Beantragte Begünstigung einer Erschwerniszulage, obwohl der Arbeitgeber diese steuerpflichtig ausgezahlt hat
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache NN, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Umgebung vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Beschwerdeführerin (Bf) beantragte in einer ihrem Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung beiliegenden Erklärung, die ihr ausbezahlte Erschwerniszulage dem wirtschaftlichen Gehalt nach, unter Hinweis auf die große Infektionsgefahr und Wochenenddienste, als steuerfreie Gefahrenzulage zu behandeln.
Gegen den in der Folge erlassenen Einkommensteuerbescheid wandte sich die Bf mit dem Rechtsmittel der Beschwerde. Dies mit der Begründung, dass die Korrektur der zu Unrecht besteuerten Zulage bei Erlassung des Bescheides unterblieben sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung wies das Finanzamt diese Beschwerde mit nachstehender Begründung ab:
„Stellungnahme des Betriebsstättenfinanzamtes:
Die Firma X richtete im Dezember 2014 an das Finanzamt der Betriebsstätte ein
Auskunftsersuchen.
Gegenstand der Anfrage war die steuerlich begünstigte Behandlung von Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen im Sinne des § 68 Abs. 1 EStG 1988.
Um eine rechtlich richtige Beurteilung der ausbezahlten Zulagen vornehmen zu können, wurde ein Lokalaugenschein vor Ort anberaumt.
Das Ergebnis nach einer Besprechung mit den dafür Verantwortlichen ergab, dass Erschwernis- und Schmutzzulagen (mit Ausnahme der in der Pathologie beschäftigten Dienstnehmer) ab steuerpflichtig abzurechnen sind. Die Erfordernisse des § 68 Abs. 1 EStG 1988 waren nicht gegeben.
Die gewährten Gefahrenzulagen können bei der Erfüllung der Voraussetzungen steuerfrei im Sinne des § 68 Abs 1 EStG 1988 abgerechnet werden.
Die von der Beschwerdeführin aufgestellte Behauptung „die ausbezahlte Erschwerniszulage sei dem wirtschaftlichen Gehalt nach Gefahrenzulage" geht ins Leere; dies wurde nach nochmaliger Rücksprache mit den Verantwortlichen abgeklärt. Aus dem Lohnkonto ist ersichtlich, dass die Erschwerniszulage voll steuerpflichtig abgerechnet wurde und die Gefahrenzulage steuerfrei behandelt wurde und somit die Lohnverrechnung ordnungsgemäß unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen erfolgt ist.“
In ihrem dagegen gerichteten Vorlageantrag wiederholte die Bf nochmals ihr Beschwerdevorbringen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind ua. Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen bis 360,00 € monatlich steuerfrei.
Gemäß § 68 Abs. 5 EStG 1988 sind unter Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die
- in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken,
- im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen, oder
- infolge der schädlichen Einwirkung von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.
Die zitierte Bestimmung ist nach der herrschenden Lehre (vgl. Doralt, EStG14, § 68 Tzen 10 ff; Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 68 Tz 37) so auszulegen, dass für eine begünstigte Besteuerung von Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen im Wesentlichen drei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein müssen. Liegt nur eine der nachstehend genannten Voraussetzungen nicht vor, kommt die Begünstigung nicht in Betracht.
Die erste Voraussetzung ist funktioneller Art. Aus dem im Gesetz verwendeten Begriff "Zulagen und Zuschläge" ergibt sich, dass die Voraussetzung für deren Steuerfreiheit nur dann erfüllt ist, wenn diese Zulagen neben dem Grundlohn gewährt werden.
Die zweite Voraussetzung für eine begünstigte Besteuerung von Zulagen ist formeller Art. Anspruch auf Steuerbegünstigung besteht nach dieser Voraussetzung nur, wenn die Zulagen auf Grund von lohngestaltenden Vorschriften gezahlt werden.
Darüber hinaus reicht es für die Erfüllung der formellen Voraussetzung des Vorliegens einer lohngestaltenden Vorschrift bereits aus, dass die genannten Zulagen innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gewährt werden. (Freudhofmeier, SWK 2005, S 823).
Die Bindung der Steuerfreiheit von SEG-Zulagen an formalrechtliche Voraussetzungen verfolgt den Zweck, eine missbräuchliche Gestaltung aufgrund individueller Verträge bzw durch einseitige Regelung des Arbeitgebers zugunsten bestimmter Arbeitnehmer zu verhindern (Müller, ecolex 1995, 833).
Die Begünstigung des § 68 Abs. 1 EStG 1988 setzt weiter voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeiten verrichtet, die überwiegend unter Umständen erfolgen, welche die vorgenannten angeführten Voraussetzungen erfüllen. Der Arbeitnehmer muss also während der Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut sein, die in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken, die eine außerordentliche Erschwernis darstellen oder zwangsläufig eine Gefahr mit sich bringen. Dies erfordert nach Rechtsprechung und Lehre, dass nachgewiesen wird, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden. Die Abgabenbehörden sind berechtigt und verpflichtet, die Angemessenheit der Zulage im Verhältnis zum Gefährdungsausmaß zu prüfen. Zu erbringen ist der Nachweis durch das Lohnkonto und die zugehörigen Grundaufzeichnungen (materielle Voraussetzung; vgl. zB ; siehe dazu auch Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar § 68 Tzen 32 ff).
Da die Ermittlungen des Finanzamtes nach durchgeführtem Lokalaugenschein und Rücksprache mit dem Arbeitgeber der Bf ergeben haben, dass die Erschwernis- und Schmutzzulagen grundsätzlich ab nicht mehr steuerbegünstigt zu behandeln sind und der Arbeitgeber sich an diese Feststellungen bei der Lohnverrechnung gehalten hat, fehlt es an den Voraussetzungen für die von der Bf begehrten Begünstigung, weshalb das Finanzamt diese zurecht verwehrt hat.
Z ulässigkeit einer Revision
Gegen diese Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (insbes. Abweichen der Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, Fehlen einer solchen Rechtsprechung, uneinheitliche Beantwortung der zu lösenden Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) zukommt.
Es war somit wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 68 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.2100708.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at