Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 16.08.2017, RV/7100184/2010

Dienstverhältnis von Vertretungsärzten mit niedergelassenem Kassenarzt

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2017/13/0090. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7104664/2018 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Dr. Anna Radschek und die weiteren Senatsmitglieder im Beisein der Schriftführerin in der Beschwerdesache Bf., [Adresse], vertreten durch ASTORIA Wirtschaftstreuhand-Steuerberatung GmbH & Co KG, Edmund Hofbauer Straße 1, 3500 Krems, und RIEL GROHMANN SAUER Rechtsanwälte, Gartenaugasse 1, 3500 Krems, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FA vom  über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für 2004 bis 2007 in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) betreibt als Facharzt für Innere Medizin eine Kassenpraxis. Im Rahmen einer gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben (GPLA) der Jahre 2003 bis 2007 wurde u.a. festgestellt, dass  die in den Jahren 2004 bis 2007 an die Ärzte, Frau Dr. A und Herrn Dr. B, ausbezahlten Honorare für seine Vertretung in der Ordination in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einzubeziehen seien, was bislang nicht geschehen sei.

In der Beilage zur Niederschrift über die Schlussbesprechung betreffend die GPLA am wurde vom Bf. dazu festgehalten, er leide an einer schweren Wirbelsäulenverkrümmung und habe wegen schwerer Schmerzen Frau Dr. A immer wieder bitten müssen, ihn in der Ordination am Donnerstag und Freitag zu vertreten. Darüber hinaus habe sie ihn auch während seiner Fortbildung und während seines Urlaubes an Freitagen vertreten. Von einem regelmäßigen Dienstverhältnis könne in keiner Weise gesprochen werden, da einerseits die Vertretungstermine kurzfristig vereinbart worden seien und andererseits gewünschte Vertretungen an Wochenenden wegen anderweitiger Verpflichtungen von Frau Dr. A nicht möglich gewesen seien. Frau Dr. A habe bei entsprechendem Umsatz einen finanziellen Bonus erhalten. Weder Frau Dr. A noch Herr Dr. B seien in organisatorischer oder fachlicher Hinsicht weisungsgebunden. Der Bf. ordiniere in der Zeit, in der die Vertretungsärzte in der Ordination seien, nicht selbst. Darüber hinaus bestehe bei Herrn Dr. B eine "erweiterte" Stellvertretung. Dieser vertrete ihn höchstens an einem Nachmittag in der Woche.

Anlässlich ihrer Befragung hatten die beiden Ärzte übereinstimmend ausgesagt, dass mit dem Bf. kein Arbeitsvertrag errichtet worden sei. Die Arbeitszeiten seien einvernehmlich geregelt worden. Beide Ärzte würden nach der erbrachten Arbeitszeit entlohnt, während die Abrechnung der Patientenhonorare durch den Bf. erfolge. Gearbeitet werde mit den vom Bf. zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln. Die Terminvereinbarung mit den Patienten werde von den Angestellten des Bf. durchgeführt. Beide Ärzte trügen - wie auch im Krankenhaus - das Haftungsrisiko gegenüber den Patienten.

Das Finanzamt erließ den Feststellungen der GPLA Rechnung tragende Bescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für 2004 bis 2007, gegen die der Bf. fristgerecht die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung einbrachte. Darin wandte er sich unter Bezugnahme auf die umfangreiche Stellungnahme anlässlich der Schlussbesprechung gegen die Einstufung der beiden genannten Vertretungsärzte als Dienstnehmer. Darüber hinaus berief er sich auf Gespräche der [Landes-] Ärztekammer mit dem Finanzministerium hinsichtlich der Beurteilungskriterien des § 47 EStG speziell für die Berufsgruppe der Vertretungsärzte.

Die speziellen Voraussetzungen und rechtlichen Einschränkungen in diesen Bereichen seien bei der Qualifizierung der Dienstnehmereigenschaft nicht berücksichtigt worden. Zusätzlich zu diesen Besonderheiten werde noch Folgendes festgehalten:

Die organisatorische Eingliederung in das Unternehmen sei deshalb nicht gegeben, weil eine Ablehnung eines Vertretungsdienstes (mit oder ohne Angabe von Gründen) jederzeit spontan erfolgen könne. Derartige "Freiheiten" würden keinem Dienstnehmer zustehen und dokumentieren, dass keine Eingliederung vorliege.

Die Arbeitszeit sei nicht genau vorgegeben, sondern richte sich nach dem tatsächlichen Arbeitsanfall. Bei den Ordinationszeiten handle es sich um Richtwerte für die Patienten - die Zeiten hätten mit den tatsächlichen Arbeitszeiten nichts zu tun.

Die Möglichkeit, Aufträge abzulehnen, bestünde auch beim Kassenarzt nicht, da es sich um einen öffentlichen Versorgungsauftrag handle. Nur in besonderen Fällen (Verlust des Vertrauensverhältnisses) könne der Kassen- und auch der Vertretungsarzt Aufträge ablehnen. Dieses Kriterium könne somit für eine Qualifizierung nicht herangezogen werden.

Bezüglich des Haftungsrisikos werde von der GPLA ausgeführt, dass auch unselbständig Tätige ein Haftungsrisiko zu tragen hätten. Zu ergänzen sei, dass diese Ärzte allerdings unter fachlicher Dienstaufsicht eines Vorgesetzten tätig würden; die Fortbildungen seien im Normalfall nach exakten Plänen zu besuchen, während ein Vertretungsarzt Fortbildungen und Fachliteraturstudium eigenverantwortlich - im Sinne des Berufsrechtes - durchführen müsse.

Aus den unterschiedlichen Rahmenbedingungen sei erkennbar, dass das Haftungsrisiko eines Vertretungsarztes, welcher ohne Dienstaufsicht und ohne standardmäßige Qualitätsrichtlinien agiere, wesentlich höher sei. Die Gefahr, dass die bestehenden Versicherungen keinen Versicherungsschutz bieten würden, sei dann wesentlich höher, wenn eine derartige Qualitätssicherung nicht vorgewiesen werden könne.

Aus den angeführten Gründen sei klar erkennbar, dass Vertretungsärzte eine spezielle Berufsgruppe mit besonderen gesetzlichen Rahmenbedingungen darstellten. Aus diesen Gründen fänden die genannten Gespräche zwischen der [Landes-] Ärztekammer und dem Finanzministerium statt. Ein Abschluss des Verfahrens vor Beendigung und Ausarbeitung dieses besonderen Kriterienkataloges sei aus Sicht des Bf. nicht sinnvoll.

Ergänzend werde auf die Wirbelsäulenerkrankung des Bf. hingewiesen, weswegen Frau Dr. A vor allem als Krankheitsvertretung hätte eingesetzt werden müssen.

Abschließend wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Berufungssenat beantragt, sollte der Berufung nicht durch einen Einzelrichter Folge gegeben werden. 

Der Unabhängige Finanzsenat setzte die Entscheidung über die Berufung bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichthof zu RV 2011/15/0122 anhängigen Verfahrens aus. Über die zu dieser Zahl anhängige Beschwerde, in der die Einordnung der Tätigkeit von Vertretungsärzten eines Urologen strittig war, entschied der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , indem er die Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob. Auch das in der Folge ergangene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom ,  RV/2100115/2014, wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom , Ra 2016/13/0005, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. In beiden Erkenntnissen hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, bei Abgrenzungsfragen zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit sei das Gesamtbild der Tätigkeit darauf zu untersuchen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Unselbständigkeit überwiegen. Ob und in welcher Ausprägung und Intensität im konkreten Fall die einzelnen Abgrenzungskriterien vorlägen, sei jedoch eine Sachverhaltsfrage, weshalb ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass der Darstellung des als erwiesen angenommen Sachverhalts im Streitfall ganz besondere Bedeutung zukomme.

Seit ist das Bundefinanzgericht über die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung zuständig.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde gemeinsam mit dem Bf. folgender Sachverhalt festgestellt :

Die Patienten vereinbarten mit den vom Bf. angestellten Assistentinnen im Sekretariat einen Termin und wurden nach deren Einteilung durch den jeweils anwesenden Arzt (Bf. oder sein/e Stellvertreter/in) aufgerufen. Die über den Patienten bereits vorhandenen Informationen standen sowohl dem Bf. als auch seinen Vertretungsärzten zur Verfügung. Die Vertretungen wurden teilweise ad hoc und teilweise regelmäßig an bestimmten Wochentagen ausgeübt. Frau Dr. A hatte damals bereits eine eigene Ordination (als Wahlärztin), die aber nicht über alle erforderlichen technischen Einrichtungen verfügte, weshalb sie Patienten an die Ordination des Bf. empfahl und dort in der Regel selbst die von ihr als notwendig befundenen Untersuchungen durchführte. Frau Dr. A war ebenso wie Herr Dr. B im Krankenhaus tätig. Auch die von den Vertretungsärzten betreuten Patienten wurden gegenüber der Krankenkasse vom Bf. abgerechnet. Die Vertretungsärztin wurde nach einem Stundensatz, der auch umsatzabhängig war, bezahlt (zunächst 62,-- Euro pro Stunde, später 73,-- Euro pro Stunde). Darüber hinaus wurde bei besonders gutem Umsatz auch ein Bonus bezahlt.

Als Nachweis wurde eine Abrechnung (Beilage/1) vorgelegt und zu den Akten genommen.

Der Amtsvertreter wies darauf hin, dass die Entlohnung nicht umsatzabhängig gewesen sei, weil kein prozentueller Anteil des Umsatzes ausbezahlt worden sei.

Der Bf. entgegnete , eine umsatzabhängige Entlohnung sei schon daran gescheitert, dass die Krankenkasse die Kostenbeiträge für verschiedene Untersuchungen der Höhe nach begrenze, weshalb am gleichen Tag der Tagesumsatz gar nicht errechnet habe werden können.

Sodann las der rechtsfreundliche Vertreter des Bf.  einen am verfassten Schriftsatz vor, der dem Verwaltungsgericht bislang nicht übermittelt worden war und nunmehr als Beilage/2 zu den Akten genommen wurde. Diesem Schreiben ist  Folgendes zu entnehmen:

"1. Persönliche Weisungsfreiheit der Vertretungsärzte


Die beiden Vertretungsärzte Frau Dr. A und Herr Dr. B haben unstrittig den Beschwerdeführer in den Jahren 2004-2007 vertreten. Die beiden Vertretungsärzte standen in diesen Jahren in keinem Ausbildungsverhältnis zum Beschwerdeführer, sondern waren als Fachärzte für Innere Medizin in ihrer medizinischen Tätigkeit gegenüber dem Beschwerdeführer vollkommen eigenverantwortlich tätig und gegenüber dem Beschwerdeführer weisungsfrei. Der Beschwerdeführer hat den Vertretungsärzten keine wie auch immer gearteten Vorgaben gemacht, wie die Patienten zu untersuchen sind, welche Untersuchungen durchzuführen sind, und ob bzw. wie die Patienten weiter zu betreuen sind. Die Vertretungsärzte haben jeden Patienten individuell behandelt und je nach Indikation die Patienten untersucht und die Weiterbehandlungen angeordnet (also Zuweisung zu anderem Arzt, Verschreibung von Medikamenten, weitere
Kontrolle,...). Sie waren dem Beschwerdeführer also in keinem Fall persönlich weisungsgebunden.

Die persönliche Weisungsgebundenheit aber ist das wesentliche lndiz für das Vorliegen eines Dienstnehmerverhältnisses. Kann diese verneint werden, ist nicht von einer Dienstnehmereigenschaft im Sinn des § 47 Abs 2 EStG auszugehen.

Der Beschwerdeführer war während der Vertretungstätigkeit der Vertretungsärzte nur äußerst selten bis gar nicht in der Ordination anwesend. Sollte er doch einmal anwesend gewesen sein, hat er sich nicht in die ärztliche Tätigkeit seiner Vertretungsärzte eingemischt. Er war dann in seinem Arbeitszimmer und hat andere Arbeiten erledigt, die aber in keinem Zusammenhang mit der Untersuchung bzw. der Behandlung der Patienten standen.

Der Beschwerdeführer hat die Vertretungsärzte nicht kontrolliert, sondern ließ ihnen freie Hand in all ihren medizinischen Entscheidungen. Es gab durch den Beschwerdeführer weder während noch nach der Vertretungstätigkeit eine Kontrolle der Vertretungsärzte in ihrer medizinischen Tätigkeit in der Ordination des Beschwerdeführers.

Sinn und Zweck der Vertretungen war, wie bereits vorgebracht, dass der Beschwerdeführer in diesen Jahren aufgrund chronischer Rückenschmerzen 'etwas kürzer treten' musste. Die Vertretungen sollten den Beschwerdeführer unterstützen und ihm zum Teil Arbeit abnehmen. Es wäre für den Beschwerdeführer aber keine Arbeitsunterstützung gewesen, wenn er zwar Vertretungsärzte beauftragt hätte, diese dann aber in ihrer Arbeit kontrolliert hätte oder Anweisungen gegeben hätte, wie diese ihre medizinische Arbeit durchzuführen hätten. In diesem Fall hätte der Beschwerdeführer auch selbst die Patienten betreuen können. Tatsächlich aber waren die Ärzte eigenverantwortlich tätig und haben die Patienten individuell behandelt.

Frau Dr. A hatte in diesen Jahren auch eine Wahlarztordination. ln dieser Wahlarztordination hat sie zwar viele Untersuchungen vornehmen können, hatte aber kein Belastungs-EKG, kein 24-Stunden EKG und keine 24-Stunden Messung. Diese Leistungen hat der Beschwerdeführer in seiner Ordination angeboten, sodass Frau Dr. A 'ihre' Patienten bei entsprechender Indikation in die Kassenpraxis des Beschwerdeführers zugewiesen hat, um diese Untersuchungen bzw. Messungen durchzuführen. Die Patienten wurden dann in der Ordination des Beschwerdeführers von Frau Dr. A behandelt. Frau Dr. A hat also einen Gutteil (30-40%) der von ihr in der Ordination des Beschwerdeführers behandelten Patienten von ihrer Wahlarztordination 'mitgenommen' und so einen eigenen Patientenstock in der Praxis des Beschwerdeführers gehabt. Der restliche Teil der Patienten wurde vorab eingeteilt oder waren Akutpatienten.

Nach der Untersuchung der Patienten durch Frau Dr. A wurde mit den Patienten ein weiterer Termin zur Befundbesprechung vereinbart. Die Befunde wurden in den allermeisten FälIen wieder mit Frau Dr. A besprochen, sodass diese nicht nur die Untersuchungen durchführte, sondern auch für die Nachbehandlung der Patienten verantwortlich war.

Ein Großteil der Patienten, die Frau Dr. A im Rahmen ihrer Vertretungstätigkeit für den Beschwerdeführer untersucht hat, waren ausschließlich bei Frau Dr. A in Behandlung, sowohl was die eigentliche Untersuchungen als auch die Weiter- bzw. Nachbehandlung betraf.

Beweis: Einvernahme des Beschwerdeführers
Einvernahme von Frau Dr. A, per Adresse [Adresse/A]

2. Haftungsrisiko/Unternehmerrisiko

Die beiden Vertretungsärzte haben im Vernehmungsprotokoll des Finanzamts angegeben, eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen zu haben. Sie waren sich also bewusst, dass sie im Falle von Fehlbehandlungen selbst die Verantwortung für Fehlentscheidungen tragen und nicht etwa der Beschwerdeführer. Dass die beiden Vertretungsärzte bereits für den relevanten Zeitraum 2004-2007 eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen haben, zeigt, dass sie sich inhohem Maße ihrer unmittelbaren Verantwortung gegenüber den Patienten in der Ordination des Beschwerdeführers bewusst waren, denn sie waren zu diesem Zeitpunkt gesetzlich noch nicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet. Eine gesetzlich
verpflichtende Berufshaftpflichtversicherung wurde erst im August 2010 (BGBI. l Nr. 61/2010) eingeführt.

Bei einer schuldhaften Fehlbehandlung des Vertretungsarztes hätte nicht etwa der Beschwerdeführer gehaftet, sondern der Vertretungsarzt selbst, weil der Behandlungsvertrag direkt zwischen Patient und Vertretungsarzt zustande gekommen ist.
Das Haftungsrisiko bei selbstständig tätigen Ärzten aber ist enorm hoch. Bei verschuldeten Behandlungsfehlern drohen Entschädigungszahlungen in existenzbedrohender Höhe, weshalb mittlerweile für Vertretungsärzte eine Berufshaftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben ist.

Die Angaben von Herrn Dr. B in der Niederschrift, wonach kein Unterschied zum Haftungsrisiko des Spitalsarztes bei schuldhaften Behandlungsfehlern im Vergleich zu freiberuflich tätigen Ärzten besteht, sind unrichtig.

Tatsächlich haftet der freiberufliche Arzt dem Patienten unmittelbar, weil der Behandlungsvertrag mit diesem zustande gekommen ist. Bei Behandlungsfehlern im Spital haftet aber zunächst der Krankenhausträger, weil der Behandlungsvertrag zwischen dem Krankenhausträger und dem Patienten zustande kommt. Der Krankenhausträger kann sich gegenüber dem behandelnden Arzt zwar regressieren. Im Regressfall kommen aber die Bestimmungen des DHG (Dienstnehmerhaftpflichtgesetz) zur Anwendung, in welchem die Regressmöglichkeiten gegenüber dem Dienstnehmer stark beschränkt sind. Damit ist aber auch das Haftungsrisiko des Spitalsarztes bedeutend geringer als beim freiberuflich tätigen Arzt, der gegenüber dem Patienten gänzlich und unmittelbar haftet.

Das Haftungsrisiko ist ein wesentliches Unternehmerrisiko. Den Vertretungsärzten ist aber auch insofern Unternehmerrisiko zugekommen, als sie bei nicht zufriedenstellender Behandlung der Patienten, oder bei Erzielung zu geringer, die Kosten nicht deckender Umsätze, Gefahr gelaufen wären, keine Aufträge des Beschwerdeführers mehr zu erhalten.

Auch zeigt sich das Unternehmerrisiko darin, dass die Vertretungsärzte nur bei tatsächlicher Vertretung des Beschwerdeführers Entgelt erzielt haben. Waren sie krank oder konnten aus anderen Gründen keine Vertretungstätigkeit aufnehmen, erzielten sie auch kein Entgelt. Auch dieser Umstand stellt ein Unternehmerrisiko dar.

Beweis: Einvernahme von Frau Dr. A

3.Einstufung der Vertretungstätigkeiten von Frau Dr. A und Herrn Dr. B nach anderen Rechtsgebieten

3.1. Arbeitsrecht

Die Vertretungsärzte hatten keinen Anspruch auf Fahrtkostenersatz. Haben sie den Beschwerdeführer nicht vertreten können, haben sie kein Entgelt erhalten, es gab weder Urlaubsentgelt noch Weiterzahlung im Krankheitsfall. Bei Beendigung der Zusammenarbeit hätten keine Kündigungsfristen eingehalten werden müssen.

Ein Dienstverhältnis im arbeitsrechtlichen Sinne (Angestelltenverhältnis) lag nicht vor.

3.2. Sozialrecht

Auch wurden die beiden Vertretungsärzte für ihre Vertretungstätigkeit im Rahmen des ASVG nicht bei der Gebietskrankenkasse gemeldet, weil sie auch aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht keine Dienstnehmerinnen des Vertretungsarztes waren. Die Vertretungstätigkeiten wurden auch nicht als Dienstverhältnisse im Sinn des § 4 Abs 1 iVm Abs 2 ASVG eingestuft.

3.3. Standesrecht/Ärztegesetz

Dass sich der Revisionswerber von den beiden Vertretungsärztinnen vertreten ließ, war berufsrechtlich im Sinn des Ärztegesetzes unstrittig zulässig und als freiberufliche Tätigkeit zu werten.

Der Beschwerdeführer war aber nicht befugt, die beiden Vertretungsärztinnen im Sinne des § 4 Abs 2 ASVG und § 47 Abs 2 EStG anzustellen, weil er durch eine Anstellung von Ärzten eine Krankenanstalt gegründet hätte, für die es einer Genehmigung nach den komplexen gesetzlichen Voraussetzungen nach dem KAKUG bedurft hätte.

Das Ärztegesetz kennt drei Kriterien der eigenverantwortlichen Berufsausübung der ausgebildeten Ärzte:

  • Niedergelassener Arzt (§ 45 Ärztegesetz)

  • Angestellter Arzt (§ 46 Ärztegesetz)

  • Wohnsitzarzt (§ 47 Ärztegesetz)

Niedergelassene Ärzte sind bezüglich der Behandlung ihrer Patienten niemandem gegenüber weisungsgebunden und behandeln diese eigenverantwortlich.

Angestellte Ärzte sind zwar eigenverantwortlich tätig. Emberger führt im Ärztegesetz mit Kommentar, 2. Auflage, zu § 49, Fußnote 6 unter Ziffer 1.2.2. aus, dass Eigenverantwortlichkeit nicht gleichbedeutend ist mit fachlicher Weisungsfreiheit. Eine Bindung von angestellten Ärzten an fachliche (also persönliche) Weisungen der vorgesetzten Ärzte ist grundsätzlich unbestritten. Innerhalb der Regeln der ärztlichen Kunst ist im Angestelltenverhältnis der nachgeordnete Arzt den fachlichen Weisungen seines Vorgesetzten grundsätzlich unterworfen. Nicht zuletzt aufgrund dieser Weisungsgebundenheit unterliegen Spitalsärzte der Dienstnehmereigenschaft des § 47 Abs 2 EStG.

Diese fachliche (im Sinne einer persönlichen) Weisungsbindung liegt aber bei Vertretungsärzten - welche als freiberufliche Fachärzte vertreten - gegenüber dem Vertretungsarzt nicht vor. Es ist völlig unstrittig, dass sie dem Ordinationsinhaber berufsrechtlich weisungsfrei sind und Weisungen von diesem nicht zu befolgen hätten. Tatsächlich haben die Vertretungsärzte vom Beschwerdeführer auch keine Weisungen erhalten.

Berufsrechtlich waren die Vertretungsärztinnen als Wohnsitzärztinnen zur selbstständigen Berufsausübung verpflichtet - im Gegensatz zu Tätigkeiten von Spitalsärzten, die gegenüber ihrem Vorgesetzten auch persönlich weisungsgebunden sind. Auch dieser Unterschied ist ganz wesentlich und zeigt auf, dass Spitalsärzte Dienstnehmer nach § 47 Abs 2 EStG sind - weil sie unstrittig weisungsunterworfen sind - nicht aber Vertretungsärzte, die dem Ordinationsinhaber nicht weisungsgebunden sind.

3.4. Kassenvertrag

Kassenrechtlich ist es aufgrund des Kassenvertrages nicht zulässig, dass Vertretungstätigkeiten für einen Kassenarzt im Dienstverhältnis zum Vertragsarzt erfolgen können.

Durch die Einstufung des FA, dass die beiden Vertretungsärzte Dienstnehmer des Beschwerdeführers im Sinn des § 47 Abs 2 EStG sind, unterstellt das FA dem Beschwerdeführer einen Gesetzesbruch, weil der Beschwerdeführer in diesem Fall sowohl gegen die Vorgaben des Ärztegesetzes (Punkt 3.3), als auch gegen die Vorgaben des Kassenvertrages verstoßen hätte. Das hätte sowohl für den Beschwerdeführer als auch für die Vertretungsärzte standesrechtliche und finanzielle Folgen.

Der VwGH hat in einem Erkenntnis vom zu Gz 2012/15/0025 festgehalten, dass ein berufs- oder standesrechtliches Verbot, eine Tätigkeit im Rahmen einer Anstellung zu verrichten, sehr wohl auch für die Frage der Dienstnehmereigenschaft nach § 47 Abs 2 EStG Bedeutung hat, gerade wenn die streitgegenständliche Tätigkeit (in diesem Fall als Vertretungsarzt) berufsrechtlich bzw. kassenrechtlich nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht werden dürfte. Ist eine Anstellung berufsrechtlich bzw. kassenrechtlich verboten, indiziert dies eine selbstständige Tätigkeit auch nach steuerlichen Aspekten.

Tatsächlich lag ein Dienstnehmerverhältnis aber auch aus steuerrechtlichen Aspekten nicht vor.

4. Fachliche Weisungsgebundenheit

Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Innere Medizin und niedergelassener Kassenarzt mit Ordinationssitz in [Adresse/Ordination]. Als solcher ist er kein freier Unternehmer sondern an die kassenrechtlichen Verpflichtungen gebunden, ebenso wie an die gesetzlichen Vorgaben des Ärztegesetzes (zB ärztliche Dokumentationspflicht, etc.).

Diese gesetzlichen und (kassen)vertraglichen Rahmenbedingungen mussten natürlich auch die Vertretungsärzte einhalten.

Eine Vertretungstätigkeit eines Kassenarztes kann nur an der Kassenplanstelle ausgeübt werden, ebenso ist verpflichtend die EDV (E-Card!) zu verwenden, und die ärztliche Dokumentationspflicht einzuhalten, die sich auch aus dem Ärztegesetz ergibt.

Diese 'Vorgaben' sind für eine Vertretungstätigkeit immanent, ebenso die Vorab-Terminvereinbarung mit einem Großteil der Patienten durch die Ordinationsassistentinnen des Beschwerdeführers, die notwendig sind, um einen organisierten Ordinationsablauf zu gewährleisten. Daneben waren aber auch immer wieder Patienten mit Akut-Beschwerden ohne Terminvereinbarung zu betreuen.

Daraus kann aber keine Weisungsgebundenheit oder Dienstnehmereigenschaft abgeleitet werden. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in einer Entscheidung vom (W 1562127156-1) festgehalten, dass diese Vorgaben keine persönliche Weisungsgebundenheit sind, sondern in der Natur der Sache einer ärztlichen Vertretungstätigkeit liegen. In dieser Entscheidung ging es zwar um die Frage, ob eine Vertretungsärztin Dienstnehmerin nach § 4 Abs 2 ASVG ist - dies wurde verneint -, die gesetzlichen Voraussetzungen sind aber ähnlich zu jenen der Dienstnehmereigenschaft im Sinn des § 47 Abs 2 EStG.

5. Arbeitszeit

Die Vertretungsärzte konnten an Vertretungstagen selbst einteilen, wann sie mit der Vertretungstätigkeit beginnen. So hat Frau Dr. A immer später begonnen als der Beschwerdeführer,und deshalb etwas länger gearbeitet. Diesbezüglich gab es vom Beschwerdeführer keine genauen Vorgaben.

Es gab auch keine Arbeitsverpflichtung der Vertretungsärzte gegenüber dem Beschwerdeführer. Wenn sie diesen nicht vertreten konnten/wollten, haben sie keine Aufträge angenommen.

Beweis: Einvernahme Frau Dr. A

6. Entgelt

Die Vertretungsärzte wurden zwar grundsätzlich nach gearbeiteten Stunden entlohnt.

Bei besonders hohem Umsatz bezahlte der Beschwerdeführer aber zum Teil einen
„Umsatzbonus“ an die Vertretungsärzte aus.

Außerdem stieg über die Jahre 2004-2007 die Entlohnung an. Frau Dr. A erhielt zu Beginn ihrer Vertretungstätigkeit ein Honorar von € 62,00 pro Stunde. Dieser Betrag steigerte sich, aufgrund der positiven Umsatzentwicklung über die Jahre auf € 72,00.


Beweis:       Einvernahme des Beschwerdeführers
                  Einvernahme der Frau Dr. A

7. Kein Konkurrenzverbot

Die beiden Vertretungsärzte Frau Dr. A und Herr Dr. B haben mit dem Beschwerdeführer kein Konkurrenzverbot vereinbart. Tatsächlich stellte die Tätigkeit der beiden Vertretungsärzte nur einen Zuverdienst zu ihren sonstigen ärztlichen Tätigkeiten dar. Frau Dr. A hatte nebenbei noch ihre eigene Privatordination, Herr Dr. B war als Spitalsarzt im [Krankenhaus] beschäftigt.

8. Die Bescheidbegründung des angefochtenen Bescheides ist fehlerhaft.

So wird angegeben (Seite 4 der Niederschrift über die Schlussbesprechung), dass die Arbeitszeit für die Vertretungsärzte genau vorgegeben war. Dies entspricht aber nicht der Niederschrift von Herrn Dr. B, der lediglich angibt, in der Ordination aufzuschreiben, wann er kommt und geht. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass die Arbeitszeit genau vorgeben war.

Des Weiteren wird in der Niederschrift über die Schlussbesprechung festgehalten, dass die Vertretungsärzte keine Möglichkeit hatten, Aufträge abzulehnen. Hier wird auf Punkt 3.4 und Punkt 4 oben verwiesen. Kassenärzte haben einen öffentlichen Versorgungsauftrag zu erfüllen, und haben nach dem Kassenvertrag grundsätzlich Behandlungspflicht gegenüber versicherten Patienten. Nur in begründeten Fällen (zB zerrüttetes Vertrauensverhältnis Arzt -Patient) kann der Kassenarzt eine Behandlung ablehnen. Diese kassenrechtlichen Vorgaben mussten auch die Vertretungsärzte einhalten. Daraus kann aber keine persönliche Weisungsgebundenheit abgeleitet werden. Vielmehr stellt dies eine sachliche Weisungsgebundenheit dar, die nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit spricht.

Die Begründung des Finanzamts, dass das Haftungsrisiko für jeden Arzt gleich hoch ist, unabhängig davon, ob er selbstständig tätig sind oder nicht, ist unrichtig und wird auf Punkt 2. dieses Vorbringens verwiesen.

9. Anträge

Es werden aus diesen Gründen die Anträge gestellt,

  • auf Einvernahme des Beschwerdeführers am vor dem BFG und

  • auf neuerliche Einvernahme von Frau Dr. A zum Beweis dafür, dass Dr. A eigenverantwortlich und ohne Weisungen vom Beschwerdeführer die Vertretungstätigkeiten ausgeübt hat und

  • dass die Vertretungstätigkeiten von Frau Dr. A und Herrn Dr. B für die Jahre 2004 — 2007 als selbstständige Tätigkeiten eingestuft werden, und deshalb die bescheidmäßig festgesetzten Dienstgeberbeiträge zur Gänze gutgeschrieben werden."

Der Amtsvertreter meinte, nachdem die Abrechnung mit der Krankenkasse durch den Bf. erfolgt sei, sei auch mit diesem der Behandlungsvertrag abgeschlossen worden.

Der rechtsfreundliche Vertreter des Bf. legte zum Beweis dafür, dass den Patienten durchaus bewusst gewesen sei, dass sie an diesem Tag nicht vom Bf. behandelt worden seien, ärztliche Befundberichte (Beilage/3) vor, auf denen der Name des jeweiligen Vertretungsarztes aufscheine. Aus diesem Grund gehe der Vertreter des Bf. davon aus, dass der Behandlungsvertrag mit dem jeweiligen Vertretungsarzt abgeschlossen worden sei.

Der Amtsvertreter wies darauf hin , dass die Anzahl der zu untersuchenden Patienten für den jeweiligen Vertretungsarzt durch die vom Sekretariat vorgenommenen Terminvereinbarungen vorgegeben gewesen sei.

Der Vertreter des Bf. wendete ein , diese Vorgaben seien der Tätigkeit eines Vertretungsarztes immanent und kämen ausschließlich einer sachlichen Weisungsbefugnis gleich. Auch die Entlohnung nach einem Stundensatz sei nicht aussagekräftig, weil auch Steuerberater nach einem Stundensatz abrechnen würden und diese zweifelsfrei selbständig tätig seien. Die Vertretungsärzte seien dem Bf. auch nicht disziplinärrechtlich verantwortlich gewesen. Die Qualifikation als Dienstverhältnis hätte unter Umständen den Verlust des Kassenvertrages zur Folge. Dies hätte auch Folgen für die Haftpflichtversicherung des vertretenen Arztes und der Vertretungsärzte.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Aufgrund der von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten und der Ausführungen (einschließlich der vorgelesenen und vorgelegten schriftlichen Eingabe) in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat wird von folgendem Sachverhalt ausgegangen:

Der Bf. ist Facharzt für Innere Medizin und betreibt eine Kassenpraxis. In den Jahren 2004 bis 2007 ließ er sich in seiner Ordination krankheits- und urlaubsbedingt regelmäßig von Frau Dr. A und Herrn Dr. B vertreten. Die beiden Vertretungsärzte übernahmen in den vom Bf. zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten und mit seinen medizinischen Geräten an bestimmten Tagen die Behandlung der von den Sprechstundenhilfen des Bf. für diesen Tag vorgemerkten Patienten. Die vom Bf. angestellten Ordinationshilfen standen auch den Vertretungsärzten zur Verfügung und waren ihnen unterstellt. Auch die in der Ordination bereits vorhandenen Daten der zu untersuchenden und zu behandelnden Patienten wurden den Vertretungsärzten zur Verfügung gestellt und von diesen um die im Rahmen der von ihnen vorgenommenen Untersuchungen erstellten Daten erweitert. 

Herr Dr. B war hauptsächlich für Magen- und Darmspiegelungen und Befundbesprechungen mit den Patienten zuständig, während Frau Dr. A generell die Behandlung der Patienten des Bf. übernahm. Darüber hinaus empfahl sie auch die in ihrer Privatpraxis betreuten Patienten - soweit ihr dort die für (von ihr als angebracht erscheinenden) Untersuchungen erforderlichen Geräte fehlten - an die Ordination des Bf. In diesem Fall wurden diese Patienten für jene Tage eingeteilt, an denen sie die Vertretung des Bf. übernahm, damit sie "ihre" Patienten in der Ordination des Bf. betreuen konnte. Frau Dr. A hatte auch einen Schlüssel zu den Ordinationsräumlichkeiten des Bf.

Die Zeiten, in denen die Vertretungsärzte in der Praxis ordinieren sollten, wurden nach den Bedürfnissen des Bf. und der zeitlichen Verfügbarkeit der Vertretungsärzte vereinbart, wobei sich fixe Wochentage, an denen die Vertretung erfolgen sollte, herauskristallisierten. So war Frau Dr. A regelmäßig am Freitag (ganztägig) und Herr Dr. B regelmäßig am Mittwoch nachmittags in der Ordination des Bf. tätig. Bei Bedarf wurden aber auch kurzfristig weitere Vertretungstermine festgelegt. Die Vertretungsärzte konnten zwar die Termine, an denen sie die Vertretung des Bf. übernahmen, bestimmen, es war ihnen aber nicht möglich, sich bei Verhinderung vertreten zu lassen; in diesem Fall sorgte der Bf. für die Vertretung. An den Tagen, an denen sie die Vertretung übernommen hatten, waren sie verpflichtet, alle vom Sekretariat des Bf. vorgemerkten Patienten in den vom Bf. vorgegebenen Ordinationszeiten zu betreuen und zu behandeln. 

Die Behandlungskosten wurde vom Bf. mit der jeweiligen Krankenkasse abgerechnet, während die Vertretungsärzte von ihm nach Arbeitsstunden bezahlt wurden. Frau Dr. A erhielt teilweise nach Gutdünken des Bf. auch einen Bonus dafür, dass sie besonders hohe Umsätze erwirtschaftete. Die Höhe des Bonus berechnete sich jedoch nicht in einer bestimmten (oder bestimmbaren) Relation zu dem von ihr erwirtschafteten Umsatz.

Für die ordnungsgemäße Behandlung hafteten die Vertretungsärzte, die dafür eine eigene Haftpflichtversicherung abgeschlossen hatten.

Der unstrittig festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den genannten Unterlagen, wie insbesondere aus den Niederschriften über die Aussagen der beiden Vertretungsärzte und dem Vorbringen der Parteien und ist auch nicht strittig. Er ist folgendermaßen rechtlich zu würdigen:

Gemäß § 323 Abs. 38 erster und zweiter Satz BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten. Dienstnehmer sind unter anderem Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen. Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen.

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Seinem Wesen nach stellt das Dienstverhältnis daher ein Dauerschuldverhältnis dar, bei dem der Arbeitnehmer grundsätzlich verpflichtet ist, die Arbeitsleistung persönlich zu erbringen ().

Die Definition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 ist eine eigenständige des Steuerrechts, weder dem bürgerlichen Recht, dem Sozialversicherungsrecht, noch anderen Rechtsgebieten entnommen. Die Absicht des historischen Gesetzgebers ging dahin, ein tatsächliches Verhältnis, oder - mit anderen Worten - einen Zustand zu umschreiben (Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III C § 47 Tz 4.3.). Die Tatsache, dass das Einkommensteuergesetz eine eigenständige Definition des Dienstverhältnisses enthält, kann dazu führen, dass derselbe Sachverhalt im Steuerrecht anders zu beurteilen ist als im bürgerlichen Recht, Sozialversicherungsrecht, Ausländerbeschäftigungsrecht oder Ärzterecht. Etwaige unterschiedliche Ergebnisse erkannte der Verfassungsgerichtshof jedoch nicht als unsachlich ().

Für die Beantwortung der Frage, ob ein Dienstverhältnis besteht, kommt es nicht auf die von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung (Dienstvertrag, freier Dienstvertrag, Werkvertrag, etc.) an. Es genügt, wenn die ausgeübte Tätigkeit in ihrer äußeren Erscheinungsform dem "Tatbild" des § 47 Abs. 2 EStG 1988 entspricht ().

Ein Dienstverhältnis liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In den Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständigen und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa das Fehlen eines Unternehmerrisikos oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (vgl. bspw. , sowie , und die dort zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Nicht alle Bestimmungsmerkmale müssen gemeinsam vorliegen, bzw. können sie in unterschiedlich starker Ausprägung bestehen ().

Maßgebend für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung als Dienstverhältnis ist daher stets das Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen ist ().

Betreffend die Weisungsgebundenheit ist grundsätzlich zwischen den persönlichen Weisungen einerseits und den sachlichen Weisungen andererseits zu unterscheiden. Eine sachliche Weisungsgebundenheit, die sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Arbeitsleistung bezieht, begründet für sich allein kein Dienstverhältnis.

Die für das Dienstverhältnis charakteristische Weisungsunterworfenheit ist durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnet und führt zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers. Ein persönliches Weisungsrecht beschränkt die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus. Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Hievon muss die sachliche und technische Weisungsbefugnis unterschieden werden, die etwa im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübt wird und sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Leistung bezieht (vgl.  sowie , und die dort zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Der freie Dienstvertrag (§ 4 Abs. 4 ASVG; vgl. § 41 Abs. 2 FLAG idF BGBl. I Nr. 52/2009) unterscheidet sich vom (echten) Dienstvertrag durch die persönliche Unabhängigkeit des Dienstnehmers vom Dienstgeber (vgl. bspw. , mwN; vgl. auch zur ständigen Rechtsprechung des OGH z.B. RIS-Justiz RS0021518).

Dass die Ausübung ärztlicher Tätigkeiten grundsätzlich auch im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgen kann, sofern die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, ist nicht zweifelhaft (vgl. , mwN; Jakom/Lenneis EStG, 2015, § 47 Tz 9, Stichwort "Ärzte"; Doralt, EStG6, § 47 Tz 34; siehe auch Aigner/Kierein/Kopetzki, Ärztegesetz 19983 § 3 Anm. 2, wonach "Selbständigkeit" iSd § 3 ÄrzteG nicht dem gleichlautenden arbeitsrechtlichen Begriff gleichzusetzen sei).

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, hängt - worauf der Verwaltungsgerichtshofes wiederholt verwiesen hat - davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist. Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer - im Regelfall freilich auch vorliegender - Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt (vgl. , mwN).

Der Bf. macht geltend, die Vertretungsärzte hätten jederzeit das Recht gehabt, Anfragen wegen Vertretungsdiensten abzulehnen, darüber hinaus seien Vertretungen auch nur kurzfristig vereinbart worden.

Dazu hält der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung fest, dass es zwar zutrifft , dass eine - im Beschwerdefall nicht bestehende - Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden zu vorgegebenen Zeiten oder auf Abruf durch den Arbeitgeber zu leisten, ein starkes Indiz für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses wäre, das kurzfristige einvernehmliche Vereinbaren der Arbeitszeit aber nicht entscheidend für die Selbständigkeit der Vertretungsärzte spricht (vgl. bspw. , mwN). Auch die Möglichkeit einer flexiblen Arbeitszeiteinteilung spricht bei einer Tätigkeit wie der eines Arztes weder gegen das Bestehen einer persönlichen Abhängigkeit noch gegen dessen Eingliederung in den Betrieb des Bf. (vgl. ).

Das für die Arbeitnehmereigenschaft sprechende persönliche Weisungsrecht ruft einen Zustand wirtschaftlicher Abhängigkeit und persönlicher Gebundenheit hervor (). Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet. Der Arbeitnehmer verspricht nicht die Ausführung einzelner Arbeiten, sondern stellt seine Arbeitskraft zur Verfügung.

Betreffend das Vorbringen, es sei in der Verantwortung der Vertretungsärzte gelegen, in welcher Weise sie die Behandlungen durchführten, sie hätten diesbezüglich keine Weisungen vom Bf. erhalten, ist festzuhalten, dass die Stärke des Weisungsrechtes von der Art der Tätigkeit abhängig ist. Bei höher qualifizierten Tätigkeiten tritt die Weisungsgebundenheit in den Hintergrund, ohne dass dies das Vorliegen eines Dienstverhältnisses beeinträchtigen würde.

Entgegen der Ansicht des Bf. ist nicht entscheidend, dass es sich im vorliegenden Fall um die Tätigkeit von Ärzten handelt, deren Tätigkeit grundsätzlich weisungsfrei und auf eigene Verantwortung ausgeübt wird. 

Eine von den Vertretungsärzten übernommene grundsätzliche Verpflichtung zur eigenverantwortlichen Betreuung ihrer Patienten schließt nur Weisungen in fachlicher Hinsicht aus. Mit einer Ausübung dieser Tätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 1151 ABGB ist diese Weisungsfreiheit durchaus vereinbar, und zwar auch dann, wenn die Funktion eines Dienstgebers einem freiberuflich tätigen Arzt zukommt (vgl. und die dort zitierte Judikatur).

Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt kein Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt die persönliche Arbeitspflicht insbesondere dann, wenn dem zur Leistung Verpflichteten ein "generelles Vertretungsrecht" zukommt, wenn er also jederzeit nach Gutdünken beliebige Teile seiner Verpflichtung auf Dritte überbinden kann (vgl.  Zl. 2001/08/0131). Damit wird vor allem die Situation eines selbständig Erwerbstätigen in den Blick genommen, der  - anders als ein letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponierender (abhängig) Beschäftigter - im Rahmen seiner unternehmerischen Organisation (oft werkvertragliche) Leistungen zu erbringen hat und dabei Hilfspersonal zum Einsatz bringt oder sich eines Vertreters (Subunternehmers) bedient (vgl. ).

Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann aber nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, zB im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl. wiederum , mwN).

Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass die Vertretungsärzte zwar die Möglichkeit hatten, auch vereinbarte Vertretungsdienste abzusagen, es war ihnen aber nicht gestattet, einen von ihnen ausgewählten Vertretungsarzt an ihrer Stelle zu schicken.

Die Ärzte waren bei ihren Vertretungen für die Behandlung der Patientinnen und Patienten des Bf., die ihre Behandlungstermine mit den Angestellten des Bf. vereinbart hatten, verantwortlich. Es stand ihnen nicht frei, den Patientenkreis frei zu wählen. Durch die Übernahme eines Dienstes wurde ihnen der Patientenkreis vom Bf. vorgegeben. Dass sich die Vertretungsärzte bereit erklärten, in  einem bestimmten Zeitraum die gerade anfallende Arbeiten zu übernehmen, spricht für eine persönliche Weisungsunterworfenheit (vgl. und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Darüber hinaus ist nicht unbeachtlich, dass die Vertretungsärzte, auch wenn (wie angegeben wurde) keine schriftlichen Verträge existierten, die Tätigkeit über Jahre hinweg ausgeübt haben. Erklärt sich jemand bereit, über einen längeren Zeitraum die gerade anfallenden Behandlungen vorzunehmen, so überwiegen in entscheidender Weise die Merkmale eines Dienstverhältnisses. Die Vertretungsärzte schuldeten somit nicht einen bestimmten Arbeitserfolg, sondern für eine bestimmte Zeit ihre Arbeitskraft. Sie unterlagen mit der Verpflichtung, jene Behandlungen durchzuführen, die während der von ihnen übernommenen Ordinationszeiten notwendig waren, insoweit den persönlichen Weisungen des Bf. (vgl. ).

Soweit der Bf. eine organisatorische Eingliederung der beiden Vertretungsärzte in seinen Betrieb in Abrede stellt, ist ihm die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichsthofes entgegenzuhalten, wonach die Bereitstellung eines entsprechend ausgestatteten Arbeitsplatzes für das Bestehen einer organisatorischen Eingliederung der Vertretungsärzte in den Betrieb des Bf. spricht. Zu der in diesem Zusammenhang ebenfalls angesprochenen Arbeitszeit ist wiederum darauf zu verweisen, dass die einvernehmliche Festlegung der Arbeitszeiten nicht wesentlich für Selbständigkeit spricht (vgl. neuerlich , mwN).

Eine organisatorische Eingliederung wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs durch jede nach außen als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt (). Hierfür spricht insbesondere, wenn der Arbeitnehmer an einen bestimmten Arbeitsort gebunden ist, zur Einhaltung bestimmter Arbeitsstunden verpflichtet ist oder der Arbeitgeber die Planung und Vorbereitung sowie die Kontrolle der Tätigkeit vornimmt oder vornehmen lässt.

Die Vertretungsärzte waren - wie aus den Feststellungen der belangten Behörde abzuleiten ist - in die vom Bf. bestimmte Ablauforganisation am Ort der Arbeitserbringung (Ordination des Bf.) eingegliedert (Behandlung der Patienten unter Zuhilfenahme der vom Bf. beschäftigten Ordinationshilfe nach dem von dieser aufgrund der vereinbarten Termine erstellten Plan). Sie hatten damit nicht die Möglichkeit, den vorgegebenen Ablauf der Arbeit jederzeit selbst zu regeln und auch zu ändern, wie es für den freien Dienstvertrag typisch wäre (vgl. neuerlich , mwN, sowie RIS-Justiz RS0021518).

Zum Unternehmerrisiko macht der Bf. geltend, der Umstand, dass die Vertretungsärzte das Risiko ihre Einnahmen dadurch hätten beeinflussen können, dass sie die Anzahl der Arbeitsstunden hätten frei bestimmen können, spreche klar für ein Unternehmenswagnis der Ärzte.

Dazu ist auszuführen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko darin besteht, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend zu gestalten. Die Bezahlung nach geleisteter Arbeitszeit begründet aber kein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko (vgl. neuerlich das , mwN). Das Vorliegen eines ausgabenseitigen Unternehmerrisikos wird in der Beschwerde gar nicht behauptet.

Soweit der Bf. jedoch das erhöhte Haftungsrisiko als Unternehmerwagnis sieht, ist ihm entgegenzuhalten, dass er selbst eingeräumt hat, dass es zu einer derartigen Haftung der Vertretungsärzte niemals gekommen ist.

Hinsichtlich des Argumentes des Bf., der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , 2012/15/0025, festgehalten, ein berufsrechtliches Verbot, einen Dienstvertrag einzugehen, stelle ein Indiz gegen eine abgabenrechtliche Beurteilung als Dienstvertrag im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 dar, ist anzumerken, dass der Verwaltungsgerichtshof dies im Falle eines Ziviltechnikers bezogen auf die Regelung des § 14 Abs. 4 Ziviltechnikergesetz ausgesprochen hat, wonach die Befugnis eines Ziviltechnikers nicht während der Dauer eines privaten Dienstverhältnisses, das eine Tätigkeit zum Gegenstand hat, die zum Befugnisumfang des Ziviltechnikers gehört, ausgeübt werden darf. Hingegen hat es der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2000/13//0046, nicht für entscheidend gehalten, ob berufsrechtliche Überlegungen im Zusammenhang mit dem allenfalls befürchteten Verlust der Berufsberechtigung bestimmte vertragsmäßige Gestaltungen nahelegten.

Dazu ist auszuführen, dass gemäß § 3 Abs. 2 Ärztegesetz die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes in der eigenverantwortlichen Ausführung der im § 2 Abs. 2 und 3 leg. cit. umschriebenen Tätigkeiten besteht, gleichgültig, ob solche Tätigkeiten freiberuflich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt werden.

Dem Ärztegesetz ist auch kein Verbot der Anstellung eines Arztes durch einen freiberuflich tätigen Arzt zu entnehmen. § 2 Abs. 2 Ärztegesetz 1984 geht sogar ausdrücklich davon aus, dass die "selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes", also die "eigenverantwortliche Ausführung" ärztlicher Tätigkeiten, sowohl freiberuflich als auch im Rahmen eines Dienstverhältnisses möglich ist. Dementsprechend können auch berufsrechtlich freiberuflich tätige niedergelassene Ärzte mit anderen Ärzten des gleichen Faches ein Dienstverhältnis begründen.

Da dem Abschluss von Dienstverträgen mit den Vertretungsärzten kein berufsrechtliches Verbot entgegensteht, kann auch der Umstand, dass ein solches Dienstverhältnis nach der vertraglichen Beziehung mit dem Sozialversicherungsträger unzulässig wäre, kein Indiz für den rechtlichen Hintergrund der Betätigung der Vertretungsärzte ergeben (vgl. in diesem Zusammenhang auch und die dort zitierte Judikatur und Literatur).

Was den Hinweis auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , W156 2127156-1 betrifft, ist festzuhalten, das der dort als erwiesen angenommene Sachverhalt nicht mit dem im gegenständlichen festgestellten Sachverhalt übereinstimmt, und - wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom , 2016/13/0005, festhält - bei Abgrenzungsfragen zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit die Ausprägung und Intensität der dafür maßgeblichen Kriterien eine im Einzelfall zu beurteilende Sachverhaltsfrage darstellen.

Aufgrund der oben angestellten Kriterienprüfung ist daher zusammenfassend festzuhalten, dass  die Umstände, die für eine Unselbständigkeit der Tätigkeit der betreffenden Vertretungsärzte sprechen, weitaus überwiegen, sodass die angefochtenen Bescheide im Ergebnis der anzuwendenden Rechtslage entsprechen.

Die nochmalige Zeugeneinvernahme von Frau Dr. A konnte unterbleiben, da sämtliche die faktischen Umstände der Vertretungstätigkeit betreffenden Ausführungen des Bf. nicht in Frage gestellt werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Beurteilung der sich im gegenständlichen Fall stellenden Rechtsfrage, ob die regelmäßige Inanspruchnahme von Vertretungsärzten in einer Kassenpraxis eines niedergelassenen Facharztes, im Rahmen von Dienstverhältnissen im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 erfolgte, im Sinne der herrschenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere ) getroffen wurde, war die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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