkeiten bekanntzugeben. Die Zahlungsverpflichtungen und die Zahlungen sind durch Vorlage der entsprechenden Unterlagen nachzuweisen.

Zur Erbringung dieses Beweises wird Ihnen eine Frist innerhalb eines Monates ab Zustellung gewährt. Weiters werden Sie ersucht, beiliegenden Fragebogen betreffend Ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb obiger Frist ausgefüllt zu retournieren.

Sollte keine Beantwortung erfolgen, wird ein Haftungsbescheid, w.o. angeführt, ausgestellt werden.“

Mit Eingabe vom brachte der Bf vor, dass er als Geschäftsführer der Gesellschaft wegen Überschuldung der D-GmbH (nicht wegen Zahlungsstockung) die Insolvenz beim Handelsgericht Wien eingereicht habe.

Damit sei es möglich gewesen, eine Gläubigerschädigung bzw. eine Benachteiligung von Gläubigern durch gleichmäßige Befriedigung zu verhindern.

Mit Haftungsbescheid vom nahm die Abgabenbehörde den Bf als Haftungspflichtigen gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 ff. BAO für die folgenden aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma D-GmbH, Firmenbuchnummer Nr1, Adr1, im Ausmaß von € 14.238,41 in Anspruch.


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Abgabenart
Zeitraum
Höhe in Euro
Umsatzsteuer
2010
11.974,50
Kammerumlage
1-12/2007
120,40
Kammerumlage
1-12/2008
220,20
Kammerumlage
1-12/2009
202,06
Kammerumlage
1-12/2010
63,68
Dienstgeberbeitrag
2008
260,01
Dienstgeberbeitrag
2009
1.201,54
Dienstgeberbeitrag
2010
81,90
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2009
106,80
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2010
7,32
Summe
14.238,41

Zur Begründung wurde ausgeführt:

„Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen vertretenen obliegen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 leg.cit. haften die in § 80 Abs. 1 Ieg.cit. erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis. Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergibt sich, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

Lt. Firmenbuch sind Sie seit unbestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma D-GmbH (FN Nr1), also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen. Sie waren somit auch verpflichtet, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer ist Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und Abs. 2 und des § 16 leg. cit., selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebene Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für das Jahr 2010 wurde die Umsatzsteuer festgesetzt bzw. rechtskräftig veranlagt, jedoch nicht entrichtet.

In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers ist, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gem. § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden darf (, 0038).

Demnach haftet der Geschäftsführer für die nichtentrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.

Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für ausstehende Dienstgeberbeiträge und Dienstgeberzuschläge wäre es Ihre Pflicht gewesen, für eine zeitgerechte Abfuhr Sorge zu tragen. Sie hingegen haben die Abfuhr der angeführten fälligen Beträge unterlassen. In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung ist jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken.

Hinsichtlich anderer Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person nicht erfolgsneutral sind, ist es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet wurden, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht. Außerdem trifft den Haftenden (§ 77 Abs. 2 BAO) die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 Ieg. cit.) wie den Abgabenpflichtigen, sodass er zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat.

Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer hat daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen. Außerdem hat er darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat (vgl. Erk. des ; , 85/17/0035 und , 87/14/0148).

Da Sie Ihren abgabenrechtlichen Verpflichtungen im angeführten Umfang nicht nachgekommen sind und die Abgaben bei der o. a. Gesellschaft uneinbringlich sind, war wie im Spruch zu entscheiden.

Letztlich wird auf die Bestimmungen des § 7 Abs. 2 BAO verwiesen, wonach sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche erstrecken. Ebenso sind Zwangs- u. Ordnungsstrafen im Wege der Geschäftsführerhaftung geltend zu machen.“

Mit Eingabe vom legte der Bf das Rechtsmittel der Berufung dagegen ein, beantragte die Aufhebung des Bescheides wegen Nichtigkeit und führte zur Begründung aus, dass er wegen Illiquidität der D-GmbH die Insolvenz beantragt habe. Da ihm als Geschäftsführer keine liquiden Mittel zur Verfügung gestanden seien, hätten die im Haftungsbescheid geltend gemachten Abgabenschuldigkeiten nicht bezahlt werden können.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Berufung als unbegründet ab.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass mit an den steuerIichen Vertreter ein Vorhalt zur Beibringung von Unterlagen betreffend der Verfügbarkeit liquider Mittel ergangen sei. Bis Dato seien keine Beantwortung noch entsprechende Unterlagen eingelangt. Aus diesem Grunde sei das Begehren abzuweisen gewesen .

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Bf durch seinen Vertreter die Vorlage seiner Berufung samt Ergänzung bei der Abgabenbehörde 2. Instanz und führte wie folgt aus:

„Am wurde eine Berufung gegen den Haftungsbescheid vom eingebracht. Mit Schreiben des Finanzamtes vom wurden Nachweise über das Nichtvorhandensein von liquiden Mitteln angefordert. Es wurde in diesem Schreiben weder ein Termin festgelegt, bis zu welchem der Nachweis spätestens zu erbringen ist, noch ist ein Mängelbehebungsauftrag versendet worden.

Mein Mandant in seiner Funktion als Geschäftsführer der D-GmbH hat Insolvenz angemeldet, als er erkannte, dass die GmbH ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen konnte. Das Vermögen der GmbH bestand zu diesem Zeitpunkt aus Büroausstattungen und einer Betriebsversicherung. Diese Mittel wurden von der Masseverwalterin anteilsmäßig und gleichmäßig auf die Gläubiger verteilt.

Anbei die Schlussrechnung der Masseverwalterin sowie das Anmeldeverzeichnis aus dem einerseits die Aktiven und die Passiven der GmbH hervorgehen. Nach der allgemeinen Rechtsprechung haftet der Geschäftsführer für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft dann nicht, wenn er nachweist, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendete, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten. Auf dem Vertreter lastet die Verpflichtung, eine ziffernmäßig konkretisierte Darstellung der behaupteten Gleichbehandlung der Gläubiger beizubringen. Eine solche rechnerische Darstellung ist aus den Beilagen zu diesem Schreiben eindeutig nachgewiesen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der Bf war laut Eintragung im Firmenbuch  ab selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der D-GmbH, über deren Vermögen mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Da1 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens befand sich am Abgabenkonto der Gesellschaft ein Guthaben in Höhe von € 414,68.

Auf Grund der durchgeführten USt-Prüfung vom wurden USt-Nachforderungen für die Monate 7/2010 in Höhe von € 3.880,00, 8/2010 in Höhe von € 13,70, 9/2010 in Höhe von € 2.590,34 10/2010 in Höhe von € 6.000,00 und 11/2010 in Höhe von € 660,34 und Nachforderungen an Kammerumlage für die Jahre 2007 bis 2010 in Höhe von € 637,03 festgestellt und mit Bescheiden vom festgesetzt.

Laut Mitteilung vom über die Lohnsteuerprüfung für den Zeitraum - wurden Nachforderungen an Dienstgeberbeitrag für 2008 in Höhe von € 260,01, 2009 in Höhe von € 1201,54 und 2010 in Höhe von € 81,90 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2009 in Höhe von € 106,80 und 2010 in Höhe von € 7,32 festgestellt und mit Bescheiden vom festgesetzt.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Da2 wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Unbestritten ist, dass dem Bf als selbstständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer der Abgabepflichtigen laut Eintragung im Firmenbuch von 2004 bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der D-GmbHmit Beschluss des Handelsgericht Wien vom Da1, Z1, die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.

Die ebenfalls nicht bestrittene Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen bei der GmbH stand mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Da2, Z1, womit der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben wurde, fest.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 97/15/0115) ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.

Hatte der Geschäftsführer Gesellschaftsmittel zur Verfügung, die zur Befriedigung sämtlicher Schulden der Gesellschaft nicht ausreichten, so ist er nur dann haftungsfrei, wenn er im Verwaltungsverfahren nachweist, dass er die vorhandenen Mittel zur anteiligen Befriedigung aller Verbindlichkeiten verwendet und somit die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt hat. Wenn die Behauptung und Nachweisung des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel im Verwaltungsverfahren unterlassen wird, kommt eine Beschränkung der Haftung bloß auf einen Teil der uneinbringlichen Abgabenschulden nicht in Betracht.

Diese qualifizierte Mitwirkungspflicht des Bf bedeutet nicht, dass die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre. Sie hat vielmehr bei entsprechenden Behauptungen und diesbezüglichem Beweisanbot des Bf zu seiner Entlastung die angebotenen Beweise aufzunehmen, und erforderlichenfalls Präzisierungen abzufordern, jedenfalls aber konkrete Feststellungen über die von ihm angebotenen Entlastungsbehauptungen zu treffen. Derartige, allenfalls zu überprüfende Entlastungsbehauptungen hat der Bf aber im Verwaltungsverfahren durch die allgemeine Behauptung der mangelnden Liquidität der Gesellschaft nicht aufgestellt (vgl. ).

Der Einwand, dass die im Haftungsbescheid geltend gemachten Abgabenschuldigkeiten nicht hätten bezahlt werden können, weil dem Bf keine liquiden Mittel zur Verfügung gestanden seien, übersieht auch, dass d as für den Abgabenausfall kausale Verhalten des Bf in der Unterlassung der Abgabenentrichtung zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten (vgl. ) zu erblicken ist, welche zwischen und (Umsatzsteuer 11/2010) lagen.

Die grundsätzliche Beweislast des Vertreters betreffend das Fehlen der erforderlichen Mittel zur Abgabenentrichtung entbindet die belangte Behörde dann nicht von ihrer Ermittlungs- und Feststellungspflicht, wenn sich aus dem Akteninhalt deutliche Anhaltspunkte für das Fehlen dieser Mittel ergeben. Solche Anhaltspunkte bestehen im Beschwerdefall sowohl wegen der zwischen den Fälligkeitstagen der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten und dem Beschluss des Handelsgericht es Wien vom Da1 verstrichenen Zeitspanne (vgl. ) als auch wegen der auf das Abgabenkonto der Gesellschaft am getätigten Überweisungen in Höhe von €  107,85 und € 259,75 und des sich i m Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens am Abgabenkonto der Gesellschaft befindlichen Guthaben in Höhe von € 414,68 nicht.

Der Meinung des Bf, dass eine rechnerische Darstellung der anteiligen Verwendung der Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten aus der beiliegenden Schlussrechnung der Masseverwalterin sowie dem Anmeldeverzeichnis, aus dem einerseits die Aktiven und die Passiven der GmbH hervorgehen, nachgewiesen sei, ist entgegen zu halten, dass aus der Höhe der Aktiven und Passiven zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung nicht die Gläubigergleichbehandlung zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zwischen ( und ) hervorgeht.

Ein Verweis auf den Konkursakt zur Gleichbehandlung stellt nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () nur ein allgemein und pauschal gehaltenes Vorbringen dar, womit der Bf den ihm obliegenden Nachweis zur Gleichbehandlung nicht angetreten hat, sodass die Behörde auch nicht verhalten war, zu einer näheren Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern.

Zudem lastet die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, auf dem Vertreter ().

Laut Rückstandsaufgliederung vom haftet die Umsatzsteuer 2010 in Höhe von € 11.974,50 nur mehr mit einem Betrag von € 10.757,04 unberichtigt aus.

Hinsichtlich der mit Haftungsbescheid geltend gemachten Haftung für Dienstgeberbeitrag für 2008 bis 2010, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2009 und 2010 und Kammerumlage für die Jahre 2007 bis 2010 in Höhe von € 637,03 ist zu bemerken, dass diese in Jahresbeträgen ohne nähere Aufgliederung festgesetzt wurden.

Gemäß § 79 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 hat der Arbeitgeber die gesamte bei jeder Lohnzahlung an den Arbeitnehmer einzubehaltende Lohnsteuer für einen Kalendermonat spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonats in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.

Gemäß § 43 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 ist der Dienstgeberbeitrag vom Dienstgeber für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten.

Der Bf wurde somit von der Abgabenbehörde nicht in die Lage gesetzt, konkret vorzubringen, weshalb er welche Abgabe nicht (vollständig) abgeführt oder entrichtet hat, und so den ihm auferlegten Entlastungsbeweis zu erbringen, daher war der angefochtene Haftungsbescheid hinsichtlich dieser Abgabenbeträge wegen der vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2013/16/0199, auf dessen Ausführungen im Übrigen verwiesen wird, dadurch festgestellten Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Es muss dem Haftungspflichtigen von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis in einer Weise verschafft werden, dass die Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung möglich ist und die Positionen der Rechtsverteidigung des herangezogenen Haftenden gegen den Anspruch nicht schwächer sind als diejenigen, die der Abgabepflichtige gegen den Abgabenbescheid einzunehmen in der Lage ist.

Hat die belangte Behörde nicht die monatlichen Beträge sondern die Abgabe lediglich in einem Jahresbetrag bekannt gegeben, wird dadurch der Beschwerdeführer nicht in die Lage versetzt, die geforderte, nach Monaten gegliederte Liquiditätsaufstellung zu erstellen und dabei die auf die Abgabengläubigerin entfallende monatliche Quote zu berechnen (vgl. ).

Der Beschwerdeführer wurde damit von der Abgabenbehörde nicht in die Lage versetzt, die von ihr geforderte, nach Monaten gegliederte Liquiditätsaufstellung vorzulegen und die auf die Abgabengläubigerin entfallende monatliche Quote zu berechnen. Auch wenn es der Abgabenbehörde nicht mehr möglich sein sollte, eine entsprechende Aufgliederung zu erstellen, so darf dieser Umstand dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil gereichen. Vielmehr hätte die belangte Behörde dies bei ihrer Ermessensübung berücksichtigen müssen ().

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch die Bf konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme der Bf für die laut Rückstandsaufgliederung vom nach wie vor unberichtigt aushaftende Abgabenschuldigkeit der D-GmbH im Ausmaß von € 10.757,04 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7105847.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at