Unwirksamkeit einer nur mit E-Mail eingebrachten Beschwerde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R, in Vertretung der Richterin R1, in der vermeintlichen Beschwerdesache des Name, Adresse, gegen den Bescheid des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 beschlossen:
Die Berufungsvorentscheidung vom wird aufgehoben.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2011 festgesetzt.
Mit E-Mail vom legte der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid "Berufung" ein. Mit der Berufungsvorentscheidung vom wurde der "Berufung" teilweise stattgegeben.
Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom . Der Beschwerdeführer brachte (zusammengefasst) vor, ein Teil der von ihm geltend gemachten Werbungskosten für Berufsbekleidung sei nicht berücksichtigt worden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Mit wurde der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren geht gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das Bundesfinanzgericht über. § 323 Abs. 38 BAO normiert, dass die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.
Mit Erkenntnis vom , 2012/16/0082, hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes festgestellt:
"Gemäß § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des dritten Abschnittes der BAO schriftlich einzureichen (Eingaben).
Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde gemäß § 85 Abs. 2 BAO nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
Gemäß § 86a Abs. 1 BAO können Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, auch telegraphisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden. Die für schriftliche Anbringen geltenden Bestimmungen sind auch in diesen Fällen mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Fehlen einer Unterschrift keinen Mangel darstellt.
Mit § 1 der Verordnung BGBl. Nr.494/1991 wird für Anbringen im Sinne des § 86a Abs. 1 erster Satz BAO, die in Abgaben-, Monopol- oder Finanzstrafangelegenheiten an das Bundesministerium für Finanzen, an den unabhängigen Finanzsenat, an eine Finanzlandesdirektion, an ein Finanzamt oder an ein Zollamt gerichtet werden, die Einreichung unter Verwendung eines Telekopierers (Telefaxgerätes) zugelassen.
Mit der Verordnung BGBl. II Nr. 97/2006 (FinanzOnline-Verordnung 2006 - FOnV 2006) wird die automationsunterstützte Datenübertragung in Bezug auf Anbringen (§ 86a BAO), soweit nicht eigene Vorschriften bestehen, geregelt. Nach § 1 Abs. 2 der FOnV 2006 ist die automationsunterstützte Datenübertragung für die Funktionen zulässig, die dem jeweiligen Teilnehmer in Finanz-Online zur Verfügung stehen. Gemäß § 5 FOnV 2006 sind andere als die in den Funktionen gemäß § 1 Abs. 2 dem jeweiligen Teilnehmer zur Verfügung gestellten Anbringen, ungeachtet einer allfälligen tatsächlichen Übermittlung in FinanzOnline, unbeachtlich.
Da § 85 und § 86a BAO und die auf Grund § 86a BAO ergangenen beiden erwähnten Verordnungen die Einbringung von Anbringen mittels E-Mail nicht vorsehen, kommt einer E-Mail nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu, wobei es sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung zugängliche Eingabe handelt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2005/14/0126, VwSlg 8.102/F, das zur insoweit vergleichbaren Steiermärkischen Landesabgabenordnung ergangene hg. Erkenntnis vom , 2009/16/0031 und den hg. Beschluss vom , 2011/16/0143).
Ein mit einem E-Mail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, die von einem Anbringen (Eingabe) abhängig ist, etwa eine Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zu fällen, die von einem Rechtmittel (im Beschwerdefall Administrativbeschwerde) abhängt.
Die Abgabenbehörde ist nicht einmal befugt, das "Anbringen" als unzulässig zurückzuweisen, weil es sich bei einem solchen E-Mail eben nicht um eine Eingabe an die Behörde handelt.
(...) Eine andere Einbringung als eine schriftliche Eingabe, die etwa persönlich oder durch einen Postdienst bei der Behörde abgegeben wird, ist abgesehen von den hier unstrittig nicht gegebenen Fällen der FOnV 2006 mit der Verordnung BGBl. Nr. 494/1991 nur für im Wege eines Telefaxgerätes (unter Verwendung eines Telekopierers) eingebrachte Anbringen zugelassen."
Mit E-Mail vom legte der Beschwerdeführer "Berufung" gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 ein. Die ausschließlich mit E-Mail an das Finanzamt übermittelte Berufung wurde unwirksam eingebracht. Das Finanzamt war nicht berechtigt, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen. Nur über eine nach den einschlägigen Vorschriften entsprechend eingebrachte und somit wirksame Beschwerde (früher Berufung) ist mit Beschwerdevorentscheidung (früher Brufungsvorentscheidung) abzusprechen. Aus Anlass des rechtswirksam eingebrachten Vorlageantrages war die rechtwidrig ergangene Berufungsvorentscheidung vom Bundesfinanzgericht aufzuheben ().
Gemäß Art. 133 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 9 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Im Gegenteil, die Entscheidung stützt sich auf die klaren und eindeutigen einschlägigen Vorschriften und auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach einem E-Mail nicht die Eigenschaft einer Eingabe zukommt.
Da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.
Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 86a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.2100596.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at