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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.10.2017, RV/6100397/2017

Fahrtkosten des Lehrlings zur Berufsschule

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Salzburg-Land vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf) ist im Streitzeitraum als Tischlerlehring bei der Tischler GesmbH beschäftigt. Mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid wurden das beantragte Pendlerpauschale und der Pendlereuro nicht als Werbungskosten anerkannt, da infolge einer geringen Entfernung von unter 2 km ein Pendlerpauschale laut Pendlerrechner nicht zustehe.

Der Bf. hat hiergegen Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass er werktags insgesamt 26 x berufsnotwendig mit dem Auto vom seinem Heimatort a) nach b) in die Berufsschule gefahren sei, wofür er Kilometergeld in Höhe von € 1.811,04 geltend mache.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom fanden die beantragten Werbungskosten keine Anerkennung, da die mit Vorhalt vom  angeforderte Schulbestätigung durch die Berufsschule über Dauer und Art des Aufenthalts nicht nachgereicht worden sei.

Der dagegen erhobene Vorlageantrag wurde damit begründet, dass der abverlangte Schulnachweis fristgerecht mit der Post nachgereicht wurde. Zum Nachweis für die Rechtzeitigkeit der Postaufgabe der Briefsendung an das Finanzamt am werde die Rechnung der Post AG hierüber beigelegt, desgleichen eine Schulbestätigung der Landesberufsschule b) über den erfolgten Schulbesuch des Bf in der Zeit vom bis sowie bis 05.02.1016. Der Schulbestätigung ist weiters zu entnehmen, dass der Bf nicht im Internat gewohnt hat.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die Lehrlingsausbildung ist im Berufsausbildungsgesetz (BAG) geregelt. Demnach sind Lehrlinge Personen, die auf Grund eines Lehrvertrages zur Erlernung eines Lehrberufes bei einem Lehrberechtigten fachlich ausgebildet und im Rahmen dieser Ausbildung verwendet werden.  Die Lehrlingsausbildung erfolgt in einem dualen Ausbildungssystem, bei dem die praktische Ausbildung im Lehrbetrieb und die theoretische Ausbildung in der Berufsschule erfolgt, wobei während der gesamten Ausbildungsphase der Lehrling zu Tätigkeiten, die mit dem Wesen der Ausbildung vereinbar sind, herangezogen werden darf (Erlernen im Job). Als Abgeltung für die Erfüllung der ihm im Rahmen seiner Ausbildung übertragenen innerbetrieblichen Aufgaben gebührt dem Lehrling eine Lehrlingsentschädigung, die steuerpflichtig ist, weil sie als Entlohnung im Rahmen eines Dienstverhältnisses zufließt.

Der Bf. war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in a), Straße Straße, wohnhaft und als Lehrling bei der ebenfalls in a), Straße Straße, ansässigen Tischler GesmbH beschäftigt, weshalb ein Pendlerpauschale in diesem Zusammenhang unzweifelhaft nicht zustand.

Laut Schulbestätigung besuchte er in geblockter Form die Landesberufsschule in b), welche ca.55 km vom Wohnort entfernt ist. Erreichbar ist diese Schule mittels einer Kombination von Individualverkehr (zB PKW) und öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Schulweg ist mit dem Bus bzw. S-Bahn zu bewältigen, die Strecke Wohnort - P&R Ort alternativ mit PKW, Motorrad, Fahrrad oder zu Fuß zurückzulegen. Die Gesamtdauer PKW - S-Bahn - (Bus) -Fußweg zur Schule beträgt laut Internetabfrage ca. 106 Minuten. Die Berufsschule fand von 27.04. bis und bis in Blockform statt. Die Fahrtstrecke ausschließlich mit dem PKW beträgt laut Routenplaner Google 53,8 Kilometer, die Fahrtzeit 51 Minuten. Der Bf. hat für das gesamte Lehrverhältnis, also auch für die Schulzeit eine Lehrlingsentschädigung erhalten.
Im Streitzeitraum war er im Besitz einer SUPER s'COOL-CARD für € 96,00, die jeweils ein Jahr lang zur Benützung sämtlicher öffentlicher Verkehrsmittel des Salzburger Verkehrsverbundes berechtigt.

Rechtliche Ausführungen:

Als Grundregel gilt, dass Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gemäß § 16 Abs 1 Z 6 EStG 1988 grundsätzlich mit dem Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs 5 EStG 1988) abgegolten sind.

Beträgt die einfache Fahrtstrecke mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, stehen – gestaffelt nach der Entfernung – zusätzliche Pauschbeträge zu - kleines Pendlerpauschale (lit. b).

Beträgt die einfache Fahrtstrecke mehr als 2 km und ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, stehen anstelle der Pauschbeträge nach lit. b – wiederum gestaffelt nach der Entfernung – höhere Pauschbeträge zu - großes Pendlerpauschale (lit. c).

"Unzumutbarkeit" liegt vor, wenn Massenbeförderungsmittel für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte entweder gar nicht oder nicht zu den erforderlichen Zeiten zur Verfügung stehen.

Die amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG (621 BlgNR XVII. GP, 75) führen hinsichtlich des Begriffs der Unzumutbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln Folgendes aus:

"Unzumutbar" sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten mit den Massebeförderungsmitteln als mit dem eigenen KFZ. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2007/15/0053, festhält, ergibt sich aus § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. a und b EStG 1988, dass der Gesetzgeber des EStG 1988 grundsätzlich für Fahrten des Dienstnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht den Individualverkehr und die Benützung eines Kfz, sondern die Benützung eines Massenbeförderungsmittels steuerlich berücksichtigt wissen will. Nur wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht möglich oder nicht zumutbar ist, können im Wege der Pauschbeträge nach § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. c EStG 1988 ("großes Pendlerpauschale") Kosten des Individualverkehrs geltend gemacht werden (vgl. auch ).

Angewandt auf den vorliegenden Sachverhalt bedeutet das, dass für die Zeit des Schulbesuches bei Vorliegen einer Fahrtstrecke von knapp 55 Kilometer für die einfache Fahrtstrecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln (inkl. Fahrt Wohnort zum Bahnhof) von insgesamt maximal 110 Minuten auszugehen ist. Die einfache Gesamtfahrtzeit beträgt laut Routenplaner-Internetabfrage (Google) mit dem PKW 51 Minuten, womit auch die Fahrtzeit mit der Kombination PKW und öffentliches Verkehrsmittel deutlich unter dem Dreifachen mit dem PKW liegt.

Daraus folgt, dass dem Bf. (nur) für den Zeitraum des Schulbesuchs dem Grunde nach das "kleine" Pendlerpauschale für mehr als 40 bis 60 Kilometer zugestanden wäre, da die Benützung eines Massenverkehrsmittels zumutbar gewesen ist.

Fallen dem Arbeitnehmer jedoch aus anderen Gründen erheblich geringere Kosten für die Fahrten zur Arbeitsstätte an, dann sind - wie beim Werksverkehr - nur die tatsächlichen Ausgaben abzugsfähig, beschränkt auf die Höhe des entsprechenden Pauschales ().

Das kleine Pendlerpauschale ist daher im konkreten Fall deswegen nicht zu gewähren, da der Bf, wie Recherchen des BFG ergeben haben, im gesamten Streitzeitraum und darüber hinaus (konkret für vier Jahre ab dem ) im Besitz einer SUPER s'COOL-CARD des Salzburger Verkehrsverbundes für jährlich € 96,-- war. Das bedeutet gegenständlich, dass der Bf für die Fahrten zur Berufsschule lediglich die anteiligen Kosten für die SUPER s'COOL-CARD, somit € 20,00 für 11 Wochen Schulbesuch geltend machen kann. Dies bleibt aber insofern ohne steuerliche Auswirkung, da die anteiligen Kosten zur Gänze in dem bereits bescheidmäßig gewährten Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von € 132,00 Deckung finden. Kilometergeld steht dem Bf dem Grunde nach nicht zu, da es sich bei der Berufsschule für den Zeitraum des Schulbesuches um seine Arbeitsstätte gehandelt hat.

Über die Beschwerde war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständlichen Entscheidung hat keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung und hält sich an die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb eine ordentliche Revision nicht zugelassen wird.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.6100397.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
IAAAC-15501