Voraussetzung für eine Rückgängigmachung eines Erwerbsvorganges im Sinn des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG
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RV/7101329/2017-RS1 | wie RV/7103520/2012-RS1 Rückgängig gemacht iSd § 17 GrEStG ist ein Erwerbsvorgang dann, wenn sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. Ein Erwerbsvorgang ist also nur dann rückgängig gemacht, wenn der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss innehatte, wiederlangt. (vgl. ; , 2008/16/0013; , 2011/16/0001) |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. R in der Beschwerdesache Bf vertreten durch Dr. Karl Deiger, Beim Alten Stadttor 1-3 Tür 3, 7000 Eisenstadt, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr. x betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 17 GrEStG zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Kaufvertrag vom verkaufte Vk an den Beschwerdeführer und dessen Ehegattin, K das auf der Liegenschaft EZ 1 errichtete Einfamilienhaus um den Kaufpreis von EUR 185.000. Die Übergabe und Übernahme des Kaufobjektes in den tatsächlichen Besitz der Käufer galt mit Unterfertigung des Kaufvertrages als vollzogen. Der Gesamtkaufpreis war binnen drei Wochen auf das Treuhandkonto des Vertragsverfassers zu hinterlegen. Nach Punkt III des Vertrages ist die Verkäuferin für den Fall des nicht termingerechten Erlages des Kaufpreises berechtigt, unter Setzung einer Nachfrist von 14 Tagen durch einseitige Erklärung vom Vertrag zurückzutreten.
Mit Auflösungsvertrag zum Kaufvertrag vom wurde der Kaufvertrag vom hinsichtlich des gesamten Kaufobjektes vollinhaltlich aufgehoben, sodass die Verkäuferin laut Punkt II dieses Vertrages ex tunc Alleineigentümerin der Liegenschaft wurde.
Mit neuerlichem Kaufvertrag wurde gleichzeitig mit dem Auflösungsvertrag am die oa. Liegenschaft von der Verkäuferin an K1 (Beschwerdeführer) um den Kaufpreis von EUR 185.000 veräußert. Am stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Rückerstattung der Grunderwerbsteuer gemäß § 17 GrEStG in Höhe von EUR 6475.
Mit Vorhalt vom wurde der steuerliche Vertreter ersucht, den ursprünglichen Grundbuchstand mittels beiliegender Unbedenklichkeitsbescheinigung herzustellen und die Durchführung dieses Vorganges nachzuweisen. Mit Schreiben vom wurde dem Finanzamt ein beglaubigter Grundbuchauszug, welchem die grundbücherliche Durchführung der Auflösungsvereinbarung zum Kaufvertrag vom zu entnehmen ist, übermittelt. Dem Auszug geht die Einverleibung des Eigentumsrechtes an den Beschwerdeführer an der kaufgegenständlichen Liegenschaft hervor.
Mit Bescheid vom wurde der Antrag gemäß § 17 GrEStG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass dann, wenn die Rückgängigmachung des Kaufvertrages nur deshalb erfolge, um den Verkauf des Grundstückes an dem im Voraus bestimmten neuen Käufer zu ermöglichen, der Verkäufer in Wahrheit nicht die Möglichkeit wiedererlange, das Grundstück einem Dritten zu verkaufen. Im konkreten Fall würde steuerrechtlich keine Rückgängigmachung vorliegen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde ausgeführt, dass im Gegensatz zu den Ausführungen des Finanzamtes die Verkäuferin im vorliegenden Fall mit dem Auflösungsvertrag vom ex tunc tatsächlich, somit rückwirkend zum Kaufvertragsabschluss am zivilrechtlich in die Lage versetzt worden sei, über das Kaufobjekt uneingeschränkt zu verfügen. Im Auflösungsvertrag sei die Aufsandung zur Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten der ursprünglichen Verkäuferin durch die seinerzeitigen Käufer erteilt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die volle Rückabwicklung geplant und der Abschluss eines Mietvertrages mit anderen Vertragsparteien vorgesehen gewesen. Kurzfristig sei dieser Plan jedoch geändert worden und der neue Kaufvertrag mit dem Beschwerdeführer abgeschlossen worden. Vom Fehlen der tatsächlichen Verfügungsmacht seitens der Verkäuferin könne daher keine Rede sein.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Erfolge eine Vertragsaufhebung lediglich zu dem Zweck der gleichzeitigen Übertragung des Grundstückes auf eine bereits vorbestimmte Person, so sei der frühere Vertrag über seine formale Aufhebung hinaus nicht rückgängig gemacht worden. Es liege kein echter Rücktritt vor. Dagegen wurde rechtzeitig ohne nähere Ausführungen der Vorlageantrag gestellt.
Nach Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes teilte der steuerliche Vertreter am mit, dass der Kaufpreis für den Kaufvertrag vom in drei Raten auf dem Anderkonto des Vertreters am eingelangt ist. Der Auflösungsvertrag und der Kaufvertrag vom wurden mit Beschluss vom verbüchert. Die seinerzeitige Verkäuferin hat von ihrem im Kaufvertrag vom vereinbarten Rücktrittsrecht nicht Gebrauch gemacht.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Die auf den zu beurteilenden Fall anzuwendenden Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1987, (GrEStG), lauten in ihrer verfahrensrelevanten Fassung wie folgt:
Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:
1.Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet ( § 1 Abs.1 Z 1 GrEStG).
Mit Unterfertigung des Kaufvertrages vom wurde demnach ein nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht und ist die Steuerschuld entstanden.
Bei den Verkehrsteuern (zu denen auch die Grunderwerbsteuer gehört) gilt der Grundsatz, dass die einmal entstandene Steuerpflicht durch später eintretende Ereignisse, insbesondere durch nachträgliche privatrechtliche Vereinbarungen, mag diesen von den Parteien auch Rückwirkung beigelegt werden, nicht mehr beseitigt werden kann. Spätere Änderungen können eine entstandene Steuerschuld nur dann in Wegfall bringen, wenn sie – wie etwa § 17 GrEStG 1987 - einen steuervernichtenden Tatbestand erfüllen ( 15/0439/80, und ).
§ 17 GrEStG 1987 stellt eine Ausnahme von dem für Verkehrsteuern geltenden Grundsatz dar, dass die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden soll. Das Gesetz lässt die Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer nur in den in den Absätzen 1 bis 3 GrEStG 1987 ausdrücklich umschriebenen Fällen zu (siehe Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, § 17 GrEStG 1987 Rz 5 und Rz 6 und die dort zitierte VwGH- Rechtsprechung).
Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,
wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrecht oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird (§ 17 Abs.1 Z 1 GrEStG)
Im verfahrensgegenständlichen Fall ist zu prüfen, ob der Kaufvertrag vom durch den Auflösungsvertrag vom iSd § 17 GrEStG rückgängig gemacht worden ist.
Rückgängig gemacht iSd § 17 GrEStG ist ein Erwerbsvorgang dann, wenn sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. Ein Erwerbsvorgang ist also nur dann rückgängig gemacht, wenn der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss innehatte, wiederlangt. (vgl. ; ,2008/16/0013; ,2011716/0001)
Das bedeutet, dass es für eine „Rückgängigmachung iSd § 17 GrEStG, nicht nur erforderlich ist, dass der Käufer nach Abschluss einer Auflösungsvereinbarung keine Verfügungsmacht über das Grundstück hat, sondern, dass auch sein Vertragspartner seine ursprüngliche freie Verfügungsmacht- z.B. zum Abschluss eines neuerlichen Kaufvertrages- über das Grundstück wiedererlangt hat. Ein Erwerbsvorgang ist also nicht im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEstG 1987 rückgängig gemacht, wenn der Vertrag zwar- was die Vertragsfreiheit des Schuldrechtes erlaubt- der Form nach aufgehoben wird, die durch diesen Vertrag begründete Verfügungsmöglichkeit aber weiterhin beim Erwerber verbleibt und der Verkäufer seine ursprüngliche (freie) Rechtsstellung nicht wiedererlangt.
Seit dem höchstgerichtlichen Erkenntnis des verstärkten Senates vom ,82/16/0165, vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass eine Rückgängigmachung als Voraussetzung für die Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer dann nicht vorliegt, wenn die Rückgängigmachung zwecks Ermöglichung des Verkaufes an einem im Voraus bestimmten neuen Käufer erfolgt und die Auflösung des alten und Abschluss des neuen Kaufvertrages gleichsam uno actu vollzogen werden, da der Verkäufer dadurch die Möglichkeit das Grundstück an einem Dritten zu veräußern diesfalls nicht wiedererlangt (). In Fällen, in denen die Auflösung eines Vertrages vereinbart wird, um den Verkauf des Objektes an einen im Voraus bestimmten neuen Käufer zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Vertrages gleichsam uno actu erfolgen, ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ( siehe z. B. VwGH 17.10.2001, 2001/16/0184, 0190, , , , und ) davon auszugehen, dass der Verkäufer in Wahrheit dadurch nicht die Möglichkeit wiedererlangt hat, über das Grundstück anderweitig frei zu verfügen.
Im Beschwerdefall steht außer Zweifel, dass im Abschluss des Kaufvertrages vom jenes Rechtsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 lag, das den Anspruch der Käufer auf Übereignung der vertragsgegenständlichen Liegenschaft samt Einfamilienhaus in ihr gemeinsames Eigentum begründete. Mit Unterfertigung dieses Verpflichtungsgeschäftes wurde demnach ein nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht und ist die Steuerschuld entstanden.
Im zu beurteilenden Fall fand die Auflösung des ersten Kaufvertrages am selben Tag wie der Abschluss des zweiten Kaufvertrages nämlich am statt. Der unzweifelhaft zwischen dem Rücktritt und dem Verkauf der Liegenschaft an den Beschwerdeführer bestehende zeitliche und sachliche Zusammenhang lässt somit mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass zwischen den Vertragsteilen bereits vor dem erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag Einigkeit darüber bestand, die in Frage stehende Liegenschaft samt Wohnhaus an den Beschwerdeführer zu veräußern.
Als Ergebnis des Vorgesagten war bei der Entscheidung des Beschwerdefalles an Sachverhalt schlüssig davon auszugehen, dass der Rücktritt vom Kaufvertrag durch AundB mit der konsistenten Zielsetzung erfolgte, den Verkauf der Liegenschaft an den im Voraus bestimmten Beschwerdeführer als Alleineigentümer zu ermöglichen.
Das Bundesfinanzgericht entscheidet somit über die Beschwerde dahin, dass bei gegebener Sachlage der Erwerbsvorgang vom durch die Vereinbarung vom nicht im Sinn des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 rückgängig gemacht wurde, weil die Verkäuferin durch den gleichzeitigen Abschluss des Auflösungsvertrages und des Kaufvertrages keineswegs die Möglichkeit wiedererlangt hat, über die Liegenschaft anderweitig zu verfügen. An dieser Beurteilung vermag der Einwand des Beschwerdeführers, lediglich aus verfahrensökonomischen Gründen sei das Grundbuchgesuch für den Auflösungsvertrag und für den Kaufvertrag vom in einem Antrag zusammengefasst worden, nichts zu ändern. Auch mit dem Vorbringen, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des Auflösungsvertrages die volle Rückabwicklung des Kaufvertrages vom und der Abschluss eines Mietvertrages mit anderen Vertragspartnern geplant gewesen sei, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass die seinerzeitige Verkäuferin durch den Auflösungsvertrag die freie Verfügungsmacht erlangt hätte.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Durch die oben zitierte VwGH- Rechtsprechung ist geklärt, dass bei Auflösung des alten und Abschluss des neuen Vertrages gleichsam uno actu die Verkäuferin dadurch nicht die ursprüngliche freie Verfügungsmacht und damit nicht die Möglichkeit wiedererlangt hat, über das Grundstück anderweitig zu verfügen. Von dieser durch die VwGH- Rechtsprechung geklärten Rechtslage weicht dieses Erkenntnis nicht ab.
Über die Beschwerde gegen den angefochtenen Abweisungsbescheid vom war somit spruchgemäß abzusprechen
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101329.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at