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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.10.2017, RV/6100330/2014

Das Aufstellen von Video Lotterie Terminals ist keine Grundstücksleistung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria-Luise Wohlmayr über die Beschwerde des Bf., vertreten durch PwC PricewaterhouseCoopers GmbH, Erdbergstraße 200, 1030 Wien, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg – Stadt, Aigner Straße 10, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Karl Brejcha vom betreffend Umsatzsteuer 2012 und 2013 zu Recht erkannt:

1. Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2012 und 2013 werden gemäß § 279 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) abgeändert. Die Umsatzsteuer 2013 wird endgültig festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Verfahrensgang

A/1. Der Beschwerdeführer (kurz: Bf.) betrieb im Streitzeitraum einen Videoverleih, an dessen Standort Glücksspielautomaten aufgestellt waren. Die Automaten (Terminals) wurden von der X in Bratislava für monatlich EUR 700,00 pro Gerät angemietet. Die monatliche Abrechnung der Spielergebnisse erfolgte von Jänner bis März 2012 von der A. bzw. ab April 2012 von der B., beide mit Sitz in der Slowakei. Für die Leistungen des Bf. wurden von A. bzw. B. Provisionsgutschriften ausgestellt. Die abgerechneten Beträge wurden vom Bf. nicht der Umsatzsteuer unterzogen.

A/2. Im Zuge einer Außenprüfung über den Betrieb des Bf. stellte der Prüfer in seinem BP-Bericht Folgendes fest:

„Der Abgabepflichtige erbringt an den Anbieter der Glücksspiele (Netgames bzw. Rayon Games) eine Vielzahl von Leistungen. Dazu gehören nicht nur die Zurverfügungstellung des unmittelbar notwendigen Equipments (z.B. Automaten, Breitbandinternetanschluss, Strom) und das Verwalten der Ein- und Auszahlungen, sondern auch das zur Verfügung stellen der Geschäftsräumlichkeiten und Annehmlichkeiten (z.B. sanitäre Anlagen, Sitzmöglichkeiten, Getränke). Aus Sicht des Glücksspielanbieters liegt hier eine einheitliche Leistung vor. Diesem kommt es lediglich darauf an, dass es ermöglicht wird, die Leistungen den Kunden (Spielteilnehmern) entsprechend anbieten zu können.

Nach Ansicht der Betriebsprüfung erbringt der Abgabepflichtige an den Glücksspielanbieter durch die enge wirtschaftliche Verknüpfung der einzelnen Leistungen eine einheitliche Leistung, bei der die Vermittlung von Spielaufträgen nur von untergeordneter Bedeutung ist. Das Wesen dieser Leistung besteht in der Zurverfügungstellung der Geschäftsräumlichkeiten, zumal die Geschäftsräumlichkeiten einen zentralen und unverzichtbaren Teil dieser Leistung ausmachen. Ohne diese Geschäftsräumlichkeiten könnte der Glückspielanbieter die Leistungen überhaupt nicht bzw. nicht in dieser Art anbieten. Der Abgabepflichtige erbringt daher an den Glücksspielanbieter eine einheitliche Leistung, deren Leistungsort sich gem. § 3a Abs 9 UStG 1994 (Grundstücksort) bestimmt. Die Steuerbefreiung des § 6 Abs 1 Z 16 UStG 1994 kommt nicht zu Anwendung.“

Das Finanzamt erließ für die Jahre 2012 und 2013 neue Umsatzsteuerbescheide und unterzog die Erlöse aus dem Betrieb der Glücksspielautomaten dem Umsatzsteuersatz von 20%. Für das Jahr 2013 wurde die Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der Prüfungsfeststellungen vorläufig veranlagt.

A/3. In der dagegen eingebrachten Beschwerde führte die steuerliche Vertretung des Bf. auszugsweise Folgendes aus:

„Die Firma A. bzw. B. hat keine Glücksspielautomatenumsätze iSd § 2 Abs. 3 GSpG (die Entscheidung über Gewinn und Verlust fällt nicht im Automaten selbst) - wie dies von der Betriebsprüfung in ihrer rechtlichen Würdigung ausführt wurde - durchgeführt, sondern eine zentralseitige elektronische Videolotterie über einen sich in der Slowakei befindlichen Server angeboten, wobei die Spielkunden über vom Beschwerdeführer in seinen Geschäftslokalen (von diesem) zur Verfügung gestellten Video Lotterie Terminals (VLTs) an die Firma A. bzw. B. unter den aktenkundigen Schreiben vom bzw. dargelegten Vertragsparameter vermittelt wurden. Darin sind alle Punkte, die „für die von der Beschwerdeführerin durchgeführte Vermittlungsleistung wesentlich sind, angeführt. Aus der vertraglichen Vereinbarung geht hervor, dass die Firma A. bzw. B. selbst kein eigenes Equipment für die Vermittlung zur Verfügung stellt, sondern der Vermittler selbst für die Beschaffung Sorge zu tragen hat. Wie der Bf. dies durchführt, bleibt ihm dabei vollkommen selbst überlassen. Eine vertragliche Vereinbarung, die eine Bindung an einen bestimmten Verkäufer oder Vermieter vorsieht, bestand nicht. Der Bf. war somit in seiner Entscheidung völlig frei.

Weder die in den Geschäftsräumlichkeiten des Bf. aufgestellten VLTs, noch ein bestimmter Platz, wo diese aufgestellt waren, sowie das unmittelbar notwendige Equipment wurden weder von der Firma A. bzw. B. von diesem im Rahmen der Vertragsbeziehung zur Verfügung gestellt noch wurden diese von der Firma A. bzw. B. durch den Bf. angemietet. Somit ist die Firma A. bzw. B. kein Aufsteller von Glücksspielautomaten noch Mieter der Geschäftsräumlichkeiten. Sämtliches für die Vermittlung erforderliche Equipment wurde vom Bf. vielmehr auf eigene Kosten "anderwärtig angemietet, wobei der Bf. in seiner Entscheidung völlig frei war, welchem Hersteller/Vermieter er sich bedient und 0b er die VLTs käuflich erwirbt oder anmietet.

Weiters ist festzuhalten, dass sich der Bf. — wie unterstellt - auch nicht verpflichtet hat, irgendwelche Annehmlichkeiten, welcher Art auch immer, in Form von Sitzmöglichkeiten, Essen und Trinken sowie Toiletten bereit zu stellen.

Die von den involvierten Vertragsteilen durchgeführten bzw. in Anspruch genommenen Dienstleistungen lassen sich wie folgt anführen:

a) Die vermittelte Leistung (dh. Anbieten einer elektronischen Videolotterie durch die Firma A. bzw. B. an österreichische Kunden — B2C), bei der sich der Leistungsort gemäß Generalklausel des § 3a Abs. 7 UStG nach dem Ort bestimmt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, dh. Slowakei. Somit liegt in diesem Fall eine in Österreich nicht steuerbare Dienstleistung vor.

b) Die Vermittlungsleistung (dh. Vermittlungsleistung des Bf. an die Firma A. bzw. B. — B2B).

c) Miete eines VLTs durch den Bf. von einem unabhängigen Dritten (X— Beschwerdeführerin B2B).

Im Folgenden ist deshalb die Leistungsbeziehung zwischen dem Bf, und den Veranstaltern und deren umsatzsteuerliche Qualifikation zu untersuchen (dh. das zwischen diesen Vertragsparteien verrechnete Vermittlungsprovisionsentgelt).

Für die umsatzsteuerliche Qualifikation der Leistung ist der wirtschaftliche Gehalt maßgeblich. Die wesentlichen zwischen der Beschwerdeführerin und dem Dienstleistungsanbieter vereinbarten Vertragsinhalte bilden jene eines klassischen Vermittlungsvertrages ab (insbesondere hinsichtlich Risikotragung, Handeln im fremden Namen und auf fremde Rechnung, Rechte und Pflichten, etc.), bei dem die Beschwerdeführerin dem Dienstleistungsanbieter Spielkunden vermittelt (Hauptleistung). Auch die Entgeltbemessung, die eine holdabhängige Vermittlungsprovision vorsieht (Einzahlungen — Auszahlungen), lässt diesen Rückschluss zu (so würde bei der zur Verfügungstellung der Räumlichkeiten an die A. bzw. B. idR wohl ein fixes Mietentgelt — aus Sicht des in der Argumentation des Finanzamtes angeführten Durchschnittsbetrachters — vereinbart). Diesbezüglich wird insbesondere auf die diesbezüglich vorliegende Judikatur des GZ RV/0290-S/09 und FG Baden-Württemberg Urteil vom , 9 K 2091/11 verwiesen, die in solchen Fällen das Vorliegen einer Vermittlungsleistung iSd § 3 Abs. 6 UStG idgF bestätigt haben. Auch in diesem Fällen wurde die Vermittlungstätigkeit in einem Geschäftslokal des Vermittlers in einer vergleichbaren Ausgangsituation durchgeführt. Unter Negierung der tatsächlichen Vertragsparameter hat die Finanzverwaltung trotzdem unterstellt, dass es sich um keine Vermittlungsleistung seitens der Beschwerdeführerin handeln soll (dh. unter Negierung der fremdüblichen Vertragsbeziehung von Vertragspartnern).

In der Folge ist zu untersuchen, ob eine einheitliche Hauptleistung vorliegt, die der Vermittler gegenüber dem Veranstalter erbringt. Die Abgrenzung von selbständiger Nebenleistung ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung und nach dem Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist}l Zur Erbringung der durch die Beschwerdeführerin erbrachten Vermittlungsleistungen sind auch für einen Vermittler typisch Nebenleistungen erforderlich (zB. Information von Kunden über die vermittelte Dienstleistung, Entgegennahme und Verwaltung von Treuhandgeldern, Auszahlungen, Personalschulung, Strom- und Internetanbindung, Beheizung des Lokalität des Vermittlers, Ein— und Ausschalten des Mediums über das die Vermittlung vorgenommen wird, etc.). Diese Leistungen stellen unselbständige Nebenleistungen zur Hauptleistung (dh. Der Vermittlungsleistung) dar, ohne welche diese Vermittlungsleistung gar nicht erbracht werden kann bzw. keinen eigenen Zweck erfüllen.

Diesem Grundsatz folgt auch die Rsp des EuGH der eine unselbständige Nebenleistung dann annimmt, wenn die Leistung nach dem Willen der Vertragsparteien so eng miteinander verbunden ist, dass die eine nicht ohne die andere erbracht werden kann und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommt. Daraus ist abzuleiten, dass eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung besteht, wenn sie für den Kunden keinen anderen Zweck, sondern das Mitteldarstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedienungen in Anspruch zu nehmen. Ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang besteht immer dann, wenn die Nebenleistung die Hauptleistung erst ermöglicht, sie abrundet, ergänzt oder auch verbessert. Bei den angeführten Tätigkeiten trifft dies genau zu. Ohne Personalschulung, Information der Kunden über die vermittelte Dienstleistung, ohne Entgegennahme “ und Verwaltung und Auszahlung von Treuhandgeldern, Strom- und Internetverbindung, Beheizung der Lokalität wäre die Vermittlung an sich nicht möglich bzw. würde der Vermittler diese Leistungen nicht ohne die zu Grunde liegende Vermittlungsleistung erbringen. Die mit der Vermittlungsleistung in Zusammenhang stehenden Nebenleistungen, wie zB das Inkasso, die Kundenbetreuung, die Beratung der Kunden, die Abwicklung der laufenden Betreuung und die Werbetätigkeit teilen das Schicksal der Hauptleistung.

Demzufolge kann alleine aus dem Grund, dass die Vermittlungsleistung in einer Räumlichkeit des Vermittlers stattfindet, nicht als maßgebliches Kriterium für das Vorliegen der Qualifikation einer Leistung als Grundstücksleistung dienen…

Die Firma A. bzw. B. hat in den Geschäftsräumlichkeiten des Bf. weder Glücksspielautomaten noch VLTs aufgestellt noch einen Platz genutzt, an der das Equipment oder der VLT aufgestellt war. Insofern kann auch keine - wie vom Finanzamt unterstellte - Nutzungsmöglichkeit von Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin durch die Firma A. bzw. B. vorliegen (Passivleistung). Somit hat die Beschwerdeführerin der Firma A. bzw. B. im vorliegenden Sachverhalt weder Räumlichkeiten für die Erbringung ihrer Dienstleistungen in Form einer Vermietung zur Verfügung gestellt noch - mangels Besitz von VLTs - mittels Einräumung eines Rechts die Aufstellung der Geräte in seinen Geschäftsräumlichkeiten zu dulden. Dulden bedeutet die Verpflichtung zur Hinnahme eines fremden Tuns. Dies setzt voraus, dass dem Duldenden eine Berechtigung zusteht, deren Ausübung er einer anderen Person überlässt. Im vorliegenden Sachverhalt überlässt die Beschwerdeführerin jedoch der A. bzw. B. nicht die Berechtigung VLTs in seinen Räumlichkeiten aufzustellen und zu betreiben (Passivleistung), sondern er schafft selbst technisches Equipment an (von wem und in welcher Form auch immer) und erbringt selbst eine Leistung, um seiner vertraglichen Verpflichtung, die er als Vermittler eingegangen ist, nachzukommen (Aktivleistung). Somit ist die Vermittlungstätigkeit der eigentliche Gegenstand der Leistung.

Auf Basis der dargelegten Argumente steht fest, dass die Firma A. bzw. B. vom Bf. lediglich Vermittlungsleistungen betreffend Kunden, welche Dienstleistungen in Form einer elektronischen Lotterie in Anspruch nahmen, bezogen hat und keinerlei Einfluss darauf hatte, in welcher technischen Form der Bf. die Vermittlung vornahm. Vielmehr war der Bf. im seiner Vermittlungstätigkeit selbst für die zur Verfügungstellung des für die Vermittlung notwendigen Equipments in freier Disposition angehalten (dh. Miete oder Kauf von VLTs unabhängig vom Dienstleistungsanbieter). Demnach hat der Bf. mittels den selbst beigebrachten und auf eigene Kosten gemieteten VLTs, die er in seinen eigenen Räumlichkeiten aufgestellt hat und mittels der er die Vermittlungsleistung erbracht hat, auch keine Duldungsleistungen in Zusammenhang mit einem Grundstück erbracht, indem er die Aufstellung der Geräte in seinem Lokal duldete. Ebenso wenig hat der Bf. die Nutzung seiner Räumlichkeiten mittels Einräumung eines Rechts in Bezug auf ein Grundstück oder ein Recht, ein Grundstück in Besitz zu nehmen (dh. Vermietung von Grundstücken iSd Art 13 Teil B Buchstabe b der 6. MwStRL) für die Erbringung von Dienstleistungen gestattet bzw. dieser Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt.

Nach der geltenden Rechtslage richtet sich der Leistungsort bei auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Dienstleistungen - worunter auch das Anbieten von elektronischen Lotterien an Endverbraucher fällt (B2C) — nach jenem Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Befindet sich der Sitz des betreibenden Unternehmers (A. bzw. B.) im Ausland (dh. Slowakei), liegt auch der Leistungsort der sonstigen auf elektronischen Weg erbrachten Dienstleistung im Ausland und ist daher in Österreich nicht steuerbar ((§ 3a Abs. 7 UStG). Da der Bf. diesen Umsatz nicht erbringt und nachweislich auch nicht Anbieter dieser Dienstleistung war, kann diese Leistung ihm auch nicht zugerechnet werden.

Der Leistungsort bei Vermittlungsleistungen von einem Unternehmer an einen anderen Unternehmer (B2B) nach dem Ort/Sitz des empfangenden Unternehmers (§ 3a Abs. 6 UStG). Befindet sich der Sitz des die Vermittlungsleistung empfangenden Unternehmers (A. bzw. B.) im Ausland (dh. Slowakei), liegt auch der Leistungsort der Vermittlungsleistung im Ausland. Folglich ist die von der Beschwerdeführerin erbrachte Leistung ebenfalls in Österreich nicht steuerbar.“

Die Beschwerde beantragte daher die Veranlagung der Umsatzsteuer ohne Einbeziehung der Vermittlungsumsätze. Weiters wurde die Unterlassung einer Beschwerde­vorentscheidung beantragt sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den gesamten Senat.

A/4. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Der Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat und auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wurde mit Schreiben vom zurückgezogen.

B. Sachverhalt

Aus den vom Finanzamt vorgelegten Akten geht der folgende unstrittige Sachverhalt hervor, den das Bundesfinanzgericht seiner Entscheidung zugrunde legt:

Der Bf. betrieb im streitgegenständlichen Zeitraum einen Videoverleih. In diesen Geschäftsräumlichkeiten hat der Bf. Video Lotterie Terminals (VLTs) auf eigene Kosten aufgestellt, die er von der X in Bratislava um monatlich EUR 700 pro Gerät angemietet hat. Über diese VLTs betrieb die A. bzw. B. mit Sitz in der Slowakei eine zentralseitige elektronische Videolotterie iSd § 12a GSpG über einen sich in der Slowakei befindlichen Server. Die A. bzw. B. tritt dabei selbst mit den Spielkunden in einen Leistungsaustausch, indem sich die Terminals über das Internet mit dem slowakischen Server verbinden. Laut dem Schreiben der B. vom betreffend die Geschäftsbeziehung mit dem Bf. handelte der Bf. in fremdem Namen und auf fremde Rechnung und hatte seine Vermittlungstätigkeit gegenüber den Kunden bekanntzugeben. Ein entsprechender Hinweis befand sich auch am Bildschirm der Terminals.

Der Bf. hatte die Kosten seiner Vermittlungstätigkeit wie Lokalmiete, Personal, Ausstattung etc. selbst zu tragen, jedoch keine Kosten und kein Risiko, welche die von der B. angebotene Dienstleistung betreffen. Ein Verlustrisiko hatte der Bf. nicht zu tragen. Der Bf. vereinnahmte im Namen und auf Rechnung der B. Spielgelder und war zur Auszahlung an Kunden im fremden Namen berechtigt.

Für seine Leistungen an die A. bzw. B. erhielt er von dieser ein als Vermittlungsprovision bezeichnetes Entgelt, welches vom Einspielergebnis der Terminals abhängig war. Es wurde monatlich berechnet und von der A. bzw. B. an den Bf. ausbezahlt. Die Höhe der vereinnahmten Entgelte ist unstrittig und betrug 2012 EUR 15.707,73 brutto sowie 2013 EUR 27.243,04 brutto.

C. Rechtliche Würdigung

Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens erbringt, der Umsatzsteuer. Sonstige Leistungen sind nach § 3a UStG 1994 Leistungen, die nicht in einer Lieferung bestehen. Eine sonstige Leistung kann auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen. Ob eine sonstige Leistung in Österreich steuerbar ist, bestimmt sich nach den Leistungsortregeln des § 3a UStG 1994.

Nach der Generalklausel des § 3a Abs 6 UStG 1994 in der in den Streitjahren geltenden Fassung wird eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend.

Außer Streit steht, dass der Empfänger der Leistungen des Bf. ein Unternehmer ist, der sein Unternehmen von der Slowakei aus betreibt. Strittig ist, ob der Leistungsort für die Leistungen des Bf. nach dieser Generalklausel bestimmt wird (Empfängerort – somit Slowakei), oder ob er sich nach § 3a Abs 9 UStG 1994 (Grundstücksort - somit Österreich) richtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Ra 2014/15/0056 betreffend einen vergleichbaren Sachverhalt der Ansicht, es lägen bei derartigen Leistungen, wie sie der Bf. erbringt, Grundstücksleistungen iSd § 3a Abs 9 UStG 1994 vor, eine Absage erteilt. Diesem Erkenntnis zufolge besteht „das grundlegende Merkmal der Vermietung von Grundstücken nach der Rechtsprechung des EuGH darin, dass dem Betreffenden auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. jeweils mwN ; , 2000/15/0109).“

Im vom VwGH zu beurteilenden Fall könne davon nicht ausgegangen werden, weil keine Feststellungen darüber getroffen worden sind und auch keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die mitbeteiligte Partei der XY das Recht eingeräumt hätte, das Geschäftslokal oder Teile desselben so in Besitz zu nehmen, als ob sie dessen Eigentümerin wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen ().

Der EuGH hat sich bereits in seinem Urteil vom , C-275/01, Sinclair Collis, mit der Aufstellung von Automaten in Gasthäusern beschäftigt und dabei ausgesprochen, dass es keine Vermietung eines Grundstücks darstellt, wenn der Eigentümer von Räumlichkeiten (der Lokalinhaber) dem Eigentümer eines Zigarettenautomaten das Recht einräumt, den Automaten für einen Zeitraum von zwei Jahren an einer von dem Lokalinhaber bezeichneten Stelle in den Räumlichkeiten gegen einen prozentualen Anteil an den Bruttoerträgen aus dem Verkauf von Zigaretten und anderen Tabakwaren aufzustellen, zu betreiben und zu warten, jedoch mit keinen anderen Besitz- und Kontrollrechten als in der schriftlichen Vereinbarung zwischen den Parteien angegeben.

Der EuGH ist in diesem Urteil aber auch nicht von einer Vermittlungsleistung des Lokalinhabers ausgegangen, sondern hat die Leistung, die Gegenstand dieses Vertrages ist, als "Einräumung des Rechts zum ausschließlichen Verkauf von Zigaretten in den Räumlichkeiten durch Aufstellung und Wartung von Verkaufsautomaten im Austausch gegen einen Prozentsatz der Erträge" beschrieben (vgl. , Sinclair Collis, Rz 30).

Auch im gegenständlichen Beschwerdefall kann somit nicht von Grundstücksleistungen ausgegangen werden, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Bf. der B. das Recht eingeräumt hätte, sein Geschäftslokal oder Teile desselben so in Besitz zu nehmen, als ob sie dessen Eigentümerin wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen.

Weiters hat das Bundesfinanzgericht bereits mehrere Beschwerdefälle entschieden, denen der gleiche Sachverhalt wie in der vorliegend zu beurteilenden Beschwerdesache betreffend den gleichen slowakischen Anbieter von elektronischer Lotterie zugrunde lag. Dabei gelangte das Bundesfinanzgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH (, Ludwig), zur Auffassung, dass keine Vermittlungsleistung vorliegt, aber auch keine Grundstücksleistung. Es komme die Generalklausel des § 3a Abs 6 UStG 1994 zur Anwendung, wonach eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer erbracht wird, an dem Ort ausgeführt wird, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Daher beurteilte das Bundesfinanzgericht die streitgegenständlichen Entgelte als nicht steuerbar (; , RV/1100237/2014).

Da der hier vorliegende Sachverhalt zumindest in den wesentlichen Punkten gleich ist wie in den vorstehend zitierten Erkenntnissen, ist er auch rechtlich gleich zu beurteilen. Entscheidend ist, dass die Leistungen des Bf. nicht als Grundstücksleistung iSd § 3a Abs 9 UStG 1994 zu qualifizieren sind (siehe ). Auch gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine andere spezielle Leistungsortregel anzuwenden wäre. Ob die Leistungen des Bf. Vermittlungsleistungen sind oder nicht, kann dahingestellt bleiben. Nach der seit geltenden Rechtslage fallen Vermittlungsleistungen, die an einen Unternehmer erbracht werden, ebenso unter die Generalklausel des § 3a Abs 6 UStG 1994 wie alle anderen Leistungen an Unternehmer, die keine Grundstücksleistungen sind und für die auch keine anderen speziellen Leistungsortregelungen anwendbar sind.

Im vorliegenden Fall erbrachte der Bf. seine streitgegenständlichen Leistungen unbestritten an die A. bzw. B., die ihr Unternehmen von der Slowakei aus betreibt. Leistungsort ist daher die Slowakei, somit sind die entsprechenden Erlöse in Österreich nicht steuerbar.

Der Beschwerde war daher stattzugeben, und die Umsatzsteuer für 2012 und 2013 war abzuändern.

D. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig , wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG).

Zur gegenständlichen Rechtsfrage des Leistungsortes existiert die unter Pkt. C zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sich das gegenständliche Erkenntnis stützt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg-Aigen, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.6100330.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at