zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.10.2017, RV/7500750/2017

Die Zurückweisung eines Einspruches als verspätet erfolgte zu Recht

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/7500750/2017-RS1
Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist es in Fällen einer Zustellung durch Hinterlegung nicht erforderlich, dass dem Empfänger stets die "volle Frist" für die Erhebung eines allfälligen Rechtsmittels zur Verfügung stehen muss. Dabei ist insbesondere bei einer verbleibenden Dauer zur Ausführung des Rechtsmittels von zehn Tagen (bei einer Rechtsmittelfrist von zwei Wochen) noch keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist gesehen worden (vgl. , mwN).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin xyz über die Beschwerde des X1, A1, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom ,MA 67-PA-594270/7/3, betreffend die Zurückweisung des Einspruchs gegen die Strafverfügung vom , MA 67-PA-000, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde, hat über
den Beschwerdeführer (Bf.) mit Strafverfügung vom , MA 67-
PA-000, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, jeweils in der geltenden Fassung, eine Geldstrafe in der Höhe von € 90,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Stunden, verhängt.

Die Strafverfügung enthielt folgende, auszugsweise wiedergegebene, Rechtsmittelbelehrung:  

"Sie haben das Recht, gegen diese Strafverfügung Einspruch zu erheben.
Der Einspruch ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Strafverfügung schriftlich oder mündlich (nicht aber telefonisch) bei der Magistratsabteilung 67, 1200 Wien, Dresdner Straße 81-85 einzubringen."

Der am eingebrachte Einspruch des Bf. gegen die Strafverfügung, wurde von
der belangten Behörde gemäß § 49 Abs. 1 VStG wegen Verspätung zurückgewiesen.

Der in Beschwerde gezogene Zurückweisungsbescheid 000, wurde
folgendermaßen begründet:

"Die Strafverfügung wurde nach einem Zustellversuch vom am selben Tag bei der Postgeschäftsstelle A3 hinterlegt (Hinterlegung gem. § 17 Abs. 1 ZustG) und ist ab dem zur Abholung bereitgehalten worden, da Ihnen das Schriftstück beim Zustellversuch nicht übergeben werden konnte.

Mit dem Tag der Bereithaltung zur Abholung gilt gemäß § 17 Abs. 3 ZustG eine hinterlegte Sendung als zugestellt, wenn ein Zustellmangel nicht unterlaufen ist und sich auch nicht ergeben hat, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen konnte.

Die Einspruchsfrist begann daher am und endete am .

Der Einspruch wurde trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung jedoch erst am mittels E-Mail, somit nach Ablauf der im § 49 Abs. 1 VStG festgesetzten zweiwöchigen Einspruchsfrist eingebracht.

Mit Vorhalt der Verspätung vom wurden Ihnen die Zustelldaten zur Kenntnis gebracht und wurde Ihnen gleichzeitig die Möglichkeit geboten einen eventuellen Zustellmangel durch Belege (Reiserechnungen, Namhaftmachung von Zeugen etc.) glaubhaft zu machen.

Im Zuge dessen gaben Sie an, dass Sie in der Zeit ab dem Ihre Mutter in A2 besucht hätten und Ihren Besuch früher abgebrochen hätten um das Schreiben beheben zu können, da Sie am Montag (29.5.) zu einer Hüftprothesenimplantation eingerückt wären.

Sie wurden daher aufgefordert, die Daten Ihrer Mutter bekanntzugeben, um sie in dieser Angelegenheit als Zeugin vorzuladen. Die Daten wurden von Ihnen übermittelt, jedoch gaben Sie an, dass Ihre Mutter über den Sommer in A2 aufhältig sei und der genaue Ortswechsel an Ihre Wohnadresse in Mödling derzeit noch nicht bekannt wäre.

Einer Aufforderung, einen konkreten Zeitraum anzugeben, in welchem sich Ihre Mutter wieder an Ihrem Hauptwohnsitz befindet, leisteten Sie keine Folge.

Dazu wird Folgendes festgestellt:

Hinsichtlich der amtswegig vorzunehmenden Klärung der Frage der Ortsabwesenheit ist die Partei verpflichtet, einer Aufforderung zur Mitwirkung an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes nachzukommen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof u. a. im Erkenntnis vom , Zahl 88/08/0182, ausgesprochen hat, kann mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit, ohne Anbot entsprechender Beweismittel, das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung nicht nachgewiesen werden.

Einen Zustellmangel haben Sie zwar geltend, aber trotz gebotener Gelegenheit nicht glaubhaft gemacht.

Es ist somit nicht erkennbar, dass der Zustellvorgang nicht gesetzesgemäß erfolgt wäre.

Bemerkt wird, dass es sich bei der Einspruchsfrist des 5 49 Abs. 1 VStG um eine gesetzlich festgelegte Frist handelt, die von der Behörde nicht erstreckt werden darf.

Der Behörde ist es deshalb durch die verspätete Einbringung des Einspruches rechtlich verwehrt eine Sachentscheidung zu treffen und kann aus diesem Grund auch nicht auf allfällige diesbezügliche Einwände eingegangen werden.

Der Einspruch war daher als verspätet zurückzuweisen."

Aus der am eingebrachten Beschwerde des Bf. geht hervor:

"Sie schreiben:" ...... Einer Aufforderung einen konkreten Zeitraum anzugeben, in welchem sich Ihre Mutter wieder an Ihrem Hauptwohnsitz befindet, leisteten Sie keine Folge..." - dies ist völlig falsch! Ich füge noch einmal mein Mail vom bei.

[…]

herzlichen dank für Ihr freundliches mail vom .

Es ist leider in meinem Spam Ordner hängengeblieben und ich hab es erst jetzt entdeckt.

Meine Mutter […] ist inzwischen aus A2 retour und bis auf weiteres, auf jeden Fall aber bis zum an ihrer Wohnadresse in A3 anzutreffen.

Anschliessend sende ich Ihnen eine Stellungnahme/Zeugenaussage meiner Mutter als Beweismittel, inklusive Unterschrift und Kopie des Reisepasses als Beweis für die Nämlichkeit.

Ich betrachte daher Ihre Bescheid-Zurückweisung als gegenstandslos und fordere Sie auf das Verfahren einzustellen."

In der genannten, nicht handschriftlich unterfertigten und undatierten, Stellungnahme erklärte E.T. , der Bf. habe sie  vom   bis zum in der Ferienwohnung in A2 besucht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 49 VStG normiert: 

"(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat. 

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung."

§ 17 Zustellgesetz normiert: 

"(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen. 

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. 

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte."

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wird der Beweis, dass eine Zustellung
vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden
Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet
jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu
begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung
zu widerlegen geeignet sind (vgl. u.a. ).

Aus dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis (Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments, AS 11) ergibt sich, dass die Strafverfügung vom
, MA 67-PA-000, nach einem Zustellversuch am , bei dem die Verständigung von der Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung des Bf. eingelegt worden war, bei der Post-Geschäftsstelle A3 hinterlegt und  dort innerhalb einer Frist vom  bis zum zur Abholung bereitgehalten worden ist. Der Bf. hat das behördliche Dokument am behoben. Diese Zustellung ist vom Zusteller gemäß § 22 ZustG beurkundet worden.  Der Bf. hat  sohin vom Zustellvorgang rechtzeitig-innerhalb der Abholfrist-Kenntnis erlangt. Somit gilt die Strafverfügung durch Hinterlegung zugestellt, wobei- im Lichte des § 17 Abs. 3 zweiter Satz BAO- diese Zustellung am als bewirkt zu gelten hatte.

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist es in Fällen einer Zustellung durch Hinterlegung nicht erforderlich, dass dem Empfänger stets die "volle Frist" für die Erhebung eines allfälligen Rechtsmittels zur Verfügung stehen muss. Dabei ist insbesondere bei einer verbleibenden Dauer zur Ausführung des Rechtsmittels von zehn Tagen (bei einer Rechtsmittelfrist von zwei Wochen) noch keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist gesehen worden (vgl. , mwN).

Bezogen auf den konkreten Sachverhalt folgt daraus, dass bei einer Bereithaltung zur Abholung am sowie einer Behebung der verfahrensgegenständlichen am und dem ins Treffen geführten Spitalsaufenthalt ab  dennoch zehn Tage für die Einbringung eines Einspruches gegen die verfahrensgegenständliche Strafverfügung zur Verfügung gestanden sind.

Umstände die für die Versäumnis einer Rechtsmittelfrist, im Zusammenhalt mit der ordnungsgemäßen Zustellung durch Hinterlegung eines rechtsmittelfähigen Schriftstückes ins Treffen geführt werden, können allenfalls einen Wiedereinsetzungsgrund bilden.(z.B. ; ,2001/20/0425) 

Die gesetzliche zweiwöchige Frist gemäß § 49 Abs.1 VStG zur Einbringung des Einspruches begann am und endete am Dienstag den .Der Einspruch gegen die Strafverfügung ist erst am mittels E-Mail eingebracht und daher von der belangten Behörde zu Recht als verspätet zurückgewiesen worden Mit Ablauf des ist die Strafverfügung formell in Rechtskraft erwachsen

Der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bei Zurückweisung eines Einspruches wegen Verspätung ist ausschließlich auf die Frage beschränkt, ob der Einspruch innerhalb der Frist des § 49 Abs. 1 VStG erfolgt ist oder nicht. Die Rechtzeitigkeit des Einspruchs war aus den aufgezeigten Gründen zu verneinen.

Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den oben angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.

Aus diesem Grund war gemäß § 25a Abs. 1 VwGG die Unzulässigkeit der Revision für die
belangte Behörde gegen den vorliegenden Beschluss auszusprechen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 49 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7500750.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at