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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.11.2017, RV/5100693/2014

Säumniszuschläge und Stundungszinsen

Entscheidungstext

RV/5100738/2014

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache BF, vertreten durch StB,

1) über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr vom zu St.Nr. 000/0000, mit dem von der Einkommensteuer 07-09/2013 in Höhe von 8.421,00 € gemäß § 217 BAO ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 168,42 € festgesetzt wurde, zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und der erste Säumniszuschlag auf 51,03 € (2 % von 2.551,50 €) herabgesetzt.

2) über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr vom zu St.Nr. 000/0000, mit dem Stundungszinsen in Höhe von 385,92 € festgesetzt wurden, zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert, die Stundungszinsen werden auf 368,31 € herabgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

1) Säumniszuschlag

Im Anschluss an eine Außenprüfung wurden mit Bescheid vom die Vorauszahlungen an Einkommensteuer 2013 und Folgejahre mit 11.228,00 € festgesetzt. Grundlage für diese Festsetzung war der im Anschluss an die Außenprüfung ebenfalls am erlassene Einkommensteuerbescheid 2011.

Für das dritte Quartal 2013 ergab sich dadurch ein Ausgleichviertel im Sinne des § 45 Abs. 3 EStG in Höhe von 8.421,00 €.

Von dieser Abgabenschuld wurde mit Bescheid vom ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 168,42 € festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid wurde durch den steuerlichen Vertreter mit Eingabe vom Beschwerde (damals Berufung) erhoben. Diese wurde damit begründet, dass gegen die der Betriebsprüfung nachfolgenden Bescheide Berufung erhoben worden sei. Bei Stattgabe der Berufung würde sich für das die Vorauszahlung bestimmende Jahr eine
wesentlich geringere Einkommensteuer und somit auch für das Jahr 2013 eine wesentlich geringere Einkommensteuer-Vorauszahlung ergeben. Das Einkommen 2013 werde etwa  19.000,00 € betragen, was eine Jahresvorauszahlung von € 3.150,00 erfordern würde, im
dritten Quartal somit einen Teilbetrag von 2.362,50 €. Somit dürfte der erste Säumniszuschlag mit € 47,25 festzusetzen sein. Gegen die Differenz von 121,17 € werde berufen und die Aussetzung beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt diese Beschwerde als unbegründet ab.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Vorlageantrag vom .

Mit Einkommensteuerbescheid 2013 vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2013 unter Zugrundelegung eines steuerpflichtigen Einkommens in Höhe von 20.319,31 € mit 3.402,00 € festgesetzt. Gegenüber den Vorauszahlungen von 11.228,00 € ergab sich damit eine Gutschrift von 7.826,00 €.

Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde vom steuerlichen Vertreter mit Eingabe vom zurückgezogen.

2) Stundungszinsen

Die im Anschluss an die oben unter Punkt 1 erwähnte Außenprüfung mit Bescheiden vom festgesetzten Abgabenschuldigkeiten weisen als Fälligkeitstermin im Sinne des § 210 Abs. 1 BAO bzw. Nachfrist im Sinne des § 210 Abs. 4 BAO den aus.

Ein am hinsichtlich dieser Abgabenschuldigkeiten eingebrachtes Zahlungserleichterungsansuchen wurde mit Bescheid vom abgewiesen. Ein weiteres Zahlungserleichterungsansuchen vom wurde mit Bescheid vom abgewiesen.

Mit Bescheid vom wurden hinsichtlich des zweiten Zahlungserleichterungsansuchens für den Zeitraum bis  Stundungszinsen in Höhe von 385,02 € festgesetzt. Diese Zinsen wurden wie folgt berechnet:


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Datum
Betrag
Tagessaldo
Tage
Jahreszinsen
Tageszinsen
Stundungs-zinsen
+4.194,18
+4.194,18
37
4,38
0,0120
18,62
+118.237,67
+122.431,85
25
4,38
0,0120
367,30
Summe
 
 
 
 
 
385,92

Gegen diesen Bescheid wurde durch den steuerlichen Vertreter mit Eingabe vom Beschwerde (damals Berufung) erhoben. Gegen die Festsetzung dieser
Stundungszinsen wurde ins Treffen geführt, dass gegen die zugrunde liegenden
Abgabenvorschreibungen Berufung erhoben worden sei und es daher rechtsstaatlich
äußerst unbefriedigend wäre, die Stundungszinsen vor Erledigung dieses Rechtsmittel
entrichten zu müssen; bei Stattgabe der Berufung würden die Stundungszinsen entfallen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen; ergänzend wies das Finanzamt darauf hin, dass gemäß § 212 Abs. 2 lit. b BAO im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld die Stundungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages neu zu berechnen wären.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Vorlageantrag vom .

Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde vom steuerlichen Vertreter mit Eingabe vom zurückgezogen.

Rechtslage und Erwägungen

1) Säumniszuschlag

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten.

Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).

Im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen; dies gilt sinngemäß für bei Veranlagung durch Anrechnung von Vorauszahlungen entstehende Gutschriften (§ 217 Abs. 8 lit. a BAO).

Diese Bestimmung ermöglicht Herabsetzungen von Säumniszuschlägen, die wegen Nichtentrichtung von Einkommensteuervorauszahlungen vorgeschrieben wurden, wenn sich aus der Veranlagung eine Gutschrift ergibt. Soweit sich bei der Veranlagung durch Anrechnung von Vorauszahlungen (nach § 46 Abs. 1 Zif. 1 EStG) eine Gutschrift ergibt, ist ein verwirkter Säumniszuschlag herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen (Ritz, BAO, 5. Auflage, § 217 Tz 57).

Ausgehend von der mit Bescheid vom festgesetzten Jahreseinkommensteuer 2013 von 3.402,00 € ergibt sich ein Vierteljahresbetrag von 850,50 € und damit ein Betrag von 2.551,50 € für das säumnisgegenständliche Ausgleichsviertel (drittes Quartal 2013). Der Säumniszuschlag reduziert sich damit auf 51,03 € (2 % von 2.551,50 €). Insoweit war der gegenständlichen Beschwerde daher stattzugeben. 

2) Stundungszinsen

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefaßt verbucht wird (§ 213), erstrecken.

Für Abgabenschuldigkeiten, die den Betrag von insgesamt 750 Euro übersteigen, sind gemäß § 212 Abs. 2 BAO

a) solange auf Grund eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen, über das noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen (§ 230 Abs. 3) oder

b) soweit infolge einer gemäß Abs. 1 erteilten Bewilligung von Zahlungserleichterungen ein Zahlungsaufschub eintritt,

Stundungszinsen in Höhe von viereinhalb Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten; Stundungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall eines Terminverlustes gilt der Zahlungsaufschub im Sinn dieser Bestimmung erst im Zeitpunkt der Ausstellung des Rückstandsausweises (§ 229) als beendet. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Stundungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Gegen die Festsetzung der beschwerdegegenständlichen Stundungszinsen wurde lediglich eingewendet, dass gegen die zugrunde liegenden Abgabenvorschreibungen Berufung erhoben worden sei und es daher rechtsstaatlich äußerst unbefriedigend wäre, die Stundungszinsen vor Erledigung dieses Rechtsmittel entrichten zu müssen; bei Stattgabe der Berufung würden die Stundungszinsen entfallen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt jedoch aus dem Umstand, dass die Abgabenfestsetzung trotz einer noch unerledigten Berufung wirksam ist, dass eine solche unerledigte Berufung weder der Stundung noch dem Entstehen und der Festsetzung von Stundungszinsen entgegensteht (). Gemäß § 212 Abs. 2 letzter Satz BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld die Berechnung der Stundungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Eine nachträgliche Herabsetzung der Abgabenschuld kann lediglich hinsichtlich der Einkommensteuervorauszahlungen für das dritte Quartal 2013 angenommen werden (vgl. oben Punkt 1), wenn man insofern der Gutschrift aus der Veranlagung zur Einkommensteuer 2013 den Charakter einer Verminderung der Vorauszahlung zuspricht (so etwa Stoll, BAO, 2261; RAE, Rz 308).

In diesem Fall führt eine Neuberechnung der Stundungszinsen zu einer Reduktion derselben auf einen Betrag von 368,31 € (dabei reduziert sich der ab anzusetzende Tagessaldo von bisher 122.562,35 € um 5.869,50 € auf 116.562,35 €; der Differenzbetrag ergibt sich aus dem Saldo der bisherigen Einkommensteuervorauszahlung für das dritte Quartal 2013 in Höhe von 8.421,00 € und dem oben unter Punkt 1 dargestellten neuen Betrag von 2.551,50 €):


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Datum
Betrag
Tagessaldo
Tage
Jahreszinsen
Tageszinsen
Stundungs-zinsen
+4.194,18
+4.194,18
37
4,38
0,0120
18,62
+112.341,17
+116.562,35
25
4,38
0,0120
349,69
Summe
 
 
 
 
 
368,31

Insoweit war der gegenständlichen Beschwerde daher stattzugeben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gegen das gegenständliche Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof somit nicht zulässig, da die entscheidungsrelevante Rechtsfrage (Punkt 2) bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die gegenständliche Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht. Die Neuberechnung eines Säumniszuschlages (Punkt 1) im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld ist in § 217 Abs. 8 lit. a BAO zwingend angeordnet. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer dieser anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl. ). 

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.5100693.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at