Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.10.2017, RV/5101205/2017

Der Alleinverdienerabsetzbetrag und der Alleinerzieherabsetzbetrag schließen sich gegenseitig aus.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter_des_BFG über die Beschwerde des VN NN, Adresse_1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe

A) Verfahren vor dem Finanzamt (FA)

1. Arbeitnehmerveranlagung 2016
1.1
 Mit am persönlich eingereichter Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2016 machte der Beschwerdeführer (Bf) den Alleinerzieherabsetzbetrag mit zwei Kindern geltend. Der Bf bezog im Jahr 2016 überwiegend Notstandshilfe und zu einem geringeren Teil Krankengeld.

1.2 Mit Einkommensteuerbescheid vom 29.  März 2017 berücksichtigte das FA zwar den Freibetrag wegen eigener Behinderung im Ausmaß von 50% iHv 243,00 €, nicht jedoch den Alleinerzieherabsetzbetrag. Dies mit folgender Begründung:

„Der Alleinerzieherabsetzbetrag konnte nicht berücksichtigt werden, da Sie im Veranlagungsjahr mehr als sechs Monate in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe-) Partner gelebt haben.“

Die Arbeitnehmerveranlagung 2016 ergab weder eine Nachforderung, noch eine Gutschrift.

2. Dagegen wurde m it Anbringen vom , beim FA eingelangt am , das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. Als Begründung führte der Bf an:

„Ich bitte um Neuberechnung meines Einkommenssteuerbescheides. Ich habe vergessen meine 2 Kinder anzuführen und ebenfalls habe ich den Alleinverdiener Punkt 5.1. vergessen anzukreuzen. Ich bitte das L1 Formular für meine beiden Kinder zu berücksichtigen. Ich habe leider nicht gewusst,dass diese Formulare extra auszufüllen sind. Anbei habe ich Sie ihnen ausgefüllt.
Weiters habe ich Ihnen das Formular aufgrund meiner Behinderung beigelegt.“

Als Beilagen fügte der Bf das Formular „L 1 ab-2016“ bei, mit welchem er den pauschalen Freibetrag für Behinderung im Ausmaß von 50% geltend machte. Weiters schloss er der Beschwerde zwei Fomulare „L 1k-2016“ bei, mit welchen er den Kinderfreibetrag iHv jeweils 440,00 € geltend machte.

3.  Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das FA den Bescheid vom 29.  März 2017 ab und berücksichtigte zusätzlich Freibeträge für haushaltszugehörige Kinder gem. § 106a Abs 1 EStG 1988 iHv 880,00 €. Die Einkommensteuer wurde unverändert mit 0,00  festgesetzt. Als Begründung führte das FA an, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag bereits beim (Ehe-) Partner berücksichtigt worden sei.

4. Dagegen reichte der Bf am einen mit „Beschwerde“ bezeichneten Vorlageantrag ein mit folgender Begründung:

„Bei Berechnung der Einkommensteuer wurde im Kalenderjahr 2016 nicht berücksichtigt, dass ich Alleinverdiener war und ab September 2016 Alleinerzieher von einem Kind. Ich bitte daher höflich um Neuberechnung.“

5. Mit Vorlagebericht vom legte das FA die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vor.
Hierzu führte das FA Folgendes aus:
„Sachverhalt: Es wird diesbezüglich auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen. Im Folgenden werden daher nur die Streitpunkte zusammengefasst dargestellt: 1. Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages von Jänner bis August.
2. Berücksichtigung des Alleinerzieherabsetzbetrages von September bis Dezember 2016 für ein Kind.

Beweismittel: Arbeitnehmerveranlagung (L1), sowie Beilagen dazu (L1k, L1ab), Beschwerde, Vorlageantrag.

Stellungnahme: Es wird auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen. Zum Vorbringen im Vorlageantrag wird ausgeführt wie folgt:
Ad Alleinverdienerabsetzbetrag: Der Alleinverdienerabsetzbetrag wurde bereits beim (Ehe-) Partner berücksichtigt.
Ad Alleinerzieherabsetzbetrag: Der Alleinerzieherabsetzbetrag steht nicht zu, da der Beschwerdeführer nicht mehr als sechs Monate im Kalenderjahr 2016 nicht in einer Gemeinschaft mit dem (Ehe-) Partner lebte. Die Trennung erfolgte im September 2016.“

B) Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht (BFG)

1. Festgestellter Sachverhalt

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den Akten des FA, sowie dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung (AIS) unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens und kann wie folgt zusammengefasst werden:

Der Bf hatte bis gemeinsam mit seiner Gattin und den Kindern in Adresse_2 den Hauptwohnsitz. Im September 2016 hatten sich die Ehegatten getrennt.

Der Bf bezog im Jahr 2016 überwiegend Notstandshilfe und zu einem geringeren Teil Krankengeld.

Nach den Daten des Zentralen Melderegisters war der Bf von bis in Adresse_2 und ab in Adresse_1_ wohnhaft. Das am geborene Kind Vorname_1 NN ist seit an der Adresse_2_ gemeldet. Das am geborene Kind Vorname_2 NN war bis an der Adresse_2_ und ab an der neuen Adresse des Vaters in Adresse_1_ polizeilich gemeldet.

Die Gattin des Bf war im Jahr 2016 nichtselbständig tätig und hat im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2016 den Alleinverdienerabsetzbetrag mit zwei Kindern iHv 669,00 € geltend gemacht. Sie hatte im Jahr 2016 Anspruch auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für beide Kinder. Da der Sohn Vorname_2 seit nicht mehr bei der Gattin des Bf, sondern beim Bf haushaltszugehörig war, ist der Anspruch auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für dieses Kind ab Dezember 2016 auf den Bf übergegangen. Die Veranlagung erfolgte daher erklärungsgemäß.

Der Bf hat im Rahmen seiner Arbeitnehmerveranlagung 2016 den Alleinerzieherabsetzbetrag mit zwei Kindern, ebenfalls iHv 669,00 € geltend gemacht.

3. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergaben sich widerspruchsfrei aus den vom FA vorgelegten Akten und andererseits aus dem Ergebnis der durchgeführten ergänzenden Abfragen des BFG im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung und im Zentralen Melderegister. Zwischen den Parteien des Verfahrens besteht jedenfalls Einigkeit darüber, dass sich die Ehegatten im September 2016 getrennt haben und der Bf per in Adresse_1_ seinen Hauptwohnsitz angemeldet hat. Unstrittig ist auch, dass die Gattin des Bf für das Jahr 2016 den Alleinverdienerabsetzbetrag mit zwei Kindern iHv 669,00 € geltend gemacht hat. Dieser Absetzbetrag wurde seitens des FA auch anerkannt.

4. Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung

4.1 Gesetzliche Grundlagen

Gemäß § 33 Abs 4 Z 1 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 118/2015 steht Alleinverdienenden ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

– bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,

– bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.

Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des Ehegatten oder eingetragenen Partners nicht erforderlich. Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt……

Gemäß § 33 Abs 4 Z 2 EStG 1988 steht Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

– bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,

– bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.

Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

4.2 Rechtliche Beurteilung

4.2.1 Alleinerziehende sind gem § 33 Abs 4 Z 2 Stpfl, die mit mindestens einem Kind iS des § 106 Abs 1 mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe-)Partner leben. (Ehe-)Partner ist gem § 106 Abs 3 eine Person, mit der der Stpfl verheiratet ist oder mit der er mit mindestens einem Kind in einer Lebensgemeinschaft lebt. Einem (Ehe-)Partner ist gleichzuhalten, wer in einer Partnerschaft iS des EPG eingetragen ist.
Die Voraussetzung, „nicht in einer Gemeinschaft“ zu leben, entspricht – als Gegensatz – für den Alleinverdienerabsetzbetrag bei aufrechter Ehe der Voraussetzung, vom Ehegatten „nicht dauernd getrennt“ zu leben. Alleinverdienerabsetzbetrag und Alleinerzieherabsetzbetrag schließen einander aus, der „Status des Alleinerziehers“ ist „gleichsam der entgegengesetzte Status eines Alleinverdieners“ (; , 2011/15/0002; Fellner in Hofstätter/Reichel (Hrsg), Die Einkommensteuer - Kommentar zu § 33 EStG, Randziffer 25).

4.2.2 Im gegenständlichen Fall hat das FA dem Antrag der Gattin des Bf, den Alleinverdienerabsetzbetrag mit zwei Kindern anzuerkennen, zu Recht entsprochen. Dadurch, dass der Bf seit September 2016, jedenfalls aber laut ZMR seit von seiner Gattin getrennt gelebt und der Sohn Vorname_2 erst seit beim Bf haushaltszugehörig war, ist der für die Anerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages gesetzlich geforderte Mindestzeitraum von sechs Monaten der Trennung vom (Ehe-)Partner nicht erfüllt.

In diesem Fall lässt das Einkommensteuergesetz somit keinen Spielraum für die Anerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages für den von der Gattin nicht mehr als sechs Monate im Jahr 2016 getrennt lebenden Bf zusätzlich zur bereits erfolgten Anerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages für die Gattin des Bf im Jahr 2016.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

5. Zulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts ist die Revision zulässig, wenn das Erkenntnis von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfolge, dass Alleinverdienerabsetzbetrag und Alleinerzieherabsetzbetrag sich einander ausschließen, ergibt sich zwingend aus dem Gesetz und stellt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar. Außerdem wurde diese Rechtsansicht bereits mehrfach durch den Verwaltungsgerichtshof bestätigt (vgl ; , 2011/15/0002). Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.5101205.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at