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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.10.2017, RV/5100179/2012

1. Rechtmäßig erfolgte Aufhebung einer unrichtigen Vorsteuer-Festsetzung im Veranlagungsverfahren für einen ausländischen Unternehmer 2. Ersatzlose Aufhebung eines ersetzenden Bescheides, der von einer dafür unzuständigen Abgabenbehörde erlassen wurde

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
Wird ein unrichtiger Bescheid gemäß § 299 BAO aufgehoben und erlässt die aufhebende Abgabenbehörde, die für die Erlassung des Ersatzbescheides (§ 299 Abs. 2 BAO) nicht zuständig ist, einen ersetzenden Bescheid, ist dieser rechtswidrig und im Beschwerdeverfahren nach § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Ansgar Unterberger in der Beschwerdesache Bf, xx, vertreten durch Mag.Andreas Wimmer Stb- und WTH GmbH, Wurmstraße 18, 4020 Linz , über die Beschwerden vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FA Freistadt Rohrbach Urfahr vom , betreffend Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO bzgl. Umsatzsteuer 2010 und den Nichtveranlagungsbescheid bzgl. Umsatzsteuer 2010 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO bzgl. Umsatzsteuer 2010 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene  Nichtveranlagungsbescheid bzgl. Umsatzsteuer 2010 wird – ersatzlos – aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer Bf (in der Folge: Beschwerdeführer, abgekürzt: Bf) bekämpft mit seiner Berufung, welche nach der aktuellen Rechtslage als Beschwerde zu behandeln ist, die Bescheide des Finanzamtes, mit denen zunächst der Umsatzsteuerbescheid 2010 gemäß § 299 BAO aufgehoben und in weiterer Folge gemäß § 92 BAO festgestellt wurde, dass  mangels Unternehmereigenschaft des Bf im Inland keine Veranlagung der Umsatzsteuer 2010 für den Bf erfolgen wird.

Bisheriges verwaltungsbehördliches Verfahren

Nach den im Steuerakt aufliegenden Verträgen und Firmenbuchauszügen war die GmbH (in der Folge: GmbH) mit einer Gründungserklärung vom (und einem Nachtrag vom ) gegründet worden. Alleingesellschafter war zunächst BB (bis ), danach für eine Tag bis der Bf gemeinsam mit CC und DD und schließlich ab der Bf als Alleingesellschafter. Geschäftsführer war durchgehend der Bf. Mit einem Umwandlungsvertrag vom wurde das Vermögen der GmbH mit Stichtag auf den Einzelunternehmer Bf übertragen und die GmbH in der Folge als aufgelöst erklärt. Als Geschäftsanschrift der GmbH war im Firmenbuch angeführt: „Sitz“, und als Geschäftszweig: „ Tech“. Auch nach der genannten Gründungserklärung sollte der Sitz der GmbH in SitzOrt sein und als Gegenstand des Unternehmens war (in der Erklärung näher umschrieben) die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Tech angeführt.  Als Wohnsitz des Bf kann den Unterlagen folgende deutsche Anschrift entnommen werden:  dt.Adr. (in der Folge: dt. Adr.).

Nach der Schlussbilanz der GmbH zum Umwandlungsstichtag waren für das Jahr 2010 auf der Passivseite neben dem Stammkapital  im Wesentlichen ein Jahresverlust in Höhe von € 33.497,57 sowie Verbindlichkeiten für Lieferungen und Leistungen in Höhe von € 5.602,48 ausgewiesen. Auf der Aktivseite finden sich Vorsteuerforderungen sowie ein Bankguthaben, das Anlagevermögen war mit 0,00 ausgewiesen.

In einem per ausgefüllten und am beim Finanzamt eingereichten Fragebogen finden sich ergänzend folgende Erklärungen des Bf: Im Betrieb der GmbH würden (voraussichtlich) mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigt werden, der Ort der Geschäftsleitung  sei in Sitz, die Telefonnummer laute dt.TelNr (Anm. des Richters: dt. Tel.Nr.).

Nachdem ein Erinnerungsschreiben des Finanzamtes vom an den Bf per Anschrift Sitz, nicht zustellbar und daher an das Finanzamt zurück gesandt worden war, teilte Frau DD am nach einem Aktenvermerk des Finanzamtes  telefonisch mit, dass der Geschäftsbetrieb erst  im Frühjahr 2011 beginnen werde.

Nach einer im Akt aufliegenden Gesprächsnotiz hätte der steuerliche Vertreter des Bf am telefonisch mitgeteilt, dass die GmbH keine Geschäftstätigkeit ausgeübt hätte, nun liquidiert werde, lediglich Gründungskosten und Vorsteuern daraus angefallen seien und keine Umsätze erzielt worden wären.

Am langte beim Finanzamt ein Verzicht der GmbH auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 ein. Bereits am wurde seitens der GmbH eine Umsatzsteuererklärung eingereicht, in der lediglich ein Vorsteuerbetrag von € 3.680,98 und keinerlei Umsätze erklärt wurde. Die Umsatzsteuer wurde mit Bescheid vom erklärungsgemäß festgesetzt. Den im Akt aufliegenden Belegen ist zu entnehmen, dass diese Vorsteuern im Wesentlichen auf Beratungs(Gründungs-)kosten (VSt iHv € 1.110,70 und € 450,00) und Lizenzzahlungen an Frau DD (E 10.000,00 und VSt iHv € 2.000,00) entfielen (Anm. des Richtes: Leistungen, die bei Erbringung an ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland als Katalogleistungen am Empfängerort steuerbar sind und dort die Steuerschuld mittels RCS auf den Leistungsempfänger übergeht; somit wird die in der Rechnung ausgewiesene öst. Ust nur aufgrund der Rechnung geschuldet und eine derartige Vorsteuer ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, VwGH und UFS/BFG nicht abzugsfähig; VSt-Abzug ist somit auch materiell-rechtlich nicht zu gewähren).

Einer weiteren im Akt aufliegenden Rechnung ist zu entnehmen, dass eine Fa. dtFa mit Anschrift dt.Adr. der GmbH Lizenzgebühren iHv € 5.042,00 plus 19% dt. Ust (€ 958,00) in Rechnung gestellt hatte. Die Rechnung ist gezeichnet mit „Gattin“ (Anm. des Richters: Gattin des Bf).

Per Mail übermittelte der steuerliche Vertreter dem Finanzamt eine Erklärung des Bf vom , warum es nach dessen Ansicht zu einer Schließung der GmbH vor deren Insolvenz gekommen sei. Demnach hätte sich herausgestellt, dass eine Software, die Frau DD „mitzubringen“ beabsichtigt hätte, auf neuen Betriebssystemen nicht funktioniert hätte und für eine erforderliche Anpassung keine Person gefunden worden wäre, die dies zu akzeptablen Preisen gemacht hätte. Die vom Bf gestellten Geräte hätten funktioniert und seien auch auf der CeBIT vorgestellt worden. Dies sei auch auf einem beigelegten Flyer zu ersehen. Die erforderliche Nachentwicklung zu einem Massenprodukt hätte aber die finanziellen Möglichkeit überschritten, ein Käufer oder Investor sei nicht gefunden worden.

Der steuerliche Vertreter des Bf wurde seitens das Finanzamtes mit einem Mail vom ersucht, folgende Nachweise vorzulegen:

Belege zu den erklärten Vorsteuerbeträgen

Nachweise für die Ernsthaftigkeit der beabsichtigten Einnahmenserzielung und dafür, dass diese Absicht auch nach Außen in Erscheinung getreten ist.

Belege zu Aufwendungen iZm der im genannten Flyer behaupteten Ausstellung auf der CeBIT.

Das Finanzamt hat durch eine Mitteilung des in SitzOrt vermietenden Unternehmens  in Erfahrung gebracht, dass das Unternehmen „KG“ (welches offensichtlich Frau DD zuzurechnen ist, da dieser die Kündigung der Miete der gegenständlichen Räumlichkeiten nach einem im Akt aufliegenden Schreiben bestätigt wurde) am aus dem Sitz2 ausgezogen sei und es mit der GmbH an dieser Anschrift nie ein Mietverhältnis gegeben hätte.

Dies wurde in einem Mail, mit dem der steuerliche Vertreter des Bf  am erinnert worden war, den Aufforderungen im Mail vom nachzukommen, mitgeteilt. Weiters wurde ausgeführt, dass allenfalls das Finanzamt Graz-Stadt zuständig wäre, falls überhaupt eine unternehmerische Tätigkeit vorliege, da  im Inland weder die GmbH noch der Bf ein Unternehmen betrieben hätten, mit Beiden hätte es an der angeführten Anschrift in SitzOrt keinen Mietvertrag gegeben und der Bf sei dort unbekannt.

Eine Meldeabfrage ergab, dass der Bf in Österreich über keinen Wohnsitz verfügt.

Mit Mail vom wurde seitens des steuerlichen Vertreters des Bf zahlreiche Unterlagen zum Nachweis der Tätigkeit der GmbH vorgelegt.

Am hat das Finanzamt den Bescheid vom betreffend Umsatzsteuer 2010 gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufgehoben. In der Begründung wird zunächst das auch hier dargestellte Verfahren wiedergegeben. Es sei festgestellt worden, dass am angeführten Unternehmenssitz weder die GmbH noch der Bf über eine feste Niederlassung oder einen Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit verfügen würden. Es hätte dort auch keinerlei Mietverhältnis mit den genannten Personen gegeben. Der Mieter der gegenständlichen Räume hätte zwar bestätigt, dass der Bf in SitzOrt an Meetings mit potentiellen Partnern teilgenommen habe, es sei aber nie ein Auftrag zustande gekommen und es hätte weder mit dem Bf noch mit der GmbH einen Untermietvertrag gegeben. Es fehle daher an einer festen Niederlassung der GmbH in Österreich, da diese einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur verlange, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung von Leistungen voraussetze. Es hätte aber weder angemietet Räume noch Inventar gegeben. Als Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit sei jener Ort anzusehen, an dem die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung der GmbH getroffen und die Handlungen zu deren zentraler Verwaltung vorgenommen werden. Wie sowohl der Mieter der gegenständlichen Räume als auch die ehemalige Gesellschafterin der GmbH mitgeteilt hätten, seien derartige Handlungen am Wohnort des Bf in Deutschland getätigt worden, jedenfalls keineswegs in den gegenständlichen Räumlichkeiten in SitzOrt. Ein Sitz könne nicht durch zweimalige Teilnahme an Meetings in den Räumlichkeiten eines potentiellen Projektpartners begründet werden. Überdies spreche für einen Sitz der GmbH in Deutschland, dass an der Wohnanschrift des Bf in Deutschland auch der Kooperationspartner „dtFa GmbH“ (Alleingesellschafter ist der Bf, Geschäftsführerin die Gattin des Bf, Tätigkeitsbereich: Tech), welche auch den Auftritt der GmbH auf der CeBIT finanziert hätte, seinen Sitz habe. Überdies seien auf den auf der CeBIT verteilten Flyern der GmbH nur eine deutsche Telefonnummer für eine allfällige Kontaktaufnahme angeführt. Hinsichtlich der geforderten Ermessensübung führt das Finanzamt an, dass die inhaltliche Rechtswidrigkeit des aufzuhebenden Bescheides nicht bloß geringfügige Auswirkungen habe und der Bescheid daher aufzuheben sei.

Mit selbem Datum erging eine Nichtfestetzungssbescheid bezüglich der Veranlagung der Umsatzsteuer 2010 gemäß § 92 Abs. 1 BAO. Begründet wurde der Bescheid in gleicher Weise wie der Aufhebungsbescheid.

In den am elektronisch eingebrachten Berufungen gegen den Aufhebungs- und den Nichtfestetzungsbescheid  beantragte der Bf für den Fall einer Vorlage an den damaligen UFS die Entscheidung durch den gesamten Senat sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit (§ 285 Abs. 3 BAO). Die Begründung für die Berufung werde nachgereicht werden.

Am erließ das Finanzamt hinsichtlich beider Berufungen einen Mängelbehebungsauftrag. Der Bf müsse bis angeben, in welchen Punkte die Bescheide angefochten, welche Änderungen beantragt und wie dies begründet werde, andernfalls würden die Berufungen als zurück genommen gelten.

In der Mängelbehebung führte der Bf aus, dass beide Bescheide zur Gänze angefochten werden und die Umsatzsteuer möge wie ursprünglich festgesetzt werde. Begründend gab der Bf an, dass es in immer dynamischer werdenden Zeiten möglich sein müsse, gemeinsam mit einem Kooperationspartner (Frau DD) unter Ausnutzung der steuerlichen Rahmenbedingungen des jeweiligen Mitgliedstaates der EU ein Projekt zu starten und dazu die gesellschaftsrechtlichen Strukturen des jeweiligen Tätigkeitsstaates zu nutzen. Deswegen sei für den österreichischen Marktauftritt eine österreichische GmbH gegründet worden, um eine für potentielle Geschäftspartner verständliche Struktur im Sinne eines regionalen Ansprechpartners zu haben. Die wesentlichen Entscheidungen zur Leitung der im Aufbau befindlichen Gesellschaft wurden in den Meetings in SitzOrt und in Treffen mit dem Kooperationspartner in Österreich getroffen. „Damit sei Österreich der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit“.

In den Vorlageberichten an den damaligen UFS führt der Amtsvertreter aus, dass grundsätzlich die Abweisung der Berufungen beantragt werde. Sollte der UFS aber von der Unternehmereigenschaft der GmbH im Inland ausgehen, werde beantragt, den Vorsteuerabzug mangels richtiger Bezeichnung der Anschrift des Leistungsempfängers zu versagen.

Bisheriges verwaltungsgerichtliches Verfahren

Nachdem der Richter zu dem Ergebnis kam, dass der Beschwerde nach der Aktenlage kein Erfolg zukommen könne, wurde mit dem Notgeschäftsführer gemäß § 15a GmbHG des steuerlichen Vertreters Kontakt aufgenommen und diesem ein Erledigungsentwurf übermittelt. Gleichzeitig wurde Akteneinsicht angeboten und um Vorlage neuer Beweismittel -soweit vorhanden- ersucht. Dem Richter wurde in weiterer Folge mitgeteilt, dass eine Akteneinsicht nicht erforderlich sei, es keine neuen Beweismittel gäbe, die Beschwerde aber nicht zurück genommen werden könne, da der Bf nicht erreichbar sei. Es möge daher das Erkenntnis dem Entwurf entsprechend ausgefertigt werden. Mit Schreiben vom wurden dann "aufgrund der Aktenlage" die Anträge auf mündliche Verhandlung und Senatszuständigkeit zurück genommen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Festgestellter Sachverhalt

Augrund des oben dargestellten Akteninhaltes und der angeführten Unterlagen und insbesondere aufgrund der ausführlichen Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes in den beiden Bescheidbegründungen des Finanzamtes, der der Bf in den wesentlichen Punkten auch nicht widersprochen hat, geht das BFG davon aus, dass weder die GmbH noch der Bf im Inland jemals über irgendwelche Räumlichkeiten verfügen konnte, in denen  tatsächlich eine Geschäftstätigkeit stattfinden hätte können. Mangels einer festen Niederlassung oder eines Sitzes der Geschäftsleitung oder auch nur eines Wohnsitzes des Geschäftsführers der GmbH (= Bf) im Inland, kommt auch das BFG zu dem Ergebnis, dass der tatsächliche Sitz der Geschäftsleitung der GmbH in Deutschland, am Wohnsitz des Bf, gelegen war. Dies ergibt sich insbesondere auch daraus, dass sich dort auch der Sitz eines bedeutenden Kooperationspartners der GmbH befand und auch die deutsche Telefonnummer dieses Sitzes mehrmals als Kontaktmöglichkeit angeführt wurde. Der Bf bringt in seinen Rechtsmitteln auch nichts Wesentliches gegen die ausführlichen Ausführungen des Finanzamtes in seinen Bescheiden vor. Auch nach der zuletzt erfolgten Kontaktaufnahme konnten keine inländische Niederlassung nachgewiesen werden und wurden "aufgrund der Aktenlage" die Anträge auf mündliche Verhandlung und Senatszuständigkeit zurück genommen.

Rechtliche Erwägungen

Gemäß § 299 BAO kann die Abgabenbehörde ihren eigenen Bescheid aufheben, wenn sich der Spruch des Bescheides als nicht richtig erweist, er nicht dem Gesetz entspricht.  Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen ersetzende Bescheid zu verbinden, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist. Durch die Aufhebung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Aufhebung befunden hat.

Siehe dazu auch : Die Begründung des Aufhebungsbescheides hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 299 BAO darzulegen, also sowohl den Aufhebungsgrund als auch die Gründe für die Ermessensübung anzuführen (vgl. Ritz, BAO4, § 299 Tz 40). Allerdings sind Begründungsmängel des Erstbescheides im Berufungsverfahren sanierbar (vgl. Ritz, BAO4, § 93 Tz 16). Im Berufungsverfahren kann ein mangelhaft begründeter Aufhebungsbescheid (etwa hinsichtlich der Begründung der Ermessensübung) ergänzt bzw. richtig gestellt werden, es darf bloß kein anderer (neuer) Aufhebungsgrund herangezogen werden (vgl. sinngemäß zur Wiederaufnahme des Verfahrens das hg. Erkenntnis vom , 94/14/0124).

Durch die ausführliche Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes in den Bescheiden des Finanzamtes ist die zu beurteilende „Sache“ ausreichend umschrieben. Eventuell vorliegende Begründungsmängel können durch das BFG ergänzt werden. In den Bescheiden wird nicht angeführt, aufgrund welcher gesetzlicher Bestimmungen das Finanzamt den aufgehobenen Bescheid für inhaltlich rechtswidrig hält. Im Zusammenspiel mit dem Nichtfestsetzungsbescheid ergibt sich aber eindeutig, dass das Finanzamt eine Aufhebung für erforderlich erachtete, da aufgrund des festgestellten und dargestellten Sachverhaltes eine Veranlagung eines nicht im Inland ansässigen Unternehmens zur Umsatzsteuer in Österreich nicht möglich ist. Andernfalls hätte das Finanzamt eine Festsetzung mit 0,00 gemacht.

Siehe dazu wieder : Aus der Begründung der beiden miteinander verbundenen Bescheide (Aufhebungsbescheid und neuer Sachbescheid vom ) ist daher im Beschwerdefall zu erkennen gewesen, worauf das Finanzamt die Aufhebung gestützt hat (vgl. in diesem Zusammenhang sinngemäß die zur Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO ergangenen hg. Erkenntnisse vom , 2005/15/0041, und vom , 2008/15/0327).

Siehe auch: UFS RV/0557-I/06-RS1 wie RV/0815-W/06-RS1 Aufhebungsgrund ist ein Sachverhalt, der bewirkt, dass der Spruch eines Bescheides rechtswidrig ist; dieser Sachverhalt ist im Begründungsteil des Aufhebungsbescheides festzustellen.

Nach Ansicht des Richters ist wie im oben dargestellten vom VwGH entschiedenen Fall aus der ausführlichen Darstellung des Sachverhaltes und dem Zusammenhang beider Bescheide ausreichend erkennbar, worin das Finanzamt die Rechtswidrigkeit des Erstbescheides sah.

In weiterer Folge ist seitens des BFG lediglich zu prüfen, ob der vom Finanzamt in der Begründung angeführte Aufhebungsgrund den Bescheid iSd § 299 BAO inhaltlich rechtswidrig erscheinen lässt. Da diese Begründung seitens des BFG nur ergänzt nicht aber ausgetauscht werden darf, ist es für dieses Verfahren irrelevant, dass die Vorsteuern auch aufgrund der Regelungen des Leistungsortes, des Überganges der Steuerschuld sowie der Nichtabzugsfähigkeit von Vorsteuern, die lediglich kraft Rechnungslegung geschuldet werden, nicht abzugsfähig wären und der ursprüngliche Bescheid auch dadurch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet wäre.

Da –wie unten noch zu zeigen sein wird- eine Festsetzung der Umsatzsteuer nach den §§ 20f UStG 1994 nicht zulässig gewesen ist, nach den zwingenden Normen des Unionsrechtes und der nationalen Umsetzung des zwingenden Unionsrechtes durch die aufgrund des § 21 Abs. 9 UStG 1994 ergangene Erstattungs-Verordnung in der Fassung BGBl. II Nr. 222/2009 vom Vorsteuern bei gegebener Sachlage allenfalls im Ersattungsverfahren geltend zu machen gewesen wären, erwies sich der Spruch des Bescheides vom als nicht richtig und konnte dieser Bescheid daher aufgehoben werden. Nach der Aufhebung des Bescheides befindet sich das Verfahren wieder in der Lage nach Einbringung der Steuererklärung.

Nach Ritz Rn 10 zu § 299 und und  , 2013/17/0009 ist der Inhalt eines Bescheides nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Weshalb die Rechtswidrigkeit vorliegt, ist für die Anwendbarkeit des § 299 Abs 1 nicht ausschlaggebend (vgl Ritz, BAO5 § 299 Tz 10). .

Nach der RL vom , 2008/9/EG, haben die Mitgliedstaaten ein eigenes Vorsteuererstattungsverfahren für die in der Richtlinie näher geregelten Fälle für nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige zu normieren.  Die für das gegenständliche Verfahren maßgeblichen Richtlinienbestimmungen legen fest, dass diese Richtlinie für jeden nicht im Mitgliedstaat der Erstattung ansässigen Steuerpflichtigen gilt , der folgende Voraussetzungen erfüllt: a) er hat während des Erstattungszeitraums im Mitgliedstaat der Erstattung weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von der aus Umsätze bewirkt wurden, noch hat er — in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung — dort seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort (Art.3). In den Art. 19 ff wird festgehalten, dass der Mitgliedstaat der Erstattung dem Antragsteller mitteilt, ob die Erstattung gewährt wird oder der Erstattungsantrag abgewiesen wird.

Nach § 21 Abs. 9 UStG 1994 (und den dort näher geregelten Details) kann der Bundesminister für Finanzen bei nicht im Inland ansässigen Unternehmern durch Verordnung die Erstattung der Vorsteuern abweichend von den § 21 Abs. 1 bis 5 sowie den §§ 12 und 20 UStG 1994 regeln.

Mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Änderung der Verordnung, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird (BGBl. II Nr. 222/2009 vom ) wurde die ursprüngliche Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. Nr. 279/1995, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 384/2003, wird wie folgt geändert und lautet in seinen für dieses Verfahren wesentlichen Bestimmungen :

 Art. I § 1 Abs. 1 lautet: „(1) Die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an nicht im Inland ansässige Unternehmer, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, ist abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 nach Maßgabe der §§ 2, 3 und 3a durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum

1. keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 oder

2. nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 oder

3. nur Umsätze, bei denen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994), ausgeführt hat;

4. weiters, wenn der Unternehmer nur Umsätze gemäß § 3a Abs. 13 lit. b UStG 1994 ausgeführt und von der Regelung des § 25a UStG 1994 oder in einem anderen Mitgliedstaat von der Regelung der Art. 357 bis 369 Richtlinie 2006/112/EG Gebrauch gemacht hat.“

Art. I § 3 (1) Der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer hat den Erstattungsantrag auf elektronischem Weg über das in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, eingerichtete elektronische Portal zu übermitteln. Der Antrag ist binnen neun Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist. In dem Antrag hat der Unternehmer den zu erstattenden Betrag selbst zu berechnen. Der Erstattungsantrag gilt nur dann als vorgelegt, wenn er alle in den Art. 8, 9 und 11 der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (ABl. Nr. L 44 S. 23) festgelegten Angaben enthält. Die Abgabenbehörde kann zusätzliche Informationen anfordern, welche auch die Einreichung des Originals oder einer Durchschrift der Rechnung oder des Einfuhrdokumentes umfassen können. Diese Anforderung kann auch mit E-Mail erfolgen. Die Zustellung des E-Mails gilt mit dessen Absendung als bewirkt, ausgenommen der Antragsteller weist nach, dass ihm das E-Mail nicht zugestellt worden ist.

Art. II (5) Art. I § 1 Abs. 1, § 3 und § 3a, jeweils in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 222/2009, sind erstmals auf Vorsteuererstattungsanträge anzuwenden, die nach dem gestellt werden.

Die Verordnung betrifft nicht im Inland ansässige Unternehmer, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben. Für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge (bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 VO) ab gilt somit das elektronische Erstattungsverfahren nach der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom . Der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer hat demnach seinen Erstattungsantrag auf elektronischem Weg  in seinem Ansässigkeitsstaat zu stellen. Eine Veranlagung und Festsetzung der Umsatzsteuer nach den §§ 20 und 21 UStG 1994 kommt nicht in Betracht.

Im Lichte der unionsrechtlichen Vorgaben ist das so auszulegen, dass der Unternehmer in Österreich weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung noch - sofern ein solcher Unternehmenssitz oder eine Niederlassung überhaupt fehlen - den Wohnsitz haben darf (Ruppe/Achatz, UStG4, § 21 Tz 57/1).

Der in § 1 Abs. 1 der Verordnung verwendete Begriff der (umsatzsteuerlichen) Betriebsstätte ist in unionsrechtlicher Interpretation im Sinne der Bedeutung einer „festen Niederlassung“ zu verstehen (Ruppe/Achatz, UStG4, § 21 Tz 57/1). Bei der Auslegung des Begriffes der Betriebsstätte in umsatzsteuerlicher Hinsicht sind die Besonderheiten des Unionsrechtes zu berücksichtigen. Das Unionsrecht gebraucht diesen Begriff in einer eigenständigen Bedeutung, die deutlich enger ist als die des im § 29 BAO verwendeten Begriffes der Betriebsstätte (Ruppe/Achatz, UStG4 § 3a Tz 60).

Für den vorliegenden Fall und die Auslegung der Erstattungsverordnung sind daher die Bestimmungen des § 29 BAO oder allfälliger Doppelbesteuerungsabkommen nicht ausschlaggebend.

Eine feste Niederlassung ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH jede Niederlassung (mit Ausnahme des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit), die einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweist, die es ihr von der personellen und technischen Ausstattung her erlaubt, Dienstleistungen, die für den eigenen Bedarf dieser Niederlassung erbracht werden, zu empfangen und dort zu verwenden bzw. Dienstleistungen zu erbringen. ( 168/84 „Berkholz“, Slg 2251; „Planzer“, Slg I 5655, Rn 54). Es wird zumindest ein Büro vorausgesetzt, in dem Verträge abgefasst und Entscheidungen der Geschäftsführung getroffen werden können. Eine feste Einrichtung zur Erbringung bloßer Hilfstätigkeiten würde schon den Begriff „feste Niederlassung“ nicht erfüllen.

Nach der Rechtsprechung des EuGH verlangt der Niederlassungsbegriff einen durch das ständige Zusammenwirken der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel gebildeten Mindestbestand (siehe auch „DFDS“, Slg I-1005, Rn. 20; , „Aro Lease“, Slg I-4383, Rn. 15). Der EuGH setzt einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur voraus, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der betreffenden Dienstleistungen ermöglicht (, "Aro Lease", Slg I-4383, Rn. 16).

Der VwGH hat im Erkenntnis vom , 2001/14/0226, (unter Hinweis auf die dort zitierte Judikatur des EuGH), den Begriff der Betriebsstätte unionsrechtskonform dahingehend interpretiert, dass ein hinreichender Mindestbestand von Personal und Sachmitteln, die für die Erbringung der Dienstleistung erforderlich sind, sowie ein hinreichender Grad an Beständigkeit im Sinne eines ständigen Zusammenwirkens von Personal und Sachmitteln, kennzeichnend sei.

Im Urteil vom , Rs. C-318/11 und C-319/11, Daimler AG und Widex A/S hat der EuGH seine Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des Vorliegens einer „festen Niederlassung“ ausgeweitet und in Rn 37 ff festgehalten, dass eine feste Niederlassung als solche nicht nur bestehen müsse, sondern dass diese im Erstattungsstaat tatsächlich steuerbare Umsätze bewirke und nicht bloß dazu in der Lage wäre.

Nach Ansicht des Richters wird letztere Aussage des EuGH aber durch die Regelungen für den Beginn der Unternehmereigenschaft relativiert. Festzuhalten ist aber, dass der Bf schon über keine feste Niederlassung iSd Rechtsprechung des EuGH verfügt, die auch nur in der Lage wäre, Umsätze zu bewirken.

Für die Bestimmung des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit ist nach Art 10 EU-DfV auf jenen Ort abzustellen, an dem die Handlungen zur zentralen Verwaltung des Unternehmens vorgenommen werden, wobei vorrangig auf jenen Ort abzustellen ist, an dem die Leitungsentscheidungen getroffen werden (so auch , Planzer Luxembourg).  Nach der Judikatur des EuGH ist bei der Bestimmung des Sitzes eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen (Rn 42f), dass ein Sitz in der wirtschaftlichen Realität auch tatsächlich existieren muss. Zu berücksichtigen sind dabei (Rn 61) der statutarische Sitz, der Ort der zentralen Verwaltung, der Ort, an dem die Führungskräfte zusammentreffen und an dem die allgemeine Unternehmenspolitik bestimmt wird, an dem die Verwaltungsunterlagen erstellt und die Bücher geführt werden usw. Eine bloß fiktive Ansiedlung in Form einer „ Briefkastenfirma“ könnte nicht Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit sein.

Im Ergebnis setzt auch der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit eine gewisse tatsächlich existierende Verfügungsmacht über  Räumlichkeiten voraus, in denen die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen getroffen, die Bücher geführt werden und die zentrale Verwaltung des Unternehmens stattfindet. Auch hier wird das Vorhandensein eines je nach Branche erforderlichen Mindestbestandes von Sachmitteln (Räume, Inventar, technische Ausstattung) gefordert sein, die es ermöglichen, dass in diesen Räumlichkeiten die Geschäftsführung ihren Aufgaben nachkommen kann und dort auch die wesentlichen Geschäftspapiere und Bücher aufbewahrt werden können. Je nach Tätigkeit des Unternehmens und den näheren Umständen des Einzelfalles (wie zB. hier der Umstand, dass sich das Unternehmen in der Gründungs- bzw. der Aufbauphase befand) ist zu beurteilen, wo sich diese Räumlichkeiten befinden, die am ehesten den von der Rechtsprechung geforderten Anforderungen entsprechen.

Da nach derzeitiger Aktenlage (im Wesentlichen unwidersprochene Ausführungen der Bescheidbegründungen) weder die GmbH noch der Bf tatsächlich über irgendwelche Räumlichkeiten im Inland verfügen konnte, in denen eine Geschäftsleitung oder auch nur eine sonstige Tätigkeit in beständiger Zusammenwirkung personeller und sachlicher Ressourcen stattfinden hätte können, muss davon ausgegangen werden, dass die GmbH ein  nicht im Inland ansässiger Unternehmer war.  Nach Ansicht des Richters kommt dies selbst in den Berufungsausführungen des Bf zum Ausdruck. Wenn dort wörtlich ausgeführt wird,  dass „damit Österreich der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit ist“, wird dadurch zum klargestellt, dass es eben auch nach Ansicht des Bf keine konkrete Örtlichkeit in Österreich gibt, an der die Geschäftsführung ausgeübt werden oder von der aus Leistungen erbracht oder empfangen werden könnten. Mangels irgend einer tatsächlich existierenden festen Niederlassung der GmbH muss nach den bereits im Bescheid des Finanzamtes zum Ausdruck gebrachten Gründen davon ausgegangen werden, dass  die wesentlichen Unternehmensentscheidungen in der Wohnung des Geschäftsführers der GmbH (des Bf) getroffen wurden und dort daher der tatsächliche Sitz der GmbH war.  Da unstrittig auch keine Umsätze im Inland erbracht wurden, hätten die beantragten Vorsteuern im elektronischen Erstattungsverfahren im Ansässigkeitsstaat der GmbH geltend gemacht werden müssen.

Die seitens des Bf vorgebrachten Argumente für eine Ansässigkeit der GmbH  in Österreich (Nutzung der österreichischen Rechtslage, Kooperation mit österreichischen Kooperations- und Geschäftspartnern; Gründung einer österreichischen GmbH für den Marktauftritt in Österreich und Schaffung eines regionalen Ansprechpartners, Meetings in Österreich zur Findung wesentlicher Entscheidungen) spielen nach der eindeutigen unionsrechtlichen und nationalen Rechtslage sowie nach der Rechtsprechung des EuGH, VwGH und BFG keine Rolle.

Da der aufgehobene Bescheid in seinem Spruch Umsatzsteuer gemäß den §§ 20ff UStG 1994 festsetzt, obwohl nach § 21 Abs. 9 UStG 1994 und der ergangenen Erstattungs-Verordnung eine Festsetzung von Umsatzsteuer nach den Bestimmungen der §§ 20ff UStG 1994 bei gegebener, oben dargestellter Sachlage  ausgeschlossen ist, ist der aufgehobene Bescheid aus den im Aufhebungsbescheid des Finanzamtes angeführten und in diesem Erkenntnis ergänzten Gründen rechtswidrig und daher zu Recht gemäß § 299 BAO aufgehoben worden.

Hinsichtlich der Ermessensübung führte das Finanzamt in seinem Aufhebungsbescheid aus, dass die Aufhebung zu verfügen sei, da die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht nur eine geringe Auswirkung hätte. Dies ist in der Weise zu ergänzen, dass der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und dem Prinzip der Rechtmäßigkeit schon grundsätzlich der Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit einzuräumen ist. Dies muss umso mehr gelten, als die in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge auch aus materiellrechtlichen Gründen nicht abzugsfähig wären (Umsatzsteuerausweis für im Inland nicht steuerbare Leistungen) und somit die Vorsteuern nicht einmal für inländische Unternehmer abzugsfähig wären. Beachtenswert erscheint auch, dass die Unrichtigkeit des Bescheides auf falschen Angaben des Bf in seiner Funktion als Geschäftsführer der GmbH beruhte. Dies führte zu unrichtigen Eintragungen im Firmenbuch und auch zunächst zur Behandlung als Unternehmen mit Sitz im Inland durch das Finanzamt.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gegen den genannten Aufhebungsbescheid als unbegründet abzuweisen.

Hinsichtlich des ergangenen Nichtveranlagungsbescheides ist auszuführen:

Aufgrund der zu Recht erfolgten Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2010 ist das Anbringen des Bf, die am eingereichte Umsatzsteuererklärung 2010, wieder als unerledigt anzusehen.  Nach § 17 AVOG in der im gegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung obliegt dem Finanzamt Graz-Stadt für das gesamte Bundesgebiet die Erhebung der Umsatzsteuer von Unternehmen, die ihr Unternehmen vom Ausland aus betreiben und im Inland weder eine Betriebsstätte haben noch Umsätze aus der Nutzung eines im Inland gelegenen Grundbesitzes erzielen.

Nach § 50 BAO haben die Abgabenbehörden ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Langen bei ihnen Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig sind, so haben sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu verweisen.

Mit dem nach § 299 BAO aufhebenden Bescheid ist gemäß  § 299 Abs. 2 BAO der den aufhebenden Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

Bescheide eines Finanzamtes sind gemäß § 279 ersatzlos aufzuheben, wenn der angefochtene Bescheid von einer hiefür unzuständigen Behörde erlassen wurde (Ritz, BAO 5, § 279 Tz 6 mwN zur VwGH-Judikatur).

Da für das Anbringen des Bf nach den genannten Bestimmungen das FA Graz-Stadt zuständig und nicht das aufhebende Finanzamt zuständig gewesen wäre, hätte das aufhebende Finanzamt das Anbringen an das Finanzamt Graz-Stadt weiterleiten müssen und hätte keinen mit dem Aufhebungsbescheid verbundenen den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Nichtveranlagungsbescheid erlassen dürfen. Der Nichtveranlagungsbescheid vom war daher gemäß § 279 ersatzlos aufzuheben. (Anm. des Richters: Dadurch wird aber für den Bf nichts gewonnen sein, da in weiterer Folge durch das zuständige FA Graz-Stadt wiederum ein Nichtveranlagungsbescheid ergehen wird.)

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da dieses Erkenntnis nicht von der Lösung einer derartigen Rechtsfrage abhängig war, war die Revision als unzulässig zu erklären.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 92 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 Abs. 9 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 20 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995
§ 17 AVOG, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 18/1975
§ 299 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.5100179.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
PAAAC-15717