Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.10.2017, RV/3100227/2015

Feststellung gemäß § 188 BAO, Bindungswirkung für die ESt- Veranlagung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ER in der Beschwerdesache der Bf., vertreten durch die WT-Ges, , über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Kufstein Schwaz vom betreffend Einkommensteuer 2011 und Anspruchszinsen 2011 zu Recht erkannt: 

1.) Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

2.) Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Anspruchszinsen 2011 wird als unbegründet abgewiesen.

3.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt Kufstein Schwaz erließ am betr. die X. GesmbH & Co KG (StNr.83-123/4567) betreffend das Jahr 2011 einen Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO,wobei betreffend die Beschwerdeführerin (Bf.) u.a. folgende Feststellungen getroffen wurden:


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Anteil Einkünfte
€ 33.532,52
Von den Einkünften einbehaltene KESt von endbesteuerungsfähigen Kapitalerträgen
€ 3.699,46
In den Einkünften enthaltene endbesteuerungsfähige Kapitalerträge zum vollen Steuersatz
€ 48,23
In den Einkünften enthaltene endbesteuerungsfähige Kapitalerträge zum halben Steuersatz
€ 14,749,6

Am erließ das Finanzamt einen gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 2014, wobei es für die angeführte Beteiligung Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 22.434,15 ansetzte (€ 33.532,52 – € 48,23 – € 14.749,60 + € 3699,46 = € 22.434,15).
Begründet wurde die Hinzurechnung der einbehaltenen KESt damit, dass bei der KG die KESt bei der Ermittlung des Beteiligungsergebnisses (zu Unrecht) abgezogen worden sei und damit bei der Bf. bei der Ermittlung der ESt wieder hinzuzurechnen sei.

Die Bf. vertritt in ihrer Beschwerde bzw. im Vorlageantrag die Auffassung, dass im Feststellungsbescheid vom die anteiligen Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit € 33.532,52 festgestellt worden seien. Weiters seien endbesteuerungsfähige Kapitalerträge in Höhe von insgesamt € 14.797,83 festgestellt worden. Nach Abzug des Betrages von € 14.797,83 ergebe sich ein Betrag in Höhe von € 18.734,69, der als (anteilige) Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei der Bf. anzusetzen sei.
Die Abgabenbehörde sei bei der Einkommensteuerveranlagung an die Feststellungen im Feststellungsverfahren (§ 188 BAO) gebunden. Es sei ihr daher verwehrt, bei der ESt- Veranlagung von den im Feststellungsverfahren getroffenen Feststellungen abzugehen.

Hierzu wurde erwogen:

Hinsichtlich des nicht strittigen Sachverhaltes wird auf die Veranlagungsakten der Bf. und der X. GesmbH & Co KG (StNr.83-123/4567) verwiesen.

Gemäß § 188 Abs 1 BAO werden die Einkünfte (der Gewinn oder der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten) aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens, wenn an den Einkünften derselben Einkunftsart mehrere Personen beteiligt sind, einheitlich festgestellt.

Gegenstand der Feststellung gemäß Abs 1 ist auch die Verteilung des festgestellten Betrages auf die Teilhaber (§ 188 Abs 3 BAO).

§ 252 Abs 1 BAO lautet:

Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

Aus § 188 BAO in Verbindung mit § 252 BAO ergibt sich ein System von Grundlagenbescheiden und hiervon abgeleiteten Bescheiden. Gemäß § 192 BAO werden die in einem Feststellungsbescheid enthaltenen Feststellungen, die für andere Abgabenbescheide (z.B. ESt- Bescheid)von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist.
§ 252 BAO schränkt das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein. Einwendungen gegen die im Grundlagenbescheid getroffenen Feststellungen können nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen (vgl. Ritz, BAO5, § 252 Tz 1).

Wie den oben angeführten rechtlichen Ausführungen entnommen werden kann, ist der in einem Feststellungsverfahren festgestellte Einkünfteanteil von der Abgabenbehörde zwingend der Veranlagung zu Grunde zu legen. Bei der ESt- Veranlagung kann in einem solchen Fall von der Abgabenbehörde nicht mit der Begründung vom Feststellungsbescheid abgewichen werden, dass die im Feststellungsverfahren getroffenen Feststellungen unzutreffend seien (vgl z.B. ).

Im beschwerdegegenständlichen Fall sind daher die im Feststellungsbescheid vom ausgewiesenen (anteiligen) Einkünfte aus Gewerbebetrieb von € 33.532,52 anzusetzen und diese um € 14.797,83 zu reduzieren, wobei für die strittige Beteiligung anzusetzende Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 18.734,69 verbleiben. Die vom Finanzamt vorgenommene zusätzliche Korrektur (Hinzurechnung der KESt in Höhe von € 3.699,46) hat hingegen zu unterbleiben.

Hinsichtlich der Berechnung der Einkommensteuer wird auf die Beilage verwiesen.

Ein Bescheid, mit dem Anspruchszinsen festgesetzt werden, ist zwar mit Beschwerde anfechtbar. Erweist sich der Bescheid, mit dem die Stammabgabe festgesetzt wurde, aber als rechtswidrig, wird diesem Umstand mit einem an den Änderungs- bzw. Aufhebungsbescheid gebundenen weiteren Zinsenbescheid Rechnung getragen. Eine Änderung des ursprünglichen Zinsenbescheides hat aus diesem Grund nicht zu erfolgen (Ritz, BAO5 § 205 Tz 34 f). Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Anspruchszinsen war daher abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da ein solcher Fall hier nicht vorliegt, ist eine (ordentliche) Revision unzulässig.

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.3100227.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at