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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.09.2017, RV/3100068/2017

Familienbeihilfe - keine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R****** in der Beschwerdesache B******, vertreten durch die Sachwalterin S******, VertretungsNetz - SW Adamgasse 2a, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes F****** vom , betreffend Familienbeihilfe und Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung

zu Recht erkannt:

I.

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang:

Im Zusammenhang mit einem Wechsel des Sachwalters wurde für den Beihilfenwerber im April 2016 ein Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe (ohne rückwirkende Antragstellung) und des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung  eingebracht.

Das Finanzamt ersuchte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen mit der Beauftragung eines ärztlichen Gutachtens und der Erstellung einer Bescheingung. Da der Beihilfenwerber zum vereinbarten Untersuchungstermin unentschuldigt nicht erschienen ist, wurden die Anträge mit Bescheid vom abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Ausgeführt wurde, dass es das Krankheitsbild dem Beihilfenwerber nicht ermögliche, Termine wahrzunehmen und die Wichtigkeit eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zu erfassen. Bereits im Sachwaltergutachten werde ausgeführt, dass eine ausgeprägte Persönlichkeitsstörung mit schizophrenieformer Beteiligung vorliege. Aus diesem Grund sei die Realitätswahrnehmung deutlich in Mitleidenschaft gezogen. Er sehe sich ständig von Verschwörungen und manipulativen Behörden /Ärzten/Richtern/Personen umgeben. Aus diesem Grund würden Termine nicht eingehalten bzw sei es ihm nicht möglich, diese Begutachtungstermine einzuhalten. Er habe überdies oft keine Ahnung, welcher Tag sei und wäre er auch bei mit der Sachwalterin vereinbarten Terminen oft nicht anwesend bzw nehme diese nicht wahr. Dies dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen, weshalb die Erstellung eines Aktengutachtens begehrt werde.

Das Finanzamt forderte sodann die Sachwalterin auf, einerseits eines Sozialversicherungsauszug und andererseits Befunde vorzulegen, die den Eintritt der Erkrankung vor Vollendung des 21. Lebensjahres bescheinigen würden. Daraufhin wurde ein Sozialversicherungsauszug sowie ein offenbar anlässlich der Musterung im Jahr [Jahr] erstellter psychologischer Befund und eine klinische Bestätigung über die erste Konsultation der Drogenambulanz im Jahr [Jahr+1] übermittelt. Daraufhin wurde antragsgemäß ein Aktengutachten erstellt. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erstellte auf Basis dieses Gutachtens eine Bescheinigung.

Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt bezog sich auf die einschlägigen Gesetzesstellen und den Umstand, dass seitens des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen nicht bescheinigt worden wäre, dass die Behinderung, welche dazu führte, dass der Beihilfenwerber nunmehr voraussichtlich dauernd außer Stande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten sei. Bei der Erstellung von Gutachten und Bescheinigung wären alle vorgelegten Befunde berücksichtigt worden.

Daraufhin beantragte die Sachwalterin für den Beihilfenwerber die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Der begutachtende Arzt würde "offenbar" auf Grund des Umstandes, dass der Beihilfenwerber laut Versicherungsdatenauszug bis [Jahr+3] erwerbstätig gewesen sei, darauf schließen, dass die "Erwerbsunfähigkeit" nicht "vor dem 21. Lebensjahr bestanden hätte".
Abgesehen von einer Anstellung als Lehrling (über 31/2 Jahre) wäre der Beihilfenwerber lediglich kurzfristig, immer nur für wenige Tage, bei immer wechselnden Arbeitgebern beschäftigt gewesen. Dass das Lehrverhältnis nicht vorzeitig aufgelöst worden wäre, läge "vermutlich" daran, dass "eine Auflösung nur unter ganz genau definierten und eng gefassten Voraussetzungen möglich" gewesen wäre.
Die Diagnose "Persönlichkeitsstörung" wäre zudem Ende [Jahr], somit knapp ein Jahr nach Ende der Lehrzeit, erfolgt. Selbst wenn man die lange Lehrzeit also als Indiz für die Erwerbsfähigkeit ansehen wollte, spreche die Diagnose aus dem Jahr [Jahr] unter Berücksichtigung der unten angeführten Beschäftigungszeiten eindeutig dafür, dass keine Erwerbsfähigkeit vorgelegen habe. Bei den kurzzeitigen Beschäftigungen habe es sich um Arbeitsversuche gehandelt, die "nachweislich" gescheitert seien. Der Beihilfenwerber habe sich zwar bemüht eine Arbeit zu finden, sei jedoch nicht in der Lage gewesen, eine Stelle über einen längeren Zeitraum auszuüben.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

2. Rechtslage:

Nach § 6 Abs 5 FLAG 1967 iVm Abs 2 lit d der in Rede stehenden Gesetzesstelle haben volljährige Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist, wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außer Stande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen und sie sich in keiner Anstaltspflege befinden. Zusätzlich darf jedenfalls die Einkommensgrenze des § 6 Abs 3 FLAG 1967 nicht überschritten werden.
In diesem Zusammenhang bestimmt § 8 Abs 4 iVm Abs 7 FLAG 1967, dass sich die Familienbeihilfe auch bei Eigenbezug um einen bestimmten Monatsbetrag erhöht, wenn eine erhebliche Behinderung vorliegt.
Nach § 8 Abs 6 FLAG 1967 ist die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit , sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

3. Sachverhalt:

Der am [GebDat] geborene Beihilfenwerber befand sich im April 2016 im XX. Lebensjahr und leidet, wie sich unstrittig aus dem am  erstellten ärztlichen Sachverständigengutachten ergibt, an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung und Polytoxikomanie. Aus diesem Gutachten und der darauf beruhenden Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen ergibt sich ein Grad der Behinderung von 70 v. H. Bescheinigt wurde weiters, dass der Beihilfenwerber im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens voraussichtlich dauernd außer Stande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht aber, dass dieser Umstand bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres bestanden hat.

Er bezog lt Angaben im Antrag eine Pension inklusive Ausgleichszulage von monatlich € 837,76 und zusätzlich eine Mietzinsbeihilfe von monatlich € 207,00. Der Lohnzettel des Jahres 2016 weist steuerpflichtige laufende Bezüge von € 3.067,44 und steuerfreie laufende Bezüge von € 8.149,96 aus. Als sonstige Bezüge sind € 601,28 angeführt.

4. Erwägungen:

Aus den gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich, dass der Bezug der Familienbeihilfe die Grundvoraussetzung für die Gewährung des Erhöhungsbetrages wegen erheblicher Behinderung ist (vgl Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Tz 20). Steht daher bereits die Familienbeihilfe mangels Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen oder wegen eines Ausschlussgrundes nicht zu, kann auch der Erhöhungsbetrag nicht gewährt werden.

Zu prüfen ist deshalb vorerst, ob der Beihilfenwerber die Voraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe erfüllt. Ein derartiger Anspruch besteht - hinsichtlich der Bezugsdauer ohne altersbedingte Grenzen -, wenn das "Kind", neben dem Vorliegen anderer Voraussetzungen, wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres (das Vorliegen einer über diesen Zeitpunkt hinausgehenden Berufsausbildung wird weder behauptet, noch ergeben sich diesbezügliche Hinweise aus dem Verwaltungsakt) eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außer Stande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Das Gesetz geht demnach klar davon aus, dass die Behinderung kausal für das geforderte "außer Stande sein" sein muss und dieser Umstand bereits vor Vollendung des - gegenständlich - 21. Lebensjahres gegeben sein musste (vgl Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Tz 21). Andere als behinderungskausale Gründe (wie zB mangelnde oder nicht spezifische Ausbildung, die Arbeitsplatzsituation, Arbeitswilligkeit oÄ - siehe zu einer vergleichbaren Rechtslage im Bereich der Invaliditätspension ) dürfen für die Beurteilung ebensowenig herangezogen werden, wie eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes (etwa auch durch Folgeschäden) nach Vollendung des 21. Lebensjahres.

Die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Das nach dieser Bestimmung abzuführende qualifizierte Nachweisverfahren durch ein ärztliches Gutachten (vgl dazu , und , sowie ) hat sich darauf zu erstrecken, ob eine Antragstellerin/ein Antragsteller wegen einer vor Vollendung seines 21. Lebensjahres (oder - für den Beschwerdefall nicht relevant - während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres) eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außer Stande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen (vgl etwa ). Ein Gutachten zu einer solchen Sachfrage ist die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Geschehens oder Zustands auf der Basis des objektiv feststellbaren Sachverhaltes durch einen oder mehrere Sachverständige. Sachverständige haben dabei fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen stützen. Alleine die Möglichkeit, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmter Sachverhalt vorgelegen sein könnte, reicht dabei keinesfalls aus, diesen Sachverhalt gutachterlich als gegeben anzusehen und zu bestätigen.

Der Berufungswerber wurde im Jahr [JJJJ] geboren und vollendete das 21. Lebensjahr im Jahr [Jahr+1]. Die gegenständliche Antragstellung erfolgte im Jahr 2016 und somit nahezu ZZ Jahre nach dem entscheidungsrelevanten Zeitpunkt. Die Beurteilung eines medizinischen Sachverhaltes zu einem Zeitpunkt, der weit über 20 Jahre zurückliegt, bereitet vor allem in jenen Fällen besondere Schwierigkeiten, in denen ein entsprechendes Krankheitsbild - im Gegensatz zu beispielsweise unfallbedingten körperlichen Beeinträchtigungen - in unterschiedlichsten Ausprägungen und unterschiedlicher Schwere bestehen kann. In derartigen Fällen kann auch ein medizinischer Sachverständiger lediglich auf Grund von Indizien, insbesondere an Hand von vorliegenden Befunden, in Verbindung mit seinem spezifischen Fachwissen Rückschlüsse darauf ziehen, zu welchem Zeitpunkt nun tatsächlich eine erhebliche Behinderung oder die Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen eingetreten ist. Damit liegt aber auf der Hand, dass es insbesondere beim vorliegenden Sachverhalt einer durch Drogenabusus induzierten Persönlichkeitsstörung Sache des Beschwerdeführers (oder seiner Sachwalterin) gewesen wäre, den Sachverständigen durch Vorlage entsprechender Beweismittel in die Lage zu versetzen, eine verlässliche Beurteilung für den für die gegenständliche Entscheidung relevanten Zeitpunkt im Jahr [Jahr+1] abgeben zu können. Dies umso mehr, als durch den Drogenmissbrauch hervorgerufene, sich erst im Laufe eines länger andauernden Missbrauches manifestierende (zusätzliche) Erkrankungen, wesentlichen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit haben. Auf die Notwendigkeit der Vorlage entsprechender Beweismittel ("sämtlicher Behandlungsunterlagen") wird im Vordruck Beih 3 (Antragsformular für den Erhöhungsbetrag) auch deutlich hingewiesen.

Wenn nun der begutachtende Arzt aus dem Umstand, dass nach den vorgelegten Unterlagen anlässlich der Musterung eine behandlungsbedürftige Persönlichkeitsstörung und Cannabismissbrauch festgestellt wurde und im Jahr [Jahr+1] (nach Vollendung des 21. Lebensjahres) eine erste Kontaktaufnahme mit der Drogenambulanz stattgefunden hat, sowie aus der ausführlichen Anamnese des Gutachtens vom nicht mit ausreichender Sicherheit ableiten kann, dass bereits zum für das gegenständliche Erkenntnis relevanten Zeitpunkt (Vollendung des 21. Lebensjahres) eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen bestanden hat, kann dem nicht entgegengetreten werden.
In der bereits oben erwähnten Entscheidung vom führte der OGH nämlich aus, dass im Zusammenhang mit der Arbeitsfähigkeit zu erörtern und zu klären sei, inwieweit "ein bei aufbieten allenfalls auch großer Anstrengung noch beherrschbarer Fall von chronischem Alkohol- und Suchtgiftmissbrauch vorliegt oder ob der Missbrauch bereits zu einer abnormen Persönlichkeitsstruktur und zu einer unbeherrschbaren Sucht geführt hat, die eine willensmäßige Beeinflussung und eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ausschließt". Diesen Ausführungen liegt offensichtlich das Wissen zu Grunde, dass Drogenabhängigkeit nicht in jedem Fall zwangsläufig und innerhalb kürzerer Zeit zu einer dauernden Erwerbsunfähigkeit führt bzw führen muss.

Wenn der Beschwerdeführer bzw die Sachwalterin ausführt, die Krankheiten hätten bereits vor der Vollendung des 21. Lebensjahres bestanden, wurde dies vom begutachtenden Arzt durchaus erkannt. Letztlich ist es, wie oben bereits ausgeführt, aber nicht entscheidend, seit wann die Krankheiten bestanden haben, sondern ausschließlich ab wann der Beschwerdeführer auf Grund dieser Krankheiten voraussichtlich dauernd außer Stande gewesen ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Ein Gutachten, mit dem diese Sachfrage geklärt werden soll, hat aber die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Zustands auf der Basis des objektiv feststellbaren Sachverhalts durch einen Sachverständigen zu enthalten. Sachverständige haben dabei fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen stützen. Alleine die Möglichkeit, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmter Sachverhalt vorgelegen haben könnte, reicht dabei keinesfalls aus, diesen Sachverhalt gutachterlich als gegeben anzusehen und zu bestätigen (vgl zB  RV/0309-I/11).
Es ist daher grundsätzlich am Beschwerdeführer bzw der Sachwalterin gelegen, objektive Beweismittel anzubieten oder vorzulegen, welche einen wissenschaftlich fundierten Rückschluss ermöglichen.
Im vorliegenden Fall reichen die vorgelegten Unterlagen (Befunde und Bestätigungen) aus gutachterlicher Sicht nicht aus, konkrete Feststellungen über die Arbeitsfähigkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt zu treffen. Nur mit einer konkreten inhaltlichen Auseinandersetzung unter Vorlage entsprechender zeitpunktbezogener Beweismittel hätte im vorliegenden Fall die Möglichkeit bestanden, Zweifel an den gutachterlichen Schlussfolgerungen zu erwecken (vgl , unter Hinweis auf ). Im Vorlageantrag werden derartige zusätzliche Beweismittel nicht angeboten.

Die Argumentation im Vorlageantrag, in welchem die Annahme geäußert wird, der begutachtende Arzt habe Zeiten einer Erwerbstätigkeit, von welchen nunmehr behauptet wird, es habe sich ausschließlich um kurzzeitige Arbeitsversuche gehandelt, als Begründung herangezogen, kann keine derartigen Zweifel hervorrufen. 
Einerseits ist dazu anzuführen, dass Zeiten der Erwerbstätigkeit durchaus als Indiz für das Vorliegen der Erwerbsfähigkeit gewertet werden dürfen (vgl ). Gleiches muss auch für Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld und Leistungen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz (ein derartiger Anspruch besteht unter anderem nur unter der Voraussetzung, dass die betroffene Person arbeitsfähig und arbeitswillig ist, vgl § 7 AlVG) gelten. Der begutachtende Arzt hat aber tatsächlich nicht festgestellt, dass die Zeiten der Erwerbstätigkeit dazu führen, zu bescheinigen, dass Erwerbsfähigkeit bestanden habe. Vielmehr wurde festgestellt, dass in Anbetracht des lange zurückliegenden relevanten Zeitpunktes die vorliegenden Nachweise für eine verlässliche gutachterliche Feststellung nicht ausreichen und alleine aus diesem Grund keine Bestätigung erstellt werden kann, nach der der Beschwerdeführer bereits zum damaligen Zeitpunkt voraussichtlich dauernd außer Stande gewesen sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass Voraussetzung für den Bezug des Grundbetrages an Familienbeihilfe für den bereits seit vielen Jahren volljährigen Beschwerdeführer das Vorliegen einer Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen gewesen wäre, mit welcher ihm bescheinigt wird, dass er bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres voraussichtlich dauernd außer Stande gewesen ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Eine derartige Bestätigung liegt nicht vor und ist das erstellte ärztliche Gutachten auch nicht unschlüssig. Die Abgabenbehörden und auch das Bundesfinanzgericht sind somit an die gutachterlichen Feststellungen gebunden.
Somit ist aber eine unverzichtbare Voraussetzung (vgl § 8 Abs 6 FLAG 1967) für die Gewährung der Familienbeihilfe nach § 6 Abs 5 iVm Abs 2 lit d FLAG 1967 nicht erfüllt.
Besteht mangels Eintritt der "dauernden Erwerbsunfähigkeit" vor Vollendung des 21. Lebensjahres kein Anspruch auf Familienbeihilfe, kann, auch wenn beim Beschwerdeführer rückwirkend ab Juli 2008 ein Grad der Behinderung von 70% festgestellt wurde, der Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung nicht zuerkannt werden, da dessen Gewährung vom Bezug des "Grundbetrages" abhängig ist (vgl Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, Familienlastenausgleichsgesetz, § 8 Rz 5).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall hat sich das Bundesgericht an der bestehenden einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert (vgl die angeführten Erkenntnisse), weshalb eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Innsbruck, am

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