Kein vorläufiger Bescheid nach Kriterienprüfung gemäß § 2 Abs. 1 Liebhabereiverordnung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache M. Bf., K., vertreten durch WPI Steuerberatungs GmbH, Zahläckerweg 38, 8054 Graz-Straßgang, gegen den Bescheid des Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2009 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Einkommensteuer für das Jahr 2009 wird endgültig festgesetzt.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der als EDV-Fachmann unselbständig erwerbstätige Beschwerdeführer (Bf.) erhielt im Streitjahr 2009 beim Ausscheiden aus einem langjährigen Dienstverhältnis bei der S. GmbH eine Abfertigung in Höhe von € 100.000,-, die er - nach Begründung eines neuen Dienstverhältnisses als Angestellter der Institute of ST - am zum Erwerb von Gegenständen aus einer Verlassenschaft verwendete.
In einem im Jänner 2010 beim Finanzamt eingelangten Fragebogen zur Betriebseröffnung (Verf 24) gab der Bf. an, seit die Tätigkeit "Verlassenschaftsverwertung, Softwareentwicklung" auszuüben und dass der voraussichtliche Gewinn € 12.000,- betragen werde.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 machte er Aufwendungen in der Höhe von EUR 103.231,99 für "Waren, Roh-, Hilfsstoffe" und den daraus resultierenden Verlust aus Gewerbebetrieb in der Höhe von EUR -102.272,78 geltend.
Das Ersuchen des Finanzamtes, die Aufwendungen nachzuweisen, beantwortete er mit einem Schriftsatz vom , in dem er als "Gegenstand der 2009 begonnenen selbständigen Tätigkeit" nun "die Erstellung der Software und deren Umsetzung für einen Internetvertrieb von gebrauchten Gegenständen aller Art" bezeichnete. Die Gegenstände aus der Verlassenschaft habe er "erworben, um die Internetvertriebsschienen zu erproben und durch Eigenleistungen zu ergänzen".
Dem folgte am eine Nachschau gemäß § 144 Abs. 1 BAO beim Beschwerdeführer, bei der festgestellt wurde, dass es sich um Silberschmuck handelte, den der Bf. in einem Banksafe aufbewahre. Der Bf. führte aus, dass es sein Ziel sei, diesen nach und nach über Jahre hinweg einzeln zu verkaufen. Er wolle damit Sammlern, denen einzelne Stücke fehlten per Internet ansprechen. Er habe noch keinen Verkauf durchgeführt.
Mit Schreiben vom übermittelte der Beschwerdeführer "bezugnehmend auf das Gespräch des Finanzamtes" die Beilage zur Zahlungsbestätigung vom , in der die aus der Verlassenschaft erworbenen etwa 380 Gegenstände und deren im Verlassenschaftsverfahren geschätzte Werte einzeln angeführt waren.
Das Prüfungsorgan wies den Bf. darauf hin, dass diese Tätigkeit aus Sicht des Finanzamtes nicht von sich aus als Gewerbebetrieb angesehen werde, sondern erst dann zu einer Einkunftsquelle werde, wenn regelmäßig Verkäufe mit Gewinnabsicht erfolgten. Die Veranlagungen würden solange vorläufig erfolgen, bis Gewissheit bestehe, ob eine Einkunftsquelle vorliege - mit der Annahme, dass der Kauf der Verlassenschaft privat veranlasst sei. Der Verlust sei daher auszuscheiden.
Der Einkommensteuerbescheid erging als gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufiger Bescheid mit folgender Begründung:
"Betreffend der Einkünfte aus Gewerbebetrieb" wurde in der Begründung dargelegt, bei der Nachschau zwecks Besichtigung der "angekauften Verlassenschaft" habe sich herausgestellt, "dass diese in einem Banksafe liegt, da es sich um Silberschmuck handelt". Diesen habe der Beschwerdeführer "um die Abfertigung gekauft, sein Ziel sei es, diesen nach und nach, über Jahre hinweg einzeln zu verkaufen. Derzeit hat er noch keinen Verkauf durchgeführt." Der Beschwerdeführer sei darauf hingewiesen worden, "dass diese Tätigkeit aus Sicht des Finanzamtes nicht von sich aus als Gewerbebetrieb angesehen wird, sondern erst dann zu einer Einkunftsquelle wird wenn regelmäßige Verkäufe mit Gewinnabsicht erfolgen. Die Veranlagungen erfolgen bis zur Gewissheit, ob eine Einkunftsquelle vorliegt vorläufig - mit der Annahme, dass der Kauf der Verlassenschaft privat veranlasst ist. Der Verlust ist auszuscheiden."
In der Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen den vorläufigen Einkommensteuerbescheid 2009 machte der Bf. geltend, dass ihm bei der Nachschau erklärt worden sei, nach Erhalt der Liste der Gegenstände, werde "der Verlust vorläufig anerkannt" werden. Nach der Kündigung durch seinen langjährigen Dienstgeber und dem Antritt einer schlechter bezahlten, jederzeit kündbaren Stelle, sei es ihm erforderlich erschienen, sich ein "zweites Standbein" aufzubauen, wofür sich eine Verknüpfung seiner "bisherigen privaten Tätigkeit auf Ebay" mit seinen EDV-Kenntnissen angeboten habe. Die Gegenstände aus der Verlassenschaft habe er in der Absicht gekauft, "damit eine Internet-EDV-Lösung zu entwickeln, mit welcher mit derartigen Gegenständen Handel getrieben wird". "Ohne Gegenstände" könne eine solche Lösung "weder entwickelt, noch auf dem Markt platziert werden". Der Beschwerdeführer habe eine Domain erworben und biete "die Gegenstände aktiv im Internet an."
In einer Berufungsergänzung vom legte der Bf. u.a. noch dar, er habe die EDV für seine Website erstellt und als "Content" Antiquitäten gewählt, weil bei diesen - anders als etwa bei Kleidung - keine rasche Entwertung eintrete. Der "Content" gelte bei der Entwicklung von EDV für Internetmarktplätze als "verlorener Aufwand", und die Erzielung von Einnahmen aus seinem Verkauf sei "nicht wichtig". Dass der Beschwerdeführer "seinen Content so gewählt hat, dass er unüblicherweise auch noch Einnahmen damit erzielt", sei nur auf seine "sparsame Natur" zurückzuführen.
Dem Bf. gehe es nicht einmal darum, "möglichst viele User auf seine Seite zu bringen". Er brauche die "Beta-Version" seiner Website, "um potentiellen Kunden seine Ideen vorführen zu können". Für eine "relevante Anzahl an Usern und Klicks" sei der "Content" auf seiner Website auch viel zu klein. Es gebe aber Interessenten für EDV-Lösungen der vom Beschwerdeführer entwickelten Art. Dass der Beschwerdeführer noch nicht in die Gewinnzone gelangt sei, liege "auch" daran, dass ihm die Einkommensteuer 2009 nicht zurückgezahlt worden sei. Der Beschwerdeführer brauche dieses Kapital, "um ehestmöglich zu Umsätzen in seinem Betätigungsfeld, nämlich der Entwicklung, Verbesserung und Austestung von Internetmarktplätzen zu gelangen".
Nach einer Vorsprache der Vertreterin des Bf. bei der belangten Behörde legte der Bf. weitere ausführliche Schriftsätze zu seiner selbständigen Tätigkeit vor. Der Bf. führte aus, dass er EDV-Spezialist sei, und er Internetplätze erstellen, entwickeln und perfektionieren möchte. Was für ihn von Interesse ist, ist die EDV Seite des Internetmarktplatzes www. als Beta-Version. Anhand dieser werde die EDV-Seite von Internetplätzen ausgetestet, verbessert, ent- und weiterentwickelt und würden so Datenbänke, Eingabemasken etc. auf Benutzerfreundlichkeit getestet, verbessert und weiterentwickelt. Er sei vom Gelingen seiner Geschäftsidee überzeugt.
Seine Geschäftstätigkeit bedürfe einer Anlaufphase, Anlaufverluste seien normal.
Er habe seine Domaine registrieren lassen und im Dezember 2009 als Basisinhalt für seinen Internetmarktplatz Gegenstände aus einer Verlassenschaft, bestehend aus Antiquitäten um € 100.000,- erworben. Antiquitäten würden Spezialprodukte darstellen, wie er sie für die Entwicklung seiner Suchmaschine benötigt habe.
Er sei Unternehmer und mit der Unternehmereigenschaft gehe das Unternehmerrisiko einher. Es sei unzulässig das Unternehmerrisiko mit Liebhaberei zu belasten.
Mit Berufungsentscheidung wies der Unabhängige Finanzsenat am , GZ. RV/0056-W/12, die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 als unbegründet ab und stellte fest, der Bf. habe trotz mehrmaliger Befragung nicht bekanntgegeben, "von wem und wie die Software getestet werden sollte, wie er mit den Internet-User in Kontakt trete und wie diese ihm dann mitteilen hätten können, was an der Software verbesserungswürdig sei, wie er die Software professionell vermarkten werde und wie der Kontakt zu den Händlern hergestellt werde". Der Unabhängige Berufungssenat könne weiters nicht erkennen, wie der Bf. mit der von ihm behaupteten Tätigkeit am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen könne. Der Bf. habe im Verwaltungsverfahren auch "nicht dokumentiert, worin die Entwicklungstätigkeit bestand."
Da nach dem Gesamtbild der Umstände noch Ungewissheit bestehe, ob die Betätigung unter § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung falle, hat der Unabhängige Finanzsenat entschieden, dass die Berufung abzuweisen sei und an der Vorläufigkeit keine Änderung eintrete.
Gegen die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates brachte der Bf. Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein.
In der Beschwerde machte der Bf. geltend, dass die Voraussetzungen des § 200 Abs. 1 BAO für die Erlassung eines vorläufigen Bescheides nicht erfüllt seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit der Entscheidung Zl. 2013/13/0045 , die angefochtene Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben:
" § 200 Abs. 1 und 2 BAO lauten:
"§ 200. (1) Die Abgabenbehörde kann die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist. Die Ersetzung eines vorläufigen durch einen anderen vorläufigen Bescheid ist im Fall der teilweisen Beseitigung der Ungewissheit zulässig.
(2) Wenn die Ungewissheit (Abs. 1) beseitigt ist, ist die vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen. Gibt die Beseitigung der Ungewissheit zu einer Berichtigung der vorläufigen Festsetzung keinen Anlass, so ist ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erklärt."
Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines vorläufigen Bescheides nicht (mehr) vor, so liegt die diesbezügliche Abänderung eines mit Berufung bekämpften vorläufigen Bescheides gemäß § 289 Abs. 2 BAO (in der hier noch maßgeblichen Fassung vor dem FVwGG 2012) in der Zuständigkeit der Berufungsbehörde (vgl. dazu das Erkenntnis vom , 92/13/0097).
Im vorliegenden Fall war strittig, ob aus dem vom Beschwerdeführer gegen Ende des Jahres 2009 vorgenommenen Ankauf von Gegenständen negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb resultierten, die bei der Feststellung des Einkommens zu berücksichtigen waren. Die belangte Behörde hat - mit in der Beschwerde bekämpften Argumenten - das Vorliegen einer gewerblichen Tätigkeit des Beschwerdeführers als Softwareentwickler verneint und die Abweisung der Berufung unter Aufrechterhaltung der Vorläufigkeit der Entscheidung darauf gestützt, dass "noch nicht endgültig beurteilt werden" könne, ob der geltend gemachte Verlust als solcher aus einer gewerblichen Tätigkeit des Beschwerdeführers als Antiquitätenhändler zu berücksichtigen sei. Welche "Ungewissheiten im Tatsachenbereich" (vgl. dazu die Judikaturnachweise bei Ritz , BAO², § 200 Tz 1) einer endgültigen Beurteilung dieser Frage entgegenstünden, wird im angefochtenen Bescheid nicht ausdrücklich dargelegt. Aus der Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Bescheid geht jedoch hervor, dass die belangte Behörde - nun schon Jahre nach dem Ende des streitgegenständlichen Veranlagungszeitraumes - eine weitere Beobachtung des Schicksals der angeschafften Gegenstände für erforderlich hält.
Dem ist nicht beizupflichten. Ob der Beschwerdeführer beim Erwerb der Gegenstände im Dezember 2009 eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 23 Z 1 EStG 1988 entfaltete, bestimmt sich nicht danach, ob, in welchem Umfang und mit welchem Erfolg er sich mehr als drei Jahre später um deren Verkauf bemüht. Es hängt vor allem von den vom Beschwerdeführer beim Kauf verfolgten Absichten und damit von der Glaubwürdigkeit seiner diesbezüglichen Angaben im Fragebogen zur Betriebseröffnung und im vorliegenden Verfahren ab (vgl. zum Beginn einer gewerblichen Tätigkeit etwa die Judikaturnachweise bei Jakom/Baldauf, EStG, 2015, § 23 Rz 13 und 33). Spätere Entwicklungen sind dabei nur von indizieller Bedeutung. Letzteres gilt auch insoweit, als sich für den Fall ernsthafter Absichten des Beschwerdeführers, die erworbenen Gegenstände zur Gewinnerzielung im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit einzusetzen, Fragen der Liebhaberei im Sinne der Liebhabereiverordnung stellen sollten. Die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid beziehen sich - anders, als der Beschwerdeführer meint - nur auf das Vorliegen einer Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (§ 1 Abs. 2 Z 1 der Liebhabereiverordnung). War dies zu verneinen und lag der Beginn einer Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 1 der Liebhabereiverordnung vor, so war im vorliegenden Fall zu prüfen, ob nach den Maßstäben des § 2 Abs. 2 letzter Satz der Verordnung ein Anlaufzeitraum zustand. Zur Erlassung oder Aufrechterhaltung eines vorläufigen Bescheides gibt dies nicht Anlass (vgl. in diesem Sinn zur Kriterienprüfung gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung bereits das Erkenntnis vom , 2006/15/0075).
Schon auf Grund der in der Beschwerde bekämpften Annahme einer Ungewissheit, die einer endgültigen Beurteilung und Entscheidung entgegenstehe, war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben."
In dem fortgesetzten Verfahren wird über die Beschwerde erwogen:
Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf den eingangs angeführten Sachverhalt verwiesen, der dem angeführten Erkenntnis , zu Grunde gelegt wurde, mit dem der VwGH die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , Zl. RV/0056-W/12 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben hat.
Die Rechtsgrundlagen stellen sich wie folgt dar:
§ 200 Abs. 1 und 2 BAO lauten:
§ 200 (1) Die Abgabenbehörde kann die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiß, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht ungewiß ist. Die Ersetzung eines vorläufigen durch einen anderen vorläufigen Bescheid ist im Fall der teilweisen Beseitigung der Ungewißheit zulässig.
(2) Wenn die Ungewißheit (Abs. 1) beseitigt ist, ist die vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen. Gibt die Beseitigung der Ungewißheit zu einer Berichtigung der vorläufigen Festsetzung keinen Anlaß, so ist ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen Abgabebescheid erklärt."
Gemäß § 200 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist.
Gemäß § 23 Z 1 EStG 1988 sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.
Eine gewerbliche Tätigkeit liegt bereits in der Vorbereitungsphase vor (dh vor Erzielung der ersten Einnahmen), wenn sich der innere Entschluss des StPfl zur Aufnahme der werbenden Betätigung durch entsprechende Handlungen dokumentiert und der StPfl. zielstrebig auf die Betriebseröffnung hinarbeitet. (Jakom/Vock, EStG 2016, § 23 Rz 13)
Weiters führt Vock im Jakom aus, dass eine Einkunftsquelle auch dann vorliegt, wenn infolge einer Fehlinvestition Einnahmen ausbleiben, sofern der Plan für die konkrete erwerbswirtschafliche Betätigung (die ernsthafte Absicht der Gewinnerzielung) klar erwiesen ist. (Jakom/Vock EStG 2016, § 23 Rz 33)
Gemäß § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung idF BGBl II 358/1997 liegen Einkünfte bei einer Betätigung vor, die
durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, und
nicht unter Abs. 2 fällt.
Voraussetzung ist, dass die Absicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 und 3) nachvollziehbar ist. Das Vorliegen einer derartigen Absicht ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen.
Fallen nach § 2 Abs. 1 der Liebhaberei-VO, BGBl II 358/1997, bei Betätigungen im Sinn des § 1 Abs. 1 Verluste an, so ist das Vorliegen der Absicht, einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über den Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, insbesondere anhand folgender Umstände zu beurteilen:
Ausmaß und Entwicklung der Verluste,
Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen,
Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuss erzielt wird,
marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf angebotene Leistungen,
marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die Preisgestaltung,
Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen (zB Rationalisierungsmaßnahmen).
Innerhalb der ersten drei Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab Beginn einer Betätigung (zB Eröffnung eines Betriebes) im Sinn des § 1 Abs. 1, längstens jedoch innerhalb der ersten fünf Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben) für diese Betätigung liegen nach Abs. 2 dieser Verordnung jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum).
Im gegenständlichen Fall erklärte der Bf., dass es ihm nach der Kündigung durch seinen langjährigen Dienstgeber und den Antritt einer schlechter bezahlten, jederzeit kündbaren Stelle erforderlich erschienen sei, sich ein "zweites Standbein" aufzubauen, wofür sich eine Verknüpfung seiner "bisherigen privaten Tätigkeit auf Ebay" mit seinen EDV-Kenntnissen angeboten habe. Die Gegenstände aus der Verlassenschaft habe er in der Absicht gekauft, damit eine Internet-EDV-Lösung zu entwickeln, mit welcher mit derartigen Gegenständen Handel getrieben werden könne.
Zu dem subjektiven Ertragsstreben des Bf., die Absicht einen Gesamtgewinn zu erzielen, kommt im gegenständlichen Fall auch die Manifestation in der Außenwelt hinzu, dass der Bf. im Jahr 2009 seine Tätigkeit "Verlassenschaftsverwertung/Softwareentwicklung" dem Finanzamt angezeigt habe.
Weiters führte er in der Beschwerde und in den ergänzenden Schreiben wiederholt aus, dass er Internetmarktplätze entwickeln, optimieren und programmieren wollte, damit die Sucheingaben von den Nutzern optimal mit den vorhandenen Waren-Unikaten verknüpfen werden konnten und sich dadurch hohe Trefferquoten zwischen Kundenwunsch und Produkte ergeben würden.
Der Gegenstand seiner im Jahr 2009 begonnen selbständigen Tätigkeit sei die "Erstellung von Software und deren Umsetzung zu einem Internetvertrieb von gebrauchten Gegenständen aller Art." Um diese Tätigkeit erfolgreich entwickeln zu können, habe er die Antiquitäten gekauft.
Er habe die Verlassenschaft nicht erworben, um einen Antiquitätenhandel zu eröffnen, sondern als Content für seine zu entwickelnde Internetplattform.
Eine gewerbliche Tätigkeit liegt wie - vorstehend angeführt - bereits in der Vorbereitungsphase, dh vor Erzielung der ersten Einnahmen vor.
Im gegenständlichen Fall, war die Tätigkeit, die Erstellung einer Softwareentwicklung, im Jahr 2009 erst in der Vorbereitungsphase. In diesem Jahr wurde ein Verlust erzielt.
Bereits im Jahr 2011 wurde ein Gewinn erzielt.
Stellt sich bei einer Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 Liebhaberei-VO objektiv erst nach mehreren Jahren heraus, dass sie niemals Erfolg bringend sein kann, kann sie dennoch bis zu diesem Zeitpunkt als Einkunftsquelle anzusehen sein. Erst wenn die Tätigkeit dann nicht eingestellt wird, ist sie für Zeiträume ab diesem Zeitpunkt als Liebhaberei zu qualifizieren (vgl. Zl. 2004/15/0038).
Der Verwaltungsgerichtshof führte ua. dazu aus, dass im gegenständlichen Fall die Aufrechterhaltung eines vorläufigen Bescheides keinen Anlass gibt. Ob der Beschwerdeführer beim Erwerb der Gegenstände im Dezember 2009 eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 23 Z 1 EStG 1988 entfaltete, bestimme sich nicht danach, ob, in welchem Umfang und mit welchem Erfolg er sich mehr als drei Jahre später um deren Verkauf bemühe.
Es hänge vor allem von dem vom Beschwerdeführer beim Kauf verfolgten Absichten und damit von der Glaubwürdigkeit seiner diesbezüglichen Angaben im Fragebogen zur Betriebseröffnung im vorliegenden Verfahren ab.
Ausgehend von den Umständen
- dass der Bf. mit dem Gewerbebetrieb "Softwareentwicklung" einen Gewinn erzielen wollte,
- dass der Bf. im Folgejahr wieder Antiquitäten für seinen Internetmarktplatz gekauft hat und
- das der Bf. weitere EDV-Ausstattung und sonstiger High-Tech Geräte angeschafft hat,
erkennt das BFG, dass der Bf. mit der Tätigkeit "Softwareentwicklung" eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt hat und die Anlaufverluste anzuerkennen sind.
Der Beschwerde war daher stattzugeben.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Verfahren, wurde dem oa. Erkenntnis des folgend, der Beschwerde stattgegeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 200 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 23 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7102307.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at