Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.08.2017, RV/7105324/2016

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 für die Zeit zwischen zwei Studien

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum August und September 2015, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Das Finanzamt forderte von der Beschwerdeführerin (Bf.) für den Zeitraum August und September 2015 für ihre Tochter bezogene Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge mit folgender Begründung zurück:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss einer Berufsausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung."

Die dagegen gerichtete Beschwerde lautet wie folgt:

"1.1. Die erstinstanzlich entscheidende Behörde führt im bekämpften Bescheid aus, der Betrag in der Höhe von EUR 434,60 sei gem. § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 idF vom zurückzuzahlen, da nach dieser Bestimmung kein Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen Abschluss einer Berufsausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung bestünde. Ausgehend vom gegenständlichen Sachverhalt ist diese Rechtsansicht unzutreffend:

1.2. B. P. hat das BA-Studium Internationale Entwicklung am abgeschlossen und am das BA-Studium Theater-, Film- und Medien Wissenschaft aufgenommen.

Beim verfahrensgegenständlichen Zeitraum August, September 2015 handelt es sich bei beiden Studienrichtungen der Universität Wien gemäß § 52 Abs 1 Universitätsgesetz 2002 um lehrveranstaltungsfreie Zeit, das Wintersemester beider Studienrichtungen begann im Oktober 2015.

Bei dem Termin handelt es sich um den frühestmöglichen Zeitpunkt zur Aufnahme des weiteren Studiums.

B. P. hat sowohl im Sommersemester 2015, als auch im Wintersemester 2015/2016 die für den Familienbeihilfenbezug erforderliche Studienleistung erbracht.

2.2. Sofern die erstinstanzlich entscheidende Behörde ausführt, nach § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 in der geltenden Fassung bestehe für den Zeitraum zwischen dem Abschluss einer Berufsausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung kein Anspruch auf Familienbeihilfe, so übersieht diese, dass aufgrund der Eigenschaft des verfahrensgegenständlichen Zeitraums als lehrveranstaltungsfreie Zeit iSd des § 52 Abs 1 Universitätsgesetz 2002 diese nicht als „Zeit zwischen dem Abschluss einer Berufsausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung" zu qualifizieren ist. B. P. war es aufgrund der lehrveranstaltungsfreien Zeit gar nicht möglich die weitere Berufsausbildung zu einem früheren Zeitpunkt anzutreten, sodass sich diese bei richtiger rechtlicher Beurteilung durchgehend in Ausbildung befunden und somit sämtliche Voraussetzungen des § 2 FLAG 1967 (insbesondere auch die Leistungsziele des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967) erfüllt (Zweck der Familienbeihilfe ist es letztendlich ja insbesondere finanzielle Unterstützung für ein sich in Ausbildung befindlichen Kind, welches entsprechende Studienleistungen erbringt, zu gewährleisten).

Dass sich B. P. durchgehend in Ausbildung befunden hat, erhellt sich auch aus dem Umstand, dass es dieser unbenommen geblieben wäre, das BAStudium „internationale Entwicklung" erst im September 2015 abzuschließen, sodass keine vorlesungsfreie Zeit zwischen Abschluss der beiden Berufsausbildungen gelegen wäre. Dass der gegenständliche Betrag zurückzuzahlen wäre, weil B. P. aus Eigenem das BA-Studium bereits im Juli 2015 und nicht erst im September 2015 abgeschlossen hat, stellte eine unverhältnismäßige Härte und Unbilligkeit dar, sodass bei richtiger rechtlicher Beurteilung die Voraussetzungen zur gegenständlichen Rückforderung nicht vorliegen.

Davon abgesehen besteht gemäß § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 der maßgeblichen Fassung Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einerweiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

Dass der Terminus „Schulausbildung" als „Berufsausbildung" zu qualifizieren ist, ergibt sich daraus, dass die zitierte Bestimmung von einer „weiteren" Berufsausbildung spricht, und somit „Schulausbildung" mit „Berufsausbildung" gleichsetzt. Da B. P. die Leistungsvoraussetzungen dem § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 erbrachte, sind gem. § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 auch die gegenständlichen Studiengänge als Berufsausbildung iS des § 2 Abs 1 FLAG 1967 zu qualifizieren. Da zwischen den beiden Studiengängen lediglich vorlesungsfreie Zeit iSd § 52 Abs 1 Universitätsgesetz 2002 lag, erfolgte der Beginn der weiteren Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 zum frühestmöglichen Zeitpunkt, sodass insgesamt sämtliche Voraussetzungen des § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 gegeben sind bzw. waren.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hat B. P. daher im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Anspruch auf Gewährung von Familienbeihilfe, sodass die Rückforderung zu Unrecht erfolgt.

2. Antrag

Aus all diesen Gründen wird der Antrag gestellt

2.1. den bekämpften Bescheid im angefochtenen Umfang ersatzlos aufzuheben;

- in eventu -

2.2. den bekämpften Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Betrag in der Höhe von EUR 434,60 nicht zurückgefordert wird;

- in eventu -

2.3. die gegenständliche Beschwerde an die Oberbehörde bzw. das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend mit der Anregung gem. § 26 Abs 4 FLAG 1967 weiterzuleiten, diese(s) möge die nachgeordnete Abgabenbehörde dazu anweisen von der Rückforderung des Beihilfebezuges wegen Unbilligkeit abzusehen."

Das Finanzamt wies die Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung mit folgender Begründung ab:

"Sachverhalt:
Ihre Tochter hat mit dem Studium Bachelor Int. Entwicklung mit Oktober 2011 an der Universität Wien begonnen. Dieses Studium wurde mit abgeschlossen. Ab Oktober 2015 betreibt Ihre Tochter das Studium Theater-, Film- u. Medienwissenschaften an der Universität Wien.

Gesetzliche Bestimmungen:
Nach § 2 Abs. 1 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 in der ab geltenden Fassung besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

Nach § 26 Abs. 1 FLAG hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Rechtliche Würdigung:
Aus lit d ist ersichtlich dass von "Abschluss der Schulausbildung" und nicht vom "Abschluss einer Schulausbildung" die Rede ist. Dies bedeutet, dass der Verlängerungstatbestand der lit. d nur einmal im Laufe der verschiedenen Phasen der Berufsausbildung gewährt werden kann. Dass damit nicht der Abschluss eines Studiums gemeint sein kann, ist offensichtlich, da sonst zB für den Zeitraum zwischen Ablegung der Matura und Beginn eines Studiums keine Familienbeihilfe zustünde. Hieraus ergibt sich, dass die Absolvierung eines Studiums keine "Schulausbildung" iSd obigen Norm darstellt. Für den Zeitraum zwischen dem Abschluss dieser Berufsausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, nämlich eines neuen Studiums, steht somit keine Familienbeihilfe zu."

Die Bf. stellte sodann ohne weitere Begründung einen Vorlageantrag.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellungen

Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den Beschwerdeausführungen; die Tochter der Bf. hat das BA-Studium Internationale Entwicklung am abgeschlossen und am das BA-Studium Theater-, Film- und Medienwissenschaft aufgenommen.

2. Rechtliche Würdigung

Bezüglich der im Beschwerdefall anwendbaren Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung wird auf die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes verwiesen.

Die Materialien zum Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I 111/2010, (EB RV 981 BlgNR, 24. GP, 223f) erläutern dazu, dass die Familienbeihilfe nach dem Erreichen der Volljährigkeit grundsätzlich nur bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gewährt werden soll. Bisher sei auch durch drei Monate nach Abschluss der Berufsausbildung die Familienbeihilfe weitergewährt worden. Aus Gründen der Budgetkonsolidierung solle diese Leistungsgewährung entfallen. Damit während der Zeit zwischen einer Schulausbildung und einer weiterführenden Ausbildung familienbeihilfenrechtlich keine Lücke entstehe, sei eine ergänzende Regelung im FLAG aufzunehmen. Durch diese Regelung solle insbesondere die Zeit zwischen der Matura und dem frühestmöglichen Beginn eines Studiums abgedeckt werden, zumal die Eltern im Regelfall weiterhin unterhaltspflichtig seien.

Aus dem Wortlaut des Gesetzes iVm den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage ergibt sich, dass die Absolvierung eines Studiums keine "Schulausbildung" iSd obigen Norm darstellt. Für den Zeitraum zwischen dem Abschluss dieser Berufsausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, hier eines weiteren Studiums, steht somit keine Familienbeihilfe zu. Ergänzend wird auf die fundierte Begründung der Beschwerdevorentscheidung verwiesen. Warum bei dieser Rechtslage von Bedeutung sein soll, dass zwischen den beiden Studien die vorlesungsfreie Zeit liegt, macht die Beschwerde nicht einsichtig.

Diese für den Beschwerdefall maßgebliche Rechtsansicht wurde vom Bundesfinanzgericht bereits in mehreren Erkenntnissen vertreten (sh. zB , RV/7103029/2014; , RV/5100684/2013).

3. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da der Wortlaut der Gesetzesbestimmung eindeutig ist und eine ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes vorliegt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7105324.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at