Unrichtiges Antragsdatum im Abweisungsbescheid betreffend Familienbeihilfe
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7101650/2017-RS4 | Das Finanzamt hat bei aufrechtem Aufenthaltstitel nicht zu prüfen, ob ein Beihilfewerber über ausreichende Existenzmittel im Inland verfügt. |
RV/7101650/2017-RS5 | Das Vorliegen eines Aufenthaltstitels entfaltet keine Rückwirkung auf Zeiten vor dessen Ausstellung. Fehlt eine Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts nach § 9 NAG, kann ungeachtet dessen Unionsbürgern Familienbeihilfe zustehen, allerdings ist dann das Aufenthaltsrecht durch die Beihilfenbehörde zu prüfen. |
Folgerechtssätze | |
RV/7101650/2017-RS1 | wie RV/7100093/2016-RS4 Als Sache des Beschwerdeverfahrens, somit als Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, ist jene Angelegenheit anzusehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. für viele etwa , oder ). Anders als etwa bei mangelhaften Eingaben, die auch vom Bundesfinanzgericht gemäß § 269 Abs. 1 BAO i. V. m. § 85 Abs. 2 BAO einem Mängelbehebungsverfahren unterzogen werden können, oder bei einer Entscheidung "in der Sache" durch Änderung des Spruches des angefochtenen Bescheides gemäß § 278 Abs. 1 BAO ist es dem Bundesfinanzgericht im Bescheidbeschwerdeverfahren verwehrt, durch Änderung des Antragsdatums, auf das sich ein antragsbedürftiger Bescheid in seinem Spruch bezieht, den Prozessgegenstand auszutauschen. Spricht ein antragsbedürftiger Bescheid über einen Antrag vom Tag X ab, ist Sache des Bescheidbeschwerdeverfahrens ein Antrag vom Tag X und nicht ein solcher vom Tag Y. Hat die Behörde mit ihrem Bescheid ein nicht gestelltes Anbringen vom Tag X vermeintlich erledigt, ist der diesbezügliche Bescheid ersatzlos aufzuheben. Ein allfällig am Tag Y gestelltes Anbringen wurde mit einem Bescheid, der über einen Antrag vom Tag X abspricht, hingegen nicht erledigt, und ist gegebenenfalls einer Säumnisbeschwerde gemäß § 284 BAO zugänglich. |
RV/7101650/2017-RS2 | wie RV/7100643/2014-RS1 Wurde an einem bestimmten Tag kein Antrag gestellt, darf die Behörde in einem Bescheid über keinen Antrag von diesem Tag absprechen. |
RV/7101650/2017-RS3 | wie RV/7104302/2015-RS2 Es ist allgemeiner Grundsatz des Abgabenverfahrensrechts, dass es nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen ankommt, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischritts. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der A B, Adresse, vertreten durch Dr. Peter Philipp, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Graben 17, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling, 2500 Baden, Josefsplatz 13, vom , wonach der Antrag "vom " "auf Familienbeihilfe" für den im Februar 1999 geborenen C B ab Februar 2016 abgewiesen wurde, Sozialversicherungsnummer X, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Antrag
Mit den Formularen Beih 1 und Beih 3, beide mit Datum unterschrieben und laut Eingangsstempel des Finanzamts am im Infocenter abgegeben, beantragte die Beschwerdeführerin (Bf) A B Familienbeihilfe und gab dazu an:
Die Bf sei rumänische Staatsbürgerin, am nach Österreich eingereist, seit dem Jahr 1998 verheiratet, von Beruf Hausfrau und wohne in Adresse.
Sie sei mit D (Schreibweise laut Antrag sowie den Meldedaten und den vorliegenden rumänischen Dokumenten, in verschiedenen Unterlagen und im Vorlageantrag auch als D+ bezeichnet) B, ebenfalls rumänischer Staatsbürger, ebenfalls Einreise nach Österreich am , verheiratet. Im Feld "Verzichtserklärung des haushaltsführenden Elternteils" ist der Name dieses Elternteils nicht angegeben. Das Feld enthält das Datum und eine Unterschrift. Diese dürfte von der Antragstellerin stammen.
Die Bf erhalte (laut Formularangaben) derzeit Familienbeihilfe (Feld: "Ich erhalte derzeit Familienbeihilfe für folgende Kinder") für den im Februar 1999 geborenen C B und den im September 2003 geborenen E B, beide Schüler und beide bei der Bf wohnend.
Im folgenden Feld "Für nachstehendes Kind beantrage ich die Familienbeihilfe bzw. gebe ich Änderungen oder den Wegfall bekannt" sind die dort angegebenen Möglichkeiten "Zuerkennung", "Änderung" oder "Wegfall" nicht angekreuzt und die Felder "wegen" und "ab" nicht ausgefüllt. Unter Namen des Kindes wird C B angegeben (Name, Sozialversicherungsnummer und Geburtsdatum), unter "Angaben zum getrennt lebenden leiblichen Elternteil (Kindesmutter/Kindesvater)" E B" (dessen Name, Sozialversicherungsnummer und Geburtsdatum wurde gestrichen, von wem ist aus dem Formular nicht ersichtlich). Unter "Gegebenenfalls weitere Angaben zum Kind (gilt nicht für Neugeborene)" wird bei "Tätigkeit des Kindes" nochmals E B mit dessen Name, Sozialversicherungsnummer und Geburtsdatum angeführt, unter Adresse eine Neue Mittelschule in F.
Laut Formular Beih 3 wird für C B die Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung, und zwar wegen Burkitt-Lymphom, ab November 2014 beantragt. Für C B werde seit Mai 2015 von der PVA Pflegegeld bezogen.
Vom Finanzamt ist handschriftlich vermerkt, dass am "25. MAI 2016" ein Gutachten vom Sozialministeriumservice angefordert wurde. Offenbar ( es gibt nur stichwortartige handschriftliche Anmerkungen) wurde vom Sozialministeriumservice am "" ein Grad der Behinderung von 60% ab bescheinigt ("60% ab , NU 6/20, n.d.a. SMS v. "). Eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) ist in den vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Verwaltungsakten nicht enthalten (weder eine vom noch die im Abweisungsbescheid erwähnte vom ).
Versicherungsdaten
Das Finanzamt ermittelte am folgende Versicherungsdaten betreffend D B:
Arbeiter ... 01
BUAK-Schwerarbeiterbeschäftigungszeiten 02
Kündigungsentschädigung ... 02
BUAK-Schwerarbeiterbeschäftigungszeiten 02
Arbeiter ... 03
BUAK-Schwerarbeiterbeschäftigungszeiten 02
Arbeiter ... 03
Arbeiter ... 04
Arbeiter ... 05
Arbeiter ... 06
BUAK-Schwerarbeiterbeschäftigungszeiten 02
Arbeiter ... 07
BUAK-Schwerarbeiterbeschäftigungszeiten 02
Arbeitslosengeldbezug 09
Arbeiter ... 08
laufend Arbeitslosengeldbezug 09
...
Beitragsgrundlagen:
Jahr allgemein Sonderz. W. Dienstgeber, meldende Stelle Nr.
2012 4.806,70 555,83 € ... 01
2014 4.622,14 385,69 € ... 03
2014 2.773,33 463,02 € ... 04
2014 193,38 31,78 € ... 05
2015 1.820,00 430,00 € ... 04
2015 8.589,62 850,01 € ... 06
2015 3.899,26 829,60 € ... 07
2015 3.300,36 954,30 € ... 08
Es wurden die im Abgabeninformationssystem gespeicherten Lohnzetteldaten für D B für 2014 und 2015 abgefragt.
2014
Art Zeitraum VNR Arbeitgeber/Auftraggeber Information Betrag
84(1) 1806-2506 ... 386,75
84(1) 0807-1010 ... 3.530,16
84(1) 0411-1411 ... 163,98
84(1) 2810-3112 ...[= Vermieter] FOLGE 2.315,92
MELDUNGEN HISTORISCH
Art Zeitraum VNR Arbeitgeber/Auftraggeber Information Betrag
84(1) 2810-3112 ...[= Vermieter] 2.315,92
2015
Art Zeitraum VNR Arbeitgeber/Auftraggeber Information Betrag
84(1) 0201-3105 ... 7.015,11
84(1) 0206-3107 ... 3.520,30
84(1) 0108-2309 ... 3.489,78
84(1) 2109-1112 ... 2.345,51
3(2) 1612-3112 ARBEITSMARKTSERVICE ÖSTERRE ALG 383,36
69(4) 0101-3112 BUAK 558,69
84(1) 0101-1202 ... A-SIGNAL 1.530,36
84(1) 0101-1202 ... A-SIGNAL 1.530,36
MELDUNGEN HISTORISCH
Art Zeitraum VNR Arbeitgeber/Auftraggeber Information Betrag
84(1) 0101-1202 ... STORNO 1.530,36
Das Finanzamt ermittelte am folgende Versicherungsdaten betreffend die Bf:
Arbeiterin ... 01
Arbeiterin ... 02
...
Beitragsgrundlagen:
Jahr allgemein Sonderz. W. Dienstgeber, meldende Stelle Nr.
2014 1.533,33 257,54 € ... 01
2015 8.000,00 1.331,50 € ... 02
...
bis laufend arbeitssuchend
Auch wurden die im Abgabeninformationssystem gespeicherten Lohnzetteldaten für die Bf für 2014 und 2015 abgefragt:
2014
Art Zeitraum VNR Arbeitgeber/Auftraggeber Information Betrag
84(1) 1511-3112 ...[= Vermieter] FOLGE 1.301,96
MELDUNGEN HISTORISCH
Art Zeitraum VNR Arbeitgeber/Auftraggeber Information Betrag
84(1) 1511-3112 ...[= Vermieter] FOLGE 1.301,96
2015
Art Zeitraum VNR Arbeitgeber/Auftraggeber Information Betrag
84(1) 0101-3108 ... 6.784,00
MELDUNGEN HISTORISCH
Art Zeitraum VNR Arbeitgeber/Auftraggeber Information Betrag
84(1) 0101-3112 ...[= Vermieter] 5.088,00
84(1) 0101-3112 ...[= Vermieter] STORNO 5.088,00
84(1) 0101-3108 ... SP-KEINE VLG,S 7.065,11
Vorhalt vom
Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt die Bf um Bekanntgabe von:
Nachweis über Mietezahlungen ab Einreise
Aufstellung der Gesamtkosten für Ihre Familie (Miete, Nahrung, Kleidung,Stom, Heizung, Auto etc.) und Nachweis wie diese Kosten finanziert werden
Ab wann wird Ihr Gatte wieder erwerbstätig sein? Haben Sie noch einen Wohnsitz in Rumänien? Aufenthaltszeiten dort
Bestätigung der rumänischen Behörde bis wann dort das Kindergeld ausbezahlt wurde
Abmeldung der Familie von der rumänischen Wohnsitzbehörde.
Am wurden dem Finanzamt folgende Unterlagen vorgelegt:
Personalausweis
Beglaubigte Übersetzung aus der rumänischen Sprache des "Begleitdokuments zum Personalausweis - Republik Moldau".Die in Chi ş inău, Republik Moldau, geborene Bf hat im Jahr 1998 vor dem Standesamt Chişinău D B geheiratet, C B und E B seien die Kinder der Bf und ihres Ehemannes und seit November 1997 bestehe ein Wohnsitz in Chi ş in ău.
Meldebestätigung
Beglaubigte Übersetzung aus der rumänischen Sprache einer Bestätigung vom (der Übersetzer setzte ein Fragezeiche) der Abteilung 21 für Meldewesen und Verwaltung der Hauptstadt Chiş inău, dass die Bf gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihren beiden Söhnen an einer näher bezeichneten Adresse in Chişinău gemeldet sei.
Familienleistungen
Beglaubigte Übersetzung aus der rumänischen Sprache einer Bestätigung vom der Republik Moldau, Nationalkasse für Sozialleistungen, Chişinău. Die Bf hat "laut unserer Datenbank eine einmalige Geburtenhilfe sowie die gesetzlich bis zum 3. Lebensjahr vorgesehene monatliche Familienbeihilfe für den Minderjährigen E B, geb. ...09.2003 vom bis bezogen. Weiters wird bestätigt, dass Frau A B in der Datenbank als Bezieherin von Geldleistungen für den Minderjährigen C B, geb. ...02.1999, nicht aufscheint.
Dienstzettel und Meldung bei der Krankenkasse
Dienstzettel, aus dem zu ersehen ist, dass D B, Adresse_Wien, bei Baumeister H G seit als Hilfsarbeiter mit 39 Wochenstunden zu einem Bruttostundenlohn von € 11,45 beschäftigt sei und eine Bestätigung der Anmeldung durch die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse vom .
Mietbestätigung
Bestätigung des Vermieters Ing. P Q mit folgendem Wortlaut:
Mietezahlungen ab Einreise beginnt Am und wird auf die Dauer von 3 jähren abgeschlossen und bis Bezahlt
Kostenaufstellung
Folgende Aufstellung der Lebenshaltungskosten:
Gesamtkosten
Heizung: 90 Euro Pro.Monat
Wohnung Mieten: 350 Euro Pro.Monat
Essen für eine woche: 250 Euro
Strom: 178 Euro Pro. Drei Monat
Bekleidung: 400 Euro Pro. Monat
Auto Versicherung: 560 Euro.Sechs Monat
Motorrad Versicherung: 27 Euro Pro.Monat
Diezel für Auto: 250 Euro Pro.Woche
Benzin für Motorrand: 10 Euro Pro .Woche
Jugendticket für zwei Kinder: 120 Euro Pro.Jahr
Monatskarte für 3 zone: 110 Euro Pro .Monat
Familie B
Das Finanzamt vermerkte, dass dies in Summe einen Betrag von € 2.427 monatlich ausmache.
Abweisungsbescheid
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Bf "vom " "auf Familienbeihilfe" für den im Februar 1999 geborenen C B ab Februar 2016 ab und begründete dies wie folgt:
Begründung
Gemäß § 2 Abs. 8 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland haben.
Eine Person hat den Mittelpunkt der Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
Da Sie im betreffenden Zeitraum nicht in der Lage sind, die Lebenshaltungskosten der Familie im erforderlichen Ausmaß zu bestreiten, fehlt es insbesondere am wirtschaftlichen Nahebezug zu Österreich.
...
Hinweis
Im Zuge dieser Erledigung erstellte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen im Auftrag des Finanzamtes folgende Bescheinigung(en) über das Ausmaß der Behinderung, die Ihnen bereits durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zugesandt wurde(n):
Name des Kindes Datum Geschäftszahl
B C Y
Beschwerde
Mit Schreiben vom , Postaufgabe am selben Tag, legte die Bf Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom ein:
Mit Abweisungsbescheid vom wurde der Antrag auf Familienbeihilfe, plus erhöhte Familienbeihilfe abgewiesen.
Ich habe entgegen der Begründung meinen Lebensmittelpunkt seit 05.2013 in Österreich, C befindet sich seit dem 06.2014 in Österreich.
Seit o1.07. 2016 bin berufstätig, ich arbeite als Küchenhilfe in einem Restaurant. Die Zeit davor habe ich vom Einkommen meines Mannes, der seit 2013 in Österreich bei der Fa. G am Bau arbeitet gelebt.
Insofern ist die Begründung meine Lebenshaltungskosten nicht im erforderlichen Ausmaß zu bestreiten nicht richtig weshalb ich Beschwerde gegen den Bescheid erhebe.
Zentrales Melderegister
Das Finanzamt erhob am im Zentralen Melderegister, dass D B, geboren in der Republik Moldau, rumänischer und moldavischer Staatsbürger, ausgewiesen durch einen rumänischen Personalausweis vom und einen Reisepass der Republik Moldau vom , seit mit Hauptwohnsitz an der Adresse Adresse_Wien, Unterkunftgeber Ing. P Q, und seit an der Adresse Adresse, Unterkunftgeberin Frau Q, mit Nebenwohnsitz gemeldet sei.
A B sei in Rumänien geboren, rumänische Staatsbürgerin, ausgewiesen durch einen rumänischen Reisepass vom , sei seit dem Jahr 2013 (näheres auf dem vom Finanzamt vorgelegten PDF unleserlich) an der Adesse Adresse, Unterkunftgeber P Q, mit Hauptwohnsitz gemeldet sei.
Aktenvermerke
Das Finanzamt legte folgenden Screenshot aus dem elektronischen Beihilfeprogramm vor:
Do I Dokumentbeschreibung
FA BS. Datum... IfdNr
01 4 Abweisung FB aller Kinder, da Ast Wien lebt und Familie in Bad Mitterndorf f.AW ab Antragsstellung 4/15.+Aw erh.FB f.C ab 12 M9 6
89 4 11/14, kein g.mHH. 12 M9 7
19 4 Achtung Lt. Anruf Gattin lebt sie und Kindern in Bad Mitterndorf, daher kein gemeinsamer HH.! 12 M9 1
Vorhalt vom
Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt die Bf um Bekanntgabe von:
Ihr Ehegatte D B hat seinen Hauptwohnsitz in Wien gemeldet. Leben Sie von ihm getrennt oder sind Sie geschieden? Wenn ja, zahlt er Unterhalt für Sie und die Kinder(wenn ja, in welcher Höhe ?).Haben Sie und der Ehegatte derzeit ein aufrechtes Dienstverhältnis, wenn ja, wie hoch ist das monatliche Einkommen? ln der Aufstellung über die monatlichen Gesamtkosten geben Sie für Benzin € 250 pro Woche an -bitte um Aufklärung Wenn sie getrennt von ihrem Ehegatten leben,wie finanzieren Sie die monatlichen Ausgaben? Weisen Sie Ihre Angaben in geeignter Form nach. Beantworten Sie die noch offenen Fragen des Vorhaltes vom .
Die Bf antwortete am , dass sie nicht von D getrennt sei, sondern sie im gemeinsamen Haushalt in [Adresse] lebten.
Zentrales Melderegister
Das Finanzamt erhob am im Zentralen Melderegister neuerlich die Daten betreffend die Bf. Zur Abfrage vom ergaben sich keine Änderungen. Am wurde von der Bf eine inhaltlich gleichlautende Meldebestätigung vorgelegt.
Heiratsurkunde
Am wurde eine Heiratsurkunde vorgelegt. Aus dieser geht hervor, dass die Bf und D B im Jahr 1998 in Chişinău geheirat haben.
Meldung bei der Krankenkasse, Arbeitsvertrag
Die bereits vorgelegte Bestätigung der Anmeldung durch die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse vom wurde am neuerlich vorgelegt. Darüberhinaus wurde wurde eine Anmeldung vom vorgelegt. Die Bf, Adresse, sei als Küchenhilfe seit zu 20 Wochenstunden mit einem Bruttomonatslohn von € 750 angemeldet. Es wurde wurde auch der (nicht unterschriebene) Arbeitsvertrag zwischen der Bf und der K M GmbH vorgelegt, Arbeitsort sei Wien, Bruttomonatsgehalt sei € 737.
Anmeldebescheinigungen
In den elektronisch vorgelegten Akten befinden sich:
Eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innen und Schweizer Bürger/-innen gemäß Niederlassungs-und Aufenthaltsgesetz (NAG) der Bezirkshauptmannschaft Baden vom betreffend A B, rumänische Staatsangehörige, Arbeitnehmerin (§ 51 Abs. 1 Z 1 NAG).
Eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innen und Schweizer Bürger/-innen gemäß Niederlassungs-und Aufenthaltsgesetz (NAG) des Amtes der Wiener Landesregierung, MA 35, vom betreffend D B, rumänischer Staatsangehöriger, Arbeitnehmer (§ 51 Abs. 1 Z 1 NAG).
Eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innen und Schweizer Bürger/-innen gemäß Niederlassungs-und Aufenthaltsgesetz (NAG) der Bezirkshauptmannschaft Baden vom betreffend C B, rumänischer Staatsangehöriger, Verwandter in gerader absteigender Linie (§ 52 Abs. 1 Z 2 NAG).
Eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innen und Schweizer Bürger/-innen gemäß Niederlassungs-und Aufenthaltsgesetz (NAG) der Bezirkshauptmannschaft Baden vom betreffend E B, rumänischer Staatsangehöriger, Verwandter in gerader absteigender Linie (§ 52 Abs. 1 Z 2 NAG).
Weitere Urkunden
Es sind weiters Geburtsurkunden der Eltern und der Kinder sowie Meldebestätigungen, die mit den Abfragen aus dem ZMR übereinstimmen, aktenkundig.
Das Arbeitsmarktservice Wien übermittelte D B an die Adresse Adresse_Wien am ein Stellenangebot als Bauhelfer im Raum Stockerau (bei dem dort angeführten Unternehmen war D B in weiterer Folge erwerbstätig). Im Akt befindet sich ferner das Anmeldefax an die Wiener Gebietskrankenkasse für A B als Hausarbeiterin ab durch die Verlassenschaft nach Ing. P Q und R S-Q sowie ein Verdienstnachweis der Verlassenschaft nach Ing. P Q für Februar 2015 (Nettoauszahlungsbetrag € 848,00).
Folgenden Personaldokumente sind im Finanzamtsakt in Kopie enthalten:
Pass des rumänischen Staates vom , gültig bis , Ausstellungsort Iasi, wonach A B rumänische Staatsbürgerin mit Wohnort in Moldau sei.
Pass des rumänischen Staates vom , gültig bis , Ausstellungsort Bukarest, wonach D B rumänischer Staatsbürger mit Wohnort in Österreich sei.
Pass des rumänischen Staates vom , gültig bis , Ausstellungsort Iasi, wonach E B rumänischer Staatsbürger mit Wohnort in Moldau sei.
Pass des rumänischen Staates vom , gültig bis , Ausstellungsort Iasi, wonach C B rumänischer Staatsbürger mit Wohnort in Moldau sei.
Pflegegeldansuchen
Das St. Anna Kinderspital ersuchte am um Pflegegeldgewährung wie folgt:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Der/die Patient/in C B, geboren am .../02/1999, wohnhaft in Adresse mit der Diagnose Burkitt - Leukämie ist seit im St.Anna Kinderspital in medizinischer Behandlung.
Wegen der erhöhten Infektanfälligkeit des (der) Patienten(in) ist ein Schulbesuch
nicht gestattet.
Ebenso wird in Anbetracht der malignen Erkrankung zur Gänze eine Pflegeperson zur Betreuung des Kindes beansprucht. Diese Betreuung ist auch während der stationären Aufenthalte dringend erwünscht.
Die Behandlung wird voraussichtlich 1 Jahr dauern.
Wir ersuchen daher um Gewährung des Pflegegeldes, um die entstehenden Kosten des erhöhten Pflegeaufwandes abdecken zu können.
Am wurde vom St. Anna Kinderspital ausgeführt:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Der Patient C B, geboren am ....02.1999 wird seit dem aufgrund einer Burkitt-Leukämie im St. Anna Kinderspital medizinisch behandelt.
Aufgrund der Erkrankung und der damit verbunden Behandlung besteht eine erhebliche körperliche Beeinträchtigung mit zeitweiliger schwerer Abwehrschwäche und Infektionsgefahr.
Der Patient darf aktuell keinesfalls mit größeren Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen in Berührung kommen und es müssen strenge hygienische Richtlinien eingehalten werden.
Die Behandlung wird voraussichtlich 9 Monate dauern.
Aus oben genannten Gründen ist es dem Patienten nicht möglich in Ihrem Amt zu erscheinen.
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.
Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
§ 3(1) : Personen ,die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG),BGBl.I Nr. 100/2005 ,oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005 , BGBI.I. Nr. 100/2005 idF BGBl. Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder,die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Im gegenständlichen Fall ist ausschließlich strittig, ob die Beschwerdeführerin im Beschwerdezeitraum den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet hat. Dies ist neben anderem , Voraussetzung für den Bezug von Familienbeihilfe.
EU/EWR -Bürger,die nach Österreich eingereist sind und sich länger als drei Monate hier aufhalten,halten sich dann nach § 9 NAG rechtmäßig in Österreich auf, wenn sie über ausreichende Existenzmittel und über eine Krankenversicherung für sich und ihre Familienangehörigen verfügen.
Als Richtwert für ausreichende Existenzmittel kann der § 293 ASVG herangezogen werden.
Im Jahr 2016 sind das € 882,78 pro Erwachsenen ( bzw. €1323,58 pro Ehepaar) und € 136,21 pro Kind, im vorliegenden Fall entspricht das einem Betrag von € 1155,20 pro Monat bzw. € 1596,..
Die Lebenserhaltungskosten wurden mit rund € 2400 — pro Monat angegeben (vom Finanzamt adaptiert mit € 1682.-- da die Kosten für Benzin wöchentlich € 250 .— unglaubwürdig sind ; eine Aufklärung Ihrerseits erfolgte nicht), der Ehegatte war bis 2/2016 arbeitslos gemeldet,von 3/2016 bis 12/2016 beschäftigt, ab wieder arbeitslos gemeldet. Sie selbst haben nur geringfügige Einkünfte bezogen bzw waren als arbeitsuchend gemeldet. Anderes Einkommen oder vorhandenes Vermögen steht laut Aktenlage nicht zur Verfügung .Ein Nachweis, wie die angegebenen Lebenserhaltungskosten getragen werden, wurde nicht erbracht.
Mangels Mittel für die Sicherung des Lebensunterhaltes kann eine wirtschaftliche Verfestigung im Inland nicht gesehen werden.
Es stehen daher im Hinblick auf das Vorliegen des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Inland keine ausreichenden Existenzmittel zur Verfügung, die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Die Beschwerdevorentscheidung soll laut Vermerk am mit RSb versendet worden sein. Vom Finanzamt wurde dem Bundesfinanzgericht jedoch kein Zustellnachweis vorgelegt.
Vorlageantrag
Mit Schreiben vom , Postaufgabe am , stellte die Bf Vorlageantrag:
./I
In außen bezeichneter Rechtssache habe ich mit meiner Vertretung Herrn Rechtsanwalt ... beauftragt und betraut. Es wird ersucht, die Vollmacht zur Kenntnis zu nehmen und sämtliche Ladungen, Verfügungen und Entscheidungen zu dessen Händen zuzustellen.
./II
Durch meinen ausgewiesenen Vertreter stelle ich den Antrag
die Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Durch meinen ausgewiesenen Vertreter erstatte ich nachstehende Beschwerdeergänzung:
Wie die Erstbehörde in der Beschwerdevorentscheidung ausführt, haben gem. § 2 Abs 1 lit a FLAG 1967 Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.
Gem. § 2 Abs 8 FLAG 1967 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat dann den Mittelpunkt ihrer Interessen in dem Staat, zudem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
Die Beschwerdeführerin lebt mit ihren mj. Kindern E B, geb. ...09.2003 und C B, geb. ....02.1999, sowie ihrem Ehemann D B, geb. ...06.1976 seit Mitte 2013 durchgehend und rechtmäßig im österr. Bundesgebiet.
Der Ehemann der Beschwerdeführerin lebt schon seit Mitte 2012 in Österreich und ist regelmäßig, mit kurzen Unterbrechungen, einer Erwerbstätigkeit nachgegangen.
Im, für die Beschwerde maßgeblichen Zeitraum (ab Februar 2016), hat der Ehemann bis Arbeitslosengeld bezogen und ab bei der Fa H G wieder zu arbeiten begonnen. Anschließend ab hat der Ehemann bei der Fa. I J gearbeitet.
Die Beschwerdeführerin lebt - wie ausgeführt - mit ihrem Ehemann und den beiden mj. Kindern seit Mitte 2013 durchgehend und rechtmäßig im österr. Bundesgebiet.
Seit war die Beschwerdeführerin beim AMS Baden als arbeitssuchend gemeldet und ist seit bei der Firma „K M GmbH" beschäftigt.
Der mj. C B lebt mit seinen Eltern ebenfalls seit Mitte 2013 im österr. Bundesgebiet. C B ist Ende 2014 an einer Burkitt-Leukämie erkrankt und war aufgrund seiner Krankheit seit in Behandlung im St. Anna Kinderspital.
C B hat im Schuljahr 2014/15 die polytechnische Schule in N besucht.
Aufgrund seiner Erkrankung musste C B das Schuljahr wiederholen und hat im Schuljahr 2015/16 ebenfalls den polytechnischen Lehrgang besucht. Seit dem Wintersemester 2016 besucht Hr. C B den 2-jährigen Handelsschulkurs von O.
Der mj. E B lebt ebenfalls mit seinen Eltern seit Mitte 2013 im österr. Bundesgebiet und besucht seit dem Schuljahr 2014/15 die Neue Mittelschule in F.
Beweis:
• Mietvertrag vom , verlängert am (Beilage ./1)
• Bestätigung des AMS über die Vormerkung zur Arbeitssuche betreffend A B (Beilage ./2)
• Konvolut von Lohn- und Gehaltsbestätigungen betreffend A B von Juli 2016 bis Jänner 2017 (Beilage ./3)
• Versicherungsdatenauszug betreffend A B (Beilage ./4)
• Jahreslohnzettel des IEF betreffend D B (Beilage .15)
• Versicherungsdatenauszug betreffend D B (Beilage ./6)
• Bestätigung des St. Anna Kinderspitals vom betreffend C B (Beilage ./7)
• Aufenthaltsbestätigung des St. Anna Kinderspitals vom betreffend C B (Beilage ./8)
• Schulbesuchsbestätigung für das Schuljahr 2014/15 betreffend C B (Beilage ./9)
• Schulbesuchsbestätigung für das Schuljahr 2015/16 betreffend C B (Beilage ./10)
• Semesterzeugnis, Schuljahr 2015/16 betreffend C B (Beilage ./11)
• Jahres- und Abschlusszeugnis 2015/16 betreffend C B (Beilage ./12)
• Schulbesuchsbestätigung für das Schuljahr 2016/17 betreffend C B (Beilage ./13)
• Schulbesuchsbestätigung für das Schuljahr 2014/15 betreffend E B (Beilage ./14)
• Schulbesuchsbestätigung für das Schuljahr 2015/16 betreffend E B
• PV
Aus den dargelegten unbedenklichen Urkunden ist die Ansicht des Finanzamtes Baden nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin nicht ausreichend nachgewiesen habe, dass sie mit ihrer Familie den Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet hat.
Der Ehemann der Beschwerdeführerin ist seit August 2012, wenn auch mit kurzen Unterbrechungen, im österr. Bundesgebiet erwerbstätig. Auch die Beschwerdeführerin selbst ist seit Mitte 2016 im österr. Bundesgebiet erwerbstätig. Davor war sie beim AMS als arbeitssuchend gemeldet, was auf jedenfalls darauf hinweist, dass sie sich auch im Bundesgebiet aufgehalten hat.
Beide mj. Kinder haben im Beschwerdezeitraum eine Schule im österr. Bundesgebiet besucht. Da der ältere Sohn der Beschwerdeführerin aufgrund seiner Leukämieerkrankung in ständiger stationärer Behandlung im St. Anna Kinderspital war, kann wohl nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Familie nicht im Bundesgebiet aufgehalten hat. Auch aus der Aufenthaltsbestätigung des St. Anna Kinderspitals (Beilage ./8) geht hervor, dass der Sohn immer in Begleitung der Mutter und Beschwerdeführerin im Krankenhaus aufhältig war.
Es ist daher zweifelslos davon auszugehen, dass die gesamte Familie, sowohl ihren wirtschaftlichen, als auch familiären Lebensmittelpunkt seit Mitte 2013 im österr. Bundesgebiet haben.
Der Erstbescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit behaftet.
Es werden daher gestellt die Anträge
das Bundesfinanzgericht möge
1.) der Beschwerde Folge geben und die Familienbeihilfe in für den beantragten Zeitraum gewähren, in eventu
2.) eine mündliche Verhandlung anberaumen und hiernach der Beschwerde Folge geben und die Familienbeihilfe für den beantragten Zeitraum gewähren, in eventu
3.) der Beschwerde Folge geben, den Erstbescheid ersatzlos aufheben und das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde zurückverweisen.
Die angeführten Beilagen waren beigelegt. Aus diesen geht hervor:
Mietvertrag
Laut Mietvertrag vom , ergänzt am , hat D B die Wohnung in Adresse (1 Vorraum, 2 Zimmern, Küche, Bad, Gaszentralheizung, ca. 60 m2, möbliert 1 Doppellbett mit Lattenrost und Matratzen, 1 großer Kleiderschrank mit Schiebetüren & Spiegel, 2 Nachtkästchen weiß auf Rollen, 2 Nachttischlampen, 1 Küchen-Eck-Essplatz bestehend aus Eckbank, Tisch, 1 Rattanfauteil; 1 Sofa grau, 2 Sofa-Sessel grau, 1 Holztisch groß, 1 Glastisch groß, diverse Stühle, 1 Mealltisch klein gelb, 1 Metalltisch klein schwarz, 1 Schuhkasten, 2 Küchenschränke (alt), Vorhänge weiß für 2 Fenster, Vorhänge Grün für 2 Fenster, Geräte: Wasserkocher, Kaffeemaschine, Mikrowelle, Waschmaschine. Etwas Geschirr, Gläser, Teller, Töpfe) bis von Ing. P Q gemietet, "Der vereinbarte Mietzins besteht aus dem Hauptmietzins (Richtwertmietzins), den Betriebskosten samt laufenden öffentlichen Abgaben, dem Heizkostenacconto, der Möbelmiete und der Umsatzsteuer (Ust.) in der jeweils gesetzlichen Höhe. Der Gesamtmietzins (Hauptmietzins+Bk+Ust) beträgt € 350,-". Das Heizkostenakonto von € 90/Monat ist ebenso wie das Betriebskostenaktonto von € 25/Monat laut Mietvertrag in der Gesamtsumme von € 350/Monat enthalten. "Der Mieter erlegt bei Vertragsabschluß KEINE Kaution."
Vormerkung zur Arbeitssuche
Laut Bestätigung des Arbeitsmarktservice Baden vom war A B von bis als arbeitssuchend gemeldet.
Lohnabrechnung
Laut Lohnabrechnung der K M GmbH in Wien für Juli, August, September und Oktober 2016 erhielt die als Küchenhilfe beschäftigte Bf in diesen Monaten jeweils netto € 796,17, im November 2016 mit Sonderzahlung € 1.190,05, im Dezember 2016 mit Sonderzahlung € 1.201,15 und im Jänner 2017 netto € 1.000,00.
Versicherungsdatenauszug
Laut Versicherungsdatenauszug vom sind folgende Versicherungsdaten für die Bf vermerkt:
Arbeiterin ... 01
Arbeiterin ... 02
laufend Arbeiterin K M GmbH 03
...
Beitragsgrundlagen:
Jahr allgemein Sonderz. W. Dienstgeber, meldende Stelle Nr.
2014 1.533,33 257,54 € ... 01
2015 8.000,00 1.331,50 € ... 02
IEF
Laut Jahreslohnzettel 2016 für D B, Adresse_Wien, der Insolvenz-Entgelt-Fonds Service GmbH erhielt dieser Bruttobezüge (Kennzahl 210) von € 1.350,51 als "Bauarbeiter mit Schlechtwetter" für den Zeitraum bis .
Versicherungsdatenauszug
Laut Versicherungsdatenauszug vom sind folgende Versicherungsdaten für D B vermerkt:
Arbeiter ... 01
BUAK-Schwerarbeiterbeschäftigungszeiten 02
Kündigungsentschädigung ... 02
BUAK-Schwerarbeiterbeschäftigungszeiten 02
Arbeiter ... 03
BUAK-Schwerarbeiterbeschäftigungszeiten 02
Arbeiter ... 03
Arbeiter ... 04
Arbeiter ... 05
Arbeiter ... 06
BUAK-Schwerarbeiterbeschäftigungszeiten 02
Arbeiter ... 07
BUAK-Schwerarbeiterbeschäftigungszeiten 02
Arbeitslosengeldbezug 09
Arbeiter ... 08
Arbeiter H G 10
Winterfeiertagsentschädigung Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse 11
Arbeiter
Vorl. Schwerarb. gem.§1Abs.1Z4 (DGKTONR) I J 12
laufend Arbeitslosengeldbezug 09
...
Beitragsgrundlagen:
Jahr allgemein Sonderz. W. Dienstgeber, meldende Stelle Nr.
2012 4.806,70 555,83 € ... 01
2014 4.622,14 385,69 € ... 03
2014 2.773,33 463,02 € ... 04
2014 193,38 31,78 € ... 05
2015 1.820,00 430,00 € ... 04
2015 8.589,62 850,01 € ... 06
2015 3.899,26 829,60 € ... 07
2015 3.300,36 954,30 € ... 08
2016 9.746,31 1.024,75 € H G 10
2016 215,55 keine € Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse 11
2016 9.447,39 1.004,79 € I J 12
St. Anna Kinderspital
Das St. Anna Kinderspital gab am zur Vorlage bei der MA 35 an:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Der Patient C B, geboren am ...02.1999 wird seit dem aufgrund einer Burkitt-Leukämie im St. Anna Kinderspital medizinisch behandelt.
Aufgrund der Erkrankung und der damit verbunden Behandlung besteht eine erhebliche körperliche Beeinträchtigung mit zeitweiliger schwerer Abwehrschwäche und Infektionsgefahr.
Der Patient darf aktuell keinesfalls mit größeren Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen in Berührung kommen und es müssen strenge hygienische Richtlinien eingehalten werden.
Die Behandlung wird voraussichtlich 9 Monate dauern.
Aus oben genannten Gründen ist es dem Patienten nicht möglich in Ihrem Amt zu erscheinen.
In der Hoffnung, dass wir Ihnen mit dieser Information behilflich sein konnten...
C B befand sich laut Aufenthaltsbestätigung vom in folgenden Zeiten in stationärer Behandlung im St. Anna Kinderspital, zumeist in Begleitung seiner Mutter:
Schulbesuchsbestätigungen
C B besuchte im Schuljahr 2014/2015 und im Schuljahr 2015/2016 die Polytechnische Schule in N, die er im Fachbereich Elektro erfolgreich abschloss. Im Wintersemester 2016 inskribierte er in der O Matura-Schule das 1. Semester des 2jährigen Handelsschulkurses mit 16 Unterrichtsstunden wöchentlich und einem zusätzlichen Lernaufwand je Woche von 10 Stunden.
E B besuchte die Niederösterreichische Mittelschule F im Schuljahr 2014/2015 und im Schuljahr 2015/2016.
Vorlagebericht
Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung von und führte unter anderem aus:
Inhaltsverzeichnis zu den vorgelegten Aktenteilen (Aktenverzeichnis)
Beschwerde
1 Beschwerde
Bescheide
2 Familienbeihilfe (Monat: 02.2016)
Antrag / Anzeige an die Behörde
3 Antrag auf Familienbeihilfe
Beschwerdevorentscheidung
4 Beschwerdevorentscheidung
Vorlageantrag
5 Vorlageantrag
Vorgelegte Aktenteile
6 Versicherungsdaten
7 Versicherungsdaten Ast
8 Vorhalteverfahren
9 ZMR Abfragen
10 Vorhalteverfahren Beschwerde
11 Anmeldebescheinigungen
12 Mietvertrag
13 div. Bescheinigungen
...
Sachverhalt:
Beantragt wird erhöhte Familienbeihilfe ab 2/2016 für Sohn C
Beweismittel:
Anmeldebescheinigungen , Versicherungsdaten, ZMR Abfragen , Mietvertrag, Schulbesuchsbestätigungen,Zeugnisse,Lohnzettel,
Stellungnahme:
Es besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe ,da kein Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich im Sinne des § 2 Abs. 8 Familienlastenausgleichsgesetzes besteht, Antragstellerin und Ehegatte zwar immer wieder in Östereich für kurze Zeiträume beschäftigt , dennoch keine ausreichenden Existenzmittel vorhanden.
Mitteilung des Finanzamts vom
Mit E-Mail vom teilte das Bundesfinanzgericht dem Finanzamt mit:
Der bekämpfte Abweisungsbescheid im Beschwerdeverfahren betreffend die Beschwerde der A B, ..., RV/7101650/2017, spricht über einen „Antrag vom “ „auf Familienbeihilfe“ ab.
In dem vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Akt wurden unter „Antrag“ Formulare Beih 1 und Beih 3, beide mit Datum unterschrieben und laut Eingangsstempel des Finanzamts am im Infocenter abgegeben, vorgelegt.
Ein Antrag vom ist im elektronischen Akt nicht enthalten.
Das Finanzamt wird unter Hinweis auf die Säumnisfolge des § 266 Abs. 4 BAO bis um Vorlage des Antrags der A B „vom “ oder um Mitteilung, dass ein solcher Antrag nicht existiert, ersucht.
Außerdem möge das Finanzamt im Hinblick auf die Angaben im Antrag vom , die Bf erhalte derzeit Familienbeihilfe (Feld: "Ich erhalte derzeit Familienbeihilfe für folgende Kinder") für den im Februar 1999 geborenen C B und den im September 2003 geborenen E B, beide Schüler und beide bei der Bf wohnend, mitteilen, ob von der Bf bisher Familienbeihilfe bezogen wurde oder weitere Anträge auf Familienbeihilfe gestellt (und wie diese erledigt) wurden.
Das Finanzamt gab mit E-Mail vom bekannt, dass sich das abweichende Datum möglicherweise wie folgt erklären lasse:
Das für die Anmerkung von Anträgen zuständige IC hat den Antrag mit dem falschem Datum erfasst. Die EDV hat das falsche Datum dann automatisch übernommen.
Der AV-Bearbeiter hat dies bei der Erstellung des Abweisungsbescheides übersehen.
Weiters wurde mitgeteilt:
Es wurde für die Kinder in Österreich noch keine Familienbeihilfe bezogen. Die Bf hat keine weiteren Anträge gestellt.
Der Kindesvater B D (VNr. ...0676) wurde durch das FA Wien 2/20/21/22 mit Abweisungsbescheid vom abgewiesen : beide Kinder für den Zeitraum ab April 2015. Begründung: da die Kinder im Haushalt der Mutter leben.
Der Kindesvater B D (VNr. ...0676) wurde durch das FA Wien 2/20/21/22 mit Abweisungsbescheid vom abgewiesen: Erhöhungsbetrag wegen Behinderung für C ab November 2014. Begründung: da Erhöhungsbetrag nur dem Elternteil zusteht, der die normale FB bezieht.
Beide Abweisungsbescheide wurden vorgelegt:
Abweisungsbescheid 1 vom
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt Wien 2/20/21/22 den Antrag des D B vom auf Familienbeihilfe für den im Februar 1999 geborenen C B und für den im September 2003 geborenen E B jeweils ab April 2015 ab und begründete dies wie folgt:
Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Da Ihre Kinder im Haushalt Ihrer Mutter leben, besteht mangels Haushaltszugehörigkeit kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Abweisungsbescheid 2 vom
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt Wien 2/20/21/22 den Antrag des D B vom auf erhöhte Familienbeihilfe für den im Februar 1999 geborenen C B ab November 2014 ab und begründete dies wie folgt:
Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Die erhöhte Familienbeihilfe wird als Zuschlag zur allgemeinen Familienbeihilfe gewährt.
Da Sie Mangels Haushaltszugehörigkeit keinen Anspruch auf Familienbeihilfe für C begründen, besteht auch kein Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Das Finanzamt wies mit Bescheid vom einen Antrag der Bf vom auf Familienbeihilfe für den im Februar 1999 geborenen C B ab Februar 2016 ab. Die Bf hat am keinen Antrag auf Familienbeihilfe gestellt.
Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage. Ein Antrag vom ist im vorgelegten Verwaltungsakt nicht enthalten.
Das Finanzamt hat am bekannt gegeben, dass die Angabe des Antragsdatums irrtümlich erfolgte.
Die beantragte Parteienvernehmung kann entfallen, da der angefochtenene Bescheid mit dieser Entscheidung aufgehoben wird.
Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids
Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe (abgesehen vom Fall des § 10a FLAG 1967 anlässlich der Geburt eines Kindes) nur auf Antrag gewährt, gleiches gilt für eine Ausgleichszahlung gemäß § 4 Abs. 4 FLAG 1967 .
Der angefochtene Bescheid vom spricht mit der Abweisung eines Antrags "vom " auf Familienbeihilfe über ein Anbringen ab, das überhaupt nicht gestellt wurde.
Für die Bedeutung einer Aussage im Spruch eines Bescheides kommt es darauf an, wie der Inhalt objektiv zu verstehen ist, und nicht, wie ihn die Abgabenbehörde verstanden wissen wollte oder wie ihn der Empfänger verstand ( ).
Bei eindeutigem Spruch ist die Begründung nicht zu seiner Ergänzung oder Abänderung heranzuziehen ( ). Gleiches gilt für nachträgliche Erläuterungen durch die Bescheid erlassende Behörde (vgl. ).
Da die Bf am keinen Antrag auf Familienbeihilfe gestellt hat, durfte die belangte Behörde einen derartigen Antrag auch nicht abweisen.
Es kann angehen, wenn anstelle des im Anbringen angeführten Datums das Datum des Einbringens eines schriftlichen Anbringens oder das Datum des Einlangens dieses Anbringens als Datum einer Eingabe angeführt wird, wenn damit das Anbringen ohne Zweifel zu identifizieren ist.
Das richtige Datum eines Anbringens sowie dessen Einlangens oder dessen Postaufgabe ist nicht nur für die Identifizierbarkeit des Anbringens, sondern auch für die Berechnung von Fristenläufen maßgebend: Das Datum des Einlangens eines Anbringens ist gemäß § 284 BAO für den Lauf der sechsmonatigen Erledigungsfrist, das Datum des Einbringens eines Anbringens (Postaufgabe, persönliche Abgabe,...) gemäß § 110 BAO für den Lauf von Rechtsmittelfristen maßgebend.
Es ist daher fehlerhaft, ein Anbringen mit einem gänzlich anderen Datum zu bezeichnen, auch wenn dies im zeitlichem Nahebereich mit deren Einbringen steht.
Die richtige Bezeichnung von Anbringen ( § 85 BAO ) und Bescheiden ( §§ 92 - 96 BAO ) ist gerade im Familienbeihilfenverfahren von Bedeutung (vgl. das auf Grund einer Amtsbeschwerde ergangene Erkenntnis ). Es ist keineswegs völlig unüblich, dass von Beihilfewerbern hintereinander an verschiedenen Tagen Anbringen mit unterschiedlichem Inhalt gestellt werden.
Wie ausgeführt, ist gemäß § 10 FLAG 1967 die Familienbeihilfe bzw. gemäß § 4 Abs. 4 FLAG 1967 die Ausgleichszahlung nur über Antrag zu gewähren. Dem Antragsdatum kommt daher, anders als etwa bei von Amts wegen einzuleitenden Verfahren wie einem Verfahren zur Rückforderung von Familienbeihilfe gemäß § 26 FLAG 1967 , im Verfahren betreffend Zuerkennung von Familienbeihilfe oder einer Ausgleichszahlung wesentliche Bedeutung zu.
Als Sache des Beschwerdeverfahrens, somit als Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, ist jene Angelegenheit anzusehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. für viele etwa , oder ).
Anders als etwa bei mangelhaften Eingaben, die auch vom Bundesfinanzgericht gemäß § 269 Abs. 1 BAO i.V.m. § 85 Abs. 2 BAO einem Mängelbehebungsverfahren unterzogen werden können, oder bei einer Entscheidung "in der Sache" durch Änderung des Spruches des angefochtenen Bescheides gemäß § 279 Abs. 1 BAO ist es dem Bundesfinanzgericht im Bescheidbeschwerdeverfahren verwehrt, durch Änderung des Antragsdatums, auf das sich ein antragsbedürftiger Bescheid in seinem Spruch bezieht, den Prozessgegenstand auszutauschen (vgl. ; u.v.a.).
Spricht ein antragsbedürftiger Bescheid über einen Antrag vom Tag X ab, ist Sache des Bescheidbeschwerdeverfahrens ein Antrag vom Tag X und nicht ein solcher vom Tag Y. Hat die Behörde mit ihrem Bescheid ein nicht gestelltes Anbringen vom Tag X vermeintlich erledigt, ist der diesbezügliche Bescheid ersatzlos aufzuheben. Ein allfällig am Tag Y gestelltes Anbringen wurde mit einem Bescheid, der über einen Antrag vom Tag X abspricht, hingegen nicht erledigt, und ist gegebenenfalls einer Säumnisbeschwerde gemäß § 284 BAO zugänglich (vgl. ; u.v.a.).
Aufhebung des angefochtenen Bescheides
Der Abweisungsbescheid vom betreffend einen nicht gestellten Antrag vom betreffend Familienbeihilfe für die Bf ist daher rechtswidrig ( Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG ); er ist nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts gemäß § 279 Abs. 1 BAO (ersatzlos) aufzuheben (vgl. ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ).
Da das Bundesfinanzgericht, wie unter 1.) im Vorlageantrag beantragt, der Beschwerde Folge gegeben hat, war auf das unter 2.) im Vorlageantrag gestellte Eventualbegehren auf Anberaumung einer mündliche Verhandlung anberaumen nicht weiter einzugehen. Bemerkt wird, dass mit einem Eventualantrag ein Antrag gemäß § 274 Abs. 1 Z 1. BAO nicht wirksam gestellt wird (vgl. ).
Nichtzulässigkeit einer Revision
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da der hier zu lösenden Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung.
Hinweise für das weitere Verfahren
Für das weitere Verfahren werden folgende Hinweise gegeben:
Das Anbringen vom ist nach wie vor unerledigt.
Inhalt des Anbringens vom
Im bisherigen Verfahren ging das Finanzamt davon aus, dass die Bf Familienbeihilfe (samt Erhöhungsbetrag) für C B ab Februar 2016 beantragt.
Nach der Aktenlage ist das keineswegs klar:
Im Antragsvordruck im Formular Beih 1 ist das vorgesehene Feld, ab wann die Familienbeihilfe beantragt wird, nicht ausgefüllt. Damit konnte das Finanzamt grundsätzlich davon ausgehen, dass die Familienbeihilfe vom Tag der Antragstellung an begehrt wurde (vgl. etwa ; ; ; ; ).
Allerdings steht mit dieser Annahme die Angabe im gleichzeitig eingereichten Formular Beih 3, dass der Erhöhungsbetrag für C ab November 2014 beantragt werde, im Widerspruch.
Es wäre daher zu klären, ab welchem Zeitpunkt tatsächlich Familienbeihilfe (Grundbetrag) beantragt wurde. Dann wäre zu klären, ob mit dem Anbringen vom tatsächlich nur für C, wie das Finanzamt annimmt, Familienbeihilfe beantragt wurde, oder ob die Bf, was naheliegend wäre, nicht Familienbeihilfe für ihre beiden Kinder, also auch für E, beantragen wollte (siehe auch den Antrag des Ehegatten an das Finanzamt Wien 2/20/21/22).
Es ist allgemeiner Grundsatz des Abgabenverfahrensrechts, dass es nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen ankommt, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischritts (vgl. ; ; ; ).
Die Bf hat in das Feld: "Ich erhalte derzeit Familienbeihilfe für folgende Kinder" beide Kinder eingetragen, obwohl nach dem Bericht des Finanzamts in Österreich keine Familienbeihilfe bezogen wurde und laut Bestätigung der Republik Moldau vom in den letzten Jahren keine Familienleistungen für E und C bezahlt wurden.
In weiterer Folge wurden noch zweimal die Daten für E (einmal durchgestrichen) angegeben.
Die Bf wird daher im weiteren Verfahren vom Finanzamt aufzufordern sein, konkret anzugeben, für welches Kind oder für welche Kinder Familienbeihilfe (Grundbetrag) beansprucht wird und ab wann dies der Fall sein soll.
Mittelpunkt der Lebensinteressen
Nach den Angaben der Bf ist ihr Ehemann D B seit dem Jahr 2012 in Österreich, die Bf ist mit den beiden Kindern im September 2013 nachgekommen. Die Ehewohnung in Adresse wurde ab Juni 2013 gemietet. Seit 2013 besteht auch eine Meldung der Bf nach dem Meldegesetz an dieser Adresse.
Die Bf hat angegeben, dass trotz der unterschiedlichen Hauptwohnsitzmeldungen die gesamte Familie gemeinsam in Adresse wohne.
Der Ehegatte ist aus bisher im Verfahren nicht angegebenen Gründen in Adresse_Wien hauptgemeldet. Das Finanzamt wird zu klären haben, ob im Antragszeitraum (siehe oben) die Familie zusammen in Adresse gelebt hat und warum, wenn dies der Fall war, die Hauptmeldung in Adresse_Wien und die Antragstellung des Ehegatten auf Familienbeihilfe beim Finanzamt Wien 2/20/21/22 erfolgt ist.
Für die Bf und die beiden Kinder liegen seit Anmeldebescheinigungen für EWR-Bürger/-innen und Schweizer Bürger/-innen gemäß Niederlassungs-und Aufenthaltsgesetz (NAG) vor, für den Ehemann seit .
Laut Versicherungsdatenauszug war die Bf zwischen und als Arbeiterin in Österreich erwerbstätig und ist seit wiederum als Arbeiterin beschäftigt; ihr Ehegatte war jedenfalls seit Juni 2014 mit kurzen Unterbrechungen als Arbeiter in Österreich erwerbstätig.
Die beiden Kinder gingen jedenfalls seit Beginn des Schuljahres 2014/2015, also seit September 2014, in Österreich in die Schule. C musste sich außerdem in Österreich seit November 2014 einer langwierigen Krebsbehandlung unterziehen.
Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass bei verheirateten Personen, die einen gemeinsamen Haushalt führen, die stärkste persönliche Beziehung in der Regel zu dem Ort besteht, an dem sie mit ihrer Familie leben. Von ausschlaggebender Bedeutung sei bei verheirateten Personen mit gemeinsamer Haushaltsführung der Familienwohnsitz (vgl. ; ; ; ; ; ; ; ).
Aus der Aktenlage ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass stärkere Bindungen zu einem anderen Ort außerhalb Österreichs, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen bestehen.
Das Bundesfinanzgericht erkennt bei dieser Sachlage nicht, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen (§ 2 Abs. 8 FLAG 1967) der Bf jedenfalls ab dem Schuleintritt der Kinder im September 2014 nicht in Österreich befunden hätte.
Das Finanzamt vermengt im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung die Frage des Lebensmittelpunkts mit jener, ob über die notwendigen Existenzmittel verfügt wurde.
Sollte, wofür nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt besteht, ein Teil des Unterhalts mit Alimentationszahlungen von nicht in Österreich lebenden Angehörigen bestritten worden wäre, stünde dieser Umstand allein einem Mittelpunkt der Lebensinteressen bei entsprechend starken persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Österreich nicht entgegen (vgl. ).
Rechtmäßiger Aufenthalt
Gem. § 3 Abs. 1 FLAG 1967 und nach § 3 Abs. 2 FLAG 1967 kann von Bedeutung sein, ob die Bf und ihre Familie über die notwendigen Existenzmittel für einen Aufenthalt in Österreich verfügen.
Fest steht, dass die Bf und ihre Familie (auch) rumänische Staatsbürger und damit Unionsbürger sind. Auch ein Doppelstaatsbürger ist Unionsbürger, wenn er Bürger (auch) eines Mitgliedstaats der Europäischen Union ist.
Jeder Unionsbürger hat gemäß Art. 7 Abs. 1 RL 2004/38/EG das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er (im gegenständlichen Zusammenhang von Bedeutung) Arbeitnehmer oder Selbständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen (vgl. Aigner/Wanke in Lenneis/Csaszar/Wanke, FLAG § 3 Rz 172).
Nach der Aktenlage liegen für die Bf und die beiden Kinder seit Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innen und Schweizer Bürger/-innen gemäß Niederlassungs-und Aufenthaltsgesetz (NAG) vor.
Das Finanzamt hat bei aufrechtem Aufenthaltstitel nicht zu prüfen, ob ein Beihilfewerber über ausreichende Existenzmittel im Inland verfügt (vgl. Aigner/Wanke in Lenneis/Csaszar/Wanke, FLAG § 3 Rz 158 m.w.N.). Die Beihilfenbehörde hat daher nicht zu beurteilen, ob ein Aufenthaltstitel nach § 8 NAG oder § 9 NAG von der nach dem NAG jeweils zuständigen Behörde zu Recht oder zu Unrecht erteilt wurde. Wenn aufrechte Aufenthaltstitel vorliegen, ist die Voraussetzung des rechtmäßigen Aufenthalts in Österreich nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 FLAG 1967 für Anspruchswerber und Kind erfüllt und der Anspruch auf Familienbeihilfe ist nur mehr nach den allgemeinen Voraussetzungen, die auch für österreichische Staatsbürger gelten, zu beurteilen (vgl. Aigner/Wanke in Lenneis/Csaszar/Wanke, FLAG § 3 Rz 157 m.w.N.; ).
Ab März 2015 ist daher wegen der Anmeldebescheinigungen nach § 9 NAG jedenfalls von einem rechtmäßigen Aufenthalt i.S.d. § 3 FLAG 1967 von Antragstellerin und Kindern auszugehen.
Das Vorliegen eines Aufenthaltstitels entfaltet allerdings keine Rückwirkung auf Zeiten vor dessen Ausstellung (). Fehlt eine Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts nach § 9 NAG, kann ungeachtet dessen Unionsbürgern Familienbeihilfe zustehen, allerdings ist dann das Aufenthaltsrecht durch die Beihilfenbehörde zu prüfen.
Von November 2014 bis März 2015 (und dannach) war die Bf als Arbeiterin in Österreich erwerbstätig. In dieser Zeit ist unabhängig von der deklarativen Anmeldebescheinigung gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchstabe a RL 2004/38/EG von einem rechtmäßigen Aufenthalt der Bf in Österreich auszugehen.
Für Zeiträume vor November 2014 wäre, wenn auch dafür Familienbeihilfe beantragt wird, an Hand der Versicherungsdaten davon auszugehen, dass der Ehegatte der Bf jedenfalls seit Juni 2014 in Österreich weitgehend durchgehend erwerbstätig war (für die Zeit zwischen Oktober 2012 und Juni 2014 sind keine Versicherungszeiten ausgewiesen). D B hielt sich daher jedenfalls seit Juni 2014 gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchstabe a RL 2004/38/EG rechtmäßig in Österreich auf. Dieses Aufenthaltsrecht bewirkt nach Art. 7 Abs. 1 Buchstabe d RL 2004/38/EG, dass sich auch seine Ehefrau und seine minderjährigen Kinder jedenfalls seit Juni 2014 rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben (zum gleichfalls erforderlichen Mittelpunkt der Lebensinteressen siehe aber oben).
Erhöhungsbetrag
§ 8 Abs. 6 FLAG 1967 bestimmt zur Lösung der Frage, ob ein Kind behindert oder voraussichtlich dauernd unfähig ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, die Nachweisführung ausschließlich durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (früher: Bundessozialamt, jetzt: Sozialministeriumservice).
Diese Bescheinigung hat gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zu erfolgen.
Bei der Antwort auf die Frage, ob das Kind dauernd außerstande war bzw. ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist die Behörde bzw. das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrunde liegenden Gutachten gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und nicht einander widersprechend sind (vgl. ; , und die bei Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Rz 29 zitierte Rechtsprechung). Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und können von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen (vgl. ; ).
Da die Behörde verpflichtet ist, die Beweiskraft der Gutachten des Sozialministeriumservice zu prüfen und erforderlichenfalls für deren Ergänzung zu sorgen, ist es unerlässlich, dass die Behörde vor Erlassung eines Bescheides Kenntnis von einem derartigen Gutachten hat (vgl. ).
Es wäre daher im weiteren Verfahren das oder die vom Sozialministeriumservice betreffend C erstellten Gutachten vom Finanzamt beizuschaffen.
Rechtskräftige Abweisungsbescheide
Bemerkt wird, dass die gegenüber dem Vater ergangenen rechtskräftigen Abweisungsbescheide eine Bindungswirkung im Verfahren betreffend die Ansprüche der Mutter nicht entfalten.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 51 Abs. 1 Z 1 NAG, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 § 52 Abs. 1 Z 2 NAG, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 8 NAG, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 § 9 NAG, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 § 10 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 §§ 92 bis 96 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 3 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 3 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 Art. 7 RL 2004/38/EG, ABl. Nr. L 158 vom S. 77 § 8 Abs. 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101650.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at