Dienstnehmereigenschaft von Reinigungskräften
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache Bf., [Adresse], vertreten durch Steuerberatung, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FinanzamtX vom betreffend Haftung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2011 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Haftung für Lohnsteuer 2011 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2011 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde führende Gesellschaft (Bf.) betreibt eine Reinigungsfirma.
Im Rahmen einer gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben (GPLA) für 2011 wurde festgestellt, dass die von dem Ehepaar, Herrn A B und Frau C B, für die Bf. erbrachten Leistungen nicht im Rahmen von Werkverträgen sondern von Dienstverhältnissen erbracht worden seien. Diesbezüglich wurde auf das Gesamtbild der Tätigkeit hingewiesen, die sich folgendermaßen darstelle: Die Bf. habe den genannten Personen genaue Arbeitszeiten und den Arbeitsort vorgegeben; die Kontrolle sei durch die der Bf. den Auftrag erteilende Firma erfolgt. Die genannten Personen seien auch verpflichtet gewesen, bei ihrer Arbeit die ihnen von der Bf. zur Verfügung gestellte Arbeitskleidung zu tragen. Die angeblichen Werkvertragsnehmer hätten über keine eigene betriebliche Struktur verfügt. Auch die Abrechnung nach Stunden mit einem Stundenlohn von 8 EURO lasse auf eine nichtselbständige Tätigkeit schließen. Die Verwendung des eigenen PKW treffe viele Arbeitnehmer und sei kein Indiz für ein selbständige Tätigkeit. Es sei daher von einem Dienstverhältnis zwischen der Bf. und den beiden genannten Personen auszugehen.
Zu diesen Feststellungen gelangte die GPLA aufgrund folgender Angaben von Herrn B anlässlich seiner Einvernahme, die in Anwesenheit eines gerichtlich beeideten Dolmetsch stattfand:
Herr B erklärte, er habe keine Arbeit in Rumänien gehabt und sei im März 2011 nach Österreich gekommen, um eine Arbeit zu finden. Er betreibe gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Reinigungsfirma. Der "Chef" der Bf., bei der er arbeite (und bei der schon seine Mutter gearbeitet habe), habe ihnen bei der Gründung der Firma geholfen. Er habe ihnen auch erklärt, welche Tätigkeiten er mit dem Gewerbe "Anbieten von Hausbetreuungstätigkeiten als persönliche Dienste an nicht öffentlichen Orten" ausüben dürfe.
Er putze derzeit bei der [Firma1], seine Ehefrau arbeite nur für 3 bis 4 Stunden, da sie sich um die Kinder kümmern müsse; sie putze bei verschiedenen Firmen.
Er habe seine Tätigkeit dem Finanzamt und der Sozialversicherung gemeldet. Auch dabei habe ihm der "Chef" der Bf. geholfen. Er führe keine Buchhaltung; wenn er eine brauche, könne er jederzeit zur Buchhaltung der Bf. gehen.
Die Arbeits- und Putzmittel würden von der Bf. zur Verfügung gestellt, der Bf. zahle nur den Treibstoff für seinen PKW.
Er habe weder einen schriftlichen Werkvertrag noch einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit der Bf. abgeschlossen. Die mündliche Vereinbarung über seine Tätigkeit für die Bf. sei mit dem "Chef" der Bf. getroffen worden; die Gattin des "Chefs" habe dabei übersetzt.
Mündlich vereinbart worden sei eine Putztätigkeit; der "Chef" teile ihm und seiner Gattin mit, wo sie arbeiten sollten und welche Arbeiten sie ausführen sollten.
Er arbeite nur für die Bf., er brauche daher keine Kostenvoranschläge oder Angebote an zu akquirierende Kunden zu machen. Er führe auch keine Arbeitsaufzeichnungen, da er eine fixe Arbeitszeit von 7,5 Stunden pro Tag habe. Er arbeite Montag bis Freitag von 11:30 Uhr bis 19:00 Uhr und am Samstag von 7:00 Uhr bis 12:00 Uhr. Diese Zeiten seien im vom "Chef" der Bf. gesagt worden. Früher habe er schon die Arbeitszeiten aufzeichnen müssen.
Kontrolliert werde er von Beschäftigten der [Firma1], die seinen "Chef" anrufen würden, wenn etwas nicht stimme. Die Zeitkontrolle erfolge mittels eines Chips der [Firma1], der ihm Zutritt zu deren Räumlichkeiten verschaffe.
Bei Verhinderung verständige er seinen "Chef", der dann eine andere Person zur [Firma1] schicken würde. Er habe keinen Urlaubsanspruch; wenn er auf Urlaub gehe, erhalte er keine Bezahlung.
Von der Bf. werde ihm Arbeitskleidung bestehend aus Hosen und T-Shirts zur Verfügung gestellt; die schmutzige Arbeitskleidung lasse er in der Umkleidekabine der [Firma1] zurück, von welcher diese gewaschen werde.
Wer das Haftungs- und Gewährleistungsrisiko trage, wisse er nicht.
Am Ende des Monats werde nach Stunden abgerechnet; pro Stunde erhalte er 8 EURO netto. Die Ausgangsrechnungen würden vom "Chef" der Bf. erstellt. Das Entgelt werde auf sein "Firmenkonto" überwiesen.
Die belangte Behörde erließ am die nunmehr angefochtenen Bescheide, in denen sie den Feststellungen der Außenprüfung Rechnung trug.
In der vom steuerlichen Vertreter der Bf. fristgerecht eingebrachten nunmehr als Beschwerde zu behandelnden Berufung begehrte die Bf. eine ersatzlose Aufhebung der Bescheide und beharrte darauf, dass es sich bei den genannten Arbeitskräften um Selbstständige handle. Sie verwies auf das von diesen am angemeldete freie Gewerbe „Anbieten von Hausbetreuungstätigkeiten als persönliche Dienstleistungen“, dessen Standort die gemeinsame Wohnung des Ehepaares sei. E in eigener Firmensitz sei für die Beurteilung, ob eine selbständige Tätigkeit vorliege, nicht notwendig. Die Eheleute hätten ihre Tätigkeit dem Finanzamt gemeldet und Zahlungen an die Sozialversicherung geleistet. Sie hätten bereits in Rumänien ein solches Gewerbe angemeldet gehabt und hätten nunmehr auf dem österreichischen Markt tätig werden wollen. Die Bf. habe als erste Auftraggeberin lediglich Hilfestellungen bei der Anmeldung des Gewerbes geleistet. Im Jahr 2012 seien Herr und Frau B bereits für mehrere Auftraggeber tätig gewesen.
Es sei durchaus üblich, dass man am Beginn einer selbständigen Tätigkeit als Einzelunternehmer vorerst nur einen Auftraggeber habe, vor allem wenn durch den Umfang des Auftrages die Zeit für weitere Aufträge fehle. Die Abrechnung sei nach Stundenlisten und darauf basierenden in weitere Folge gelegten Rechnungen erfolgt. Es sei durchaus üblich, mit Einzelunternehmern Stundensätze zu vereinbaren, andernfalls wäre jeder Handwerker, der nach Stunden abrechne, beim Kunden als Dienstnehmer anzumelden.
Zwischen der Bf. und dem Ehepaar B sei die Erfüllung eines Werkes, nämlich "Reinigungstätigkeiten", vereinbart gewesen. Die Bezahlung des Honorars sei abhängig von der Erfüllung des Werkes gewesen. Im Falle einer Erkrankung oder einer Arbeitsverhinderung sei keine Bezahlung erfolgt. Die Vertretung bei Verhinderung hätte durch jede beliebige Person erfolgen können. Seitens der Bf. habe es keine Kontrollen bzw. Weisungen gegeben.
Herr A B sei von der Bf. beauftragt worden, Reinigungsarbeiten für die [Firma1] durchzuführen. Die Zeiten des Arbeitseinsatzes seien von dieser bestimmt worden. Eine Kontrolle bzw. Weisungen durch die Bf. habe es nicht gegeben, die Arbeiten seien vor Ort von einem Arbeitnehmer der [Firma1], Herrn V, eingeteilt worden, was von Herrn B auch bestätigt worden sei.
Sämtliche notwendigen Betriebsmittel seien bei der [Firma1] zur Verfügung gestanden, ein Materialeinsatz sei nicht notwendig gewesen, weil sämtliche Putzmittel in dieser Firma vorhanden gewesen seien. Diesbezüglich werde die zeugenschaftliche Einvernahme von Herrn V beantragt.
Frau C B sei beauftragt worden, Reinigungsarbeiten in verschiedenen Häusern, unter anderem bei der [Firma2], durchzuführen. Von der Bf. habe es auch in diesem Fall keine Kontrolle und keine Weisungen gegeben.
Bei den Aussagen der beiden Arbeitskräfte bei der Finanzpolizei könne es sich nur um ein Missverständnis handeln, das aus einem sprachlichen Problem resultiere. Es werde daher die ersatzlose Aufhebung der Bescheide beantragt.
Nachdem das Finanzamt die Bf. aufgefordert hatte, die Niederschrift über die Einvernahme des Zeugen V in der [BH] vorzulegen, wurde diese nachgereicht. Herr V gab hinsichtlich der Reinigungstätigkeit Folgendes an:
Die Bf. sei die externe Reinigungsfirma der [Firma1]. Zwischen den beiden Firmen gebe es eine Vereinbarung, der zufolge Mitarbeiter der [Firma1] alle Arbeiten zu verrichten hätten, die in den Trockenbereich fielen (Kehrarbeiten, technische Maschinenreinigung), während die Bf. die Nassreinigung übernommen habe (Fußböden, Fenster, WC-Anlagen, Außenreinigung der Maschinen, Müllentsorgung außerhalb der Produktion).
In der Vereinbarung mit der Bf. seien die Reinigungstätigkeiten und der Reinigungsumfang festgehalten. Die Reinigungsmittel und die Reinigungsmaschinen (z.B. Bodenwaschmaschine, Nasssauger) würden von der Bf. zur Verfügung gestellt. Abgestellt seien diese Maschinen zwar bei der [Firma1], die Wartungsarbeiten an diesen Maschinen müsse aber die Bf. vornehmen. Fensterputzmittel und Bodenreinigungsmittel (Art und Marke) würden laut internationalen Richtlinien (lebensmitteltauglich) festgelegt. Eingekauft würden diese von der Bf., auf deren Lebensmitteltauglichkeit jedoch von der [Firma1] überprüft.
Der Vertrag mit der Bf. regle Umfang und Zeit der Reinigungstätigkeit; die [Firma1] habe keinen Einfluss darauf, welchen Mitarbeiter die Bf. schicke. Die Reinigung finde idealerweise außerhalb der Produktion statt, d.h. das Personal der [Firma1] sei großteils während der Reinigung nicht anwesend. Die Leistung der Bf. werde stichprobenartig im Rahmen eines internen Prüfplanes geprüft.
Herr V kenne Herrn und Frau B gar nicht; zu 70% werde von der Bf. eine Stammmannschaft eingesetzt, der Rest wechsle ziemlich häufig. Herr V könne nicht sagen, welche Mitarbeiter der Bf. bei der [Firma1] tätig gewesen seien.
Die Arbeitskleidung sei zwischen der [Firma1] und der Bf. abgestimmt gewesen und werde von der Bf. den Arbeitskräften zur Verfügung gestellt. Es dürfe nur ausschließlich mit dieser Kleidung geputzt werden, Privatkleidung dürfe nicht getragen werden.
Der Reinigungsvertrag sei mit dem Geschäftsführer der Bf. abgeschlossen worden und bestehe schon seit Geschäftsbeginn der [Firma1]. Von diesem werde auch die Abrechnung und Entlohnung der Reinigungskräfte vorgenommen.
Die [Firma1] vertraue darauf, dass die Bf. die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich Anmeldung des Reinigungspersonals einhalte; dies werde stichprobenartig von der [Firma1] geprüft.
In der Folge legte das Finanzamt die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung am dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Im Vorlagebericht wurde darauf hingewiesen, dass den Aussagen des Herrn B die Eingliederung der beiden Arbeitskräfte in den betrieblichen Organismus der Bf. zu entnehmen sei und insbesondere der Stundenlohn von 8 EURO auf eine nichtselbstständige Tätigkeit hinweise. Aus diesem Grund werde beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Bereits im März 2012 brachte Herr B eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2011 ein, in welcher er die Bf. als seine Dienstgeberin bezeichnete. Da die Bf. für ihn keinen Lohnzettel übermittelte, wurden im Bescheid vom seine bei der Bf. erzielten Einnahmen abzüglich seiner Sozialversicherungsbeiträge und weiterer von ihm getragener Aufwendungen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfasst.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die vom steuerlichen Vertreter der Bf. eingebrachten Schriftsätze und in die Niederschriften über die Aussagen der Herren B und V.
Es wird von folgendem Sachverhalt ausgegangen:
Die Bf. ist im Reinigungsgewerbe tätig und erbringt bei verschiedenen Unternehmen, wie etwa bei der [Firma1] oder bei der [Firma2] Reinigungstätigkeiten.
Ab März 2011 waren Herr und Frau B als Reinigungskraft für die Bf. tätig. Nach Anweisung von Herrn GF (vertretungsbefugter Gesellschafter der Bf.) sollte Herr B bei der [Firma1] putzen, während Frau B in verschiedenen Häusern, unter anderem bei der [Firma2], ihre Arbeit verrichten sollte. Herr GF half den beiden rumänischen Staatsbürgern bei der Anmeldung ihres Reinigungsgewerbes. Als Standort des Gewerbes wird die Wohnadresse des Ehepaares B angegeben. Die Zahlungen an die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft wurden ordnungsgemäß vorgenommen.
Zwischen der Bf. und den beiden Arbeitskräften gab es keinen schriftlichen Vertrag, sondern nur eine mündliche Vereinbarung. Es wurde die Erbringung von "Reinigungstätigkeiten" vereinbart.
Herr B arbeitete zu fixen Zeiten, nämlich Montag bis Freitag von 11:30 bis 19:00 und am Samstag von 7:00 bis 12:00. Die Arbeitszeit von Frau B belief sich auf 3 bis 4 Stunden täglich. Die Arbeitszeiten wurden ihnen vom Geschäftsführer der Bf. vorgegeben. Ebenso wurde ihnen angeordnet, wo sie arbeiten sie sollten und welche Arbeiten sie zu verrichten hatten.
Sowohl die Arbeitsgeräte als auch die Putzmittel, die Frau und Herr B für ihre Tätigkeit benötigten, wurden ihnen von der Bf. zur Verfügung gestellt. Nur die Kosten für ihr eigenes Fahrzeug hatten sie selbst zu tragen. Bei der Arbeit durfte nur die von der Bf. zur Verfügung gestellte Arbeitskleidung getragen werden, die für Herrn B auch gewaschen wurde.
Über Mängel der von den Eheleuten verrichteten Arbeit wurde die Bf. informiert. Im Falle der Verhinderung der beiden Arbeitskräfte wurde von der Bf. eine Vertretung organisiert. Das Entgelt für die Reinigungstätigkeit betrug 8 EURO pro Stunde. Die monatlichen Ausgangsrechnungen wurden von Herrn GF, dem Geschäftsführer der Bf., für die beiden Arbeitskräfte verfasst.
Der festgestellt Sachverhalt ergibt sich aus den genannten Unterlagen sowie aufgrund folgender Beweiswürdigung:
Soweit die Ausführungen der Bf. den übereinstimmenden Aussagen von Herrn B und dem für die Reinigung in der [Firma1] zuständigen Herrn V widersprechen, wurde davon ausgegangen, dass deren Aussagen zutreffend seien, zumal beide Herren keinen Grund hatten, den Sachverhalt unrichtig darzustellen. Da bei der Einvernahme von Herrn B ein Dolmetsch anwesend war, kann auch davon ausgegangen werden, dass Herr B durchaus in der Lage war, die an ihn gerichteten Fragen zu verstehen und dementsprechend korrekt zu beantworten.
Der festgestellte Sachverhalt war folgendermaßen rechtlich zu würdigen:
Gemäß § 323 Abs. 38 erster und zweiter Satz BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
1.) Betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag:
Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in der Fassung BGBl. I Nr. 109/2016 (FLAG) haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen; als im Bundesgebiet beschäftigt gilt ein Dienstnehmer auch dann, wenn er zur Dienstleistung ins Ausland entsendet ist.
Dienstnehmer sind gemäß § 41 Abs. 2 FLAG Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) stehen, freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die in § 41 Abs. 1 FLAG genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG.
Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gründet sich auf § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 153/2001.
Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Der Begriff des Dienstverhältnisses ist durch § 47 EStG nicht abschließend definiert, sondern wird als Typusbegriff durch eine Vielzahl von Merkmalen bestimmt, die nicht alle in gleicher Intensität vorhanden sein müssen (). Außerdem ist er eigenständiger Natur und unabhängig von den Begriffen des Arbeits- und Sozialrechts zu beurteilen.
Mit einem Werkvertrag iSd § 1151 ABGB wird die Verpflichtung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges, d.h. die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes vereinbart. Es kommt somit auf das Ergebnis der Arbeitsleistung an, d.h. dass ein Werk eine in sich geschlossene Einheit darstellt. Die zu erbringende Leistung wird im Werkvertrag selbst konkretisiert und individualisiert. Ein Werkvertrag ist in der Regel bis zu einem bestimmten Termin zu erfüllen und stellt ein Zielschuldverhältnis dar, dem keine auf Dauer angelegte Leistungserbringung zu Grunde liegt. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet.
Maßgebend für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung als Dienstverhältnis sind nicht die vertraglichen Abmachungen, sondern stets das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen ist (vgl. ).
Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos) Bedacht zu nehmen ist (vgl. insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 2003/13/0018).
Die für das Dienstverhältnis charakteristische Weisungsunterworfenheit ist durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnet und führt zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers. Ein persönliches Weisungsrecht beschränkt die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus. Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Hiervon muss die sachliche und technische Weisungsbefugnis unterschieden werden, die etwa im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübt wird und sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Leistung bezieht.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich u.a. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie in der unmittelbaren Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers.
Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko besteht darin, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend zu gestalten (vgl. und die dort zitierte Literatur und Judikatur).
Ob bzw. in welcher Ausprägung und Intensität im konkreten Fall die einzelnen genannten Kriterien für ein Dienstverhältnis nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 in den Streitjahren vorliegen, ist eine Sachverhaltsfrage (vgl. mwN).
Bei Abgrenzungsfragen zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit ist das Gesamtbild der Tätigkeit darauf zu untersuchen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Unselbständigkeit überwiegen. Erst wenn die Behörde ein genaues Bild über die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der beschäftigten Person, insbesondere auch über die Pflichten, die ihr obliegen, die Risiken, die sie zu tragen hat, und über ihre allfällige Weisungsgebundenheit besitzt, kann ein Urteil über die Selbständigkeit oder Unselbständigkeit der Tätigkeit abgegeben werden (vgl. mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich das im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübte sachliche bzw. technische Weisungsrecht lediglich auf die vereinbarte Werkleistung und somit nur auf den Arbeitserfolg, während das persönliche Weisungsrecht einen Zustand wirtschaftlicher Abhängigkeit und persönlicher Gebundenheit hervorruft (vgl. Hofstätter/Reichel, Kommentar zum EStG 1988, § 47 Tz 4.3 zu und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Das persönliche Weisungsrecht kommt ua. auch in der Vorgabe der Arbeitszeit zum Ausdruck ().
Von der Bf. wird behauptet, in den mündlichen Verträgen sei vereinbart worden, dass das Ehepaar B ein Werk, nämlich "Reinigungstätigkeiten", schulde. Die vertragliche Vereinbarung eines Leistungsgegenstandes "Reinigungstätigkeit" bedeutet aber, dass die sogenannten Auftragnehmer nicht zur Durchführung einzelner Arbeiten verpflichtet waren, sondern der Bf. ihre Arbeitskraft für die genannte Tätigkeit auf unbestimmte Zeit zur Verfügung stellten. Denn i n einem Werkvertrag wird die Verpflichtung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges vereinbart, nicht aber eine auf Dauer angelegte und damit zeitraumbezogene Erbringung von Leistungen, wie es bei einem Dienstvertrag oder bei einem freien Dienstvertrag erfolgt, dessen Leistungsinhalt die Arbeit selbst ist. Die im Beschwerdefall vorliegende Vereinbarung spricht demgemäß für ein Dauerschuldverhältnis, nicht aber für einen Werkvertrag als Zielschuldverhältnis (vgl. bspw. ).
Der Umstand, dass den Eheleuten B die Örtlichkeiten, an denen sie ihre Arbeit zu verrichten hatten, die Zeiten, wann sie die Reinigung der von ihnen zu betreuenden Räumlichkeiten vorzunehmen hatten, vorgegeben wurden und ihnen Putzmittel, Putzmaschinen und Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt wurden, spricht - wie bereits oben dargelegt - für die organisatorische Eingliederung der beiden Reinigungskräfte in den Betrieb der Bf.
Daraus, dass auch etwaige Mängel der von den Arbeitskräften ausgeführten Reinigung stets bei der Bf. reklamiert wurden (woraus sich eine grundsätzliche Haftung der Bf. für durch die beiden Arbeitskräfte erledigten Reinigungsarbeiten ableiten lässt), ergibt sich, dass für die Bf. die zeitgerechte und ordnungsgemäße Erbringung der Arbeiten durch Frau und Herrn B im Vordergrund stand, zumal diese ihrerseits ihren Auftraggebern gegenüber dafür ja auch haftete. Auch daraus ist zu ersehen, dass die beiden Arbeitskräfte der Bf. laufend ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellten und nicht ein bestimmtes Werk schuldeten.
Eine Leistungsbeziehung jedoch, bei der ein Arbeiter seine Arbeitskraft (laufend) zur Verfügung stellt, und bei der das Hauptaugenmerk des Empfängers der Arbeitsleistung darauf gerichtet ist, dass die Arbeiten zeitgerecht und ordnungsgemäß erbracht werden, trägt ein (auf die zeitgerechte Erbringung der Arbeiten zielendes) Weisungsrecht zwangsläufig in sich.
Des weiteren stellt die Vereinbarung eines Stundenhonorars bzw. eines Pauschales für eine fix vereinbarte Wochenarbeitszeit nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Indiz dafür dar, dass die im Betrieb des Bf. tätigen Personen nicht einen bestimmten Arbeitserfolg geschuldet, sondern der Bf. ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt haben (vgl. bspw. ).
Auch die fehlende Möglichkeit der beiden Arbeitskräfte im Falle einer Verhinderung eine Vertretung zu organisieren, zeigt, dass kein Erfolg geschuldet, sondern allein die Arbeitskraft zur Verfügung gestellt wurde. Die Behauptung des Geschäftsführers der Bf., ein Vertretungsrecht vereinbart zu haben, steht einerseits im Widerspruch mit den Aussagen der Herren B und V, und hat andererseits schon deswegen keine rechtliche Bedeutung, weil ein solches tatsächlich nicht ausgeübt wurde.
Weder begründet die Bezahlung nach geleisteter Arbeitszeit ein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko (vgl. ; ) noch wurde ein ausgabenseitiges Unternehmerrisiko behauptet.
Da sowohl Arbeitsmittel als auch Arbeitskleidung von der Bf. zur Verfügung gestellt wurden, kann ein ausgabenseitiges Unternehmerrisiko ausgeschlossen werden. Der Umstand, dass das Ehepaar die Ausgaben für seinen PKW selbst zu tragen hatte, begründet allein noch kein Unternehmerrisiko, da diese Ausgaben oftmals von nichtselbständigen Arbeitnehmern zu tragen sind.
Auch das Argument, Herr und Frau B seien im Besitz einer Gewerbeberechtigung gewesen, geht ins Leere, weil es bei der Beurteilung des vorliegenden Vertragsverhältnisses nicht auf die äußeren Umstände, sondern auf das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit ankommt.
Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass Frau und Herr B jeweils in einem Dienstverhältnissen zur Bf. standen, da sie dieser ihre Arbeitskraft schuldeten, bei der Ausübung ihrer Tätigkeit unter der Leitung des Geschäftsführers der Bf. standen und in die Unternehmensorganisation eingegliedert waren
Das Finanzamt hat daher zu Recht die Löhne der beiden Reinigungskräfte in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen.
2.) Betreffend Haftung für Lohnsteuer:
Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.
Auch wenn der Arbeitgeber gemäß § 82 EStG 1988 für die Einbehaltung der Lohnsteuer haftet, bleibt der Arbeitnehmer als Steuerpflichtiger Steuerschuldner der Lohnsteuer. Wurde der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer veranlagt und der fehlerhafte Lohnsteuerabzug bereits im Veranlagungsverfahren des Arbeitnehmers korrigiert, so scheidet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Haftung des Arbeitgebers als bloß Haftender von vorneherein aus (vgl. und die dort zitierte Judikatur und Literatur).
Da die von Herrn A B bei der Bf. erzielten Einnahmen bereits in dessen Einkommensteuerbescheid 2011 vom Berücksichtigung fanden, hat eine Inanspruchnahme der Bf. im Haftungswege zu unterbleiben. Der Haftungsbescheid war daher ersatzlos zu beheben.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die im gegenständlichen Fall zu beurteilenden Rechtsfragen, wann von einem "echten" Dienstverhältnis auszugehen ist, und in welchem Fall von einer Haftung des Arbeitgebers für Lohnsteuer Abstand zu nehmen ist, im Sinne der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7103086.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at