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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.10.2017, RV/1100579/2015

Zehntelberichtigung bei Großreparatur

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Dr. Gerald Daniaux und die weiteren Senatsmitglieder Mag. Armin Treichl, Mag. Tino Ricker und Dr. Andreas Kickl im Beisein der Schriftführerin Jennifer Reinher, über die Beschwerde des Herrn bfadr, vertreten durch Dr. Christian Amann, Klosterreben 3, 6830 Rankweil, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch, St.Nr. xxx/xxxx, betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum 07/2014 in der Sitzung am

zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2. Eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Bericht vom über die Umsatzsteuernachschau für den Zeitraum 01-11/2014 hat im Wesentlichen folgenden Wortlaut:

„[Der Beschwerdeführer] hat mit Kaufvertrag v. ein Gebäude um den Betrag von Euro 365,000,00 (zuzüglich 20% USt) erworben und vermietete es seither an seine Gattin, welche das Cafe […] betrieb. Die Vorsteuer vom Gebäude iHv. Euro 73.000,00 wurde [vom Beschwerdeführer] im Jahr 2006 geltend gemacht. Mit Kaufvertrag v. wurde das Gebäude um den Kaufpreis von Euro 400.000,00 (ohne USt) veräußert.

Ändern sich gem. § 12 Abs. 10 UStG bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen. Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge die auf nachträgliche Anschaffungs— oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrunde liegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind.

Bei Grundstücken im Sinne des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neun Kalenderjahren.

a) Vorsteuerberichtigung 2006

Nachdem das Gebäude im Jahr 2014 veräußert wurde, ist eine Vorsteuerkorrektur iHv. 2/10 vorzunehmen.

b) Vorsteuerberichtigung 2008

Im Jahr 2008 fand ein Brand statt, durch welchen u.a. die Einrichtung und Räumlichkeiten der Gaststube vollständig zerstört wurden. Der Schaden war durch die Versicherung gedeckt. In der Einnahmen—Ausgaben—Rechnung wurden Aufwendungen iHv. insgesamt Euro 263.503,48 als Instandhaltung geltend gemacht.

Nach § 28 Abs 2 EStG 1972 handelte es sich bei den Großreparaturen um Aufwendungen für die Erhaltung von Gebäuden die nicht regelmäßig jährlich erwachsen. Die Praxis verlangt hier zusätzlich, dass es sich um einen betragsmäßig relativ hohen, nicht regelmäßig jährlich wiederkehrenden Instandhaltungsaufwand handelt. Er hebt sich von den Folgejahren betragsmäßig ab. Ändern sich die Verhältnisse ist der Vorsteuerabzug zu korrigieren.

Aufgrund der o.a. Ausführungen — relativ hoher Instandhaltungsaufwand, kein regelmäßiges Erwachsen — ist im Jahr 2008 von einer Großreparatur auszugehen, und es ist eine Vorsteuerberichtigung iHv. 4/10 vorzunehmen.

c) Zeitraum der Berichtigung

Gem. § 12 Abs. 11 UStG wird die Berichtigung des Vorsteuerabzuges für den Veranlagungszeitraum vorgenommen, in welchem die Änderung eingetreten ist. Da das Gebäude im 07/2014 veräußert wurde, erfolgt die Berichtigung in der UVA 07/2014.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vorsteuer Gebäude 2006
73.000,00
davon 2/10 VSt-Berichtigung
14.600,00
Vorsteuer Großreparatur 2008
52.736,10
davon 4/10 VSt-Berichtigung
21.094,00
Vorsteuerberichtigung gesamt
35.694,00

T2. 2 Umsatzsteuer Inventar .

Mit Rechnung vom wurde das Inventar des Cafe […] an Frau […] um den Kaufpreis von Euro 36.000.00 (inkl. 20% USt) veräußert. Die Umsatzsteuer von Euro 6.000.00 wurde bisher nicht abgeführt.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
07/2014
Entgelte netto 20% lt. BP
30.000,00
bisher erklärt
0,00

Auf Grund dieser Feststellungen der Betriebsprüferin hat das Finanzamt Feldkirch mit Bescheid vom die Umsatzsteuer für den Zeitraum 07/2014 mit 41.694,00 € festgesetzt.

In der Beschwerde vom brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:

„lm speziellen richtet sich die Beschwerde gegen die Vorsteuerberichtigung 2008 in Höhe von € 21.094,00. lm Jahr 2008 fand wie das Finanzamt Feldkirch in Ihrer Niederschrift über die Schlussbesprechung vom (siehe Beilage) korrekt widergibt ein Brand statt, durch welchen u. a. die Einrichtung und Räumlichkeiten der Gaststube vollständig zerstört wurden.

In der Einnahmen—Ausgaben-Rechnung 2008 wurden Aufwendungen in Höhe von € 263.503,48 als Instandhaltung geltend gemacht und so auch vom Finanzamt akzeptiert.

Infolge der nunmehr durchgeführten Betriebsprüfung ist das Finanzamt nunmehr der Meinung, dass es sich um eine sog. Großreparatur handelte. Gem. EStR Rz 2080 ist der Begriff Großreparatur dem derzeit geltenden Einkommensteuerrecht fremd. Er stammt aus dem EStG 1972. Nach § 28 Abs. 2 EStG 1972 handelte es sich dabei um Aufwendungen für die Erhaltung von Gebäuden, die nicht regelmäßig jährlich erwachsen.

Mit Verweis auf die Berufungsentscheidung GZ. RV/0532-S/07 des Unabhängigen Finanzsenates Außenstelle Salzburg vom heißt es auf Seite 6 beispielsweise: „Ein Kriterium der Großreparatur ist, dass es sich um wiederkehrenden aber nicht mit jährlicher Regelmäßigkeit erwachsenen Aufwand handeln muss.” In oben genannter Berufungsentscheidung wird weiter ausgeführt, dass es vom Steuerpflichtigen durch die Verteilung auf zehn Jahre auch dementsprechend als Großreparatur dargestellt wurde.

All dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Vom Steuerpflichtigen wurden die Aufwendungen in Folge des Brandes als Instandhaltung erklärt. Dies erfolgte damals wohlgemerkt zum Nachteil des Steuerpflichtigen — er hätte im Bereich Einkommensteuer natürlich von einer 10 Jahres Verteilung profitiert. Er hat bspw. in den Jahren 2009—2011 € 11,091,55 Einkommensteuer bezahlt, die bei 10—Jahresverteilung nicht angefallen wäre!

Von Anfang an ist somit der Steuerpflichtige davon ausgegangen dass es sich nicht um eine Großreparatur handelt. Bezüglich der im Jahre 2008 geltend gemachten Vorsteuer aus dem Brandschaden verweise ich auf die EStR Rz 6468 in Zusammenhang mit den UStR Rz 2079f (zu berichtigen sind Vorsteuern auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie auf Großreparaturen). Da der Begriff Großreparatur im UStG nicht näher definiert ist, ist er in Zusammenhang mit dem nunmehr gebräuchlichen Begriff aus dem EStG, nämlich dem Instandsetzungsaufwand zu sehen.

Damals im Jahre 2008 wurde der Brandschaden offenkundig als Instandhaltung behandelt.

Dies ist mit Verweis auf den Einkommensteuerkommentar Jakom (7. Auflage 2014) auch rechtens. In § 28 Rz 100 heißt es: „bei höherer Gewalt ist die Schadensbeseitigung Instandhaltung“. Von einer Instandsetzung und folglich Großreparatur kann in diesem Zusammenhang m.E. nicht ausgegangen werden.

Mit Verweis auf die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates Außenstelle Wien GZ. RV/1332—W/04 zitiere ich wie folgt: „um die tatbestandsmäßige Voraussetzung als Großreparatur zu erfüllen, musste es sich also um eine wiederkehrend erwachsende Aufwendung handeln, jedoch nicht mit jährlicher Regelmäßigkeit (Hollik in SWK 1982, A I 271).”

Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass die Versicherung damals den Brandschaden (den Nettobetrag) übernommen hat. Wäre es nicht zum Brand gekommen, hätte es auch keine Instandhaltung bzw. Sanierung gebraucht, da das Geschäftslokal in einem guten Zustand war.

Weshalb das Finanzamt nun von einer sog. Großreparatur im Jahre 2008 ausgeht ist aufgrund des vorliegenden Sachverhalts eigentlich nicht nachzuvollziehen. Darüber hinaus geht das Finanzamt bei den durchgeführten Instandhaltungen pauschal von einer 1/10 Berichtigung aus. (Betrafen tatsächlich sämtliche Instandhaltungen das Gebäude?) Zudem kommt es durch diese Vorsteuerberichtigung zu einer Doppelbelastung meines Klienten. Zum einen hat das Finanzamt eine Vorsteuerkorrektur Gebäude 2006 (2/10) in Höhe von 14.600 € vorgenommen, welches im Jahre 2008 zumindest im Innenbereich komplett zerstört wurde, zum anderen eine 4/10 Vorsteuerkorrektur für die vom Finanzamt als Großreparatur angesehene Brandsanierung.

Abschließend wird beantragt, von der Vorsteuerkorrektur infolge des Brandschadens in Höhe von € 21.094 Abstand zu nehmen.

Sollte das Finanzamt Feldkirch dieser Beschwerde durch Beschwerdevorentscheidung nicht vollumfänglich stattgeben, stelle ich schon jetzt den Antrag auf Vorlage und Entscheidung durch den gesamten Senat gem. § 272 Abs 2 Z 1 BAO.“

Die Beschwerde wurde vom Finanzamt Feldkirch mittels Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

„Im Zuge einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen ist und Umsatzsteuer in Höhe von EUR 6.000,00 nicht abgeführt wurde. Die Vorsteuerkorrektur ist darauf zurückzuführen, dass das Gebäude, das vermietet wurde, 2014 veräußert wurde. 2008 kam es in dem sich im Gebäude befindlichen Cafe […] zu einem Brand. Für die sich aus der Reparatur ergebenden Instandhaltungskosten wurden EUR 52.736,10 an Vorsteuer geltend gemacht. Sowohl dieser Vorsteuerabzug, als auch der im Zusammenhang mit dem Erwerb des Gebäudes im Jahre 2006 stehende Vorsteuerabzug wurden im Umsatzsteuerbescheid 07/2014 vom korrigiert und EUR 6.000,00 an Umsatzsteuer festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom steuerlichen Vertreter eingebrachte Beschwerde.

Bekämpft wird lediglich die Vorsteuerberichtigung 2008 iZm den Reparaturkosten iHv EUR 21.094,00. Vorgebracht wird, der Beschwerdeführer sei zwar davon ausgegangen, dass es sich hierbei um Instandhaltungskosten handle, nicht aber um eine Großreparatur, wie dies im Zuge der Betriebsprüfung und des gegenständlichen Umsatzsteuerbescheides erfolgt sei.

Daher sei iZm der Einkommensteuer auch vom Vorteil der 10-Jahresverteilung kein Gebrauch gemacht worden. Zudem sei die Instandhaltung/Sanierung nur aufgrund des Brandes erfolgt.

Eine Qualifikation als Großreparatur könne nicht nachvollzogen werden. Durch die Vorsteuerkorrektur iZm dem Gebäudekauf und der Instandhaltung käme es weiters zu einer Doppelbelastung, weil eine Vorsteuerkorrektur für das zumindest im Innenbereich komplett zerstörte Gebäude einerseits und andererseits für die Brandsanierung erfolgt sei. Von der Vorsteuerkorrektur infolge des Brandschadens sei abzusehen.

Über die Beschwerde wird erwogen:

§ 12 Abs 10 UStG sieht eine Vorsteuerkorrektur vor, wenn sich die Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, ändern. Maßgeblicher Zeitraum sind bei Grundstücken oder auch Großreparaturen an Gebäuden die auf die erstmalige Verwendung im Anlagevermögen folgenden 19 Jahre und für Gebäude, die der Vermieter vor dem erstmals als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, die auf die erstmalige Verwendung folgenden 9 Jahre (§ 12 Abs 10 UStG 1994 idF BGBI. I Nr. 76/2011). Eine Änderung der Verhältnisse liegt etwa bei einer Veräußerung vor.

Der Begriff „Großreparatur“ wird im UStG nicht definiert und ist auch dem EStG 1988 fremd. Er stammt aus dem EStG 1972 und definiert Großreparaturen mit den Aufwendungen für die Erhaltung von Gebäuden, die nicht regelmäßig jährlich erwachsen. In der Praxis wird zudem vorausgesetzt, dass es sich um einen betragsmäßig relativ hohen Instandhaltungsaufwand handelt. Nicht maßgebend ist dabei, ob es sich ertragsteuerlich um Gebäude im Betriebs- oder Privatvermögen handelt oder ob einkommensteuerrechtlich die Zehntelabsetzung beantragt wurde.

Das EStG 1988 enthält den neu geschaffenen Begriff des Instandsetzungsaufwandes, der dem UStG unbekannt ist. Sachverhaltsmäßig fallen viele Instandsetzungsaufwendungen iSd EStG unter den Begriff der Großreparaturen. Aus ertragsteuerlicher Sicht sind Instandsetzungsaufwendungen jene Aufwendungen, die nicht zu den Anschaffungs— oder Herstellungskosten gehören und alleine oder zusammen mit dem Herstellungsaufwand den Nutzungswert des Gebäudes wesentlich erhöhen oder seine Nutzungsdauer wesentlich verlängern. Instandhaltungsaufwand ist aus ertragsteuerlicher Sicht gegeben, wenn es zu keiner wesentlichen Erhöhung des Nutzungswerts des Gebäudes bzw seiner Nutzungsdauer kommt. Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden, die ausschließlich infolge höherer Gewalt eingetreten sind, sind nicht als Instandsetzungsaufwand, sondern als Instandhaltungsaufwand zu behandeln. Auch hinsichtlich des Instandhaltungsaufwands kann eine Großreparatur vorliegen.

Im gegenständlichen Fall kam es aufgrund eines offenen Kamins im Cafe […] zu einem Brand, der Reparaturen nach sich zog. Durchgeführt wurden unter anderem: Isolation der Decke/Unterkonstruktion, Reparatur der Elektronik und der Lüftungsanlage, Verputz und Malerarbeiten, Austausch der Fenster.

Wird der Zustand des Gebäudes vor den Reparaturen, an dem der Schaden durch den Brand bereits vorhanden war, mit dem Zustand nach den Reparaturen verglichen, ist eindeutig, dass sich die Nutzungsdauer und der Nutzwert durch die Reparaturen wesentlich erhöht haben. Es handelt sich hier zwar um eine Beseitigung von Schaden, jedoch sind diese Schäden nicht infolge höherer Gewalt eingetreten. Unter höherer Gewalt wird ein von außen kommendes, unabwendbares Ereignis verstanden, das nicht der typischen Betriebsgefahr entspricht. Bei einem offenen Kamin entspricht es der typischen Betriebsgefahr, dass ein Brand ausbrechen kann. Die Reparaturaufwendungen sind hier somit als Instandsetzungsaufwendungen iSd EStG zu qualifizieren.

Wesentlich ist hier aber v.a., ob eine Großreparatur iSd UStG vorliegt. Bei den vorgenommenen Reparaturen handelt es sich jedenfalls um Aufwendungen für die Erhaltung des Gebäudes, die nicht regelmäßig jährlich erwachsen. Zudem kann bei Aufwendungen von insgesamt EUR 263.503,48 jedenfalls davon ausgegangen werden, dass es sich hier um relativ hohe Aufwendungen iS einer Großreparatur handelt, sodass die Voraussetzungen für eine Großreparatur vorliegen.

2014 wurde sodann das Gebäude veräußert. Es änderten sich somit die Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren und eine Vorsteuerkorrektur gem. § 12 Abs 10 UStG ist vorzunehmen. Nachdem die Reparaturen 2008 vorgenommen wurden und die Neuerungen vor dem erstmals verwendet wurden, ist maßgeblicher Zeitraum die auf die erstmalige Verwendung folgenden 9 Jahren. Die Veräußerung erfolgte 2014, sodass 4/10 der Vorsteuer zu korrigieren sind. Bei einem Vorsteuerbetrag von EUR 52.736,1O ergibt dies gerundet eine Vorsteuerkorrektur iHv EUR 21.094,00.

Die Beschwerde war somit abzuweisen.“

Durch den Vorlageantrag vom gilt die Beschwerde wiederum als unerledigt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das Bundesfinanzgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer hat mit Kaufvertrag vom ein Gebäude um 365.000,00 € erworben. Die Vorsteuer in Höhe von € 73.000 wurde im Jahr 2006 geltend gemacht. Das Gebäude hat im Jahr 2008 gebrannt, wodurch die Einrichtung und Räumlichkeiten der Gaststube vollständig zerstört wurden. Es wurden Aufwendungen iHv. insgesamt € 263.503,48 als Instandhaltungsaufwendungen geltend gemacht. Mit Kaufvertrag vom wurde das Gebäude um € 400.000 veräußert.

Das Finanzamt hat auf Grund der Veräußerung für den Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum 07/2014 eine Vorsteuerkorrektur in Höhe von 2/10 des im Jahr 2006 geltend gemachten Vorsteuerbetrages vorgenommen. Weiters hat das Finanzamt die im Jahr 2008 geltend gemachten Instandhaltungsaufwendungen als Großreparatur behandelt und eine Vorsteuerkorrektur von 4/10 des im Zusammenhang mit diesen Aufwendungen geltend gemachten Vorsteuerabzuges vorgenommen.

Strittig ist nunmehr ob es sich bei den Instandhaltungsaufwendungen im Jahr 2008 um eine Großreparatur iSd § 12 Abs 10 UStG handelt.

Dieser Sachverhalt wird rechtlich folgendermaßen beurteilt:

§ 12 Abs. 10 UStG 1994 lautet in der hier noch maßgeblichen Fassung vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 22:

„(10) Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen.

Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrunde liegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind.

Bei Grundstücken im Sinne des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neun Kalenderjahren.

Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zehntel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Lieferung ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Lieferung erfolgte.“

Unter höherer Gewalt wird ein von außen einwirkendes Ereignis, das auch durch äußerste zumutbare Sorgfalt nicht zu verhindern war und so außergewöhnlich ist, dass es nicht als typische Betriebsgefahr anzusehen ist, verstanden. Das sind in erster Linie Naturereignisse wie orkanartige Stürme, Lawinenabgänge, Erdrutsche, Hochwasser, Blitzschlag, Brand, Hagelschlag, aber auch Schadensereignisse, die ohne Verschulden des Geschädigten durch andere Personen verursacht werden.

Der Senat stellt hierzu fest, dass das Ausbrechen eines Brandes in einem offenen Kamin jedenfalls zur typischen Betriebsgefahr gehört. Es liegt daher keine höhere Gewalt vor.

Die Einbeziehung der "nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten", "aktivierungspflichtigen Aufwendungen" sowie - bei Gebäuden - der "Kosten von Großreparaturen" erfolgte durch das Abgabenänderungsgesetz 1980, BGBl. Nr. 563. Verwendet wurden dabei Begriffe aus dem Ertragsteuerrecht, das nach damaliger Rechtslage in § 28 Abs. 2 EStG 1972 auch den im EStG 1988 nicht mehr vorkommenden Begriff der "Großreparatur" kannte.

Die in § 28 Abs. 2 EStG 1972 normierte antragsgebundene Verteilung von Aufwendungen, „die für die Erhaltung von Gebäuden aufgewendet werden und die nicht regelmäßig jährlich erwachsen (Großreparaturen),“ auf mehrere Jahre fand sich schon im EStG 1953 und ging auf das Steueränderungsgesetz 1950, BGBl. Nr. 101, zurück. Nach der Regierungsvorlage zu diesem Gesetz sollte sie „den Bestimmungen des geltenden Mietenrechtes Rechnung“ tragen (119 BlgNR 6. GP 9).

Gemeint war damit - wie zuletzt von Doralt, RdW 2013, 574, näher erörtert - die in § 7 Mietengesetz geregelte Möglichkeit, zur Finanzierung von „unbedingt notwendigen Erhaltungsauslagen“ (in der Stammfassung von 1922) und später von „zur ordnungsmäßigen Erhaltung des Hauses erforderlichen Auslagen“ (seit dem Mietrechtsänderungsgesetz, BGBl. Nr. 281/1967) Mietzinse zu erhöhen. Bei Beschlussfassung des Abgabenänderungsgesetzes 1980 lag die Regierungsvorlage zum Mietrechtsgesetz vor, nach der sich die Nachfolgeregelung auf „Kosten einer vom Vermieter durchzuführenden, unmittelbar heranstehenden größeren Erhaltungs- oder notwendigen Verbesserungsarbeit“ beziehen sollte (425 BlgNR 15. GP 8). Gesetz wurde sie schließlich in § 18 Mietrechtsgesetz für „Kosten einer vom Vermieter durchzuführenden, unmittelbar heranstehenden größeren Erhaltungsarbeit“.

Die Bedachtnahme im Einkommensteuerrecht auf diese - im Detail Entwicklungen unterworfene - mietrechtliche Situation verfolgte vor allem den Zweck, die aus der Mietzinserhöhung entstehenden Mehreinnahmen mit den zugrunde liegenden Ausgaben zusammenzuführen. Darüber hinaus war sie auch ein Ersatz für das Fehlen eines Verlustvortrags im außerbetrieblichen Bereich und ein Mittel zur Vermeidung von Progressionsschwankungen (vgl. Doralt, a.a.O.).

Die Erläuterungen der Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 1980, das den einkommensteuerrechtlichen Begriff in das Umsatzsteuerrecht übernahm, enthielten u. a. folgende Ausführungen zu § 12 Abs. 10 UStG 1972 (457 BlgNR 15. GP 27):

„§ 12 Abs. 10 sieht bei einer Änderung der Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend sind und die sich in den auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung eines Gegenstandes folgenden Kalenderjahren ergeben, eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges vor. Die Berichtigung dient dazu, den Vorsteuerabzug, der sich grundsätzlich nach den Verhältnissen des Kalenderjahres richtet, in dem die Vorsteuern angefallen sind, so zu berichtigen, daß er den Verhältnissen entspricht, die sich für den gesamten Berichtigungszeitraum von 5 bzw. 10 Kalenderjahren ergeben. Durch diese einen Vorsteuerausgleich herbeiführende Berichtigung sollen einerseits ungerechtfertigte Steuervorteile oder Steuerumgehungen hintangehalten werden, die sich durch eine nachträgliche Änderung des Verwendungszweckes ergeben könnten, andererseits aber auch steuerliche Nachteile für den Unternehmer vermieden werden, die aus einer solchen nachträglichen Änderung der Verwendung von Gegenständen für Umsätze, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, entstehen könnten.

Die vorgesehene Änderung des § 12 Abs. 10 sieht eine sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung auch hinsichtlich jener Vorsteuern vor, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder auf die Kosten von vorgenommenen Großreparaturen bei Gebäuden entfallen. Dadurch soll der Zielsetzung dieser Bestimmung in umfassenderer Weise entsprochen und eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges bei ins Gewicht fallenden Anschaffungen vermieden werden.“

Im Bereich des Einkommensteuerrechts, aus dem er stammte, hatte der Begriff der „Großreparatur“, wie von Doralt, a. a.O., dargelegt, nicht die Funktion einer strengen Voraussetzung. Er zielte dort nicht auf das Vorliegen einer auf einen „Schaden“ bezogenen „Reparatur“ im Unterschied zu notwendigen „Renovierungen“ ab (vgl. Doralt, a.a.O.: Ermöglichung von „Renovierungen von Mietgebäuden“), und an die Größe der „Großreparatur“ wurden keine besonderen Anforderungen gestellt. Doralt ist weiters beizupflichten, dass die Legaldefinition in § 28 Abs. 2 EStG 1972 (Aufwendungen zur Erhaltung von Gebäuden, die „nicht regelmäßig jährlich erwachsen“) ohne zusätzliche Bedachtnahme auf den Wortteil „Groß“ nicht brauchbar sein konnte, wobei für die Anwendung im Umsatzsteuerrecht auch zu beachten ist, dass das Abstellen auf ein regelmäßig „jährliches“ Erwachsen mit dem Zweck der Bestimmung im Einkommensteuerrecht, nämlich der Verteilung auf mehr als ein Jahr, zusammenhing.

Als strenge Voraussetzung konnte vor diesem Hintergrund auch die Übernahme des Begriffes in das Umsatzsteuerrecht nicht gemeint sein. Sie sollte der ungerechtfertigten Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges „in umfassenderer Weise“ entgegenwirken, wobei über die Bedeutung des Wortteils „Groß“ hinaus die Zusammenfassung mit nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie aktivierungspflichtigen Aufwendungen unter dem Gesichtspunkt eines „ins Gewicht fallenden“ Aufwandes auf dessen Höhe Bezug nahm.

Eine „Großreparatur“ im Sinne des § 12 Abs. 10 UStG 1994 ist demnach ein nicht aktivierungspflichtiger (zum Berichtigungszeitpunkt nicht vollständig verbrauchter) Aufwand, der nicht „regelmäßig“ erwächst und von dem sich sagen lässt, er falle „ins Gewicht“. Dass dies auf die hier zu beurteilende umfassende Sanierung zutrifft, ist auch dann zu bejahen, wenn der Aufwand, durch einen Brand verursacht bzw dadurch notwendig gemacht wurde.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die gegenständlichen Rechtsfragen sind höchstgerichtlich geklärt. Das Bundesfinanzgericht hat sich an diese Rechtsprechung gehalten.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Zehntelberichtigung
Großreparatur
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.1100579.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at