Dacherneuerung stellt im Regelfall keine außergewöhnliche Belastung dar
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze | |
RV/4100760/2014-RS1 | Die Erneuerung des Daches eines Einfamilienhauses, ohne Vorliegen eines Katastrophenschadens, stellt keine außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 dar. Es handelt sich um eine werterhöhende Maßnahme auf der Liegenschaft, welche zu einer Vermögensumschichtung führt. Wenn sich das Ausmaß der Aufwendungen als durch einen Reparaturstau verursacht erweist, welcher bei laufender ordnungsgemäßer Instandhaltung nicht angefallen wäre, mangelt es sowohl an der Außergewöhnlichkeit als auch an der Zwangsläufigkeit des Aufwandes. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Klagenfurt vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2013, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Im Beschwerdeverfahren besteht Streit darüber, ob vom Beschwerdeführer (Bf.), einem Mittelschullehrer in Ruhe, vorgenommene Sanierungsarbeiten an seinem Eigenheim als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar sind. Der Bf. machte diesbezüglich als Hälfteeigentümer des Eigenheimes einen Betrag von € 39.644,66, das ist die Hälfte der gesamten Aufwendungen abzüglich einer Kulanzzahlung der Gebäudeversicherung in Höhe von € 5.000,00, in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 geltend. Der Bf. legte die bezughabenden Rechnungen und Zahlungsbelege sowie Fotos vor.
Das Finanzamt wies das Begehren ab und anerkannte den Aufwand lediglich, im Rahmen des gesetzlichen Höchstbetrages, als Sonderausgabe an.
In seiner Beschwerde vom führte der Bf. begründend aus, dass für das Jahr 2013 weitere seit Jahrzehnten übliche laufende Instandhaltungsarbeiten an seinem Eigenheim, diesmal in Dachbereich, bei drei exponierten Stellen, vorgesehen gewesen seien. Im Zuge der Arbeiten sei zu aller Bestürzung ein enormes Ausmaß des Schadens mit katastrophalen Dimensionen ersichtlich geworden, sodass letztlich die gesamte Dacheindeckung zu erneuern war. Diese Maßnahme sei unabdingbar zur Bewahrung des Gebäudes vor Zerstörung notwendig gewesen und sei somit weit über eine herkömmliche Sanierung im Sinne der Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes hinausgegangen. Dazu hätten sich, infolge der Notwendigkeit der Erneuerung beträchtlicher Teile der Untersichtschalung und aufgrund der in Mitleidenschaft gezogenen Fassade, noch umfangreiche Malerarbeiten gesellt. Diese etwa ein halbes Jahr andauernde Großreparatur habe neben der Gesundheit – man stehe im Alter von etwa 70 Jahren, die Mutter sei damals knapp vor 89 gestanden – auch die finanziellen Möglichkeiten überfordert. Alle bereits geplanten und notwendigen – teilweise schon überfälligen – weiteren Instandhaltungen bzw. Anschaffungen für Haus und Garten, wie die Reparatur der schon teilweise desolaten Garteneinfriedung, Erneuerung der bereits über 40 Jahre alten Heizungsanlage, Schutzeinrichtungen gegen immer häufiger drohende Grundwassereinbrüche im Keller, Austausch der über 40 Jahre alten nicht mehr funktionstüchtigen Küche u.a., habe man auf die nächsten Jahre hinausschieben müssen.
Aus diesen Gründen und den laut Bf. damit eingetretenen Folgen, nämlich a) der das übliche Ausmaß derartiger Aufwendungen außergewöhnlich weit übersteigenden Höhe, b) der für den Bf. unausweichlich – also zwangsläufig – entstandenen finanziellen Belastung und c) der sich für den Bf. ergebenden extremen wirtschaftlichen Beeinträchtigung stelle der Bf. den Antrag, den Betrag von € 39.644,66 als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 Abs. 1 bis 4 EStG anzuerkennen.
In seinem Vorlageantrag vom führte der Bf. noch an, dass die Schäden auf die Einwirkung von Sturm, Wasser (Wolkenbruch) und Schneedruck zurückgehen würden. Es handle sich daher um durch extreme Naturereignisse verursachte Schäden und damit zusammenhängende Ersatzbeschaffungskosten.
Das Finanzamt fasste seinen ablehnenden Rechtsstandpunkt dahingehend zusammen, dass es sich um Sanierungsaufwendungen des Bf. gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. c ESt G 1988, und somit um betragsmäßig beschränkte Sonderausgaben, handle. Der Verwaltungsgerichtshof unterstelle zwangsläufige Aufwendungen bei zerstörten Wirtschaftsgütern des Privatvermögens nur dann, wenn dem Steuerpflichtigen die weitere Lebensführung ohne Wiederbeschaffung nicht zuzumuten sei, wie dies beispielsweise bei der Zerstörung einer Wohnungseinrichtung durch Brand der Fall sein könnte. Aus den vom Bf. vorgelegten Fotos sei ersichtlich, dass es sich um eine stark verwitterte Eterniteindeckung gehandelt habe, bei der es offensichtlich aufgrund von jahrzehntelangen Witterungseinflüssen zu Schäden durch Wassereintritt gekommen sei. Die starke Vermorschung der Balken und die Vermoosung der Eindeckung würden dies eindeutig belegen. Bis zur Durchführung der geplanten Reparaturarbeiten sei der Schaden gar nicht bemerkt worden und das Einfamilienhaus sei uneingeschränkt bewohnbar gewesen.
Der Begriff "Belastung" setze grundlegend voraus, dass der Aufwand mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigem Verzehr verbunden ist. Ausgaben, die zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen, seien nicht absetzbar. Vom einem verlorenen Aufwand könne also keine Rede sein, wenn der Aufwand zu einem Vermögenswert/Gegenwert führe. Werterhaltenden bzw. werterhöhenden Wohnhaussanierungskosten, die nicht unmittelbar auf einen Katastrophenschaden (§ 34 Abs. 6 Einkommensteuergesetz 1988) zurückzuführen seien, fehlten zur steuerlichen Anerkennung die Tatbestandsmerkmale der Außergewöhnlichkeit und der Zwangsläufigkeit. Die Instandsetzungsarbeiten hätten der Erhaltung des Vermögens gedient und würden daher keine außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 darstellen.
In einer an das Bundesfinanzgericht gerichteten Eingabe vom präzisierte der Bf. die aufgrund der streitgegenständlichen Aufwendungen hinausgeschobenen weiteren notwendigen, ja überfälligen Instandhaltungen und Anschaffungen für sein Gebäude.
Im Zuge des vor dem Bundesfinanzgericht durchgeführten Erörterungstermins gemäß § 269 Abs. 3 Bundesabgabenordnung (BAO) führte der Bf. aus, dass die Eterniteindeckung seines Einfamilienhauses nicht verwittert gewesen sei. Die unmittelbare Ursache für die Reparatur seien Feuchtigkeitsflecken im Dachgebälk gewesen, welche dort aufgetreten seien, wo die drei Regenabläufe des Hauses bei den Dachsparren die Abwässer herausführen. Es seien auch morsche Risse von ca. 5 – 10 cm Länge zu sehen gewesen. Der Bf. führte die Schäden am Dachstuhl auf Witterungsexzesse zurück, welche Feuchtigkeitseinwirkungen unsichtbar zum Holz gebracht hätten. Auch von den an der Baustelle tätigen Gewerken habe es keine andere Erklärung für die umfangreichen Schäden (Vermorschungen) am Dachstuhl gegeben. Ein Schriftverkehr mit der Gebäudeversicherung, welche eine Kulanzzahlung von € 5.000,00 geleistet habe, gebe es nicht. Die Abwicklung sei mündlich mit dem zuständigen Versicherungsvertreter erfolgt.
Das Finanzamt bekräftigte seinen Standpunkt und verwies noch darauf, dass eine Katastrophe, welche den gegenständlichen Schaden ausgelöst habe, nicht vorliege. Der Bf. verwies darauf, dass er das gesamte Ausmaß der bei der Öffnung des Daches entdeckten Schäden durch die Jahre nicht habe erkennen können. Auch die laufenden Instandhaltungsarbeiten von Dachdeckern sei dies nicht hervorgekommen.
Anlässlich des fortgesetzten Erörterungsgespräches führte der Bf. noch aus, dass er sich der Wiederbeschaffung bzw. der Schadensbehebung nicht habe entziehen können. Es habe – infolge der Vermorschung des X-Sparrens - der Einsturz gedroht. Das gesamte Gebäude sei zu diesem Zeitpunkt schutzlos der Witterung ausgesetzt gewesen. Der Wohnraum seiner pflegebedürftigen Schwiegermutter sei direkt unter dem vom Einsturz bedrohten Dachbereich gelegen. Zusammenfassend führte der Bf. aus, dass er sich aus all diesen Gründen der unverzüglichen Schadensbehebung nicht habe entziehen können, weiters sei ihm die weitere Lebensführung ohne Wiederbeschaffung des zerstörten Wirtschaftsgutes nicht nur nicht zumutbar gewesen, sondern habe dieser Zustand eine konkrete Gefahr dargestellt. Es liege daher Zwangsläufigkeit vor. Der Sachverhalt erfülle sämtliche Voraussetzungen, um als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 Abs. 1 bis 5 (EStG 1988) anerkannt zu werden.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Nachstehender Sachverhalt wurde festgestellt:
Der Bf. ist Hälfteeigentümer eines unterkellerten Einfamilienhauses, Baujahr 1973. Das Gebäude wurde einstöckig errichtet und damals mit einer Eterniteindeckung versehen. Das Gesamtausmaß der Liegenschaft beträgt ca. 1000 m2. Die zweite Hälfteeigentümerin ist die Gattin des Bf.. Im Streitjahr wohnten neben dem Bf. und seiner Gattin noch die knapp 89-jährige pflegebedürftige Schwiegermutter des Bf. im Haus.
Für das Jahr 2013 beabsichtigten der Bf. und seine Gattin Instandhaltungsarbeiten an ihrem Eigenheim, und zwar im Dachbereich. Im Zuge der Arbeiten kamen erhebliche Vermorschungsschäden am Dachgebälk hervor, zum Beispiel waren die sogenannten X-Sparren vermorscht. Letztlich sahen sich der Bf. und seine Gattin gezwungen, die gesamte Dacheindeckung samt Dachstuhl zu erneuern. Infolge der Erneuerung beträchtlicher Teile der Untersichtschalung und aufgrund der in Mitleidenschaft gezogenen Fassade kamen noch umfangreiche Malerarbeiten dazu.
Der unmittelbare Anlass für die Reparatur waren Feuchtigkeitsflecken im Dachgebälk, welche dort auftraten, wo die drei Regenabläufe des Hauses bei den Dachsparren die Abwässer der in das Dach integrierten Dachrinnen herausführen. In diesem Bereich waren auch morsche Risse von ca. 5 – 10 cm Länge zu sehen.
Die Großreparatur dauerte etwa ein halbes Jahr an. Die Kosten von insgesamt € 84.289,31 setzte sich zusammen aus Beträgen von € 39.436,31 (Zimmermannsarbeiten), € 29.400,00 (Spengler- und Dachdeckerarbeiten), € 6.634,80 (Gerüstbauarbeiten) und € 8.818,20 (Malerarbeiten). Von der Gebäudeversicherung wurde eine Kulanzzahlung in Höhe von € 5.000,00 geleistet. Ein diesbezüglicher Schriftverkehr mit der Versicherungsanstalt liegt nicht vor.
Durch die Höhe dieser Aufwendungen wurden vom Bf. und seiner Gattin alle bereits geplanten und notwendigen – teilweise schon überfälligen – weiteren Instandhaltungen bzw. Anschaffungen für Haus und Garten auf die nächsten Jahre hinausgeschoben. Im Einzelnen handelte es sich dabei um die Reparatur der schon teilweise desolaten Garteneinfriedung; weiters um die Erneuerung der über 40 Jahre alten, den technischen Vorschriften nicht mehr entsprechenden und immer wieder zu Defekten neigenden Zentralheizung (Heizkessel mit Elektrik); die Schaffung von Schutzeinrichtungen gegen immer häufiger drohende und schon eingetretene Grundwassereinbrüche im Keller sowie den Austausch der über 40 Jahre alten nur mehr zum Teil funktionstüchtigen Küche, wobei ein zwischenzeitig defekt gewordener Kühlschrank nur notdürftig erneuert und provisorisch eingebaut werden konnte.
Beweiswürdigung
Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die vom Bf. vorgelegten Urkunden und Fotos, weiters auf das glaubwürdige Vorbringen des Bf., welches keine Widersprüche zu den im Akt einliegenden Unterlagen aufwies. Festzuhalten ist, dass sich die unterschiedlichen Auffassungen der Verfahrensparteien im Wesentlichen nicht auf den Sachverhalt, sondern auf die aus dem Sachverhalt abzuleitenden rechtlichen Folgerungen beziehen.
Rechtliche Würdigung
Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1) Sie muss außergewöhnlich sein
2) Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3)
3) Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Die Belastung ist außergewöhnlich , soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2). Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3). Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.
Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten, können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden (Abs. 6).
In seiner Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Arbeitnehmerveranlagung für 2013 beantragte der Bf. die Berücksichtigung von Aufwendungen in Höhe von € 39.644,66 als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs. 1-4 EStG 1988. Es handle sich nicht wie vom Finanzamt angenommen um Sonderausgaben , sondern um eine für ihn unausweichlich - also zwangsläufig - entstandene außergewöhnliche finanzielle Belastung. In seinem Vorlageantrag ergänzte der Bf. noch, dass es sich um Aufwendungen zur Beseitigung von durch extreme Naturereignisse verursachte Schäden handle.
Es ist daher zunächst zu prüfen, ob es sich bei den vom Bf. geltend gemachten Aufwendungen um die Beseitigung eines Katastrophenschadens handelt.
Die Anerkennung von Kosten zur Beseitigung von Katastrophenschäden als außergewöhnliche Belastung kommt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur nach Naturkatastrophen in Betracht (VwGH 19. Feber 1992, 87/14/0116). Dabei muss es sich um außergewöhnliche Schadensereignisse handeln, die nach objektiver Sicht aus dem regelmäßigen Ablauf der Dinge herausfallen (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 34 Abs. 6-8, Tz. 2).
Aus den im Gesetz beispielhaft genannten Katastrophenereignissen ist zu folgen, dass es sich dabei um ein Elementarereignis, ein Ereignis von allgemeiner Tragweite, welches folgenschwere, verheerende Auswirkungen auf Lebewesen bzw. deren Umwelt hat, handeln muss. Nur derartig außergewöhnliche Schadensereignisse rechtfertigen eine höhere steuerliche Förderung von Aufwendungen zur Beseitigung der Schadensfolgen.
Unter den Begriff „Katastrophenschaden“ fallen – neben den im Gesetz aufgezählten Beispielen – auch Schäden aufgrund von Stürmen (LStR 838), Hagel, Blitz (Quantschnigg/Schuch Einkommensteuer § 34 Rz 21) etc. Erfasst sind (dem Grunde nach) außergewöhnliche Schadensereignisse, die nach objektiver Sicht aus dem regelmäßigen Ablauf der Dinge herausfallen ( ), auch unvorhersehbare Schadensereignisse größeren Umfangs, die für den Steuerpflichtigen eine unabwendbare Vermögenseinbuße nach sich ziehen.
Mit Rücksicht auf verschiedene gesetzliche Regelungen, wonach unter Katastrophen solche durch elementare oder technische Vorgänge ausgelöste Ereignisse zu verstehen sind, die in großem Umfang Leben oder Gesundheit von Menschen oder Eigentum gefährden, lässt sich als Auslegungshilfe ableiten, dass der Gesetzgeber unter Katastrophen im Sinne des § 34 Abs. 6 EStG 1988 nur solche versteht, die nach objektiver Sicht aus dem regelmäßigen Ablauf der Dinge herausfallen und in der Regel verheerende Folgen nach sich ziehen und von der Allgemeinheit als schweres Unglück angesehen werden (vgl. dazu auch VwGH vom 8. Feber 1982, 82/14/0061 sowie ; siehe auch Katastrophenfondgesetz, BGBl. 539/1984, Tiroler Katastrophenmanagementgesetz, LGBl. Nr. 33/2006).
Nicht der Schaden als solcher führt dabei zu einer außergewöhnlichen Belastung, sondern erst die Kosten seiner Beseitigung Als Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden sind die Kosten der Aufräumungsarbeiten, die Kosten von Reparatur- und Sanierungsmaßnahmen und die Wiederbeschaffungskosten der zerstörten Vermögensgegenstände in dem Umfang, in dem sie für die „übliche Lebensführung“ benötigt werden, absetzbar.
Zu beachten ist, dass auch für Katastrophenschäden die allgemeine Voraussetzung der Zwangsläufigkeit der Vermögenseinbuße gegeben sein muss. Eine Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Nach der Judikatur liegen zwangsläufige Aufwendungen nicht vor, wenn die Aufwendungen sich als Folge eines Verhaltens darstellen, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat.
Nach der Rechtsprechung des VwGH hat der Steuerpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und „unter Ausschluss jeden Zweifels“ das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind. Der Nachweis, der für die erfolgreiche Geltendmachung eines eingetretenen Katastrophenschadens zu erbringen ist, muss in der Weise geführt werden, dass eindeutig ersichtlich wird, dass das schädigende Ereignis tatsächlich eingetreten und der Schaden entstanden ist. Es ist dabei erforderlich, dass dem zuständigen Finanzamt die von den Gemeindekommissionen über die Schadenserhebung aufgenommenen Niederschriften vorgelegt werden. Überdies sind die Schadensbeseitigungskosten selbst durch Rechnungen zu belegen (vgl. u. do. Zitate).
Aus den vorstehenden Ausführungen erhellt, dass, die streitgegenständliche Neuausführung des Daches am Haus des Bf. nicht als Beseitigung eines Katastrophenschadens im Sinne dieser Definition verstanden werden kann.
Zum einen fehlt es am Vorliegen einer Katastrophe im allgemeinen Wortsinn. Diese wurde vom Bf. nicht einmal behauptet. Das Begehren wurde auf kein konkretes und nachweisbares Ereignis, wie Sturm, Hagel oder ähnliches gestützt. Vielmehr legt der Bf. den Begriff der Katastrophe im höchst persönlichen Sinn aus, indem er das sich bei Beginn der Reparaturarbeiten eröffnende Ausmaß des Reparaturbedarfes als Katastrophe für sich und seine Familie bezeichnet. Mit einer Katastrophe in dem von Lehre und Rechtsprechung geforderten Sinn hat dies jedoch nichts gemein.
Die Ursache der Vermorschungsvorgänge können nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens keinem konkreten Schadensereignis, sei ein konkretes Unwetter, eine konkrete Schneedruckbelastung etc. zugeordnet werden. Von einem Konstruktionsfehler anlässlich der seinerzeitigen Errichtung des Daches bis hin zu längerfristigen Flüssigkeitseintritten aufgrund undichter Stellen, kommen nach der allgemeinen Lebenserfahrung verschiedenste Ursachen in Betracht. Der Bf. selbst konnte keine konkrete nachgewiesene Ursache für die Vermorschung nennen und musste sich ebenfalls auf die Vermutung beschränken, wonach – nicht näher konkretisierte - Witterungsexzesse "Feuchtigkeitseinwirkungen unsichtbar zum Holz gebracht" hätten (vgl. Niederschrift über das Erörterungsgespräch vom ). Bei dieser Sachlage kann vom Nachweis eines konkreten schädigenden Ereignisses nicht gesprochen werden.
Auch eine Absetzung der streitgegenständlichen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 Abs. 1-4 EStG 1988 kommt nicht in Betracht.
Der Bf. brachte vor, dass die Sanierungsmaßnahme von vornherein als weitere seit Jahrzehnten übliche laufende Instandhaltungsmaßnahme am Eigenheim beabsichtigt war. Bereits aus diesem Vorbringen ergibt sich, dass der Bf. von keinem konkreten schädigenden Ereignis ausging, als er mit den Arbeiten begann.
Wohl aber ist den Ausführungen des Bf. zu entnehmen, dass ihm morsche Risse von ca. 5 – 10 cm Länge bekannt waren, die dort auftraten, wo die drei Regenabläufe des Hauses bei den Dachsparren die Abwässer die Abwässer herausführen. Da nach der allgemeinen Lebenserfahrung die Vermorschung von Rissen eine längeren Zeitraum, ab dem ersten Auftreten von Feuchtigkeit, in Anspruch nimmt, erhellt aus diesem Vorbringen, dass der Bf. schon länger hätte erkennen können, dass in diesem Bereich des Daches Feuchtigkeit eindringt.
Insgesamt befand sich das Haus des Bf. nach seinen eigenen Schilderungen in einem äußerst reparaturbedürftigen Zustand. Alleine die Schilderung der vom Bf. aufgezählten Reparaturmaßnahmen, welche er durch die streitgegenständliche Dacherneuerung aufschieben musste, lässt unzweifelhaft erkennen, dass es sich insgesamt um einen Reparaturstau an seinem Haus handelte, welcher bei tatsächlich regelmäßiger Instandhaltung nicht vorgelegen hätte. Wären die Instandhaltungsmaßnahmen durch den Bf. laufend im erforderlichen Ausmaß erfolgt, hätte auch die Dachreparatur kein derart großes Ausmaß umfassen müssen. Nochmals sei auf die von Bf. ins Treffen geführten morschen Risse von 5 – 10 cm Länge verwiesen, die eine längere für den Bf. sichtbare Feuchtigkeitseinwirkung voraussetzen.
Weiters ist ins Treffen zu führen, dass nach Lehre und Rechtsprechung Ausgaben, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führten, nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können. Die vom Bf. getätigten Maßnahmen haben haben zweifellos zur Wiederherstellung der Tragfähigkeit und Dichtheit des Daches und damit zu einer Vermögensumschichtung geführt, weil dadurch ein Gegenwert erlangt wurde und das gegenständliche Grundstück eine Werterhöhung erfuhr (vgl. ; ).
Auch in der Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/2969-W/10 wurde ausgesprochen, dass a ls außergewöhnliche Belastungen nur solche zu verstehen seien, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verbunden seien. Nur so genannter "verlorener Aufwand" sei berücksichtigungsfähig; soweit die Aufwendungen einen Gegenwert mit nicht nur eingeschränkter Verkehrsfähigkeit schafften, seien sie grundsätzlich keine "Belastung" (Gegenwerttheorie; siehe z.B. Doralt, EStG Kommentar, § 34 Tz 20, mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung).
Damit sind Vermögensumschichtungen, wie die streitgegenständliche Dacherneuerung regelmäßig nicht geeignet, eine außergewöhnliche Belastung zu begründen. Eine Dacherneuerung nach normaler Abnutzung stellt keine außergewöhnliche Belastung dar, selbst wenn infolge Vernachlässigung regelmäßiger Reparaturen eine einmalige hohe finanzielle Belastung anfällt (vgl. ).
Auch aus dem Umstand, dass von der Gebäudeversicherung eine Kulanzzahlung in Höhe von € 5.000,00 geleistet wurde, kann für den Rechtsstandpunkt des Bf. nichts gewonnen werden.
Die zur Absetzung beantragten Aufwendungen erfüllen die Kriterien einer außergewöhnlichen Belastung gemäß § 34 EStG 1988 nicht. Die strittigen Aufwendungen sind als Sonderausgaben gemäß 18 EStG 1988, aus dem Titel der Sanierung von Wohnraum, zu qualifizieren. Der angefochtene Bescheid erwies sich als rechtsrichtig.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Keine dieser Voraussetzungen erschien im Streitfall vorliegend.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 18 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | außergewöhnliche Belastung Dacherneuerung Katastrophenschaden Katastrophe Sanierung von Wohnraum |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.4100760.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at