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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 13.11.2017, RV/7102054/2012

Anspruch auf Familienbeihilfe erst ab Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 8 NAG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senat in der Beschwerdesache Bf. vertreten durch Dr. Thomas G. Eustacchio, Währingerstraße 26, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 8/16/17 vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung von Familienbeihilfe für den Zeitraum März 2007 bis Oktober 2011 in der Sitzung am zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.), ein Drittstaatsangehöriger, beantragte am (ohne Angabe einer Rückwirkung) die Gewährung von Familienbeihilfe für seine beiden 2004 und 2006 geborenen Kinder.

Mit Eingabe vom (persönlich überreicht am ) beantragte der Bf. - nunmehr steuerlich vertreten - die Gewährung von Familienbeihilfe rückwirkend für fünf Jahre. Die Begründung sowie die übermittelten Beilagen sind der später wiedergegebenen Berufung zu entnehmen.

Mit Eingabe vom , eingelangt am , beantragte der Bf. schließlich die Gewährung von Familienbeihilfe ab Geburt der Kinder.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt letzteren Antrag für den Zeitraum März 2007 bis Oktober 2011 mit der Begründung ab, gemäß § 3 Abs. 1 FLAG 1967 hätten Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 NAG rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Die dagegen gerichtete Berufung lautet in den entscheidungsrelevanten Teilen wie folgt:

"Bei richtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhalts hätte in den Fällen beider Söhne des Berufungswerbers diesem die Familienbeihilfe (wie auch der beantragte Kinderabsetzbetrag) für die fehlenden Zeiträume, und zwar für seinen mj. Sohn W. X. für den Zeitraum von März 2007 bis Oktober 2011 und für seinen mj. Sohn Y. X. seit dessen Geburt sohin von Februar 2006 bis Oktober 2011, gewährt werden müssen. Dies aus folgenden Gründen:

1. Die geltende Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

§ 3. des Familienlastenausgleichsgesetzes von 1967 lautet:
(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch
auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staats-
bürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Da das Finanzamt bislang diese eindeutige Gesetzeslage unrichtigerweise dahingehend auslegte, dass "Aufenthaltstitel" des Berufungswerbers und seiner Kinder erforderlich seien, wird bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Familienbeihilfe nicht die Vorlage eines Aufenthaltstitels (nämlich entweder eines in einem Reisepass eingeklebten Visums oder beispielsweise einer Niederlassungsbewilligungskarte) ist, sondern nur der nach den Rechtsvorschriften rechtmäßige Aufenthalt in Österreich.

Im unrichtigen Gesetzesverständnis des Finanzamtes, nämlich dass ein nach den Rechtsvorschriften rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich nur durch ein Visum oder eine Plastikkarte nachgewiesen werden kann (so die telefonisch von der die Sache bearbeitenden Beamtin gegenüber dem Vertreter des Berufungswerbers geäußerte Ansicht), liegt auch die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Hätte der Gesetzgeber bei der Formulierung des Familienlastenausgleichsgesetzes tatsächlich die Absicht gehabt, die Bewilligung der Familienbeihilfe an die Vorlage eines in einen Reisepass eingeklebten Visums oder die Vorlage einer Plastikkarte, mit der das Aufenthaltsrecht nachgewiesen wird, zu knüpfen, hätte er dies auch so in das Gesetz geschrieben. Der Gesetzestext spricht aber unzweifelhaft von rechtmäßigem Aufenthalt in Österreich ("... rechtmäßig in Österreich aufhalten..."); wie dieser Nachweis erfolgt, hat der Gesetzgeber nicht normiert.

Es kommt somit nur auf die Rechtsfrage an, ob ein Aufenthalt in Österreich rechtmäßig war, und nicht darauf, ob der Berufungswerber in diesem Zeitraum auch tatsächlich irgendein Visum oder eine Plastikkarte in Händen hatte!

Solche Urkunden dokumentieren zwar einen rechtmäßigen Aufenthalt, man kann daraus
aber nicht den Umkehrschluss ziehen, dass jemand, der kein solches Dokument in Händen hält, sich nicht rechtmäßig in Österreich aufhält.

Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers fasste bereits im Vorfeld des angefochtenen Bescheides in seinem Schreiben vom — welches in der Folge vom Berufungswerber persönlich gemeinsam mit den in diesem Schreiben aufgelisteten Beilagen dem Finanzamt Wien 8/16/17 am übergeben wurde - zusammen, warum aus rechtlicher Sicht sowohl der Berufungswerber als auch seine beiden Söhne und seine Frau C. X. (auch) in jenen Zeiträumen, für die dem Berufungswerber keine Familienbeihilfe und kein Kinderabsetzbetrag gewährt wurde, rechtmäßig (im Sinne der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen) in Österreich aufhältig waren. Vorgelegt wurden dazu umfangreiche Beilagen, welche der Berufungswerber nunmehr neben weiteren Beilagen nochmals vorlegt, nämlich:

  • Meldebestätigung Z. X. vom (Beilage ./ 1);

  • Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg betreffend Z. X. vom (4321) (Beilage ./ 2);

  • Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom (Zl. 2008/22/0136-8) (Beilage/ 3);

  • Bescheid der MA 35 betreffend Z. X. vom (Beilage ./4);

  • Bescheid des BM.I betreffend Z. X. vom (Beilage ./ 5);

  • Bescheid des BM.I betreffend Z. X. vom (Beilage ./ 6);

  • Schreiben des VfGH betreffend Z. X. vom (Beilage ./ 7);

  • Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom (Beilage ./ 8);

  • Niederlassungsbewilligung unbeschränkt vom betreffend den Berufungswerber Z. X. (Beilage ./ 9)

  • Geburtsurkunde W. X. vom 2004 (Beilage ./ 10);

  • Meldebestätigung W. X. vom 2004 (Beilage ./ 11);

  • Asylkarte W. X. (Beilage ./ 12);

  • Geburtsurkunde Y. X. vom 2006 (Beilage ./ 13);

  • Meldebestätigung Y. X. vom 2006 (Beilage ./ 14);

  • Bescheid der MA 35 W. X. vom (Beilage . / 15);

  • Bescheid des BM.I W. X. vom (Beilage ./ 16);

  • Bescheid des BM.I W. X. vom (Beilage ./ 17);

  • Bescheid des BM.I W. X. vom (Beilage ./ 18);

  • Bescheid der MA 35 Y. X. vom (Beilage ./ 19);

  • Bescheid des BM.I Y. X. vom (Beilage ./ 20)

  • Bescheid des BM.I Y. X. vom (Beilage ./ 21);

  • Bescheid des BM.I Y. X. vom (Beilage ./ 22);

  • Antrag auf Ausstellung von Aufenthaltstitel an die MA 35 vom (Beilage./ 23);

  • 3 Rot-Weiss-Rot-Karten plus vom betreffend C. X. und Kinder

  • (Beilagen ./ 24, ./ 25, ./ 26) ‚

In seinem Schreiben vom , welches als Beilage ./ 27 nochmals vorgelegt wird, hatte der Vertreter des Berufungswerbers bereits sinngemäß Nachstehendes zum rechtmäßigen Aufenthalt des Berufungswerbers und seiner Kinder in Österreich ausgeführt;
diese Ausführungen werden nunmehr - um Wiederholungen zu vermeiden - auch ausdrücklich zum Inhalt dieser Berufung erhoben.

a) Der Berufungswerber kam bereits anlässlich der Kriegswirren des Kosovo-Krieges im Jahr 1998 nach Österreich, wo er um Asyl ansuchte. Er lebte sodann in Österreich als Flüchtling, welchem nicht nur auf Grund seines Asylantrages, sondern auch gemäß der Verordnung der Bundesregierung vom über das Aufenthaltsrecht kriegsvertriebener Kosovo-Albaner (BGBl 133/II/1999) ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht für das Bundesland zukam.

b) Am brachte der Berufungswerber im Inland einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung ein, der zunächst in den Unterinstanzen mit der Begründung, dass er diesen Antrag aus dem Ausland stellen müsse (da sich der Berufungswerber angeblich nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte), abgewiesen wurde. Dass diese Abweisung zu Unrecht erfolgte, zeigte sich erst, nachdem der Berufungswerber alle Rechtsmittelmöglichkeiten ausgeschöpft hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof entschied nämlich hiezu mit Erkenntnis vom (Zl. 2008/22/0136-8), dass die Inlandsantragstellung sehr wohl zulässig ist bzw. war und hob den letztinstanzlichen Bescheid diesbezüglich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf, weil der Berufungswerber sich sehr wohl rechtmäßig in Österreich aufhielt.

Die seinerzeitige Begründung der Abweisung des Antrages auf Niederlassungsbewilligung, nämlich dass sich der Berufungswerber nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte, hatte sich damit bereits als unrichtig herausgestellt.

c) Am brachten der Berufungswerber, seine Frau C. X., und die beiden minderjährigen Kinder W. und Y. X. aufgrund dieses Erkenntnisses des VwGH jeweils aus dem Inland (neuerliche) Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung ein, welche von den Unterinstanzen wiederum (mit dem - wie sich wiederum im Nachhinein im Instanzenzug herausstellte - unrichtigen Argument, dass sie sich nicht rechtmäßig in Österreich aufhielten) zurück- bzw. abgewiesen wurden.

Auf Grund einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde der Familie X. hob schließlich das Bundesministerium für Inneres seine eigenen Bescheide auf und erteilte zunächst dem Berufungswerber mit Bescheid vom eine quotenfreie "Niederlassungsbewilligung unbeschränkt" für die Dauer von 12 Monaten (GZ:...). Seine Frau, C. X. und die beiden Kinder erhielten mit Bescheid des Bundesministerium für Inneres vom (GZ: ...) jeweils eine "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" für die Dauer von 12 Monaten.

All dies basierend darauf, dass sich der Berufungswerber, seine Frau und seine beiden Söhne sehr wohl die gesamte Zeit ihres Aufenthaltes in Österreich (bzw. die Söhne sei ihren Geburten in Wien) rechtmäßig im Inland aufhielten!

d) Der Berufungswerber ist daher zumindest seit der Aufhebung des über ihn unrechtmäßig verhängten Aufenthaltsverbots am , jedenfalls aber seit seiner Antragstellung auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung vom rechtmäßig in Österreich aufhältig, zumal es ihm nicht zuzurechnen ist, dass die zuständigen Behörden über eine Zeitraum von mehr als 5 Jahren stets rechtswidrige Bescheide zur Zulässigkeit der Inlandsantragstellung  welche später entweder aufgehoben oder von Amts wegen abgeändert wurden) erließen, und dass erst aufgrund der Verfassungsgerichtshofbeschwerde der Familie X. diese rechtswidrigen Bescheide behoben wurden und dem Berufungswerber erst dann eine Niederlassungsbewilligung unbeschränkt erteilt wurde, bzw. seine Familienangehörigen aufgrund der nachfolgenden Bescheide des Bundesministerium für Inneres vom "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" Karten erhielten.

e) Der Berufungswerber ist durchgehend (!) seit an der Adresse Adr. als Hauptwohnsitzadresse gemeldet und auch dort wohnhaft. Sein mj. Sohn W. X. ist seit 2004 und sein. mj. Sohn Y. X. ist seit 2006 an dieser Wohnadresse als Hauptwohnsitzadresse gemeldet. Beide Kinder sind in Wien geboren und leben mit ihren Eltern seit ihren Geburten an der angegebenen Adresse im gemeinsamen Haushalt.

Beide Kinder haben somit im Sinne der Bestimmungen des FamilienlastenausgleichsG seit ihren Geburten ihren rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich.

4. Der rechtmäßige Aufenthalt des Berufungswerbers und seiner Söhne ist sohin für die rückwirkende Zuerkennung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages für die beiden mj. Kinder W. X. und Y. X. ausreichend bescheinigt. Es wurde auch ausreichend begründet, weshalb der Berufungswerber, seine Frau und seine Kinder erst vor kurzem - nach jahrelangen Verfahren und aufgrund unzähliger unrichtiger Entscheidungen der für die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung zuständigen Behörden - die bereits im Iahr 2005 (!!!) beantragten Niederlassungsbewilligungen (jetzt: Rot-Weiß-Rot-Karten plus) erhielten.

Der vom Finanzamt 8/16/17 in der Mitteilung vom festgesetzte Zeitraum für den Beginn der Gewährung von Familienbeihilfe und des Familienabsetzbetrages und die Abweisung der Familienbeihilfe für die Zeiträume von März 2007 bis Oktober 2001 hinsichtlich beider Kinder, kann nicht davon abhängen, wie viel Zeit die Behörde letztlich benötigt, um die gegenständlichen "Rot-Weiß-Rot plus-Karten" auch (in Form der dafür vorgesehen Plastikkarten) auszustellen.

Im Fall der Kinder des Berufungswerbers war sogar - nachdem der Bescheid, mit dem die Niederlassungsbewilligung gewährt wurde - eine wochenlange Urgenz beim Magistrat der Stadt Wien notwendig, um die entsprechenden "Karten" ausgestellt zu erhalten (Beilage ./ 23), dies obwohl das Bundesministerium für Inneres bereits Wochen zuvor bescheidmäßig die entsprechenden Niederlassungsbewilligungen erteilt hatte. Das Bundesministerium für Inneres erteilte nämlich zunächst dem Berufungswerber mit Bescheid vom eine quotenfreie "Niederlassungsbewilligung unbeschränkt", sodass hier jedenfalls für den Nachweis des rechtmäßigen Aufenthalts das Bescheiddatum und nicht jenes auf der (erst Wochen später) ausgestellten Karte maßgeblich ist.

Ebenso verhält es sich bei den Kindern des Berufungswerbers und dessen Frau, welchen bereits mit Bescheid des Bundesministerium für Inneres vom jeweils eine "Rot-
Weiß-Rot-Karte plus" erteilt wurde. Die Zuerkennung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages erst ab November 2011 ist daher in beiden Fällen auch aus diesem Grund unrichtig, da bereits im September 2011 die diesbezüglichen Bescheide erlassen wurden, aber die entsprechenden Karten nur aufgrund Untätigkeit der Behörde erst rund zwei Monate später ausgestellt wurden.

5. Aus all diesen Gründen stellt der Berufungswerber daher an den Unabhängigen Finanz-
senat den Antrag,
a) auf Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 282 Abs 1 Z 1 BAO aufgrund der besonderen Schwierigkeiten wegen der zahlreichen, den rechtmäßigen Aufenthalt des Berufungswerbers und seiner Kinder, dokumentierenden Unterlagen,
b. den Bescheid des Finanzamt Wien 8/16/17 (VSNR: ...) auf Abweisung der Familienbeihilfe für W. X., geb. 2004, und für Y. X., geb. 2006, jeweils für den Zeitraum von März 2007 bis einschließlich Oktober 2011, wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und festzusetzen, dass dem Berufungswerber Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für seinen Sohn W. X., geb. 2004, auch für den Zeitraum von März 2007 bis Oktober 2011 und für seinen Sohn Y. X., geb. 2006, auch für den Zeitraum von Februar 2006 bis Oktober 2011 gewährt werden, sowie
c. gemäß § 284 Abs 1 Z 1 BAO eine mündliche Berufungsverhandlung abzuhalten."

Das Finanzamt erließ folgenden Ergänzungsauftrag:

"Die Berufung verweist (ebenso wie vorangegangene Eingaben) auf am durch Frau C. X. und die beiden minderjährigen Kinder W. und Y. Anträge auf Erteilung einer „neuerlich“ eingebrachte Niederlassungsbewilligung.
Unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 3 (2) FLAG 1967 werden Sie ersucht, die  Zeitpunkte sämtlicher Antragstellungen bezüglich einer Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung für Ihre Kinder W. und Y., sowie der Erteilung entsprechender Bewilligungen bekannt zu geben und die diesbezüglichen Angaben (durch Vorlage der Anträge, Einreichbestätigungen, allfälliger diesbezüglicher Korrespondenzen und deren behördlicher Erledigungen usw.) schlüssig nachzuweisen."

Dieser Ergänzungsauftrag wurde wie folgt beantwortet:

"1. W. X. hielt sich bereits seit seiner Geburt aufgrund einer Verfahrenskarte gemäß § 36a AsylG rechtmäßig in Österreich auf.

Der Berufungswerber legt dazu folgende Unterlage vor:

  • Aslykarte für W. X. (Beilage ./ 28);

2. Am brachte der Berufungswerber Anträge auf Erteilung von Niederlassungsbewilligungen für seine beiden mj. Söhne W. und Y., sowie für seine Frau C. X. bei der MA 35 ein, welche jeweils mit Bescheid vom (Beilagen ./ 15 und ./ 19) als unzulässig zurückgewiesen wurden. Die dagegen eingebrachten Berufungen wurden jeweils mit Bescheid des BM.I vom (Beilage . / 16 und . / 20) abgewiesen. Die dagegen eingebrachten Verfassungsgerichtshofbeschwerden führten dazu, dass die Bescheide des BM.I vom mit Bescheiden des BM.I jeweils vom ersatzlos behoben wurden (Beilagen ./ 17 und . / 21). Mit Bescheiden des BM.I jeweils vom (Beilagen ./ 18 und 22) wurden W. und Y. schließlich aufgrund ihrer Anträge vom jeweils eine "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" erteilt. Diese "Rot-Weiß-Rot-Karten plus" wurden jedoch aufgrund weiterer Verzögerungen der MA 35 (Beilage ./ 23) erst am ausgestellt (Beilagen . /25 und ./ 26).

Die Anträge von W. und Y. X. vom (!) wurden aufgrund unrichtiger Entscheidungen der Behörden erst am (!) durch Ausstellung von "Rot-Weiß-Rot-Karten plus" erledigt.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung von § 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ist der Sachverhalt daher dahingehend zu beurteilen, dass die Kinder jedenfalls bereits ab Antragstellung am rechtmäßig in Österreich aufhältig waren und nicht erst ab tatsächlicher Erteilung der Aufenthaltsbewilligungen durch die Behörde im Jahr 2011. Eine andere Interpretation wäre grob benachteiligend für den Antragsteller und außerdem gleichheitswidrig, zumal der Bezugsbeginn für die Familienbeihilfe diesfalls stets von richtigen oder falschen Entscheidungen der erstinstanzlichen Behörden über Niederlassungsanträge abhängen würden."

Der Berufungswerber legt dazu folgende Unterlagen vor:

  • Anträge auf Erteilung von Niederlassungsbewilligungen für die gesamte Familie X. samt Antragsformularen für W. und Y. vom (Beilage ./29)."

In weiterer Folge wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen.

Hingewiesen wird darauf, dass die am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen gemäß § 323 Abs. 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der gegenständliche Akt dem ausgewiesenen Richter übertragen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellungen

Als erwiesen anzunehmen ist, dass die Ausführungen des Bf. in der Beantwortung des Ergänzungsauftrages den Tatsachen entsprechen. Dies ergibt sich auch aus den aktenkundigen Unterlagen. Demzufolge wurden die Anträge der Kinder des Bf. vom auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung am  durch Ausstellung von "Rot-Weiß-Rot-Karten plus" erledigt.

2. Rechtliche Beurteilung

Festgehalten sei zunächst, dass das Bundesfinanzgericht an den Streitzeitraum des angefochtenen Bescheides gebunden ist. Eine Entscheidung über einen darüber hinausgehenden Zeitraum würde das Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes belasten (sh. ; ).

§ 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967 lauten:

"(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten."

Die Abs. 3 bis 5 sind für den vorliegenden Beschwerdefall nicht entscheidungsrelevant.

§ 20 Abs. 1 und 2 NAG in der ab geltenden Fassung lauten:

"(1) Sofern nicht anderes bestimmt ist, sind befristete Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen, es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer der Aufenthaltstitel beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

...

(2) Die Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels beginnt mit dem Ausstellungsdatum, die Gültigkeitsdauer eines verlängerten Aufenthaltstitels mit dem auf den letzten Tag des letzten Aufenthaltstitels folgenden Tag, wenn seither nicht mehr als sechs Monate vergangen sind. Der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum zwischen Ablauf des letzten Aufenthaltstitels und Beginn der Gültigkeitsdauer des verlängerten Aufenthaltstitels ist gleichzeitig mit dessen Erteilung von Amts wegen gebührenfrei mit Bescheid festzustellen."

In seinem Erkenntnis , führt der Gerichtshof in einem vergleichbaren Fall aus:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

§ 3 FLAG lautet:...

Der Beschwerdeführer trägt vor, er selbst habe im Jahr 2005 zunächst über einen Aufenthaltstitel Daueraufenthalt verfügt, derzeit habe er eine Niederlassungsbewilligung unbeschränkt. Er erfülle daher die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 FLAG.

Seine Kinder hätten sich im Streitzeitraum gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz rechtmäßig in Österreich aufgehalten, weil für sie Reisepässe ausgestellt und Touristenvisa erteilt worden seien. Vor Ablauf der Visa seien Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt worden. Dieses Verfahren sei nach einer Dauer von 18 Monaten positiv abgeschlossen worden. Die Familienbeihilfe werde gemäß § 3 Abs. 5 FLAG für nachgeborene Kinder rückwirkend gewährt.

Die belangte Behörde hat zutreffend den Tatbestand des § 3 Abs. 2 FLAG für den Streitzeitraum als nicht erfüllt angesehen, weil die Aufenthaltstitel für die Kinder des Beschwerdeführers erst im März 2009 erteilt worden sind und (mit Wirkung ex nunc - vgl. etwa das von der belangten Behörde zutreffend zitierte hg. Erkenntnis vom , 2008/18/0094, oder das hg. Erkenntnis vom , 2009/18/0061) erst ab diesem Zeitpunkt nach §§ 8 und 9 NAG ein rechtmäßiger Aufenthalt der Kinder in Österreich gegeben ist. Auf die Rechtmäßigkeit eines davor gelegenen Aufenthaltes nach dem Fremdenpolizeigesetz kommt es dabei nicht an."

Aus dem Erkenntnis des , auf das verwiesen wurde, ist zu entnehmen:

"Dem ist zu erwidern, dass auch nach der ab dem anzuwendenden Rechtslage nach dem Niederlassungs- und AufenthaltsgesetzNAG, BGBl. I Nr. 100/2005, der Aufenthalt der Beschwerdeführerin erst mit der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung und nicht schon nach der Stellung eines darauf abzielenden Antrags rechtmäßig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/18/0089). Das gilt auch dann, wenn der Antrag vor dem gestellt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0283). Auch die Möglichkeit eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen (§§ 72 bis 74 NAG) kann den Aufenthalt des Fremden nicht legalisieren. Ebenso führt die Anhängigkeit eines solchen Verfahrens zu keiner Einschränkung der behördlichen Ermächtigung zur Erlassung einer Ausweisung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0012, mwN)."

Auf den vorliegenden Beschwerdefall angewandt bedeutet dies, dass auch hier ein rechtmäßiger Aufenthalt der Kinder in Österreich erst ab dem Zeitpunkt der Ausstellung der "Rot-Weiß-Rot-Karten plus" gegeben ist. Für Zeiträume davor steht somit keine Familienbeihilfe zu.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da das Erkenntnis der oben zitierten Judikatur zu § 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967 folgt.

Wien, am

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