Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.10.2017, RV/5102159/2016

Beihilfenschädlicher Studienwechsel

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr vom zu VNR 001, mit dem ein Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind K (VNR 002) für den Zeitraum ab Oktober 2015 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Nachdem die am geb geborene Tochter der Beschwerdeführerin die Reifeprüfung am erfolgreich abgelegt hatte, studierte sie ab dem Wintersemester 2013 an der Universität für Bodenkultur Wien (H 033 219 Bachelorstudium Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur). Sie war für dieses Studium allerdings nur bis gemeldet. In diesem Studium abgelegte Prüfungen sind nicht aktenkundig. Den Anmerkungen in der Beihilfendatenbank ist zu entnehmen, dass dem Finanzamt Mitschriften aus dem ersten Studienjahr vorgelegt wurden, weshalb von einer Rückforderung der Familienbeihilfe für diesen Zeitraum Abstand genommen wurde.

Ab dem Sommersemester 2014 belegte die Tochter der Beschwerdeführerin an der Universität Wien das Bachelorstudium Bildungswissenschaft (A 033 645). Auch dieses Studium wurde wenig zielstrebig betrieben. Weder im Sommersemester 2014 noch im Wintersemester 2014 wurden Prüfungen erfolgreich abgelegt, lediglich für das Sommersemester 2015 sind positiv abgelegte Prüfungen im Ausmaß von 10 ECTS vermerkt. Die Tochter der Beschwerdeführerin war bis für dieses Studium gemeldet.

Seit dem Wintersemester 2015 () ist die Tochter der Beschwerdeführerin für das Bachelorstudium Lehramt Primarstufe an der Pädagogischen Hochschule Wien (m098 100 199) gemeldet.

Die Beschwerdeführerin bezog für ihre Tochter zunächst bis September 2014 Familienbeihilfe und sodann für den Zeitraum Juni bis September 2015. Mit Ablauf dieses Monats wurde die Auszahlung der Beihilfe eingestellt.

Mit einem am unterfertigten und am beim Finanzamt eingelangten Formblatt Beih 1 beantragte die Beschwerdeführerin die Zuerkennung der Familienbeihilfe für ihre Tochter ab . Diese habe am das Studium Lehramt Primarstufe an der Pädagogischen Hochschule in Wien begonnen, entsprechende Studienbestätigungen seien dem Finanzamt bereits übermittelt worden.

Diesen Antrag wies das Finanzamt mit Bescheid vom für den Zeitraum ab Oktober 2015 ab, da ein schädlicher Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Zif. 2 StudFG vorliege, wenn das Studium nach dem dritten Semester gewechselt werde. Dieser Studienwechsel sei gemäß § 17 Abs. 4 StudFG erst dann nicht mehr zu beachten, wenn die Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in dem vor dem Studienwechsel betriebenen Studium zurückgelegt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , beim Finanzamt eingelangt am . Darin führte die Beschwerdeführerin aus, dass ihre Tochter zunächst an der Boku Wien studiert habe. Nach dem ersten Semester habe sie zum Studium Bildungswissenschaften gewechselt, da sie erst im Herbst 2014 zur Aufnahmeprüfung für die Pädagogische Hochschule antreten habe können. Sie sei dort leider nicht aufgenommen worden, da sie erst ihre Stimmbänder kräftigen hätte müssen. Daher habe sie das Studium Bildungswissenschaften fortgesetzt und die neuerliche Aufnahmeprüfung (an der Pädagogischen Hochschule) im Herbst 2015 mit Erfolg absolviert (positiver Befund des vorgeschriebenen HNO-Arztes über die Leistung der Stimmbänder). Ihre Tochter habe nicht zu Hause sitzen und warten wollen, bis sie aufgenommen werde, deshalb habe sie die drei Semester Bildungswissenschaften inskribiert, um in einer ähnlichen Studienrichtung Wissen zu sammeln. Sie erhebe mit Nachdruck Einspruch dagegen, ihr dafür die Familienbeihilfe abzusprechen. Es könne nicht sein, dass in Österreich junge Menschen bestraft werden, wenn sie sich weiterbilden und nicht zu Hause sitzen bleiben und warten, bis sie den gewünschten Studienplatz bekommen. Es lägen dem Finanzamt sämtliche Unterlagen vor und sie ersuche, das Ansuchen nach nochmaliger Prüfung positiv zu erledigen.

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Nach Hinweisen auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG und § 17 StudFG führte das Finanzamt aus:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Studienwechsel im Sinne des § 17 StudFG vor, wenn der Studierende das von ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt (vgl. mwN).

Aus der objektiven, d.h. von subjektiven Momenten unabhängigen Diktion sowohl des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG als auch des § 17 StudFG ergibt sich, dass für den Anspruch auf Familienbeihilfe immer nur der Studienbeginn maßgebend ist und subjektive Gründe des Studierenden irrelevant sind (vgl. -W-02 mwN).

Sachverhaltsmäßig ist unstrittig, dass Ihre Tochter K im Wintersemester 2013/2014 ihr Studium an der BOKU Wien begann und anschließend von dem an der Universität Wien ab dem Sommersemester 2014 betriebenen Studium der Bildungswissenschaften im Wintersemester 2015/2016 auf das Bachelorstudium LA Primarstufe an der Pädagogischen Hochschule Wien wechselte.

Unbestritten ist daher, dass der Studienwechsel Ihrer Tochter nach dem dritten inskribierten Semester erfolgte und somit ein schädlicher Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG vorliegt.

Laut Beschwerdevorbringen war dafür ausschlaggebend, dass Ihre Tochter die Aufnahmeprüfung für die Pädagogische Hochschule im Herbst 2014 nicht bestanden hatte und daher bis zur erfolgreichen Absolvierung der Aufnahmeprüfung im Herbst 2015 ihr Studium an der Universität Wien fortsetzte.

Diesem Beweggrund kommt im gegenständlichen Fall jedoch keine entscheidende Bedeutung zu. Relevant ist einzig und allein der Zeitpunkt des Studienwechsels (vgl. -F/07; ua.) Da dieser unstrittig erst nach dem dritten inskribierten Semester und somit zu spät im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG erfolgte, besteht für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum von 10/2015 bis 05/2015 (gemeint wohl: 05/2016 = Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Gegen diese Beschwerdevorentscheidung richtet sich der als „Einspruch gegen die einstweilige Beschwerdevorentscheidung“ bezeichnete Vorlageantrag vom , in dem die Beschwerdeführerin um eine „Kulanzlösung“ ersuchte.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Beweiswürdigung

Der unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen, dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sowie den Anmerkungen und Eintragungen in der Beihilfendatenbank.

Rechtslage und Erwägungen

§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG normiert auszugsweise (soweit für den gegenständlichen Beschwerdefall von Relevanz):

Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. …

Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. …

§ 17 StudFG in der im vorliegenden Fall maßgebenden Fassung des BGBl I Nr. 47/2008 bestimmt:

(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende

1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:

1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,

2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,

3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,

4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.

(3) Nicht als Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 und 2 gilt der Wechsel von der Studienrichtung Medizin zur Studienrichtung Zahnmedizin für Studierende, die die Studienrichtung Medizin vor dem Studienjahr 1998/99 aufgenommen haben und den Studienwechsel spätestens im Sommersemester 2001 vornehmen.

(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

Der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG verwendete Begriff Studienwechsel bedeutet nach herrschender Lehre und Rechtsprechung den Betrieb einer anderen Studienrichtung als jener, die in den vorangegangenen Semestern betrieben wurde. Wenn ein Studierender das begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes in den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt, liegt jedenfalls ein Studienwechsel vor. Kein Studienwechsel liegt dagegen vor bei einem Wechsel der Studieneinrichtung bei gleichbleibender Studienrichtung (Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Tz 95 f mit Hinweis auf ). Nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichshofes ist zunächst zu prüfen, ob überhaupt ein Studienwechsel im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegt, bevor auf einen solchen Studienwechsel die Bestimmungen des § 17 StudFG angewendet werden können.

Dass es sich beim Bachelorstudium Bildungswissenschaft um eine andere Studienrichtigung handelt als beim Bachelorstudium Lehramt für die Primarstufe und daher ein Studienwechsel im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorlag, ist im vorliegenden Fall unbestritten, bedarf auch keiner näheren Erörterung und ergibt sich aus den einschlägigen Studienbeschreibungen (Curriculum der Universität Wien für das Bachelorstudium Bildungswissenschaft; Curriculum Primarstufe für das Bachelorstudium an der Pädagogischen Hochschule Wien).

Das Finanzamt hat daher auf diesen Studienwechsel zutreffend die Bestimmung des § 17 StudFG angewendet. Dass im gegenständlichen Fall ein schädlicher Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Zif. 2 StudFG vorlag, hat bereits das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung eingehend und zutreffend dargestellt; auf die dortigen, oben zitierten Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die drei Semester, in denen das Bachelorstudium Bildungswissenschaft betrieben wurde (Sommersemster 2014, Wintersemester 2014 und Sommersemester 2015) als Wartesemester im Sinne des § 17 Abs. 4 StudFG zu berücksichtigen sind. Dass Prüfungen aus diesem Studium für das Lehramtsstudium anerkannt worden wären, welche diese Wartezeit verkürzen würden, hat die Beschwerdeführerin weder vorgebracht, noch finden sich dafür Anhaltspunkte in den vorgelegten Aktenteilen oder den Anmerkungen in der Beihilfendatenbank. In einem antragsgebundenen Verfahren wie dem gegenständlichen Verfahren betreffend Gewährung der Familienbeihilfe ist es Sache des Antragstellers, das Vorliegen der anspruchsbegründenden Umstände zu behaupten (Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 10 Rz 1 mit Hinweis auf ).

Bei dieser Sachlage wäre daher erst nach Ablauf der Wartezeit (drei Semester), somit ab dem Sommersemester 2017 (März 2017) wieder Familienbeihilfe zugestanden. Da die Tochter der Beschwerdeführerin allerdings das 24. Lebensjahr am vollendet hat, scheidet ein solcher Beihilfenanspruch aus.

Zu der im Vorlageantrag von der Beschwerdeführerin noch angesprochenen „Kulanzlösung“ wird festgestellt, dass die eingangs zitierten gesetzlichen Bestimmungen keinerlei Ermessen einräumen, welches allenfalls Raum für eine derartige Lösung schaffen würde.

Schließlich sei im Hinblick auf den im letzten Satz der Beschwerdevorentscheidung erwähnten „beschwerdegegenständlichen Zeitraum“ der Vollständigkeit halber noch bemerkt, dass die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen, zu denen auch die Familienbeihilfe zählt, ein Zeitraum bezogener Abspruch ist. Ein derartiger Abspruch gilt mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren haben, „jedenfalls“ (aber eben nicht nur) bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (z.B. mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Der Bescheid des Finanzamtes vom über die Abweisung des Beihilfenantrages ab Oktober 2015 betraf daher somit einerseits den Monat Oktober 2015, umfasste „jedenfalls“ auch den Zeitraum bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom und dauerte bis zu einer allfälligen Änderung der Sach- oder Rechtslage (somit bis zum allfälligen Entstehen eines neuerlichen Beihilfenanspruches) fort. Mit dem Ende dieser fortdauernden Wirkung des Bescheides wird auch der zeitliche Umfang der Entscheidungspflicht des Bundesfinanzgerichtes begrenzt (); gleiches gilt für Beschwerdevorentscheidungen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

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